A 1v Confeßio Augustana in capite
de bonis operibus: Anno 30.
Obedientia erga legem Dei,
est necessaria in reconciliatis.Vgl. : Cum necessariam de fide doctrinam
et consolationem Ecclesijs proponimus, additur et doctrina de boni operibus, Quod
videlicet necessaria sit in reconciliatis, obedientia erga legem Dei.
().
ibidem,
De operibus ita iudicandum est, quod sint necessaria, quod sint
cultus Dei et sacrificia
spiritualia et mereantur praemia etc.Vgl. : Atque ita de operibus iudicandum
est, quae quidem amplissimis laudibus ornanda sunt, quod sint necessaria, quod
sint cultus Dei et sacrificia spiritualia et mereantur
premia.
APOLOGIA CONFESSI: AVGVS:
Iustificati necessario pariunt bona opera seu bonos fructus..
CONFESSIO CIVITATVM SVPERIORIS
GERMANIAE AMPLECTENTIVM
Euangelium, in cap: de
bonis operibus.
Etsi acceptatio ad uitam
aeternam coniuncta est cum iustificatione
hoc est, cum remißione peccatorumKonjiziert aus: peccatraum. et reconciliatione, tamen Bona
opera sunt necessaria ad salutem, quia sunt
debitum, quod necessa=
rio reconciliationem sequi debet, sicut Paulus ait,
Debitores
sumus. Item necessaria est in Saluandis
inchoata nouitas.:
Etsi enim acceptatio ad vitam aeternam coniuncta est cum
iustificatione, hoc est, cum remissione peccatorum et reconciliatione, et bona
opera non sunt precium pro vita aeterna, tamen sunt necessaria ad salutem, quia
sunt debitum, quod necessario reconciliationem sequi debet, sicut Paulus ait [Rom 8,12]: Debitores sumus, et Christus
inquit [Mt 19,17]: Si vis ad vitam
ingredi, serva mandata, et Paulus de malis operibus [Gal 5,2]: Qui talia agunt, regnum Dei non possidebunt.
Oportet ergo in salvandis esse hanc inchoatam novitatem eamque confirmari
et crescere.
().
Möglicherweise liegt eine Verwechslung mit der Wittenberger Konkordie vor. Vgl.
unten Anm. 633.
A 2r Summa dieser erklerunge.
Das die gute werck, so Gott geboten, vnnd der newe gehorsam den gleubigen vnd kindern
Gottes gegen Gott jrem Vater zur sehligkeit noͤtig seind, nicht die selbige dardurch zu
uerdienen (Welche sie albereit, dieweil sie Gottes
kinder seind, aus gnaden Allein durch den glauben haben), sondern als wirckung
des warhafftigen glaubens vnnd des heiligen Geistes vnd als fruͤchte der gerechtigkeit
vnd wiedergeburt, welche dem glauben folgen muͤssen vnd1 one welche,
alswie. ein guter baum one gute fruͤchte,
die so warhafftig gerecht vnd newe geboren nicht sein koͤnnen noch sollen.
Denn darumb werden wir new geboren, das wir ein newe Creaturen werden, geschaffen inn
Christo Jhesu zu guten wercken, zu welchen vns Gott zuuor bereitet hat, das wir darinnen
wandeln sollen Ephe.2.Eph 2,10. Denn wie die Busse vnd wiedergeburt zur
sehligkeit noͤtig ist, ob schon nicht von wegen der selbigen, sundernsondern. allein aus gnaden von wegen des verdiensts des
Herrn
Christi vns die sehligkeit geschenckt wird, also seint auch die gute werck
als fruͤchte der Busse vnd wiedergeburt zur sehligkeit von noͤten ob man schon die
sehligkeit nicht dardurch verdienet vnd allein aus gnaden durch Christum hat. Denn der
newe angefangene gehorsam gegen Got, welchen der hei-A 2vlige Geist durch die Wiedergeburt wircket, ist ein anfang vnnd ein
theil
der Sehligkeit vnd des ewigen lebens in den gleubigen vnd kindern Gottes. Vnd sol
dennoch das hertz nicht auff solche vernewerung vnnd wandel der guten werck, sondern
auff den fuͤrgestaltenvor Augen gestellten. Vgl.
.
Gnadenstuel Christum JhesumVgl. Röm 3,25; Hebr 4,16. als den einigen
gruntfestFundament, Grundlage. Vgl. Wir sein
vnnuͤtze knecht. Wir haben
Luce
17.Lk
17,10.
gethan, das wir zu thun schuͤldig waren.Denn fuͤr Gott ist kein lebendiger durch sein verdienst Gerecht.
Psal:
143.Vgl. Ps 143,2. Denn Christus ist das A vnnd das O der anfang vnd das
ende
vnser Seligkeit. Apoca. 21,Vgl.
Apk 21,6. der mus vns allezeit mit
seinen fluͤgeln vberschattenVgl. Ps 91,4. vnnd vnser huͤtterJes 4,6 legt
die Lesart huͤtten
nahe. sein Wieder Gottis zorn vnd gericht,
Esa. 4.Vgl. Jes 4,5f.
A 3r Den Erbaren vnd Weysen Herren
Genad vnd fried von Gott dem Vater durch seinen eingebornen Son Jhesum
Christum,
vnserm einigen mitler vnd Heilandt.
Erbare weise Herrn vnd besondere geliebte Freunde vnnd Fuͤrderer! Es wissen E. W. vnd
G.,Ewer [Erbare] Weise und Geliebte. das
inn den jetzt verschienenvergangenen. Vgl.
hoͤchste geschendet vnnd
geschmehet, mir auch auffgelegt(fälschlich)
angelastet, vorgeworfen, nachgesagt. Vgl.
Erstlich, als lehre ich, das der glaube nicht A 3v allein zur seligkeit genug, sondern das gute wercke auch darzu als ein verdienst der sehligkeit von noͤten seind.
Zum andern, das ich alhie in meinem newen Bistumb zu
seind jre hoͤnische wort)Vgl.
Zum dritten, das ich von listigen leuthen darumb alhieher gefordert, das
volck zu
den zukuͤnfftigen vorenderungen des Concilij zu bereiten.
Was nu die erste aufflageAnschuldigung. Vgl. Herdesianus
) als Sohn eines Handwerkers geboren. Nach Schulbesuch in
Margarita theologica
, die aus dem Lateinischen ins Deutsche,
Englische, Dänische und Schwedische übersetzt wurde. Vgl.
uor gehoͤret vnd noch von
ewern jetzigen Pfarhern vnd Predigern hoͤret. Nemlich das wir aus genaden, ohn alle
vnsere werck vnd verdienst, von wegen des Einigen
A 4r verdiensts vnsers Herrn vnd mitlers Jhesu Christi die vergebung
der suͤnden, die gerechtigkeit, heiligen Geist vnd das ewige leben alleJn durch den glauben entpfahenempfangen. vnnd das zu dem verdienst des
menschen gerechtigkeit vnd seligkeit gantz vnd gar keine werck gehoͤren, sundern dauon
gantz abgeschieden sein muͤssen, auff das alles allejn dem Herrn Christo, welchen der gleubige als seinen einigen Mitler vnd
Gerechtigkeit ergreiffet, gegeben werde. Denn ob schon bey dem glauben auch die
hoffnung, liebe vnnd andere Tugent sint vnd sein muͤssen, so seint sie doch
nicht
das, von welches wegen vns vnsere suͤnde vergeben werden vnd vns die gerechtigkeit
zugerechnet, der heilige Geist gegeben vnd das erbe des Ewigen lebens
ge
schanckt wird. Welchs allein vnser Mitler Christus Jhesus ist, welcher
vns solches vordienet hat, darumb auch dem glauben allein, der den mitler vnd diesen
gnadenstuel ergreiffet, die gerechtigkeit vnnd seligkeit
zugeeigent wird etc.
Darnach habet jr von mir gehoͤret, wenn nu der mensch durch solchen glauben gerecht,
ein kind vnd erbe Gottes worden, das jme den als einem kind Gottes noͤttig sey, seinem
Vater im himel gehorsam zu sein, domit er die versoͤnung, den Veterlichen willen, die
kindschafft vnnd erb-A 4vschafft, so
ime
Christus erworben, durch den vngehorsam nicht wieder verliere vnd vom Vater als ein
vngehorsam kind aus dem Erbe nicht verstossen vnd enterbet werde etc. Wie ich denn
solches erkleret vnd mit heiliger Goͤttlicher schrifft bewisen vnd bekrefftiget habe vnd
alles inn diesem volgenden Sermon von S. Pauli vnd aller Gottfuͤrchtigen menschen
bekerung zu Gott ferner angezeiget
wird, welchen ich darumb geschriben, das mir
auffgelegt wird, als lehre ich ketzerey, dieweil ich sage, das denen, so nu durch den
glauben kinder Gottes seind, die gute werck, das ist der gehorsam gegen jhrem himlischen
Vater, zur sehligkeit noͤtig sey, wie S. Paulus Ephe. 5 vns vermanet, do er spricht:
So seidt nu Gottes nachvolger als die lieben kinder vnd wandelt in der
Eph 5,1f. jtem Titum 3:
liebe,Solchs wil ich, das du
fest lerest, auff das die, so an Gott gleubig seind
worden, in eim stand guter wercke funden werden. Solches ist gut vnd nuͤtze den
menschen.
Tit 3,8. Jtem Rom. 8: Welche der Geist Gottis
treibet, die seint Gottes kinder.
Röm 8,14.
Jsts aber nicht erschrecklich, vnnd sonderlich von Predigern zu hoͤren, das
man
diese Goͤttliche lehre eine ketzerey darff schelten vnd dauon noch B 1r disputiren wil, ob auch den kindern zu jrer seligkeit vonnoͤten, das sie jren eltern,
die Christen jrer oberkeit, Gottes kinder jrem Vater im himel gehorsam sein sollen? Jst
doch das eine auffruͤrische Schwermerey vber alle,größer als alle. so je auff erden gewesen, welche allen gehorsam gegen Gott
vnd allen men
schen wieder Gottes ordnung vnd das vierdte gebot rein
auffhebet. Was beten wir teglich im Vater vnser? Sprechen wir nicht:
Geheiliget werde dein name
?
Was ist aber hiezu von noͤten? Jst es nicht das wort Gottes, das dasselbige lauter vnnd
rein gelehret werde vnd wir auch heilig, als die kinder Gottes, in
allerley
Gottseligkeit vnnd guten wercken darnach leben? Wissen doch solchs die kinder aus jrem
Catechismo.
Da werden sie aber sagen, sie fechten dis nicht an, sundern das ich lehre, die gute
wercke seind zur seligkeit als ein verdienst von noͤten. Das hab ich, Gott lob,
siederseit. Vgl.
lehre von Jhesu Christo erkant,
nie nicht in meinen sinne genommen, wil geschweigen, das ichs offentlichen solte
geschrieben, gelehret oder geprediget haben, wie mir felschlich vnd mit aller vnwarheit
aufferlegt wird, daraus denn zu sehen, welcher geist dieselbige treibe vnd reite.
Vnd biete denselbigen allen trutz, das sie mich B 1v des durch
ehrliche
Christliche leute, so solches jemals von mir gehoͤrt, oder durch irgent
eine meiner schrifft mit warheit ohne luͤgen, Calumnien vnd verfelschung, welcher sie
sich allein befleissigen, vberzeugen.überführen.
Vgl.
Domit aber jederman sehe, wie felschlich sie mir meine wort verkeren, das sie
schreiben, ich lere, das die leuth durch gute werck die seligkeit verdienen
sollen,
so seind dis meine wort, welche in meiner antwort auffs
Dis alles wirt gesagt, nicht das man durch gute
werck sol gerecht werden (denn durch den glauben an Jhesum Christum wird man
allejn
Gerecht), sundern wenn du nu gerecht vnnd ein kindt
Gottes bist worden, das du denn
Vgl.
solchen deinen glauben durch gute werck
beweisest vnnd fuͤr den menschen leuchten lassest. Wenn
B 2r
du aber das nicht thust, so ist dein glaube falsch
vnnd wirst nimmermehr sehlig.
Jtem in meiner predig vber den spruch Johan. 1, Sihe das ist Gotts Lamb welchs
der welt suͤnde tregt,
welche predigte meine Wiedersacher wieder jre
gewissen verfelschen, do stehen diese wort:
Gottes, da sein, welchen der glaub
allein
sol fassen
B 2v
vnd auff den einigen Mitler sich
verlassen. Darumb gehoͤren zu der Gerechtigkeit des menschen, so
allejn
durch den Glauben geschicht, gantz vnd gar keine gute
werck, siue siue praecedentia seu
praeparantia, siue concurrentia etiam sequentia / oder wie es der Bapst vnd: VD 16 M 2130.preparantia siue Concurrentia
seu sequentia, oder wie es der Bapst oder die
Sophisten nennen moͤgen, sundern der einige Christus,
fuͤr vns gestorben vnd
aufferweckt, sitzent zur rechten Gottes, vmb welches einigen mitlers willen dir die
Suͤnde vergeben, die gerechtigkeit zugerechnet, heiliger Geist vnd ewiges leben
gegeben wirdt.
Wenn du aber nu also
allejn
durch den glauben gerechtfertiget vnd ein kind vnd erbe
Gottes worden bist vnd nu Christus vnd der heilige Geist in dir
durch solchen
glauben wonen,
B 3r
alsdenn seind dir die gute werck nit zu der sehligkeit
zu erlangen (die du aus genaden on alle werck
allejn
durch den glauben an den Herrn Christum albereitbereits, schon. Vgl.
geferbet vnd eine erdichte opinio ist.
Jn welchem jrthumb der groͤste theil auch deren, so da
gut Euangelisch sein wollen, stecken,fehlt in
VD 16 M 2130. das sie wehnen, sie
gleuben, treumen vnd tichten jnen selbst ein glauben, welcher one gute werck sein
koͤnne, welches doch so wenig muͤglich, als die Sonne nicht jren glantz vnd schein
geben sol.
B 3v Das seint meine wort, in welchen je die sehligkeit allein dem warhafftigen glauben gegeben, dem falschen aber genommen wird. Denn wo kein warhafftiger glaube ist, welcher, wie Sanct Paulus spricht, durch die liebe wircket,Vgl. Gal 5,6. da ist auch keine sehligkeit.
Diesen jrthumb stercket
er auff sein ander buch, so er wieder mich ausgehen hat lassen,
mit diesen worten geschrieben: Das gute werck zur
seligkeit nit von noͤten seint.
Vgl.
welcher one
warhafftige bekerung zu Got vnd one gute werck, welche dem glauben als fruͤchte der
gerchtigkeit, dabey man sie erkenne, volgen muͤssen, sein koͤnne, welches vnmuͤglich.
Was hieraus vor ein schedlicher irthumb vnd ein Gottlos leben volgen wuͤrde, koͤnnen
frome hertzen leichtlich bedencken. Jch wuͤste auch diese des Herren
aber solches vmb
friedes vnd einigkeit willen nicht thun, sondern stille schweigend vbergehen.
B 4r Also ist auch
noͤtig seind,
denn sie nicht allein zu einem Christlichen leben hie auff erden noͤtig seind, sondern
auch vor Gott, aber nicht vor seinem gericht, domit die gerechtigkeit vnnd seligkeit zu
uerdienen (dann vor Gott kein Psalm.
143.
lebendiger gerecht ist),Ps 143,2. sundern das Got nach den
fruͤchten eines jeglichen glaubens richten vnd dessel
bigen werck in jenem
leben vnd doch nicht nach verdienst belohnen, sondern nach seiner genade vnd
Barmhertzigkeit, auff das sich
niemandes derselben ruͤme, darauff verlasse vnd
vermessen sey vnd doch dieselbige als ein angefangenen schuͤldigen gehorsam haben wil,
wie diese volgende spruͤch lauten:
Rom. 2:Röm
2,6f.
Gott wird einem iglichen nach seinen wercken geben, nemlich preis vnd ehre vnd
vnuorgengliches wesen denen, die mit gedult in guten
etc.
wercken trachten nach dem
ewigen leben
Johan 5:Joh
5,29.
Es werden herfuͤr gehen, die do gutes gethan haben, zur Aufferstehung B 4v des lebens, die aber vbels gethan haben, zur aufferstehung des
gerichts.
Matth. 5:Mt 5,11f.
Selig seidt jr, wenn euch die menschen vmb meinetwillen
Soll der mensch vor seine gute werck den lohn im himel entpfahen, so
seint sie nicht allein alhie auff erden, sundern im himel zu entpfahung solches lohns
von noͤten. Vnd bestehet alhie diese schlusrede gewaltiglich: Was den
schmehen vnd
verfolgen vnd reden allerley vbels wieder euch, so sie daran liegen. Seit froͤlich
vnnd getrost; es wird euch Jm Himel wol belohnet
werden.
Gleubigen vnd
kindern Gottes mit dem ewigen leben sol belonet vnd vorglichenvergolten. werden, das ist jnen nicht allein auff erden, sundern
auch im himel, do die belonung geschehen sol, zur seligkeit von noͤten.
Gute werck vorheischetverheißt. Gott den
gleubigen mit dem ewigen leben im himel zu belonen vnd zu vorgleichen. Darumb seint die
gute werck als fruͤchte der
gerechtigkeit des glaubens nicht allein auff erden,
sundern auch vor Gott im himel allen gleubigen vnd Kindern Gottes zur sehligkeit von
noͤten.
Mathei. 19:Mt 19,29.
Wer verlest Heuser oder Bruͤder oder Schwester oder Vater oder Mutter oder Weib
oder kinder oder Ecker vmb meines namens willen, der wirdts hundertfeltig nemen vnd
das ewige leben ererben.
C 1r Das ist: Wiewol das ewige leben nit durch vnsere gute werck kan
oder mag verdienet werden, dieweil es eine Gabe _Rom. 6.Röm
6,23.
Gottis ist, welche vns Christus verdienet hat, jedoch
wil Gott der Herre mit solchem herlichen erbe, so er vns aus genaden gibt, die gute
werck auch zugleich belohnen vnd vergelten – Wie die kinder nicht durch jren gehorsam
gegen jre eltern das erbe ver
dienen vnd doch gleichwol die eltern den
gehorsam von den kindern haben wollen vnnd denselbigen auch zugleich mit dem erbe jnen
vergleichen.
Also fordert auch Gott von vns, die wir durch den glauben nu gerechtfertiget vnd seine
kinder worden_Johan. 1.Vgl. Joh 1,12.
seint,
den gehorsam vnd gute werck, welche, wiewol sie nicht die vrsach seindt, von welcher
wegen vns das ewige leben geschanckt wird (denn diese ist allein das verdienst des
Herren Christi), jedoch wil er zugleich dieselbige mit dem ewigen leben belohnen.
Hieraus ist klerlich zu sehen, das gute werck nicht allein alhie auff erden, sondern
auch vor Gott im himel vns vonnoͤten, auff das wir dafuͤr die herliche belohnung vnd
vergeltung des ewigen lebens vnd der sehligkeit entpfahen
vnd den zeitlichen vnd
ewigen straffen entfliehen moͤgen, wie der Herr Matth. 25Mt 25,34f. selbst
spricht: Kompt her, jr gesegnete meines Vaters. Ererbet das Reiche, das euch
bereitet ist von anbeginne der welt. C 1v Denn ich bin hungrig
gewesen, vnd jr habt mich gespeiset
etc.
Also schreibet auch S. Paulus 1 Timoth. 4:I Tim 4,8.
die Gottsehligkeit ist zu allen dingen nuͤtz vnnd hat die verheissung
dieses vnd des zukuͤnfftigen lebens.
Dergleichen were auch diese propositio fehrlich vnd dunckel, wenn ich ohne allen
vnderscheit vnd erklerung also sagte:
Gute werck seint zur seligkeit noͤtig.
Da moͤchte jemant bald auff den sinn vnd gedancken geraten, als sol
te
das der verstand sein, das man durch gute werck ohne den glauben kuͤndte oder muͤste
sehlig werden. Oder das wir nicht allein durch den glauben, sundern auch durch verdienst
der guten wercke sehlig wuͤrden.
Diese beide verstand seind vnrecht vnd wieder die lehre des Heiligen Euangelij, vnnd
verflucht sey, der also lehret. Sit Anathema, Maharam
motha.Vgl. I Kor 16,22 (Luther 1545): So jemand den HErrn
Jhesu Christ nicht lieb hat / der sey aAnathema Maharam Motha.
Die
zugehörige Anmerkung lautet: a Bann auff deudsch / Anathema / auff Griechisch
/ Maharam / auff Ebreisch / ist ein ding [= bedeutet ein und dasselbe]. Moth aber
heisset tod. Wil nu S. Paulus sagen / Wer Christum nicht liebet / der ist
verbannet zum tode. Vide Leu. 6.
(Maharam Motha
: Maranat(h)a
bzw. μαράνα θά, die urchristliche Bitte um
die baldige Wiederkunft des Herrn, in aramäischer Sprache. Der Stellenhinweis könnte
auf Jos 6,21 und Lev 27,29 basieren.
Wenn ich aber also sage: Die gute werck, das ist der angefangene gehorsam gegen Gott vnserem Vater, ist inn vns, die wier durch den Glauben Gerecht, kinder vnd Erben Gottes albereit worden seind, zur sehligkeit also von noͤten:
C 2r Erstlich, auff das wir die entpfangene Gerechtigkeit vnnd
sehligkeit durch den vngehorsam nicht wiederumb verlieren vnnd, wie S. Paulus 1.
Ti
moth. 1 lehret, am glauben nicht ein schiffbruch erleiden.Vgl. I Tim
1,19. Darumb wir eine gute Ritterschaft vben, nicht allein glauben,
sondern auch gut gewissen haben muͤssen.Vgl. I Tim 1,18f (Luther 1545).
Zum andern, dieweil die gerechtigkeit des Glaubens ein wiedergeburt zum Ewigen leben
ist, so mus ja in denen, so do warhafftig durch den heiligen
Geist vornewerterneuert. vnd zum andermal geborn, solche
gerechtigkeit durch gute wercke scheinen vnd leuchten, wie der Herre Matth. 5 spricht:
Lasset ewer liecht leuchten, das die leut eure gute werck sehen.
Mt
5,16.
Zum dritten, das sie der inwendigen Gerechtigkeit, so durch den glauben geschehen,
zeugnis vnd solliches glaubens vbung vnnd fruͤchte sein vnd andern zum exempel
fuͤrleuchten vnnd sie zur Gottsehligkeit reitzen vnnd bewegen
sollen, wie dann
solche fines bonorum operum in iustificatis ferner
hernacher in diesem Sermon angezeigt werden.
Dieses kan je auch ein gemeiner man verstehen, wie vnd wenn die gute werck zur sehligkeit von noͤten seind.
Also schreibet Bona opera sunt
facienda non ut causa, sed ut fructus iustitiae. Iam iusti
facti debemus ea facere, non econtra ut iniusti reddamur per ea iusti. Arbor facit
poma, non poma arborem. bona opera Sunt autem facienda ut fructus
iustitiae, non ut efficiant iustitiam. Iam iusti facti debemus ea facere, non
econtra, ut iniusti per ea reddamur iusti. Arbor facit poma, non poma
arborem.
(Gute werck sol man thun, nicht das man dardurch gerecht wolle
werden, sundern als fruͤchte der Gerechtigkeit, als wenn wir nu gerecht worden seint,
als denn sollen wir sie thun, vnnd nicht darumb, das
wir, die wir vngerecht
seindt, dardurch gerecht wollen werden. Der Baum macht vnd tregt die oͤpffel vnd nicht
die oͤpffel den Baum.
Idem ibidem ca. 3:
Finalis causa obedientiae legis in iustis, non est iustitia coram Deo, quae
sola fide accipitur, sed pax mundi, gratificatio erga deum et bonum exemplum, quo
alios inuitant ad credendum Euangelio, etc.
Also auch ist meine rede nicht, wie man vor Gott gerecht werden sol, sondern wenn wir
nu allejn etc., allejn durch den glauben gerecht vnd Kinder
Gottes worden seint, das wir alsdenn schuͤldig seindt, vnserm Vater im himel gehorsam zu
sein vnnd nicht wie Teuffels sondern als Gottes kinder leben sollen. Diese meine rede
verstunden meine wiedersacher wol, wenn sie
es vorstehen wolten.
Derwegen jederman siehet, wie hoch sie wieder jr eigen gewissen mich beschweret, das sie mir aufflegen, ich lehre das gute werck zum vordienste der sehligkeit von noͤten.
Jch richte kein wortgezenck an vnnd streite nicht darumb, das man eben der
wort in
dieser leh-C 3rre gebrauchen muͤsse bona opera in renatis et iustificatis sunt necessaria ad
salutem. – Gute werck seint in denen, welche new geboren vnd durch den glauben
gerechtfertiget worden, zur sehligkeit noͤtig.
Wer solcher wort nicht brauchen
wil, der brauch dieser oder anderer:
Thut rechtschaffne frucht der Busse; welcher_Matth.
3.
Mt
3,8.10.
Baum nicht gute frucht brin
get, wird abgehauen vnd ins
feuer geworffen.
Jtem, ich bin ein rechter weinstock vnd mein_Johan.
15.
Joh 15,1f. Was ist das anders gesagt
denn:
Vater ein Weingertner; einen jeglichen Reben an mir, der nicht
frucht bringet, wird er wegnemen.Wer nicht gute werck als fruͤchte der Busse vnd gerechtigkeit thut, der
wirdt nicht selig, sondern verdampt
?
Jtem, welche Gotts kinder seind, die seint schuͤldig, jrem Vater im himel
gehorsam zu sein,
oder wie S. Paulus Rom. 8. redet: Wier seindt
schuͤldener, nicht nach dem fleisch, sondern nach dem Geist zu leben
Vgl. Röm
8,12f. etc.
Jtem ad Titum 3: Solches wil ich, das du fest lehrest, auff das die, so an Gott
gleubig seind worden, in einem stand guter werck gefunden werden. Solches
Tit 3,8.
ist gut
vnd nutz den menschen.
Jtem 1. Timoth. 6: Gebeut den reichen, das sie gutes thun, reich werden
an guten wercken, gerne geben, behuͤlfflich sein, schatz samlen, jnen selbst einen
guten grundt auffs zukuͤnfftige, das sie ergreiffen Das ewige leben.
I Tim 6,17–19.
C 3v Es solle aber keiner den andern ein ketzer schelten, wie mir
gesche
hen, er gebrauche dieser oder jener wordt, allein das der rechte
verstand erhalten vnd erklehret werde. Jedoch sollens auch ἀνάλογα fidei vnd forma sanorum uerborum, wordt der heiligen schrifft
gemeß sein.
Dann das etlich alhie sagen, das diese wordt new vnd in der schrifft vngebreuchlich,
das wir sprechen: Gute werck seint den gleubigen zur sehligkeit
jst ein zeichen, das sie die heilige schrifft noch nicht gantz oder
mit vleis bewogen vnd durchlesen haben. Dann was saget S. Paulus anders, do er Rom. 10
also schreibet:
von
noͤten,So man von hertzen Gleubet, so wird man gerecht, vnd so man mit
dem munde bekennet, so wird man sehlig
Röm 10,10.?
Philip. 1: Lasset euch in keinem wege erschrecken von den wiedersachern,
Phil 1,28. etc. Das ist: anzeigung der sehligkeit ist
noͤtig, die werck aber des bekentnis vnd der bestendigkeit im glauben
seind anzeigung vnd gewisse vorsicherung der sehligkeit, so wir allejn aus dem glauben haben; dauon seind
solche werck nicht als verdienst, sundern zur anzeigung
welches ist ein anzeigen jnen der verdamnis, Euch aber der sehligkeit, vnd dasselbige
von Gott
der sehligkeit noͤtig.
Jtem Phil. 2: Schaffet, das jhr sehlig werdet, mit furcht vnd
zittern.
Phil 2,12.
Jtem 1 Timot. 2: Das weib wird selig wer-C 4rden durch kinder zeugen, so sie bleiben im glauben vnd in der liebe vnd der
heiligung sampt der zucht.
I Tim. 2,15 (Luther 1545). Vgl. auch die
Anmerkung zur Stelle: (Bleiben) Man lese bleibet / oder bleiben / gilt gleich
viel / Denn es ist von Weibern in gemein geredt / nicht von Kindern dazu wie etliche
sich hie on vrsach martern.
(Bleiben sie aber im glauben vnd in erzelten
guten
wercken nit, so werden sie nicht selig, sondern verlieren die seligkeit wieder, welche
jnen Christus verdinet vnd sie durch den glauben zuuor aus genaden entpfangen
hatten.
Jtem Math. 24: Wer beharret bis ans ende, der wird selig.
Mt
24,13.
Jtem: Die widergeburt ist zur seligkeit von noͤten, gute wercke sind
fruͤchte
der widergeburt, derhalben sind sie zur seligkeit noͤtig.
Jtem: Wehe mir, so ich das Euangelion nicht predige
I Kor 9,16.
etc., daruon hernacher weiter.
Dann es mir nit vmb die wordt, sundern darumb zu thun ist, das durch diese lehre der
schedliche irthumb, welcher auch zur Apostel zeit gewesen vnd
itziger zeit auch in
vielen leuten stecket, auffgehoben werde, das etliche meinen, sie koͤnnen one
warhafftige busse vnd bekerung zu Gott (welche in disen dreien stuͤcken stehet, als in
warhafftiger rew vnd erkentnis der suͤnde, zum andern im Glauben, welcher die vergebung
der suͤnden durch Christum empfehet, vnnd zum letzten in einem newen leben, das ist in
rechtschaffnen
fruͤchten der busse) selig werden, wenn sie schon in ehebruch,
hurerey, vollerey, wucher vnd andern suͤnden wieder jr gewissen vorharren, denn
wenn ich gleube,
sprechen sie, so werde ich gerecht vnd
selig.
C 4v Wieder solchen falschen vnd ertichten glauben setzen wier diese
wort den gleubigen vnd kindern Gottes seind gute werck zur sehligkeit
noͤtig
–
nicht das man die gerechtigkeit vnd sehligkeit dardurch
verdiene, welche die kinder Gottes albereit aus genaden ohn alle verdienst von wegen des
Mitlers durch den glauben entpfangen haben, sundern auff das nicht jemandts gedencke,
das glauben vnd suͤnde wieder das gewissen ohne busse vnd bekerung zu Gott beysamen
stehen koͤnnen, vnd das die gleubigen vnd
kinder Gottes jres schuͤldigen gehorsams
gegen Gott, jrem Vatter, durch solche lehre erinnert werden, auff das sie durch die
todsuͤnde nicht wiederumb aus der genade, kindschafft vnnd Erbschafft der sehligkeit
fallen vnd deren beraubt werden.
Diese lehre machet keine vermessenheit, dieweil wir nicht leren wie der
Bapst vnd
das Jnterim, das beide, der glaube vnnd gute werck, zu der gerechtigkeit vnd sehligkeit
noͤtig seint, sundern wenn wir nu allein durch den glauben gerecht vnd kinder Gottes
worden seind, das alsdenn der gehorsam gegen vnserm Vater im himel sol angefangen
werden. Welcher, dieweil er in allen heiligen in diesem leben noch vnuolkommen, so sol
kein mensch auff
seine werck oder die vernewerung, so in jme durch den heiligen
geist D 1r geschehen, sondern allezeit sich allejn auff das einige des Herren Christi
verdienst als den einigen grundtfest vnser sehligkeit verlassen vnd, wie vns vnser Herre
selbst lehret, sprechen: Wenn jr alles gethan habt, _Luce. 17.
Lk
17,10.
was euch befohlen ist, so sprecht: wir seind vnnuͤtze
knechte; wir haben gethan, das
wir zu thun schuͤldig waren.
Denn vor Gott _Psalm. 143.
Ps 143,2. durch seine eigne werck vnnd verdienst.
Darumb mussen die kinder Gottes, sie sein auch so from vnd heilig, als sie jmmer sein
koͤnnen, dennoch allezeit vor Gottes gericht jhre zuflucht vnter die fluͤgel jrer
Gluckhenne, des Herren Christi, haben.Vgl. Mt 23,37; Lk 13,34. Welcher
ist kein
lebendiger gerecht
sie wieder die hitze des zorns Gottes
vberschatte vnd jre zuflucht vnd verbergung sey fuͤr dem Wetter vnd Regen, wie Esa. 4.
geschrieben stehet.Vgl. Jes 4,6. Denn fuͤr Gott ist Christus stets vnnd allein
vnser volkomene gerechtigkeitVgl. I Kor 1,30. vnnd koͤnnen do keine
werck, ja auch die werck der Gerechtigkeit vnd verneuerung des heyligen Geists nicht
bestehen. Derwegen keine vermessenheit der
wercke, sondern die hoͤchste demut vnnd
die einige zuversicht der barmhertzigkeit Gottes, welche vns Christus erworben, do sein
mus, sol anderst der mensch sehlig werden. Denn wir mit allen heiligen Gottes teglich
beten muͤssen
Vorgib vns vnser schuldt,
Mt
6,12.
was solten wir vns den vormessen?
D 1v Zum andern ist diese lehre, das gute werck den gleubigen vnd
kin
dern Gottes zur seligkeit noͤtig seind, nicht also zu uerstehen, das
dardurch denen, welche keine eusserliche gute werck haben, als junge kinder oder die, so
sich in der letzten stunde zu Gott bekeren oder zu zeiten aus schwacheit wieder in
suͤnde fallen vnd Gott nichts denn suͤnde vnd boͤß gewissen bringen, der himel vnd die
seligkeit beschlossen, alle genade versaget vnd abge
schnitten vnd sie
dardurch zur verzweiffelung solten gedrungen werden, welches ja eine verfuͤrische vnd
verdampte lehre wieder das heilig Euangelium Jhesu Christi, aller Propheten vnnd
Aposteln schriffte were, sondern (wie oben gesagt) diese lehre sol erstlich darzu
dienen, das dardurch die, so warhafftiglichen gleuben vnnd kinder Gottes seind, zu guten
wercken vnd gehor
sam gegen Got, jrem Vater, vermanet vnnd getrieben werden,
zum andern auch wieder die gesatzt vnnd verstanden werden, welche sich des
glaubens ruͤmen vnd doch in suͤnden vnd bußfertigem leben verharren vnd wird hierdurch
niemand zur verzweiffelung gedrungen.
Denn wer busse thut vnnd dem Euangelio gleubet, welches vns vergebung
der suͤnden
aus genaden in dem namen Christi verkuͤndiget, der wird sehlig, er bekere sich bey zeit
oder in der letzte stunde (Wiewol es fehrlich, darauff zu warten), D 2r er habe gut oder boͤse gewissen, eusserliche gute werck oder keine nicht. Denn one
jnnerliche gute werck, als bekerung, glauben, forcht vnd liebe Gottes, so in aller
menschen, jung vnd alt, verneuerung vnd
wiedergeburt als bewegungen des heiligen
Geistes angezuͤndet werden, kan kein mensche sein, welcher sich zu Gott bekeret.
Solches bezeugen volgende spruͤch vnd verheissung Gottes vnd vieler heilige exempel:
Esaie. 1: Waschet, reiniget euch, thut ewer boͤses wesen von meinen augen,
Vgl.
Jes 1,16‒18.
lasset ab vom boͤsen, lernet gutes thun, wenn ewer suͤnde gleich blutroth ist,
sol sie doch schne weis werden.
Esa. 45: Wendet euch zu mir, so werdet jhr sehlig.
Jes 45,22.
Esai. 66: Jch sehe an den elenden vnnd der zerbrochens Geists ist vnnd der sich
foͤrchtet vor meinem wort.
Jes 66,2.
Ezech. 33: So war,
als ich lebe, spricht der Herr Herr, Jch habe keinen gefallen an dem tode des
Gottlosen, sondern das sich der Gottlose bekere von seinem wesen vnd
lebe.
Ez 33,11.
Jtem ibidem: Wenn ein gerechter boͤses thut, so wirdts jn nicht helffen, das er
from gewesen ist, vnd wenn ein Gottloser from wird, so sols jm nit
scha
Ez 33,12. etc.
den, das er Gottloß gewesen ist; so kan auch der gerecht nicht leben,
wenn er suͤndiget
D 2v Amos 5: Suchet den Herrn, so werdet jr
leben.
Vgl. Am 5,4.
Zachari. 1: Keret euch zu mir, spricht der Herr Zebaoth, so wil ich mich zu euch
keren.
Sach 1,3.
Matth. 11: Kompt her zu mir alle, die jr muͤhesehlig vnd beladen seid, ich wil
euch erquicken.
Mt 11,28.
2 Timoth. 1: Denn das ist gewislich war vnd ein Theures werdes wort, das
Christus Jhesus ist kommen in die welt, die suͤnder sehlig zu machen.
I Tim
1,15 [sic]; 4,9.
Exempel deren, so ohne gut gewissen vnd one eusserliche gute werck sich zu
Gott
bekeret vnnd sehlig worden, sind volgende: Aaron, Dauid, Manasse, Zacheus, Petrus,
Magdalena, Schecher am creutz vnd viel ander mehr.Vgl. Num 17,16‒26;
I Sam 16,13; II Chr 33,19 und das (apokryphe) Gebet Manasses; Lk 19,1‒10; Mt 26,69‒75; Joh
20,11‒18; Lk
23,39‒43.
Das ist die rechte Euangelische lehre, vnnd verflucht sey, der do anders lehret.
Wir reden aber nicht von denen, welche sich noch zu Gott bekeren vnd gerecht werden
sollen, das denen zur bekerung vnd zum verdienst der gerech
tigkeit vnd
seligkeit die gute werck noͤtig sein sollen – Wie mir meine wort luͤgenhaftig vnd
felschlich gedeutet werden – , sondern von denen, welche schon busse gethan haben vnd
allein durch den glauben one alle werck vnd verdienst die gerechtigkeit vnd sehligkeit
aus genaden vmb des Herren Christi willen entpfangen haben, das denen die gute werck als
fruͤchte der
rechtschaffenen Busse, domit sie nicht die gerechtigkeit vnd
sehligkeit wieder verlieren, von noͤten seint. Wie Johannes der D 3r
Teuffer selbst Matth. 3 lehret, do er spricht: Sehet zu, thut rechtschaffene
frucht der Busse. Welcher Baum nicht gute frucht bringet, wird abgehawen vnd
jns fewr geworffen.
Mt 3,8.10.
Dis ist je eine einfeltige klare lehre, welche leichtlich vnd wol zu uerstehen, welche sie aber durch luͤgen, Calumnien vnd falsche außlegung verfelschen wil, die laß ich faren; sie werden jhren Richter haben.
Zum andern, das mir auffgeleget wird, ich vertedige fast in allen Predigen die Adiaphoristerey vnnd Euangelisire den Chorrock, werdet jhr euch als liebhaber der warheit wissen zu erinnern, ob ich auch jemals der Adiaphoristerey oder des Chorrocks in meinen predigten, dieselbige zu uertedigen, gedacht vnd was ich vor Artickel gewoͤnlichen in meinen predigen pflege zu handeln, als nemlich:
Was Gott sey.
Das ein Gott vnnd doch drey vnderschidne personen in der einigen Gottheit seind.
Das in der einigen person Jhesu Christo zwo naturen vereiniget seind.
Was suͤnde sey, vnd wieuiel mancherley suͤnde sey.
D 3v Wie man vergebung der suͤnde, gerechtigkeit, heyligen Geist vnd das ewige leben allein durch den glauben an Jhesum Christum erlange.
Welchs gute werck seind.
Wie sie Gott gefallen.
Wie vnd warumb dieselbige zu
thun noͤtig seind.
Ob auch noch suͤnde in den heiligen in diesem leben bleibet.
Durch welche suͤnde
die gleubigen den glauben vnd den heiligen Geist wieder verlieren.
Von der Tauffe.
Von dem Abentmal des Herren, was man da vnd warzu man
dasselbige
entpfahen sol.
Von Mißbrauch des Abentmals des Herrn zu der Papistischen Opffermes vor die lebendige vnd die todten etc.
Von der Busse vnd bekerung zu Gott.
Von der Absolution.
Von der Christlichen Kirchen.
Vom gesetz vnd Euangelio vnd derselben vnderscheidt.
Vom Ehestandt vnd weltlicher oberkeit etc.
Das ich von diesen vnd dergleichen Artickeln der Christlichen lehre, so einem jeglichen
Christen von noͤten zu wissen, nach meinem geringen mas vnd
vermoͤgen die zeit, so
ich bey euch gewesen, trewlichen geleret vnd daneben allezeit die Papistische jrthumb
vnd verfuͤrung euch angezeiget vnnd wiederweder.
Die Sprachform entspricht mittel- und norddeutschem Sprachgebrauch. Vgl.
Vnd ob ich schon von etlichen solchen mitteln dingen, so zu eusserlicher zucht,
erinnerung, wolstand vnnd guter ordnung der Christlichen Kirchen dienen, aber nicht
Gottesdienst noch zur seligkeit noͤtig seind, auch schribe, lerete oder geleret hette,
wie etliche gelerte vnd hohe leut zuuor gethan, wuͤste ich dennoch, das ich daran recht
thete vnnd von niemants darumb billich
kuͤnte vnd solte gestrafft werden, es were
dan
Denn diese rotte hat zu dieser zeit das priuilegium, das sie alles moͤgen
dich
ten, liegen, felschelich vorkeren, schreien, schreiben, was jnen nur
treumet vnd in sinn koͤmmet, jederman schenden vnd lestern, das ist alles recht vnd das
heilig Euangelium, es sol aber – mit Gottes genade – nicht lang weren, denn wie das
sprichwort lautet: Warheit bestehet, Luͤgen vergehet.
Vgl. Warhafftiger mund bestehet ewiglich.
Prov 12,19.
Aber falsche zungen bestehen
nicht lang.
Zum dritten, das ich von listigen leuten darumb alhieher gefordert, das ich das volck
zu D 4v den zukuͤnfftigen verenderungen des Concilij zubereiten solt, ist E. E. W.Ewern Erbaren
Weisen / Ewer Erbaren Weisheit. gnugsam bewust, das ich von den Wolgebornen vnd
Edlen Herren, den Grauen vnnd Herren zu Manßfelt, jetzt Regirenden meinen
genedigen
Herren, vnd durch niemandts anders herberuffen vnd zum Pfarherren vnd Superattendenten
bestettiget. Da nu
hafftig zeugknis geben, das jhren Gnaden gros gewalt vnd
vnrecht von
pffarampt, Predigstuͤel, Schulen,
Hospital vnd alles, so zu Gottes ehre dienet, durch Gottes genade vleißig fuͤrdern vnd
an nichtes erwinden
Das ich aber das volck zu den zukuͤnfftigen E 1r verenderungen des
Concilij zubereiten solt, wissen E. E. W. vnd G.Ewer Erbare Weise und Geliebte. sich auch zu erinnern, mit was grossem vleis
vnd ernst ich fast inn allen meinen predigten euch vor den Papistischen jrthumen
verwarnet vnd etliche decreta des Concilij Tridentini – vnd sonderlichen die decreta de
iustificatione hominis,Das Dekret des
Tridentinums über die Rechtfertigung wurde am 13. Januar 1547 verabschiedet, vgl.
Sacramento AltarisDas EucharistieDekret wurde in der 13. Sitzung des Tridentinums am 11.
Oktober 1551 beschlossen, vgl.
Das dis alles in der warheit sich also vnd nicht anders verhalte, beruffe ich
mich
auff einen Erbaren Rath vnd eine gantze Christliche gemeine dieser Loͤblichen Stadt
Jch kan durch Gotts genaden mit S. Paulo auch sagen: vnser Rhum ist der,
nemlich das zeugnis vnsers gewissens, das wir inn einfeltigkeit vnd
II Kor 1,12–14.
etc. 2. Chor. 1.
Goͤttlicher
lauterkeit, nicht in fleischlicher weißheit, sondern in der genade Gottes auff der
welt gewandelt haben, denn wir schreiben euch nichts anders, denn das jr leset
vnd auch befindet. Jch hoffe aber, jhr werdet vns auch bis ans ende also befinden,
gleich wie jr vns zum theil befunden habt,
E 1v Jch dancke auch von hertzen dem Vater vnsers Herren Jhesu
Christi: Wiewol viel leuthe in dieser herschafft wie auch an andern mehr oͤrten durch
des Magdeburgischen scribenten schreien vnd schreiben irre gemacht, das dennoch, do jhr
vnsere lehre, welche zuuor vielen verdechtig gewesen, selbst persoͤnlich gehoͤrt vnd nun
die warheit erkand, jhr nu mehr nicht auff jhr
schreiben vnnd schreien achtung
gebet, dieweil jhr sehet, das es lauter freuel vnd mutwil ist vnnd solch geschrey darzu
erweckt, das dardurch vnruhe vnd die leutte irre gemacht vnnd friedliebende lehrer vnd
prediger bey dem gemeinen man in verdacht, has vnd feindschafft gebracht vnnd die, so
die lehre des heiligen Euangelij noch nicht erkanndt, daruon abgeschreckt vnnd
vnsern
widersachern durch solliche Spaltung eine freude vnd frolockung gemacht
wurde, das aber noch etliche ann jnen wie das kot am rade hengen, wird nit lange weren,
sondern werden mit der zeit auch abfallen, wie bereit an vielen zu sehen.
Es ist zwar zu dieser zeit viel elends vnd iammers in deutschen lande,
dar
durch die leuthe zu ruhe, friede vnnd einigkeit, beide in dem
geistlichen vnd weltlichen regiment, billich solten beweget werden, damit sie jnen nicht
mehr vnd schwerer last durch fuͤrwitz, spaltung vnnd vneinigkeit selbs auff den hals
lueden. E 2r SondernObgleich. Vgl.
sehen wir, das jrer viel
sind, welche vnter jnen selbst spaltung vnnd vnnoͤtig gezenck erregen vnnd darzu auch
den gemeinen man bewegen, welcher nu inn den sin geraten, das er weder nach Gottis wordt
vnd die prediger, noch auch nach der oͤbrigkeyt nicht viel mehr fraget.
Diese ergernisse erschrecket zu vnsern zeiten viel von der lehre des heiligen
Euangelij ab, das sie derselbigen feind werden, welches den nicht sein,ergänze soll
. sondern zu
wissen, das man ein vnterscheide zwischen der lehre vnd den personen machen sol.
Das ist gewis, das die lehre der heiligen Propheten vnnd Aposteln Gottes lehre vnnd
wordt ist, wiewol wir nun an den Propheten vnd Aposteln auch
viel schwacheit vnnd
gebrechen sehen, jedoch soͤllen wir jre lehre darumb nit vorwerffen.
Den wie Soli Dei filio seruabatur, ut sine delicto
permaneretVgl.
vnnd
wir alle
– es sind Propheten oder Aposteln – haben
II Kor 4,7. wie 2. Cor. 4 geschriben stehet.
diesen
schatz in irdischen gefessen, auff das die vberschwengliche krafft sey Gottes Vnnd
nicht vonn vnns,
Derwegen ob wol leider zu vnser zeit, wie auch zur zeit S. Pauli zu Corint vnd bey den
Philippern E 2v vnter den lehrern gezencke, has, neid, ehrgeizigkeit,
zorn, rachgirigkeit vnd dergleichen suͤnde inn den predigern ver
merckt wird,
jedoch sol man von wegen der personen gebrechligkeit nit der Reinen Goͤttlichen lehre
feind werden vnnd dieselbige verachten, wiewol nichts schoͤners ist, denn wenn die
lehrer jre lehre durch jr selbst exempel zieren vnd schmuͤcken vnd dem gantzen hauffen
als schoͤne liechter vorleuchten.Vgl. Dan 12,3. Dis ist mehr zu wuͤnschen,
denn in allen zu hoffen, dieweil kein
mensch auff erden ist, wie Jhesus Syrach
spricht, der gutes thue vnd nicht suͤndige.Koh 7,20 [!]. Vermutlich liegt eine
Verwechslung zwischen Ecclesiastes
(Prediger Salomo, Kohelet) und
Ecclesiasticus
(Jesus Sirach) vor. Das ander leben wirdt ein
leben ohn suͤnd vnd in volkommener Gerechtigkeit sein, welche inn diesem leben allein
angefangen wird vnnd eine solche gerechtigkeit ist, dabey man teglich beten mus:
Vorgib vns vnsere schulde.
Mt 6,12.
Was nu vernuͤnfftige vnd Gottfuͤrchtige lehrer der Christlichen gemein seind, welche zu
friede vnd einigkeit geneigt, die werden sich die vielfaltige vnd herliche vermanung zu
erhaltung der eintrechtigkeit leichtlich bewegen lassen, welche allenthalben in der
Propheten vnd Aposteln schrifften stehen vnnd offtmals wiederholet werden.Vgl. I Kor
12f; Eph 4,2f; Kol 3,12–15. Was aber von natur zenckisch ist,
bey
denen hilft kein vermanen, den kan niemandt genug thun, man sage, singe,
schreibe vnd thue, was man wolle.
Es ist ja war, wie Non tam si-E 3rnistrae opus est dextra, quam
Ecclesiae concordia docentium.
Vgl. Die lincke hand darff nicht so sehr der rechten, als der kirchen
die einigkeit der lehrer von
noͤten ist.
Denn gleich wie der Balsam ist, der vom heubt Aaron herabfleust in seinen gantzen Bart,
der herab fleust in sein kleid,Vgl. Ps 133,2. also auch der heilige Geist
erstlich auff das heubt der kirchen, vnsern Herren Christum, ausgossen vnd von deme in
die andere glidmas des Christlichen leibes, vnd sonderlichen in
die lehrer
trieffend vnnd fliessend, erquicket, heiliget vnd erhelt das leben der
gemeine Gottes durch die einigkeit vnd das band des friedes.Vgl. Eph 4,3. Bey
solcher gemeine, welche den heiligen Geist vnd die Einigkeit behelt, ist Gott, segnet
vnd schuͤtzet sie vnd verleyhet gnade, das sie in glauben, hoffnung, liebe, Forcht gegen
jme, in gedult vnd allen thugenden wechset vnd zunimpt, vnnd
solche gemeine wil er
mit aller wolfart vnnd mit der Kron des ewigen lebens zieren vnd schmuͤcken, wie der
133. Psalm am ende mit diesen troͤstlichen worten spricht: Denn doselbst
verheisset der Herr segen vnd leben imer vnd Ewiglich.
Ps 133,3.
Da aber die lehrer der kirchen vnter jnen selbst vneinig vnd vndereinander
sich
durch zanck, zorn, lesterwort, luͤgen, ehrgeitzigkeit vnd rachgirigkeit beissen vnd
fressen, einer das theil, der ander das ander theil des volcks an sich zeucht vnd ein
jeglicher nicht Gottes, sondern sein eigen ehre E 3v vnd nuͤtze
suchet, do kan nichts liebliches noch freundliches sein, da wird der lauff vnd die
frucht des Goͤttlichen wordts vnd rechte anruffung Gottes
verhindert, der heilige
Geist inn vieler gleubigen hertzen betruͤbet, volgen darnach allerley rotten vnd secten,
bis endtlichen auffruhr, krieg, blutuergiessen vnd verwuͤstung dardurch auch erreget
werden.
Denn solche gemeine wirdt nicht durch den heiligen Geist, sundern durch jre eigne
affect, lust vnd begierde vnd durch den geregiret, welcher solcher sa
chen
von anbegin ein vorursacher gewesen ist. Darumb ist auch daselbst nicht des Herren
segen, sundern lauter verfluchung vnnd verderben.
Derhalben, wie oben vermeldet, ist der Christlichen gemein nichts nuͤtzlichers noch
hoͤcher von noͤten, denn das eintrechtigkeit der lehrer erhalten werde, darauff denn
Fuͤrsten Konjiziert aus: vnderr Hen.vnd
Herren vnd alle oberkeit mit hohem vleis
achtung geben, vnd do jrgent vneinigkeit vnter jnen vermarckt, sich befleissigen sollen,
auff das solche zu uerhuͤtung vieler beschwerung vnd vnrichtigkeit in beiden regimenten,
Geistlich vnd Weltlich, billicher vnd Gottseliger weise moͤge verglichen werden.
Es ist auch zu dieser zeit ein sehr ergerlicher vnd schedlicher gebrauch, darzu
dann die oberkeit stilschweiget vnd durch die finger E 4r sihet,darüber hinwegsieht. das eines theils lehrer
der kirchen von vnnoͤtigen sachen, deren sie kein gruͤntlichen bericht oder auch wenig
verstand haben, aus lauter Ehrgeitzigkeit,Im
Original Ehr|geitzigkeit
, ohne Bindestrich am Zeilenende. zorn,
has oder neid zanck erregen vnnd alle diejenige, so es nicht mit jnen halten, keines
standes verschonend, offentlichen im druck schenden vnd lestern.
Denn alhie wird die regel des Herren Christi nicht gehalten, welche er Matthei 18 gibt:
Suͤndiget dein bruder an dir, so gehe hin vnd straffe in zwischen dir vnd jme
ALLEJN.
Mt 18,15. Sundern hiewider werden alle Affecten, one
alle vorgehende freuntliche vnd bruͤderliche vermanunge, auffs
feindsehligest vnd bitterst offentlichen im druck mit grossen Ergernissen vieler
frommer
Gotfuͤrchtiger leuth ausgeschuͤttet; ob nu solches von Gottes Geist
geschehe, ist leichtlich zu richten. Denn so der Herre diese regel mit denen wil
gehalten haben, so wieder vns suͤndigen, wieuiel mehr wil er die leuth, so vns nichts
boͤses oder auch alles guts gethan, vngeschendet vnd vngelestert haben?
Wolt Gott, das alle lehrer der Christlichen gemeine diese vermanung S. Pauli
vleissig betrachteten vnd deren volgeten, da er an die Philip., 2. ca., also schreibet:
E 4v
Thut nichts durch zanck oder eitel ehre, sondern durch demut achtet euch
vntereinander, einer den andern hoͤcher denn sich selbst, vnd ein jeglicher sehe
nicht auff das seine, sondern auff das des andern ist. Ein jeglicher sey gesinnet,
wie Jesus Christus auch war, welcher, ob er wol in
Phil
2,3–7.
Goͤttlicher gestalt war,
hielt ers nit fuͤr ein Raub, Gott gleich sein, sundern eussert sich selbst vnd nam
knechts gestalt an.
Sicut enim est mater
omnium haereticorum superbia, ausi sunt dicere quod natura Dei sit
anima.
Wie
wir sehen, das die ehrgeitzigen gemeinigklichen
vnnoͤtige vnd schedliche gezencke erregen, darinnen sie jre kunst vnd geschickligkeit
beweisen vnd in ein ansehen bey dem gemeine man komen moͤgen, wie an Samosateno,Der antiochenische Bis
chof
Von den Ehrgeitzigen schreibet
nihil
non audeant. Sunt igitur homines pestiferi et omni maledictione digni, quos odi cane
peius et angue. Nam quae sua sunt quaerunt, non quae Christi Iesu etc.
So seind auch etliche andere, wie sie S. Paulus nennet,Vgl. I Tim 6,4.
auffgeblasne, stoͤrrige vnd halstarrige leut, welche gedencken, das sie allein klug vnd
gelehret
seind, vnd alle andere verachten vnnd nicht im geringsten auch ein
haerbreit weichen wollen, auff das sie jre ehre, ExistimationAnsehen, Ruf. vnnd Authoritet erhalten.
Solche koͤpff straffet S. Paulus mit diesen worten, das er spricht:
Thut nichts durch zanck oder eitele ehr,
Phil
2,3.
vnnd lehret vnns, das wir hone, spot vnd
lesterung von wegen der Christlichen
kirchen vnnd auch des weltlichen Regiments friede vnd ruhe offtmals mit stilschweigen
vnd gedult vberwinden vnd nicht durch rachgirigkeit vnd wiederlesterung vnnd scheltwort
groͤssere has vnnd vnruhe erregen vnnd vns vor den ehrgeitzigen vnd zenckischen leuten
absondern F 1v soͤllen, wie Prouerbiorum 20. geschriben stehet:
Es ist
Prov 20,3.
dem man ein ehre, vom hader bleiben, aber die gerne hadern, sind
alzumal narren.
Nach dem aber S. Paulus vns die hoffart vnd ehrgeitzigkeit zu uormeiden gelehrt,
vormanet ehr vns in volgenden worten zu der demut, do ehr also spricht:
Durch demuth achtet euch vntereinander einer den andern hoͤer
Phil
2,3f.
denn sich
selbs, vnd ein ieglicher sehe nit auff das sein, sondern auff das desKonjiziert nach Luther 1545 aus: es. andern
ist.
Demuͤtig aber sein heisset Gott fuͤrchten, seine eigene schwacheit vnnd gebrechligkeit
erkennen, niemands verachten, soͤndern andere leut denn sich selbs hoͤer achten,andere Leute höher achten als sich selbst.
nichts anfahen, das wieder sein beruff sey, vnnd desselbigen mit Gottes furcht vnnd
anruffung vleissig warten, im leiden vnnd creutz geduͤldig sein, sich nicht auff seine
weisheit, kunst, stercke oder macht verlassen, auch das wissen vnnd vorstehn, obschon
wir weise, gelehrt, starck oder mechtig sein, das dennoch der teuffel viel weiser,
gelerter, stercker vnnd mechtiger sey, denn wir sein koͤnnen, welcher, wo Got nicht
vnser schutzherr
ist, vns leichtlich sturtzen kan, das wir dahin daumeln.
Darumb bleiben die demuͤtigen in jrem beruff vnnd vnterstehen sich nichts hoͤers oder
weiters, den jnen bevohlen ist, vnd dieweil sie alles in Got-F 2r tes furcht vnnd anruffung thun vnnd handeln, so ist auch Gott bei
jnen, gibt gluͤck vnnd heil zu jhren hendeln. Denn soͤlche leuth nicht auff jhre,
sondern
auff Gottes ehre vnnd anderer leut nutz, frommen vnnd seligkeit sehen vnnd
dahin alle jre sinne vnnd hendel richten.
Derhalben spricht S. Paulus:
Ein iglicher sey gesinnet, wie Jhesus Christus auch war, welcher, ob er wol in
Goͤttlicher gestalt war, hilt ers nit fuͤr einen raub Gott gleich sein, sondern
eussert sich selbst vnd nam knechtsgestalt
Phil
2,5–7.
etc.
an
Da stellet S. Paulus allen Bischoffen, pfarhern vnnd predigern, ia allen Christen, das
hoͤchste exempel der demut fuͤr, welches in himmel vnd auff erden ist, nemlich des Sons
Gottes, welcher, ob er wol von dem Vater Ewiger almechtiger Gott geboren, schoͤpffer
himmels vnd der erden vnnd herre aller
herren ist, vor welchem alle knie, die im
himmel vnnd auff erden sind, sich beigen muͤssen, jedoch ist er von wegen soͤlcher
grossen herligkeit nicht stoltz noch hoffertig, suͤchet nicht das seine, verachtet nicht
das arme, elende menschliche geschlecht, sein geschoͤpf, so inn die suͤnde, in zorn
Gotts vnd in tod gefallen, sundern nimpt sich desselbigen elend vnd jammers an,
fellet
Got dem Vater zu fuͤssen vnd vorbittetbittet für. dasselbig, macht sich selbstNur in der Kustode auf Bl. F 2r, nicht im Text auf Blatt F 2v.
F 2v schuͤldig vor das menschliche geschlecht, koͤmmet von himel
herab vnd eussert sich seiner Goͤttlichen herligkeit vnd Maiestat, nimpt knechtsgestalt
an, auff das er vns, die wir knechte der suͤnde vnd des teuffels waren, zu kinder vnnd
erben Gottes vnd seine miterbe mache, vnnd wird in der straffe der
suͤnde, so er an
vnser stad auff sich genommen, Gott dem Vater gehorsam bis zum tode, ja zum Tode am
creutz.Vgl. Phil 2,8.
Diese hoͤchste demut vnd liebe des sons Gottes gegen vns arme, elende menschen stellet
vns Pfarherren vnd lehrern der Christlichen kirchen S. Paulus vor die augen, dieselbige
zu betrachten vnd vns dardurch Schamroth zu
machen.
Denn dieweil wir an dem lieben son Gottes solche grosse demut vnd liebe gegen vns sehen
(wie er denn vns alle vermanet, das wir dieselbige von jme sollen lernen, do er Matth.
11 spricht: lernet von mir, denn ich bin sanfftmuͤtig vnd von hertzen demuͤtig,
so werdet jhr ruge finden fuͤr ewer seele
Mt 11,29.
etc.)Klammer ergänzt. Was fahen denn wir
arme madenseckeDie Bezeichnung
Madensack
für den Menschen, insbesondere den menschlichen Körper in
seiner Vergänglichkeit, gebraucht
Warumb machen wir vns selbst vnd andern leuten beide, in der kirchen vnnd weltlicher
Regierung, so grosse vnruge vnd zerruͤttuͤng? Warumb fechten vnd kempffen wir
vntereinander mit vieler leuth ergernis durch so viel lesterschrifft von wegen der
eiteln vnd zeitlichen ehre? Welcher, do F 3r wir
nicht
warhafftige busse thun werden, ewige schande, schade vnnd straff gewislich eruolgenfolgen (als Konsequenz). Vgl.
Hie ruͤmen sich etliche, das sie die seulen der Christlichen kirchen seind,Vgl. Gal 2,9. welche die reine lehre des Euangelij allein erstritten vnd erhalten, schenden vnd lestern derwegen alle andere, so jhrem schwarm kein beyfal geben.
Durt hinden in
thun? Wenn er sagen wird: Habt jhr nicht gehoͤrt, was ich euch
beuohlen hab, do ich zu euch also sagte: Lernet von mir, denn ich bin senfftmuͤtig vnd
von hertzen demuͤtig? Habt jr nicht meine demut gesehen, welcher, wiewol ich Gott vnd
Herr aller Herren bin, nochdennoch. Vgl.
gekroͤnet vnd
gecreutziget?
Wenn wir solche demut vnd liebe des sons Gottes gegen vns recht bedechten, solten vns
die hare auff dem heubt entborestehenemporstehen. Vgl.
vnser aller ist?
Wen nu dis hohe exempel der demut nicht beweget, der mus herter sein denn die felse zu
Derwegen dancken wir dir, o almechtiger, ewiger, warhafftiger Gott, ewiger
Vater
vnsers Herren Jhesu Christi, das du aus vnaussprechlichem rath durch die demut, gehorsam
vnnd den todt deines geliebten Sons, vnsers Herren Jhesu Christi, vns wiederumb
versoͤnet vnd vnser lieber Vater worden bist vnd vns vnsere suͤnde nicht zurechnest vnd
vnder vns das wort der versoͤnung auffgerichtet hast,Vgl. II Kor 5,19.
durch welches du die gleubigen zu deinem erbe des
ewigen lebens beruffest vnd
samlest.
Dieweil auch der boͤse feind durch ehrgeitzigkeit, zorn, lesterung, neid, has, zanck,
rachgirigkeit, luͤgen vnd viel andere suͤnde deine Christeliche gemeine, auch offtmals
deine diener, die lehrer deines heiligen worts, selbst anficht vnnd du nicht lust hast,
an des suͤnders tode, sundern das er sich bekere vnnd
lebe,Vgl. Ez 33,11.
bitten wir dich, du F 4r wollest solche schwacheit vnd suͤnde vmb
Jhesu Christi, deines lieben Sons, willen vns allen genediglichen vergeben vnd vns durch
den heiligen Geist Heiligen, fuͤren vnd regieren, das wir dich ewigen,
warhafftigen Gott, deinen willen vnd vnsere suͤnde recht erkennen, warhafftige busse
thun vnd dier im glauben, inn der hoffnung, liebe, in
rechter anruffung, in
bestendigem bekentnis, in gedult, in der liebe gegen dem nehisten vnd in Summa inn
rechtschaffnen fruͤchten der busse vnd allerley guten wercken dienen, dich loben, ehren
vnd preisen vnd allen Boͤsen affecten, neigung vnd begirden durch deine huͤlffe
wiederstreben moͤgen.
Wollest auch genediglichen bey solchem deinem erkentnis vns alle erhalten,
schuͤtzen vnnd handhaben, allen rotten vnd secten, vnd sonderlichen dem Mahomet vnd dem
Babstum vnd allen ergernissen, auch den zerstoͤrern zeitliches friedes steuren vnd
wehren, auff das reinigkeit vnd einigkeit deiner heiligen lehre vnd Gottseliger wandel
sampt zeitlichem friede vnter vns erhalten werde vnd aus vns allen werckzeug deiner
genade vnd barmhertzig
keit, welche dir, deiner Christlichen gemein vnd zu
weltlicher regirung, zu ruhe vnnd friede dienen vnd nuͤtzlich sein moͤgen, vnnd nicht
aus vns gevehsse vnd werckzeug deines Zorns vnnd der verdamnis machen,Vgl. Röm 9,22.
durch F 4v welche beide deine Christenheit vnd die weltliche
regierung verunruiget vnd zerstoͤret werde.
Solches wollest du vns nach der verheissunge deines geliebten Sons, vnsers Herren Jhesu
Christi, Warlich, Warlich ich sage euch: so jhr den Vater etwas bitten werdet in
meinem namen, so wird ers euch geben
Joh 16,23. vns alles
genediglichen verleihen vnd die wol verdienten straffen der erschrecklichen kranckheit
der pestilentz vnd des Tuͤrcken vnd andere vielfaltige kriege,
mord, brand,
verwuͤstung vnd verderbung, domit wier jetziger zeit von wegen vnsere suͤnde heimgesucht
vnd gezuͤchtiget werden, vmb vnsers mitlers willen von vns abwenden oder je solche
schwere vnd scharffe rutten lindern vnd vns nach deinem willen reine lufft, leibs
gesundheit, christliche vnd friedliche regierung wiederumb verleihen. Auff das wir dir
Ewigen warhaff
tigem Gott sampt deinem son, vnserm Herrn Jhesu Christo, vnd
dem heiligen Geist von hertzen dancken, dich in ewigkeit loben, ehren vnd preisen
moͤgen. Amen.
Zum letzten bitte ich alle Christliche hertzen, das sie doch betrachten wollen, was das
nur vor eine Torheit, das ein mensch darff sagen, das denen, so durch
den glauben
nu kinder Gottes worden seint, gute werck zur sehligkeit nicht noͤtig sein sollen? Denn,
Lieber, sage mir: Was ist das ewige leben? G 1r Jst es nicht, _Joan. 17.
das man den ewigen, warhafftigen Gott vnd
Jhesum Christum, den er gesandt hat, erkenne?Vgl. Joh 17,3. Welches erkennen
nicht ein todter buchstaben, sundern leben vnd geist ist, welchem das volget, das der
mensch
in solcher widergeburt anfehet, wiederumb zum bilde Gottes vernewert werden?
Was ist aber Gottes bilde? Seindt es nicht die zehen gebot sampt allen
jren guten wercken, welche Gott darinnen geboten? Welche, so der mensche inn dieser
verderbten natur volkuͤmenlichvollkommen. halten kuͤndte, so were er auch volkuͤmenlich sehlig vnd Gottis
bilde, zu welchem er erstlichen geschaffen
gewesen,Vgl. Gen 1,27. vnd were
also kein suͤnde noch tod da. Nu heist es aber spe salui facti sumus, spe, _Rom. 8.
Vgl. Röm 8,24.
sed
nondum in re – Wir seind in der hoffnung selig worden, noch nit
volkommenlich.
Denn das ein mensch die seligkeit vnd das ewige leben habe, gehoͤren diese stuͤcke zu:
Erstlich Buß vnd bekerung zu Gott, das ist erkentnis der suͤnden.
Zum andern der
glaube, welcher die vergebung der suͤnde vnnd den heiligen Geist entpfahe. Zum dritten,
das durch solchen heyligen Geist der mensch wieder zum bilde Gottes vernewert vnd wieder
das anfange zu werden, das er vor dem fal gewesen ist; was er aber vor dem fal gewesen
sey, das zeigen die zehen gebot Gotts an sampt allen den guten wercken, so darinnen
begriffen
seind. Wer nu also ist vnnd die gute werck, so in den zehen geboten
erfordert werden, G 1v volkomenlichen hat, der ist auch volkomenlich
gerecht vnd selig, do ist kein suͤnde vnnd tod, wie wir an den heiligen Engeln sehen,
das sie Gott, jren Herren vnd Schoͤpffer von gantzem hertzen, von gantzer sehle vnnd von
gantzem gemuͤte vnd vns, jre nehiste vnd miterben des ewigen
lebens, als sich
selbst lieben,Vgl. Mt 22,37–40. dieweil sie vnsere dinstbare_Hebre. 1.
geister sind.Vgl. Hebr 1,14.
Dieweil aber die verderbung der natur inn allen heyligen vnd kindern Gottes in diesem
leben, nachnoch. Vgl.
vnd wird vns doch solcher anfang der
gerechtigkeit vnd des ewigen lebens von wegen des Herrn Christi also zugerechnet, als
weren wir volkomenlich Gerecht vnd selig.Vgl.
Phil 3,7–14. Denn inn Christo,
nicht in vns, seind wir volkommen 1. Colossen. 2.Vgl. Kol 2,9f;
1,28. Jtem 1. Johan. 3: Meine lieben, wir seind nu Gottes kinder,
vnd ist noch nicht erschienen, was wir sein werden
I Joh 3,2. etc.
Nach deme denn die gute werck der zehen gebot Gottes in den gleubigen vnd kindern
Gottes die fruͤchte der vernewerung vnd der wiedergeburt seind, wie Ephe. 4 vnd Coloss.
3 geschrieben stehet,Vgl. Eph 4,22–32; 5,9;
Kol 3,9f. vnd solch new leben, so
der heilige Geist in den gleubigen wircket vnd anfehet, ein stuͤck vnnd anfang des
ewigen lebens ist (denn das heist selig sein vnd das ewige leben haben,
das einer
das habe, G 2r das die zehen gebot erfordern, wie an den heiligen Engeln zu sehen vnd der 15. Psalm bezeuget), wie solten denn die gute werck
den gleubigen zur seligkeit nicht noͤtig sein, so sie selbst ein theil vnnd der anfang
des ewigen lebens vnnd, wie S. Paulus Philip. 1 spricht,Vgl. Phil 1,11. die
fruͤchte der gerechtigkeit vnd ein anzeigen der sehligkeit seind? Was kan doch
hiewider mit warheit gesagt werden?
Also schreibet auch Darumb hat nu Gott die eine lehre
gegeben, die do offenbaret, was der mensche sey, was er gewest ist vnd was er wieder
werden sol, das ist die lehre des gesetzes, so Christus hie anzeiget:
Du solt
Mt 22,37.
etc. Als solt er sagen:
Gott lieben von gantzem hertzenAlso bistu gewest, vnnd also soltu noch
sein vnd werden, im Paradis hastu den schatz gehabt vnd warest also geschaffen, das
du kuͤndtest Gott von gantzem hertzen lieben, das hastu nu verloren. Nu aber mustu
wieder also werden, sonst wirstu in Gottes reich nicht kommen.
Also spricht
er duͤrre vnd klar an an
dern oͤrten: Wiltu zum leben
eingehen, so halt die gebot.
Mt 19,17. Jtem: Thu das, so wirstu leben
Lk 10,28. etc., das mus kurtzumb
gehalten sein, vnd das man dauon viel disputiren wolt, als moͤchte man one das (das do
heisset Gott lieben von gantzem hertzen vnd den G 2v nehisten als
sich selbst) selig werden, da wird nichtes aus; es mus erfullet werden so rein vnd
volkomen, als die Engel
im himel erfuͤllen. Darumb ist es vnrecht vnd nicht zu
leiden, so man wolt also predigen (wie etliche vor zeiten gethan haben vnnd auch noch
etliche tolle Geister thun): Ob du schon nicht die gebot heltest,
Gott vnd den nehisten liebest, ja ob du gleich ein Ehebrecher bist, das schadet
nicht, so du allein gleubest, so wirstu selig.
Nein, lieber man, da wird
nichts aus, du wirst
das himelreich nicht besitzen, es mus darzu kommen, das du
die gebot haltest vnd in der liebe seiest gegen Gott vnd dem nehisten. Denn do stehets
kurtz beschlossen: Wiltu zumIm Original:
Mt 19,17.
Jtem zunIm Original: zun
; evtl. Vertauschung am Zeilenende,
vgl. Anm. l. leben eingehen, so halte die gebot.zum
; evtl.
Vertauschung am Zeilenende, vgl. Anm. k. Galatern am fuͤnfften: Offenbar seind die werck des fleisches, von welchen ich euch zuuor
gesagt habe, vnd sage es noch, das, wer solches thut, der wirdt
Gal 5,19.21. etc. Vnd Christus wil solche lehre bey den Christen erhalten
haben, das sie wissen, was sie gewesen seind, was sie noch schuͤldig seind vnnd was
sie wieder werden sollen, das sie nicht in dem schlam bleiben, darin sie jetzt seind,
denn wo sie darin blieben, musten sie verloren sein. Also spricht er duͤrre eraus
Matthei am fuͤnfften:
das reich
Gottes nicht ererbenJr solt nicht
Vgl. Mt 5,17f. Jtem Weiter
spricht er Matthei am zwoͤlfften:
wehnen,
das ich kommen sey, das gesetz auffzuloͤsen,Gegenüber der Vorlage (und dem Bibeltext) fehlt (möglicherweise wegen
Homoioteleutons): Jch bin nicht komen auff zuloͤsen. sondern zu erfuͤllen.
Ja ich sage euch: warlich, es mus also gelehret vnnd G 3r
gehalten werden, das nicht der kleineste buchstabe noch ein titel vom gesetze
vergehe, bis das es alles geschehe.Jch sage euch, das die menschen
muͤssen rechenschafft geben am Juͤngsten gericht
Mt 12,36. Vnd S. Paulus zun Roͤmern
am achten:
von einem jeglichen vnnuͤtzen
wort, das sie geredt haben.Got hat seinen Son gesant ins fleisch, auff das die
gerechtigkeit, vom gesetz erfordert, inn vns erfuͤllet werde.
Röm
8,3f. Vnd zun Roͤmern am dritten: Wie? heben wir
denn das gesetz auff, so wir lehren, das man durch den glauben vnnd nicht durch die
werck gerecht werde? Das sey
Vgl. Röm 3,31. das ist: Eben darumb lehren wir den glauben,
domit das gesetz moͤge erfuͤllet werden.
ferne. Sondern wir richten das gesetz
auff,
Dieweil denn die gleubigen inn diesem leben mussen anfangen, das wider zu werden, das
sie vor dem fall im Paradis gewesen, vnd die werck der zehen
gebot Gottes ein teil
vnd stuͤcke seind solcher seligkeit, wie solten sie denn darzu nicht von noͤten sein?
etc.
Diesen sermon aber habe ich darumb E. E. W. vnd G. zugeschrieben, auff das jr vnd
andere inn solcher vnd andern meinen schrifften dester gewisser von meiner lehre richten
vnd vrtheilen vnnd dardurch, wie grosser gewalt mir von
meinen wi-G 3vdersachern geschehe, erkennen moͤget, vnnd habe alhie allein
rechte, reine Christliche lehre verteidigen vnd nicht jren luͤgen vnd lesterungen
antworten wollen; dann offentlicheoffensichtliche. luͤgen keiner antwort bedoͤrffen; widerlestern vnd schenden
ich nicht vor Ehrlich vnnd Christlich halte, wie der weise man spricht: Wer zanck
liebet, der liebet suͤnde.
Prov 17,19.
Also sagt auch mit seer lieblichen worten der weise Poet Philemon:
ἥδιον οὐδὲν οὐδὲ μουσικώτερον
ἔστ’ ἢ δύνασθαι λοιδορούμενον φέρειν?
ὁ λοιδορῶν γάρ, ἂν ὁ λοιδορούμενος
μὴ προσποιῆται, λοιδορεῖται ὁdiese Lesart
entspricht der Version von Scaliger, vgl. den Apparat in
Das ist ein lieblicher vnd weiser man,
Der do scheltwordt geduͤltig tragen kan,
Welcher sich der lesterwort nicht
annimpt.
Dem lesterer sein schmach auff sein heupt kompt.
Wiewol ich nu leider nicht weise bin, jdoch wil ich dieser weiser leut
verma
nung volgen vnnd mich mit meinen lesterern nicht schelten, sundern
sie mit gedult vberwinden vnnd verhoffen, von welchen die lesterwort erstlich ausgangen,
das sie entlich auch doselbst wider eingehen werden; wen jhr hertz gut were, so brechte
es auch was guttes erfuͤr.
Denn (wie der Herre sagt) wes das hertz vol ist, des gehet der mund vber;
was aber
aus dem G 4r munde gehet, das kompt aus dem hertzen vnnd
verunreiniget den menschen, aus dem hertzen aber kommen arge gedancken, morde, falsche
zeugnis, luͤgen, lesterung etc., Luce. 6, Matthei 12 vnd 15.Lk 6,45; Mt 12,34; 15,18f. Daruber Malus etiam bonas res calumniatur et peßime de eis loquitur, adeo scilicet
plenus est Thesauris malitiae, ut nec op
timaim Original: optime. Konjiziert nach Deinde non solum ipseipsum:
Ideo pius Doctor cum docuerit, arguerit, iudicauerit, relinquat furiosos
aduersarios, ut mordeant, contendant,
Bislang nicht nachgewiesen.
Diesem rath wil ich folgen vnd sie schreien vnd schreiben lassen, bis sie muͤde
werden.
litigent, maledicant, clament,
uociferentur, furant, saeuiant, donec consumantur etc.
Dieweil jr denn nu alhie zu
jrthum erreget werden, vermane ich euch wie S. Paul. auch die zu
Epheso, das jr nit mehr kinder seiet vnnd euch wegen vnnd wigenhin und her bewegen. Vgl.
Luthero
alhie in dieser stadt geborn vnd
auch nach Gottes willen vnd ordnung alhie in dem Herrn Christo Jhesu entschlaffen vnd nu
bey Christo lebet.
Diesen reichen schatz, welchen euch
vnsers Herren Jhesu Christi vleissig in ewerm
hertzen durch den heiligen Geist bewaren. Amen.
Geben zu
halten, auff das wir Got vor diese grosse wolthat dancken, das er diesen
treuen lehrer zu vnser zeit aus sunderlichen genaden erweckt hat, das durch diesen
seinen werckzeug des Bapstums jrthum, betrug vnd abgoͤtterey der welt eroͤffnet vnnd
reine Goͤttliche lehre wieder gepflantzt vnd aussgebreitet wuͤrde etc.
E. E. W. Williger
H 1r Ein sermon von S. Pauli vnd aller Gottfuͤrchtigen menschen bekerung zu Gott.
Actorum 9
Saulus aber schnaubete noch mit drewen vnd morden wider
die Juͤnger des
Herren. Vnd gieng zum Hohenpriester vnd bat jn vmb briefe gegen
Damascon an die schulen, auff das, so er etliche dieses weges fuͤnde, Menner vnd
Weiber, er sie gebunden fuͤrete gen
was verfolgestu
H 1v
mich? Er aber sprach: Herr, wer bistu? Der Herr sprach:
Ich bin JHESVS, den du verfolgest.
Die menner aber, die sein geferten waren, stunden vnd waren erstarret, denn sie hoͤreten seine stimme vnd sahen niemand. Saulus aber richt sich auff von der erden, vnd als er seine augen auff that, sahe er niemandts; sie namen jn aber bey der hand vnd fuͤreten jn gen Damascon, vnd war drey tage nicht sehend vnd aß nit vnd tranck nit.
Es war aber ein Juͤnger zu Damasco mit namen Ananias,
zu dem spra-H 2rche der Herr im gesichte: Anania!,
vnd er sprach: Hie bin ich, Herr. Der Herr sprach zu jm: Stehe auff vnd gehe hin in
die gassen, die do heisset die richtige vnd frage in dem hause Juda nach Saulo mit
namen von Tarsen. Denn sihe, er betet vnd hat gesehen im gesichte einen man mit namen
Ananias zu jm
hineinkomen vnd die hand auff jhn legen, das er wieder sehend
werde. Ananias aber antwortet: Herr, ich habe von vilen gehoͤrt von disem manne, wie
viel vbels er deinen heiligen gethan hat zu
er meinen namen
H 2vche
trage fuͤr den Heyden vnnd fuͤr den Koͤnigen vnnd fuͤr
den kindern von Jsrael. Jch wil jm zeigen, wie viel Im Original: er=|leiden
.er leiden mus vmb meines namen willen. Vnd Ananias ging hin vnd
kam in das haus vnd leget die hende auff jn vnnd sprach: Lieber bruder Saul! Der Herre
hat mich gesant, der dir erschinen ist auff dem wege, da du herkamest, das du wieder
sehend vnd mit dem heiligen Geist erfuͤllet werdest. Vnd alsobald fiel es von seinen
augen wie schuppen, vnd ward wieder sehend vnd stund auff, lies sich teuffen vnnd name
speise zu sich vnd stercket sich. Saulus aber war etliche tage bey den Juͤngern zu
Damasco, vnnd alsbald prediget er Christum in den schulen, das derselbige Gottis son
sey. Sie
H 3r
entsatzten sich aber alle,
die es hoͤreten, vnd
sprachen: Jst das nicht, der zu
Summa vnd der nutz dieser Historien.
Was die summa vnd der nutz sey, welchen man aus dieser Historien S. Pauli nemen sol, zeiget S. Paulus 1. Timot. 1 selbst an, do er also spricht:
Jch dancke vnserm Herren Christo Jhesu, der mich starck
gemacht vnnd trew geachtet hat vnnd gesetzt in das ampt, der ich zuvor war ein
lesterer
H 3v
vnd ein verfolger vnd ein schmeher. Aber mir ist
Barmhertzigkeit wieder
faren, denn ich habs vnwissent gethan im vnglauben,
es ist aber desto reicher gewesen die genade vnsers Herren sampt dem glauben vnd der
liebe, die in Christo Jesu ist. Denn das ist je gewißlich war vnd ein theur werdes wort, das Christus Jhesus kommen ist in die welt, die suͤnder selig zu
machen, vnter welchen ich der fuͤrnemest bin. Aber darumb ist mir barmhertzigkeit
wiederfaren, auff das an mir fuͤrnemlich Jhesus Christus erzeigete alle gedult, zum
exempel denen, die an jn gleuben solten zum ewigen leben, etc.I Tim
1,12–17.
Alhie spricht S. Paulus, das jhme von Gott darumb barmhertzigkeit widerfaren, das er
allen H 4r menschen auff erden zu allen zeiten zum exempel wuͤrde
fuͤrgestellet, daran yderman sehe vnd erkennete die vnaussprechliche
gedult vnnd
guͤte Gottes, das obwol Paulus ein grosser lesterer vnd verfolger des herren Christi vnd
aller der seinen auff das aller hefftigest gewesen, also auch, das er hin vnnd her inn
die heuser zog vnd die gemeine zerstoͤret vnnd man vnnd weyber erfuͤrzog vnd sie ins
gefengnis vberanthwortet, auch deren kleyder huͤtet, welche den heiligen Steffanum
steinigten vnd einen wolgefal
len an seinem tode hatte.Vgl. Act 7,58; 8,1;
22,19f. Dennoch, do er der
himlischen erscheinung nicht vngleubig vnnd Christo, so jne zur Busse vnnd bekerung
ruffete, gehorsam ist, seine suͤnde bekennet vnnd an denen, welchen er zuuor verfolget
vnd gelestert, anfehet zu glauben, widerfehret jm barmhertzigkeit vnd wird von Gott zu
genaden angenommen.
Dis aber geschihet nicht allein S. Paulo zu gut vnnd allen von seinetwegen, sondern
allen menschen zu trost, das niemands an Goͤtlicher guͤte, gnade vnd barmhertzigkeit
zweifeln sol, wie gros auch vnnd manchfeltig die sunde sey. Denn wie S. Paulus in itz
erzelten worten spricht, obwol seine vnnd vnserer aller suͤnde sehr gros vnd dieselbige
vielfeltig sind, jedoch ist die genade
vnsers hern dester reicher, vnd wie er Rom.
5 sagt: Wo die suͤnde mechtig worden ist, do ist doch die gnade viel mechtiger
worden.
Röm 5,20.
H 4v Jst nu die suͤnde gros vnd manichfeltig, so ist die genade
gewislich taussentmal groͤsser, vnd sol von denen, die do jre suͤnde erkennen, busse
thun vnd zu Gott sich bekeren wollen, nicht so sehre jrer suͤnden groͤsse vnd
manigfeltigkeit, als die grosse guͤte vnnd Barmhertzigkeit Gottes betrachtet werden.
Denn wie 2. Para.Paralipomenon (weil die Bücher
der Chronik über den Inhalt der Königebücher hinaus Texte enthalten, die dort
gleichsam unberücksichtigt
geblieben seien, von griech. παραλείπειν = übergehen, auslassen). 30
geschrieben stehet: Der herr, vnser Gott, ist genedig vnd barmhertzig vnd wendet
sein angesicht nicht von denen, so sich bekeren.
Vgl. II Chr 30,9.
Jtem: Wenn sie sich bekeren in jrer noth zu dem Herren, dem Gott Jsrael, vnd
werden jn suchen, so wird er sich finden lassen.
Vgl. II Chr 15,4.
Psal. 103:
Barmhertzig vnnd gnedig ist der Herr, geduͤltig vnd grosser guͤte. Er wird nicht
jmmer haddern, noch ewigklich zorn halten; er handelt nicht mit vns nach vnsern
suͤnden vnd vergilt vns nicht nach vnser missethat. Denn so hoch der
himel vber der erden ist, lesset er seine genade walten vber die, so jn fuͤrchten. So
ferne der morgen ist vom abend, lesset er vnser vbertrettung von
Ps 103,8–13. etc. Denn der titel vnsers Herrn ist
der, das er ein Vater der Barmhertzigkeit_2. Corinth.
1
vns sein. Wie
sich ein Vater vber kinder erbarmet, so erbarmet sich der Herr vber die, so jn
fuͤrchten.
vnnd ein Gott alles trosts sey.Vgl. II Kor 1,3. Welcher gedult mit
vns hat, vnnd wil nicht, das jemand verloren werde, _2. Pet.
1.
sundern das sich jederman zur busse kere.Vgl. II Petr 3,9.
Welcher auch alle vnter die suͤnde beschlossen
hat, nicht das er sie
ver-J 1rdamme, sondern auff das er sich aller, so
sich zu jme bekeren vnnd zuflucht zu seiner barmhertzigkeyt haben, erbarme vnd sie selig
mache, wie gros vnd manchfeltige suͤnde sie auch haben.Vgl. Röm 11,32; Gal 3,22.
Diese grosse guͤtte vnd barmhertzigkeit Gotts sehen wir alhie an S. Paulo, Aarone,
Dauid, Jona, Manasse, Maria Magdalena, Petro, an dem schecher am
creutzVgl. oben S. 150,2f (Bl. D 2v), mit Anm. 81.
vnnd vielen andern, welche, dieweil sie sich zu Gott bekert vnnd durch glauben zuflucht
zu seiner barmhertzigkeit gehabt, sind sie zu gnaden angenommen vnd jnen alle jre sunde
von Got vergeben worden. Welche exempel darumb vns vor die augen durch die heilige
schrifft gestelt werden, do wir von wegen vnserer suͤnden vnnd des gestrengen gerichts
vnnd zorns
Gottes wider die suͤnde erschreckt werden, das wir alsden nicht an
Gottes guͤtte zweiffeln, sondern durch diese exempel vns im glauben stercken vnnd wider
auffrichten. Denn hat sich Gott dieser grossen suͤnder, so do busse gethan, erbarmet
vnnd sie wieder zu gnaden angenomen, so wil er sich gewislich auch vnser erbarmen, wie
den seine verheissung lauten, welche
gewis vnnd vns nicht betriegen koͤnnen, als do
er Esa. 1 spricht: Waschet, reiniget euch, thut ewer boͤses wesen von meinen
augen; wen ewer suͤnde gleich blutrot ist, sol sie doch schneweis werden
Jes
1,16.18. etc. Jtem Ezech. 33:
So war, als ich lebe, spricht der J 1v Herr Her, ich habe
keinen gefallen am tode des gotlosen, sondern das sich der gotlose bekere von seinem
wesen vnd
Ez 33,11.
lebe. So bekeret euch doch nun von ewrem boͤsen wesen; warumb wolt jr
sterben, jhr vom hause Jsrael?
Do sehen wir, das Gott der Herre vns, die wir busse thun, seine barmhertzigkeit nit
alein verheisset, sondern auch durch sein selbs eide bestettiget. Welcher suͤnder solte
denn an Gottes guͤtte zweiffeln? Allein sehe ein iglicher zu,
das er sich
warhafftigklich vnnd ernstiglichen zu Gott bekere vnnd busse thu, so wird es an Gottes
erbarmen gewislich nicht mangeln noch fehlen. Dann seiner barmhertzigkeit die erde vol
vnnd derselbigen kein ende noch mas ist.Ps 33,5; Thr 3,22.
Dis ist die Summa vnnd die vornemste lehre dieser historien von S. Pauli bekerung,
wiewol aber in dieser historien viel schoͤner vnnd nutzlicher lehre
vns vorgehalten
werden, jedoch wollen wir allein die einig von der busse oder bekerung zu Gott in diesem
Sermon handeln.
Von der Busse vnd bekerung zu Gott.
Nach deme Adam vnd Eva in die suͤnde gfallen, ist das Gottes wille nicht, das der
mensch nu frey, sicher vnd in stetter verachtung Gottes, verstockung
vnnd
verblendung lebe vnnd also ewigklichen verderbe, son-J 2rdern das er seine suͤnde erkenne, vor Gottes zorn erschrecke, Busse thue, sich
zu Gott bekere vnnd zuflucht zu seiner barmhertzigkeit habe durch den mittler, vorbitter
vnd versoͤner, den Son Gottes, den zukuͤnfftigen weibssamen,Vgl. Gen 3,15. vnnd
also durch soͤlchen glauben widerumb lebe vnnd selig werde, wie den
Gott vns
soͤlchen seinen gnedigen willen offenbaret, do er spricht: So ware, als ich lebe,
hab ich keinen gefallen am tode des suͤnders, sonder das sich der suͤnder bekere von
seinem wesen vnnd lebe.
Ez 33,11.
Dis ist der ewige vnd vnwandelbare wille Gottis gegen Adam vnd alle Adamskinder, so in
suͤnden entpfangen, geboren werden vnd leben. Derwegen auch,
auff das sich Adam vnd
Eua wieder zu Gott bekeren, werden sie von Gott selbst zur busse beruffen, wie der text
Genesis 3 spricht: Do wurden jr beider augen auffgethan, vnd wurden gewar, das
sie nacket waren, vnd flochten Feigenbletter zusamen vnd machten jhnen
schuͤrtze.
Gen 3,7. Das ist: Gott eroͤffnet jnen jre grosse schand,
suͤnde vnd vntugent, welche sie durch den vngehor
sam vnd verachtung Gottes
begangen hatten. Derwegen sie sich auch vor Gott schemeten, scheueten vnd furchtreten,
wie doselbst im text volget: Vnd sie hoͤreten die stimme Gottis des Herren, der
im garten gieng, do der tag kuͤle war worden, vnnd Adam versteckt sich mit seinem
weibe fuͤr dem angesicht Gottis des Herren vnter die Beume im garten
Gen
3,8. etc.
J 2v Solchs erschrecken lesset Gott darumb vber Adam vnd Eua fallen,
auff das er nicht, wie oben gesagt, in suͤnden frey, sicher lebe oder in diesem
erschrecken versincke vnd verderbe, sunder das er durch solch erkentnis seiner suͤnden
gedemuͤtiget werde vnd nach Gottes Barmhertzigkeit suͤfftze vnd schreie vnnd sich durch
erkentnis, glauben vnd zuuorsicht der barmhertzig
keit Gottes wieder zu Gott
bekere, nicht verzweiffele vnd verderbe, sundern lebe vnd selig werde. Darumb wirdt jme
volgend auch die verheissung von des weibes samen gegeben, durch welche er wiederumb aus
diesem erschrecken vnd aus dem tod erloͤset, trost, leben, friede vnd freude in Gott
entpfehet.
Dieweil aber die menschliche natur nu durch die suͤnde verderbet vnd Gottes willen vnd
ordenung wiederstrebet, damit der mensch nicht in suͤnden vnd sicherheit lebe, so setzet
Gott feindschafft zwisschen des weybes vnnd der schlangen samen,Vgl. Gen 3,15.
das der mensch allerley anfechtung vom teuffel habe, vnd beledt beide, man vnd weib, ein
jegliches mit seinem schmertzen vnd
jamerVgl. Gen 3,16–19. vnd volgend
hernacher vnzeliche truͤbsal vnd hertzenleid, vnzeliche kranckheit, armut, elend, krieg,
pestilenz, theure zeit etc. Durch welches alles der mensch zu erkentnis seiner suͤnden,
zur furcht vnd demuth, zur busse vnd bekerung zu Gott gereitzt wird, domit er nicht in
sicherheit vnd verstockung in der suͤnde verderbe, wie nachuolgende spruͤch
bezeugen:
J 3r 1. Corint. 11: Denn wenn wier gericht werden, so werden
wir von dem Herren gezuͤchtiget, auff das wir nicht sampt der welt verdampt
werden.
I Kor 11,32.
Hiere. 30: Zuͤchtigen wil ich dich mit masse, das du dich nicht vnschuͤldig
haltest.
Jer 30,11 (Luther 1545).
Hiere. 31: Du hast mich gezuͤchtiget, vnnd ich bin auch gezuͤchtiget wie
ein
Jer 31,18f (Luther
1545). etc.
geilungezähmt, ungezügelt, noch
nicht an die Arbeit im Geschirr gewöhnt. Vgl.
Derhalben sol man wissen, das ein ewige, vnwandelbare lehre des heiligen
Euangelij
von der zeit an, do Adam nach dem fal wider zu genaden angenommen, inn der gemeine
Gottes stets gewesen ist, auch stets bleiben vnnd erhalten werden sol. Denn gleich wie
Gott zur selbigen zeit durch sein wort im Paradis die suͤnde Adams gestrafft vnd jnen
zur busse vnd bekerung beruffen, auch jme die verheischungVerheißung, Zusage, Versprechen. Vgl.
Heylandt, gegeben hat, von welches wegen Adam sahe
vnd verstunde, das jme sein suͤnde vergeben vnd er wiederumb zu genaden angenommen
wuͤrde: Also hat Gott solche predigt des Euangelij in der kirchen zur Veter- vnd
Propheten- vnd zu aller zeit erhalten, welche vns zur busse vnd J 3v
bekerung zu Gott vermanet vnd vns vergebung der suͤnden aus genaden, one
vnser
verdienst vnnd wirdigkeit, Allejn von wegen
des mitlers verkuͤndiget, auff welchen die verheissung Gottes weisen.
Also spricht Gott Ezech. 18: Bekeret euch von aller ewer vbertrettung, auff das
jhr nicht fallen muͤsset vmb der missethat willen, werffet von euch alle ewer
vbertrettung, damit jr vbertretten habt, vnd machet euch ein new hertz
Ez 18,30‒32.
vnnd newen geist; denn warumb wiltu also sterben, du haus Jsrael? Denn
ich hab kein gefallen am tode des sterbenden, spricht der Herr, darumb bekeret euch,
so werdet jr leben.
Also fasset auch der Herre Christus die summe seiner lehre in diese kurtze wort, do er
den Aposteln diesen beuehl thut: Gehet hin in alle welt vnd
Vgl. Mt 28,19; Lk 24,47; Mk 16,15. Das dis auch aller Veter vnd Propheten lere gewesen sey,
zeiget dieser heller spruch Acto. 10 genugsam an:
prediget Busse
vnd vergebung der suͤnden in meinem namen.Von diesem zeugen alle
Propheten, das durch seinen namen alle, die an jn gleuben, vergebung der suͤnden
entpfahen sollen.
Act 10,43.
Derhalben mus die predig von der Busse allezeit in der gemeine Gottes
er
halten werden, welche nicht allein durch das gesetze, das vns beide,
vnsere eusserliche vnd inwendige suͤnde anzeiget, sondern auch durch das Euangelium
geschihet, welches das gantze menschliche geschlecht be-J 4rschuldiget
In der Kustode: schul=
. vnd
anklaget, das es den Son Gottes nicht hoͤren wil vnd sein heilig vnd seligmachend
theures werdes leiden vnd sterben vnd aufferstehung verachtet
vnd nicht zu hertzen
nimpt; darumb spricht auch Christus, Johan. 16: Der heilige Geist wird die welt
straffen vmb die suͤnde, das sie nicht gleuben an mich,
Vgl. Joh 16,7‒9
(Luther 1545). vnd S. Paulus, Rom. 1, fehet seine predigt one allen
zweiffel aus Goͤttlicher bewegung vnd eingebung des heiligen Geistes mit erschrecklichen
worten an, do er spricht: Gottes zorn von himel wirdt offenbaret vber alles
Röm 1,18.
Gottlos wesen vnd vngerechtigkeit der menschen.
Dis ist nicht eine vergebliche predig, durch welche das gantze menschliche geschlecht
beschuͤldiget wird, welche doch das groͤste theil der welt veracht, etliche aber nemens
zu hertzen vnnd erschrecken dauor wie Adam, welcher, do er die stimme des Herren im
garten hoͤret, weis er nicht, wie oben gesagt,
wo er vor angst vnnd noth bleiben
sol, in welcher er hette muͤssen verzweiffeln vnnd verderben, do er nicht aus grosser
guͤte Gottes von wegen der vorbitFürbitte. des sons Gottes wiederumb durch die verheischung were getroͤstet vnd
erhalten worden.
Also gehet es auch dem lieben Dauid, da er von dem Propheten Nathan
ge
straffet wirdt, do sihet vnnd entpfindet er inn seinem hertzen erst den
erschrecklichen Zorn Gottes wieder J 4v die suͤnde, vnnd ist jme
hertzlich leide, das ehr Gott erzoͤrnet hat, vnnd foͤrcht sich vor der straff.Vgl. II Sam
12,1‒25. Denn er viel exempel sihet, wie Gott die suͤnde so ernstlich
gestrafft hat; do gedenckt er an den Koͤnig Saul, so erst vor jme regiret, welchen auch
Gott mit vielen
schoͤnen gaben vnnd thugenden geziret hatte; dieweil
er denn nu wuͤste, das Gott den selbigen ewigklichen verworffen hatte vnnd das das
Koͤnigreich von jme auff ein ander geschlecht vnd stamme verordnet,Vgl. I Sam 15,23
28;
16,1.11‒13;
28,15‒17. was solte
Dauid do anders gedencken, denn das Gott den Koͤnig Saul jme vnnd andern zum exempel
hette fuͤrgestelt, das iderman wissen solte, das Gott der Herr alle
dieienigen, so
alsoebenso, geradeso. freuentlichen
suͤndigen wuͤrden, auch der massen straffen wolte? Wie auch Christus selbs Luce. 13
spricht: So jr euch nit bessert, werdet jhr alle auch also vmkommen.
Lk
13,3.5.
Diesen grossen schmertzen aber, mit welchem eines menschen hertzen, welches Gottes zorn
entpfindet, zerplaget vnnd zermarttert wird, kan kein Engel,
viel weniger ein
mensch aussprechen, darumb Mose, Deute. 4, recht spricht: Der herre, dein Gott,
ist ein verzerent feuer vnnd ein eiueriger Gott.
Dtn 4,24.
Also spricht auch der Koͤnig Ezechias,Hiskia,
König von Juda (Vg). Esa. 38: Er zerbrach mir alle mein gebein wie ein
Lew.
Jes 38,13. Desgleichen klagen vber dise grosse
schmertzen sind auch vil in den psalmen, als Psalm. 38: Es ist nichts gesundes an
meinem
Ps 38,4.
leibe fur deinem dreu-K 1rwen, vnd ist
kein fride in meinen gebeinen fuͤr meinen suͤnden.
Wie aber die Predig des gesetzs vnd Euangelij diesen erschrecklichen zorn Gottis allen
menschen auff erden verkuͤndiget, also auch seind alle truͤbsal, so den menschen
wiederfaren, erinnerung des zorn Gottes vnd zuͤchtigung, das
die Menschen den Son
Gottes verachten, vnd anderer suͤnden, durch welche die menschen zur Busse vermanet
werden.
Das drey theil der Busse sind.
Derhalben ist zu wissen, das drey theil zu warhafftiger Christlicher Busse gehoͤren:
Erstlichen ist die Contritio, das erkentnis der suͤnden vnnd erschrecken vor Gottes zorn von wegen der erkanten suͤnde.
Zum andern der Glaube, das ist die zuuersicht der barmhertzigkeit Gottes, welche vns
von wegen des verdiensts vnnd der furbit vnsers mitlers, des Herren Jhesu Christi,
zugesagt vnd versprochen, das vns seinethalben vnsere
suͤnde nicht sollen
zugerechnet werden, sondern vergeben vnd zugedeckt sein, so wir an jhn vnnd solchs
gleuben, wie 1. Johan. 2 geschrieben stehet: Meine kindlein, solchs schreibe ich
euch, auff das jr nicht suͤndiget, vnd ob jemand suͤndiget, so haben wir einen
fuͤrsprecher bey dem Vater, Jhesum Christ, der ge-K 1vrecht ist, vnd derselbige ist die versoͤnung vor vnsere
I Joh 2,1f. etc., jtem Psalm 32:
suͤndeWol dem, dem
die vbertrettung vergeben sind, dem die suͤnde bedeckt ist, wol dem menschen, dem der
Herre die Missethat nicht zurechnet
Ps 32,1f. etc.
Denn der Mensch wissen mus, das er nicht von wegen seiner eigenen verdienst vnnd
wirdigkeit, wie der Bapst lehret, oder durch die wesentliche ge
rechtigkeit
des Herren Christi, welcher durch den glauben in vns wonet, wie
gegruͤndet auff die
verheischung Gottes vnnd seiner grossen Barmhertzigkeit vnd sunst auff nichtes anders,
vnd das ist, das S. Paulus vnnd wir den glauben, das ist die zuuersicht der
Barmhertzigkeit Gottes in Christo Jhesu, vnserm mitler vnd heiland, heissen. Welcher
glaube, so den mitler ergreifft, vns von Gott nicht seines, des glaubens, als eines
koͤstlichen werckes wirdigkeit
halben, sondern von wegen des mitlers, den der
mensch durch den glauben im hertzen wonend hat, zur gerechtigkeit zugerechnet wird, wie
Rom. 4 Von Abraham, dem Vater der gleubigen, geschriben stehet: Abraham hat Gott gegleubet, vnd das ist im
zur gerechtigkeit gerechnet.
Röm 4,3 (Gen
15,6). Jtem: Er K 2r wuste auffs aller
gewissest, das, was Got verheisset, das kan er auch thun,
Röm 4,21–25.
darumb ist es jm auch
zur gerechtigkeit gerechnet. Das ist aber nicht geschrieben allein vmb seinen willen,
das jm zugerechnet ist, sondern auch vmb vnsern willen, welchen es sol zugerechnet
werden, so wir gleuben an den, der vnsern Herrn Jhesum aufferwecket hat von den
todten, welcher ist vmb vnser suͤnde willen dohingegeben vnd vmb vnser gerechtigkeit
willen
aufferweckt.
Das sind je klare wort zu uerlegung beide, des Bapsts vnd
vnsere vnd aller heiligen verdienste vnd wirdigkeit von vnser gerechtigkeit
ausgeschlossen werden vnd die selbige allein auff dem festen grundstein Christo Jhesu
vnnd seinem verdienst gegruͤndet sey vnd bestehe, wie Esai. 28 geschrieben steht:
Sihe, ich lege in Sion einen gruntstein, einen bewerten stein, einen
koͤstlichen eckstein, der wol gegruͤndet ist. Wer gleubet, der fleu
Jes 28,16. vnd Paulus 1. Corinth. 3:
get
nicht,Einen
andern grundt kan zwar niemand legen ausser dem, der gelegt ist,
welcher ist Jhesus Christus.
I Kor 3,11. Jtem Psalm. 2: Wol
allen, die auff jn trawen,
Ps 2,12. denn wenn das menschliche hertz
auff was anders denn auff K 2v Christum vnd Gottes barmhertzigkeit
trawet vnd bawet, ist es vnmuͤglich, das es im erschrecken der suͤnden vnd im
gericht Gottes kuͤnne bestehen, wie Psalm. 130 geschrieben stehet: So du wilt,
Herre, suͤnde zurechnen, Herr, wer wird bestehen?
Ps 130,3. vnd Psalm
143: Gehe nicht ins gericht mit deinem knecht, denn fuͤr dir ist kein lebendiger
gerecht.
Ps 143,2.
Also zeuget dieser spruch S. Pauli, Rom. 4, auch das, das vnser gerechtigkeit
nicht die wesentliche gerechtigkeit Christi sey, die er von Ewigkeit vom Vater hat,
suͤndern der glaube, welchem darumb die gerechtigkeit zugerechnet wird, das er auff
Christum vnd sein verdienst sich gruͤndet vnd verlesset, vnd ist also der Christen
gerechtigkeit nicht Iustitia inhaerens, wie das
Jnterim,Vgl. Haec est vera illa
iustitiae inhaerentis ratio, quam desiderabat David, cum hanc mitteret vocem: Cor
mundum crea in me, Deus, et spiritum rectum innova in visceribus meis.
(zitiert nach in nova regeneratione attrahimus essentialem
iusticiam Christi, quae est Deus ipse Si enim Deus iustus est, tum necesse
est divinam eius essentiam esse iusticiam eius; quod si autem et eos, qui in
Christum credunt, iustos efficit, tum necesse est, ut eis divinam suam et
essentialem iusticiam communicet, alioqui nunquam in aeternum iusti fierent; et
tamen ipse solus iustus manet, cum nos nullam propriam, sed solius Dei iusticiam
habeamus.
sundern,
wie alhie S. Paulus spricht, ein solche
gerechtigkeit, so von Gott von wegen des verdienstes Christi, seines vergosnen bluts vnd
gehorsames gegen dem Vater dem glauben zugerechnet wird, vnd also Iustitia imputata, wie Paulus Ro. 3 auch spricht:
Er hat in furgestelt zu einem genadenstuel
Röm 3,25. vnnd
Rom. 5: Wir werden behaltenbewahrt. Vgl.
Röm 5,9. Jtem:
dem zorn, nachdem wir durch sein bluet gerecht worden
seind.Gleich wie wir durch eines menschen
vngehorsams viel suͤnder worden seind, also auch durch eines gehorsam werden viel
gerechten
;Röm 5,19. von diesem andern theil der busse, nemlich vom
K 3r glauben, welcher vergebung der suͤnden entpfehet, leren die
Papisten gar nichts, wie in jren buͤchern zu sehen.
Das dritte stuͤcke der warhafftigen Christlichen busse vnd bekerung zu Gott ist das newe leben, das der mensch sein suͤndlich leben inn ein Gottseliges verwandelt vnd sich bessert vnd rechtschaffene frucht der busse thut, dabey man erkennet, das er nu aus einem boͤsen, faulen baum ein guter, fruchtbarer baum worden ist, welcher gute frucht bringe.
Von dem ersten theil der Busse,
das ist: vom erkentnis
der suͤnde vnd
erschrecken vor Gottes zorn von wegen der erkanten suͤnde.
Wje einem krancken menschen zu erlangung der gesuntheit hoch vonnoͤten ist, das er
wisse, das er kranck sey vnd wie er zur gesundheit wiederumb
kommen moͤge, sonst
wird er nimmermehr gesunt, also ist auch zu der rechtfertigung vnd vorgebung der suͤnden
zum ersten von noͤten, das der mensch seine suͤnde erkenne vnnd wisse, das jnen Gott von
wegen derselbigen hie zeitlich vnd dort ewiglichen straffen werde, do er sich nicht zu
Gott bekere.Zur Krankheitsmetaphorik vgl. Jch sprach, ich wil
dem Her-
Ps 32,5. Darumb auch
K 3vren meine vbertrettung bekennen,
da vergabstu mir die missethat meiner suͤnde.non potest quisquam iustificari a peccato, nisi peccatum
antea fuerit confeßus – Niemandts kan von der suͤnden gerechtfertiget, das ist:
absoluirt, werden, es sey denn sach, das er zuuor seine suͤnde bekenne.
sten auff die ohrenbeicht vnd die erzelung der
suͤnden, so im Bapstumb den Messpfaffen vnd den Muͤnchen geschicht, deuten.
Denn buͤssen vnd sich zu Gott bekeren, heisst nicht, ein sicher vnd rewlos leben
fuͤren, sundern die suͤnde erkennen, rew vnd leid daruber tragen, das wir Gott
erzuͤrnet, auch erkennen, das wir der straffe wirdig sind, vnd vor
Gottes zorn
erschrecken. Darnach auch durch glauben, das ist: durch die zuuersicht der
barmhertzigkeit Gottes, sich wiederumb auffrichten vnd getrost werden,damit der mensch
in solchem erschrecken nicht wie Saul vnd Judas versincke.Vgl. I Sam 31,4; Mt 27,5. Welches denn das andere theil
der busse ist, etc.
Derhalben, wie in Adam, Dauid vnd anderen dergleichen erschrecken vnd
schmertzen
von wegen der suͤnden gewesen sind, also sol auch in aller menschen, so nu zu jren jaren
vnnd verstand kommen, bekerung zu Got, erkentnis der suͤnden, erschrecken vor Gottis
zorn, schmertzen, rew vnd leid sein, wie 2. Corint. 7 geschrieben stehet: Jr seit
betruͤbt worden zur rew, denn die Gotliche traurigkeit wircket zur
sehligkeit eine rew, die niemand
II Kor 7,9f.
gerewet.
K 4r Joel. 2: Zureisset ewre hertzen vnd nicht ewre kleider,
vnnd keret euch zu dem Herren, ewerem Gott!
Joel 2,13.
Esa. 66: Jch sehe an den elenden vnnd der zubrochens Geistes ist vnd der sich
fuͤrchtet fuͤr meinem wort.
Jes 66,2.
Ezechiel. 20: Jr werdet gedencken an ewer wesen vnd an alle ewer thun, darinnen
jr verunreiniget seid, vnd werdet misfallen haben vber alle ewer Bosheit, die jr
gethan habt.
Ez 20,43.
Daniel. 9: Ja Herr, wir, vnsere Koͤnige, vnser Fuͤrsten vnd vnsere Veter mussen
vns schemen, das wir vns an dir versuͤndiget haben. Dein aber, Herr vnser
Dan 9,8f. etc.
Got,
ist die barmhertzigkeit vnd vergebung
Solch erschrecken von wegen der suͤnden vnd des zorns Gottis sehen wir auch in S. Pauli
bekerung, wie alhie inn dieser Historien S. Lucas schreibet vnd Paulus sprach mit
zittern vnd zagen: Herr, was wiltu, das ich thun sol?
Act 22,10.
Dergleichen auch an den Niniuiten,Vgl. Jon 3. Manasse,Vgl. II Chr 33,12f; Gebet
Manasses. PetroVgl. Mt 26,75; Mk 14,72; Lk 22,62. vnd
an
dern, so sich zu Gott bekeret haben.
Dis erkentnis der suͤnden vnd erschrecken von dem zorn Gottis wird die Contritio, die
rewe, genant, das den menschen anfehet zu gerewen, das er Gott erzuͤrnet hat, vnnd ist
daran kein zweiffel, das alle menschen, welche nu zu jrem verstand vnd Alter gekommen,
in jrer bekerung solche rewe vnd
schmertzen haben sollen. Vnnd wer
darwie-K 4vder redet, der redet wieder Gottes
wort vnd stercket die sicherheit der menschen, daruber sie entlich verderben mussen, wie
den die Antinomer vnnd andere jresgleichen gethan haben. Denn Gottes wort, welches die
suͤnde der welt von anfang bis zum ende beide, durchs gesetz vnd Euangelion, straffet,
wil, das wir dieselbige
sollen erkennen vnd vor Gottes zorn erschrecken vnd von
wegen der suͤnden leide vnd schmerzen in vnserm hertzen entpfinden.
Alhie aber ist hoch von noͤten, das die leuth_Des Babstes
jrthum in der lehre von der busse.
der jrthumb erinnert werden, welche der
Babst vnd die seine in die lere von der busse eingefuͤret haben, domit die leut sich
dafuͤr wissen zu huͤten.
Erstlichen, das falsch vnd vnrecht, ja eine lesterung vnd verachtung des heiligen verdiensts vnsers Herren Jhesu Christi sey, das der Bapst leret, das solche rewe vergebung der suͤnden verdiene, dann vergebung der suͤnden wird vns aus genaden vnd allejn von wegen des verdienstes des Herren Christi geschanckt.
Zum andern ist auch das ein grosse Torheit, das sie leren, der mensche musse genugsame
vnnd volkommene rewe vber seine suͤnde haben, sunst werde sie jme nicht vergeben,
dieweil kein creatur den erschrecklichen zorn Gottes ertragen kan, wie Ezechias daruber
klaget: Er zerbrach mir alle meine gebeine wie ein Lewe.
Jes
38,13.
L 1r Wieder welchen zorn Gottis, wenn vns der Son Gottis nicht beschirmet vnd vberschadtet,überschattet. muͤste der mensch darunter verschmachten vnd verzweiffelen, wie an Saul vnd Juda zu sehen,Vgl. I Sam 31,4; Mt 27,5. denn Gott ein vorzerent feur ist,Vgl. Dtn 4,24. wie oben gesagt, vor welchem niemandes durch sich selbest one den Mitler Christum Jhesum kan bestehen.
Wiewol nu ein mensch groͤsser Rewe vnd schmerzen von wegen seiner suͤnde vnnd des zorns
Gottes denn der ander hat, jedoch kan in keinem menschen genugsam rewe vnd leid sein,
vnd wenn solcher schmertzen solte groͤsser vnd groͤsser werden vnd der mensch in
demselbigen keinen trost hette, so muͤste der mensch darvber verzweiffelen vnd
verderben. Von
diesem trost wollen wir volgend sagen.
Von dem andern theil der Busse, nemlich vom glauben.
Der_Des Babst lere von der Busse.
Bapst vnd die
seine leren auch, das drey theil der Busse seind, nemlich Contritio cordis, die rew des
hertzen, darnach Confessio oris, die erzelung der suͤnden, so dem priester geschicht,
vnd zum letzten Satisfactio operis, das
der mensch durch seine gute werck vor die
suͤnde sol genugthun.
Was aber rechte Christliche rew vnnd des L 1v Bapsts irthumb von solcher lehre sey, haben wir oben vermeldet.
Das aber die erzelung der suͤnden, so dem _Von erzelung der
suͤnden inn der beicht.
prister geschicht, in der heiligen schrifft nirgent
gebotten vnnd auch vnmoͤglich, das alle suͤnde koͤnnen erzelt
vnnd gebeichtet
werden, ist offenbar, wie Psal. 19 der Prophet betet: Wer kan mercken, wie offt
er felet? Verzeihe mir die verborgene fele.
Ps 19,13. So wircket
auch soͤlche erzelung nichts anders, denn das sie die gewissen vorunreiniget. Vnd gilt
alhie das Argument des Tridentischen Concilij nicht, do sie also sprechen: Wie
der richter kein recht vrtheil fellen kan, er habe
;Vgl. das
dann zuuor die sache gehoͤret
vnnd erkandt, also kan auch der Prister nicht recht absoluiren, er habe denn zuuor die
suͤnde nacheinander erzelt gehoͤrtEx institutione sacramenti paenitentiae Ecclesia
semper intellexit, institutam esse a Domino integram peccatorum confessionem ,
quia Dominus noster Iesus Christus, e terris ascensurus ad caelos, sacerdotes sui
ipsius vicarios reliquit, tamquam praesides et iudices Constat enim,
sacerdotes iudicium hoc incognita causa exercere non potuisse, neque aequitatem
quidem illos in poenis iniungendis servare potuisse, si in genere dumtaxat, et non
potius in specie ac singillatim sua ipsi peccata declarassent.
(Quamvis autem absolutio sacerdotis alieni beneficii sit
dispensatio, tamen non est solum nudum ministerium vel annuntiandi Evangelium vel
declarandi remissa esse peccata, sed ad instar actus iudicialis, quo ab ipso velut a
iudice sententia pronuntiatur.
(
begeren, ob sie schon die suͤnde inn
sonderheit nicht erzelen.Vgl. dazu die
Feststellung des Tridentinums in Canon 9 über die Buße: Si quis dixserit,
absolutionem sacramentalem sacerdotis non esse actum iudicialem, sed nudum
ministerium pronuntiandi et declarandi, remissa esse peccata confitenti, modo tantum
credat se esse absolutum, aut sacerdos non serio, sed ioco absolvat; aut dixerit non
requiri confessionem paenitentis, ut sacerdos ipsum absolvere possit: anathema
sit.
(
Wiewol aber vom Magistro Sententiarum
L 2r Anfenglichen aber ist_Vnterscheit
des gesetzes vnd Euangelij.
alhie von noͤten, das man die vnderscheide des
gesetzes vnd des Euangelij wisse, denn die zusagung Gottes gehoͤren eigentlich zum
Euangelio, inn welchen vns angeboten vnnd verheischen werden die vergebung der suͤnden,
gerechtigkeit, heiliger Geist vnd das ewige leben aus genaden von wegen des Sons Gottes,
nicht von wegen vnserer guten wercke,
verdienst oder wirdigkeit, welche
verheischung Gottes der mensch durch den glauben muß entpfahen vnd annemen, welcher
glaub vnnd zuuersicht der Barmhertzigkeit Gottes allein auff den mitler vnd sein
verdienst muß gegruͤndet sein, welchen wir durch die predigt des Euangelij erkennen, wie
denn alle artickel vnsers glaubens denselbigen vns fuͤrstellen.
Derhalben, wenn nu der mensch durch_Wie die vorgebung der
suͤnden entpfangen werde.
die predig, welche die suͤnde straffet,
erschreckt ist, alsdenn sol er die verheischung der genaden vnd vorgebung der suͤnden,
welche jme im Euangelio fuͤrgetragen vnd angeboten wird, hoͤren vnnd durch den glauben
annemen, vnd sol schliessen, das jme nach vermoͤge solcher Goͤttlichen zusagungen
gewislich aus genaden vnd
Barmhertzigkeit Gottes vmb Jhesu Christi willen, nicht
von wegen seiner rewe, liebe oder jrgent einiger werck oder verdienst seine suͤnde
vergeben werden.
Wenn nu der mensch durch soͤlchen glauben wiederumb trost, friede vnnd freude inn
seinem gewissen entpfehet, so ist es gewis, das er auch L 2v
zu
gleich die vergebung der suͤnden, die versoͤnung mit Got vnd
die gerechtigkeit, welche diesem glauben zugerechnet wirdt, entpfehet; alsdenn gibt vns
auch Gott den heiligen Geist, wenn er vns die suͤnde vergibt, vnd nimpt vns an zu erben
des ewigen lebens, wie Galat. 3 geschrieben stehet, das wir also den verheischen Geist
entpfiengen durch den glauben.Vgl. Gal 3,14.
Derwegen ist von noͤten, das in der lere von der busse vnd bekerung zu Gott auch des
glaubens gedacht werde, vnnd ist nicht genug, das_Wie die
Papisten vom glauben leren.
die Papisten sprechen, das sie auch vom
glauben leren vnd das derselbige vor der busse vorhanden sein mus. Dann sie durch
glauben nichts anders denn das erkentnis vnnd wissen der lehre vnd der artickel des
glaubens verstehen, als der Ar
tickel ist: Jch gleube vergebung der
suͤnden,
das ist: Ich gleube, das etlichen die suͤnde vergeben
werden,
sagen aber nicht, das ein jeglicher auch vor sich selbst gewis gleuben
sol, das jme sejne suͤnden aus gnaden
vorgeben werden. AlsoAuf diese Weise.
gleuben vnd wissen die teuffel auch die Artickel des Christlichen glaubens.Vgl. Jak
2,19.
Das Euangelium_Was das Euangelium vor ein glauben
erfordere
aber erfordert diesen warhafftigen glauben, welcher ist nicht
allein das wissen der lehre vnnd der Artickel des glaubens, sondern auch eine zuuersicht
der Barmhertzigkeit Gottes, so vns von wegen des Sons verheischen, welche zuuersicht in
dem Sone Gottis beruhet, dadurch der mensch, aus dem erschrecken erledigt,befreit.
L 3r in dem Son Gottes friede
vnd freude hat, wie alhie_Acto. 22.
an S. Pauli bekerung zu sehen, welcher do
er die absolutio vnnd den trost von Anania hoͤret: Saul, lieber bruder, Gott
vnser Vater hat dich verordnet, das du seinen willen erkennen soltest vnd sehen den
gerechten vnd hoͤren die stimme aus seinem munde. Denn du wirst sein zeuge zu allen
menschen sein des, das du gesehen vnd gehoͤret hast; vnd nu,
Vgl. Act 22,13–16.
was verzeuhestu?
Stehe auff vnd las dich teuffen vnnd abewaschen deine suͤnde, vnd ruffe an den namen
des Herren.
Diesen trost, da Paulus hoͤret vnd mit glauben annimpt, verstehet er vnnd schleusset
bey sich gewislich, das jme seine suͤnde vergeben vnd er durch den mitler, welcher jme
auff dem wege erschinen vnd jnen zur busse beruf
fen, von Gott wieder zu
genaden angenommen, empfehet also durch solchen glauben den heiligen Geist, welcher in
Paulo frid vnd freude wircket, wie er selbst Rom. 5 zeuget: Nu wir durch den
glauben gerecht worden, haben wir frid mit Gott durch Jhesum Christum, vnsern
Herren.
Röm 5,1.
Dieser Glaub lautet nicht wie der Papisten_Papisten
Glaube.
Glaub Ich glaub vergebung der
soͤndern also:
suͤnden,Ich gleube, das auch mir
meine suͤnde vergeben werden (wie hie Paulus thut), vnnd das aus genaden, nicht
von wegen meiner rewe oder irgent einerley meiner vordinst, sondern von
wegen des Sons Gottes, welcher aus vnaussprechlicher guͤtte vnnd
Barmhertzig-L 3vkeit Gottes zum mitler vnnd
versoͤner vorgestellet ist. Dann ich weis, das Gottes vn
wandelbar wille
vnnd befehl ist, das ein iglicher in erkentnis vnd erschrecken seiner suͤnde gewislich
gleuben vnd schliessen sol, das dieselbige jme von wegen des Sons Gottes vorgeben vnnd
er zu genaden wider auffgenommen werde.
Dis ist eigentlich die lehr des Heiligen Euangelij; diesen beuelch auch hat der
Sone Gottes, der in des Vaters Schos ist,Vgl.
Joh 1,18. erstlichen der welt
verkuͤndiget; durch welches blut vnnd aufferstehung derselbige beuelh auch versigelt
worden, auff das ja niemand daran zweiffele. Wer nu diesem willen vnd beuelh Gottes
nicht wil gleuben, der voracht den Son Gottes, von welcher suͤnde Johannes der Teuffer
also spricht: Wer dem _Johan. 3.
Joh 3,36 (Luther 1545). Daraus dann zu sehen, wie
grewlichen das Concilium zu
Son nicht
gleubet, der wird
das leben nicht sehen, sondern der zorn Gottes bleibet vber
jm.
sicut nemo pius de Dei misericordia, de Christi merito deque sacramentorum virtute
et efficacia dubitare debet: sic quilibet, dum seipsum suamque propriam infirmitatem
et indispositionem respicit, de sua gratia formidare et timere potest, cum nullus
scire valeat certitudine fidei, cui non potest subesse falsum, se gratiam Dei esse
consecutum.
Man vgl. auch die Canones 12–14 (
Wer aber_Vergebung der suͤnden wird allein durch den glauben
on alle werck vnnd vordienste entpfangen.
nu gleubet, das jme seine suͤnde
von wegen dieses mitlers erlassen werden, derselbige entpfahet also one alle seine werck
vnnd verdienst aus lauter genaden gewislich vergebung der suͤnde vmb des Herren Christi
willen, welcher auch in jm krefftig ist vnd durch seinen heiligen Geist jnen vernewert,
lebendig macht vnd heiliget, wel-L 4rcher alsdenn,
also mit Gott
versoͤnet, gewislich vor gerecht vmb des mitlers willen wird
gerechnet vnd zum erben des ewigen lebens angenommen.
Von diesem glauben sol vns auch die Absolutio erinnern vnd den selbigen stercken, wie
Adam gesterckt ward, do er die absolutio hoͤret: Des weibes Samen sol der
Schlangen den kopff zertretten,
Vgl.
Gen 3,15. vnd Dauid, do er die
Ab
solutio von dem Propheten Nathan hoͤret: Der Herre Hat deine
suͤnde weggenommen, du wirst nicht sterben,
II Sam 12,13. vnd
Paulus wieder getrost wirdt, do er die Absolutio von Anania entpfehet vnd Ananias zu jme
spricht: Der Herr hat mich gesand, der dir erschienen ist auff dem
wege, da du herkamest, das du wieder sehend vnd mit dem heiligen Geist erfuͤllet
werdest
Act 9,17. etc. Also
soltu auch wissen das das
EuangeliumIm Original:
Eangelium
.
dJr vergebung dejner suͤnden verkuͤndiget, welche inn der
Absolution dir mit namen vorgehalten vnd zueignet wird; denn du nicht gedencken solst,
das das Euangelium dich nicht angehe, sondern du solst gleuben, das diese predig von
Gott darumb gegeben, das dardurch vnnd auff diese weise die leuth soͤllen selig werden,
welche
dem Euangelio glauben, vnnd das es ein ewiges, vnwandelbares gebot Gottes
sey, das du dem Euangelio gleuben solst. Welcher durch soͤlchen glauben das Euangelium
nicht annimbt, sondern im zweiffel beharret, der hoͤret die absolutio vergeblich.
Wen aber _Dem glauben sol ein New leben vnd fruͤchte der
busse vnd der gerechtigkeit volgen.
durch soͤlchen trost die hertzen
widerumb gesterckt vnnd lebendig
vnnd nun ein tempel vnd wonung Gottes worden,
alsdenn ist ja auch L 4v von noͤten, das ein neu leben vnnd wandel,
nicht nach dem fleisch, sondern nach dem Geist volge. Den wer widerumb in suͤnde wider
das gewissen fellet, der stuͤsset Gott von sich vnnd verleuret gerechtigkeit vnnd leben,
wie S. Johannes spricht:_1. Johan. 3.
Wer recht thut, der ist gerecht; wer suͤnde thut, der ist
I Joh 3,7f. Darumb wollen wir volgendt von dem dritten
theyl der Busse reden.
vom
teufel.
Das dritte theil der busse ist das newe leben
vnnd die
fruͤchte warhafftiger Busse.
Der_Des Babst lere von der Satisfactio
Babst
lehret, das das dritte theil der busse sei die satisfactio, die genug
thuung
fuͤr die suͤnde; was aber fuͤr ein jrrige vnnd verwirrete lehre von den
satisfactionibus, welche sie opera indebita nennen vnnd denen, so Busse thun,
auffgeleget werden, die Papisten fuͤren, wolt viel zu lang sein, alhie zu erzelen.
Dieser_Vrsprung der papistischen Satisfactio.
brauch ist vor zeiten bey den vetern in gewonheit gewesen, das
diejenige, so ein
todschlag begangen oder mit abgoͤtterey, blutschanden vnnd andern greulichen lastern
befleckt waren, in der gemeinschafft nicht gelidten, sondern von derselbigen
abgeschnitten vnnd sunderlichen nicht zu den opffern zugelassen wurden.
Dieser brauch ist auch bey den Juͤden, desgleichen in Asia vnd Graecia vnd
bey
etlichen andern Voͤlckern, welche nicht gar wild gewesen, M 1r
gehalten worden; dieienige aber, so also verbannet vnd aus der gemeinschafft
abgesuͤndert, zogen in der jrre vnnd im elend vmb, trugen auch gewisse zeichen, do bey man jhre schuld vermarckte, wie
Diesen brauch hat die christliche kirche anfencklichen auch gehalten, das sie solche
befleckte leute auch aus jrer versamlung abgesuͤndert, darnach wurden auch die, so Busse
thaten, nicht zu dem gebrauch des abentmals des Herrn zugelassen vnnd musten also
ethliche zeit der absolution vnnd des abentmals des Herrn beraubt sein, auff das man
dardurch in gewisse erfarung kommen
moͤcht, ob sie auch ernstliche Busse theten.
Darumb sie denn auch offenthlichen in der kirchen vmb die Absolution bitten musten, wie
an dem
Soͤlches geschach auch darumb, auff das die leuth nicht so leichtlich
suͤndig
ten vnnd durch solliche Exempel die kirche erbawet vnnd gebessert
wurde, wie wir den sehen, das 1. Cor. 5 der Corinthische hurer, welcher seine
stiffmutter beschlaffen, von der gemein abgesondert vnnd hernachmals, erst do er
offenthliche busse gethan, mit sonderlicher berathschlagung widerumb angenommen
wird.Vgl. I Kor 5,1–5. Dis alles ist eine eusserliche
zuͤchtigung ge-M 1v
we
sen, darumb erfunden vnnd erhalten, das die leuth durch solche exempel
sich bessern solten, vnd gehoͤret soͤlche zuͤchtigung gantz vnnd gar nichts zur
vergebung der suͤnden.
Dieser zuͤchtigung aber sind durch superstition vnd thoͤrichte andacht der leut sehr
viel hernachmals erfunden vnnd erdacht. Als das man den leuthen, so
busse thaten,
fasten aufflegte vnnd die Eheleute ethliche jar lang von einander soͤnderte vnnd
dergleichen viel andere vorgebliche beschwerungen, welche do sie alzu gros vnnd jrer zu
uiel wurden, haben die bischoffe soͤlche buͤrden gelindert, welche linderung vnd
nachlassung diser auferlegten bussen vnd Satisfaction hernachmals Indulgentiae genant sind worden, dauon des
Bapsts betriglicher vnnd falscher Ablas sein herkommen hat. Dieweil_Der muͤnchen lere von der Satisfactio.
aber die
Muͤnche von diesen historien nichts wissen, geben sie fuͤr, das von wegen solcher
satisfaction vnnd aufflegung der fasten, walfarten, betten vnnd dergleichen werck die straffe des ewigen todes inn die pein des fegewers vnnd
andere zeitlich straffen verwandelt werden vnnd das dieselbige solche werck
sein
muͤssen, welche man Gott zu thun sonst nicht schuldig sey, als das einer von wegen
seiner suͤnden zu buͤssen vnnd daruor genungzuthun in einem KuͤrisHarnisch, Kürass. Vgl. wollene kleidung wird seit mhd.
zeit auch speziell als busz- und fastenkleidung, trauerkleid, kleid der armut
getragen
. oder barfus gehet, etliche jar kein wein trinckt, noch bey
seinem weybe schlefft.
Solche Muͤnchentreume sollen wir alle vor-M 2rwerffen, welche sie auch
selbs nicht versten, vnd sollen diese Regel
halten, das die ewige straff vnnd pein sampt der schult von wegen des Sons Gottes vnnd
nicht von wegen vnser Satisfation, busse oder genungthuung den gleubigen erlassen werde,
wie Osee 13 geschriben stehet: Ich wil sie erloͤsen aus der helle vnnd vom tode
erretten. Tod, ich wil dir ein gifft sein, Helle, ich wil dir eine pestilenz
Hos 13,14. Jtem Heb. 2:
sein.Ehr hat durch den Todt
die macht genommen dem, der des Todes gewalt hatte, das ist dem Teuffel, vnd erloset
die, so durch furcht des Todes im gantzen leben knechte sein muͤsten.
Hebr
2,14f. Jtem Ro. 5: Nun wir denn sind gerecht worden durch den
glauben, so haben wir fride mit Gott durch vnsern Herrn Jhesum Christ.
Röm
5,1.
Zum andern ist alhie auch das zu sagen, das die_Opera
indebita.
werck, welche man Gott zu thun nicht schuͤldig, wie sie es opera
indebita nennen, nicht Gottsdinst, noch genungthuung oder bezalung der suͤnden sein
kuͤnnen, soͤndern das soͤlche werck alle zu diesem spruch des herren gehoͤren:
Vorgeblich_Menschenwerck
;Mt
15,9. es hat
dienen sie
mir, dieweil sie leren solch lere, die nichts denn menschengebot seint
auch die kirche kein beuelch, solche straff
aufzulegen.
Zum_Von des Babsts Ablas.
dritten ist alhie auch
anzuzeigen, das die indulgentiae Papales, des Babst
Ablas, durch welche er der heiligen verdienst austheilet, lauter betriegerey sey. Denn
die indulgentiae vorzeiten, wie auch oben vermeldet, nichts anders dann eine linderung
M 2v der eusserlichen buͤrden vnnd zuͤchtigung
gewesen, welche
denen, so busse thathen, auffgelegt wurden; welche zuͤchtigung gantz vnnd gar nichts zu
der Satisfaction vnnd gnugthuung gehoͤren, dauon die Muͤnche reden.
Es ist aber ein andere_Welche Satisfactio von
noͤten.
Satisfaction vnnd genungthuung, welche zu thun yederman schuldig,
als das einer seinem nehisten sein gelt vnnd gut, weyb oder
kind, ehre oder gut
geruͤchte, wo es moͤglich, wieder gebe, welches ehr jhme gestolen, geraubt
oder genommen. Dis ist ein werck, welches Gott befolen vnnd wir zu thun schuldig, vnd
gehoͤret zu dem newen gehorsam vnnd zu den fruͤchten der warhafftigen busse, wie S.
Paulus spricht:_Ephe. 4.
Wer gestolen hat, stele nicht mehr.
Eph 4,28.
Denn wer eines andern weyb bey sich behelt, derselbige hat weder rewe noch glauben,
noch den newen gehorsam oder einige frucht der rechtschaffnen busse. Darumb_Vor der Papistischen vnd des Tridentischen Concilij Satisfactio
sich zu huͤten.
sol man die Satisfaction, wellche Gott gebotten, das wir
dem nechsten das seine wieder geben soͤllen, von der muͤnchischen erdachten satisfaction
vnd gnungthuung vnderscheiden.
Dis habe ich kuͤrtzlich alhie von der Papistischen Satisfaction wollen erinnern, das
man sich dauor wisse zu huͤtten, denn das Tridentische Concilium dieselbige auch
wiederuͤmb gedenckt einzufuͤren. Wir aber soͤllen wissen, das keine andere Satisfaction
vor vnsere suͤnde ist denn M 3r das einige opffer vnsers Herren Jhesu
Christi, welcher sein leben zu einer erloͤsung vor vns
gegeben hat, wie er Matt. 20
selbst spricht, jtem Heb. 10: Mit einem Opffer hat er in ewigkeit volendet, die
geheiliget werden.
Hebr 10,14. Die vorangehende Anspielung
bezieht sich auf Mt 20,28. Nun
wollen wir von dem dritten theil der busse, nemlich von dem newen gehorsam sagen.
Der Papisten lehre von guten wercken vnd gerechtigkeit.
Der Papisten lehre ist diese, das wenn ein mensch vorgebung der suͤnden,
gerechtigkeit vnd seligkeit erlangen wil, so muͤsse er zuuor etliche gute wercke haben,
durch welche er zu entpfahung der genade vnd der gerechtigkeit zubereitet werde, darzu
sie denn den spruch Pro. 16 zihen: Hominis est
animam praeparare, et domini gubernare linguam,
Prov 16,1. so
doch das nicht des Salomonis meinung ist, sundern er das sagt:
Homo proponit, Deus autem
Das ist:
disponit.Der mensch setzt jm wol fuͤr im hertzen, aber vom Herren kompts,
was die zunge reden sol,
vnd wiewol sie hierzu viel exempel ziehen, als des
Nabuchodonosor, danielis 4,Vgl. Dan 4,24. vnd des heuptmans Acto.
10,Vgl. Act 10,2. welche durch Almus geben sich zu entpfahung der genaden
zubereitet haben, jedoch reimen sich diese exempel gantz vnnd gar nit zu jrer
lehre.
Denn es vnmuͤglich, das ein mensch M 3v oder _Werck gefallen Gott nit one glauben
eines menschen
wercke one glauben Gott gefallen, Heb. 11,Vgl.
Hebr 11,6. vnnd was nicht
aus glauben geschicht, das ist suͤnde,
Rom. 14.Röm 14,23.
Darumb ist von noͤthen, das der mensch zuuor Gott versoͤnet vnnd durch glauben_Der glaube ein vrsprunck der guten werck. Luce 6.
an
Jhesum Christum Gott gefellig vnd angeneme, das ist: zuuor ein
guter Baum sey, ehe
er gute fruͤchte trage. Denn alles, was er zuuor tregt, das sind faule
fruͤchte, wie gut sie auch sonst scheinen, dieweil sie nicht aus einem hertzen_Acto. 15.
geschehen, welches zuuor durch glauben
gereiniget ist.Vgl. Lk 6,43–45; Act
15,9. Derwegen es ein menschengedicht ist mit den operibus praeparantibus ad accipiendam gratiam et
iustitiam,Im Original:
iustitiau
. wie alhie an S. Paulo, an Adam, an dem
Sche
cher am creutz vnnd allen andern zu sehen, welche sich zu Gott
bekeren, das wir nichts zu Gott_Jn der bekerung zu Gott
bringet der mensche keine gute werck,Im
Original: erck
. sundern lauter suͤnde zu Gott.
denn lauter verdamliche suͤnde brengen, das wir aber genade, vorgebung der suͤnden,
gerechtigkeit vnd seligkeit entpfangen, das haben wir nicht vnser zubereittung, wercken
oder wirdigkeit, sundern allein Gottes barmhertzigkeit zu dancken, denn es nicht an
jemandts wollen oder
lauffen ligt, sondern an Gottes erbarmen.Vgl. Röm
9,16.
Also spricht auch Videamus Saulum
saeuientem, spectemus furentem, spectamus odia anhelantem, sanguinemque sitientem.
Haec Pauli uia erat, cuius uia nondum erat Christus. Quid habebat in
corde? Quid nisi malum? Date mihi merita eius. Si merita quae
ris,
damnationis sunt, non liberationis.
Wiewol auch von noͤthen das der mensch M 4r Gottes wordt hoͤre,
dardurch jnen Gott zu sich zeucht, vnd das er seine suͤnde erkenne, vor Gottis zorn
erschrecke, rew habe vnd Gottes willen, der jnen zur Busse vnd bekerung durch sein wort
beruffet, nit wiederstrebe, jedoch sind das nit werck,
durch welche wir die
vergebung der suͤnden, gerechtigkeit vnd seligkeit vordienen. Denn wie gesagt, dis_Es wierdt vns alles aus gnaden One vnsere wergk vnd verdienst
geschenckt.
alles vns aus genaden one alle vnsere werck vnd verdienst
geschenckt wird. Wie Paulus Ephe. 2 spricht: Aus genaden seid jr selig worden
durch den glauben, vnd dasselbige nicht aus euch, Gottes gabe ist es, nicht aus den
wercken, auff das sich nicht jemandt ruͤme.
Eph 2,8f.
Darumb _Got kumpt vns mit seiner gnaden
zuuor
kompt Gott vns mit seiner genade zuuor, vor aller vnser zubereittung
vnnd wirdigkeit, auff das alles auff seiner Barmhertzigkeit bestehe, also spricht auch
Vtique_
non est Im
Original: gra|tiasii
.gratia, si eam ulla praecedant merita.
gelium von Jhesu
Christo zu predigen vom Engel beruffen wirdVgl.
Act 16,9f. vnd sie zur erkentnis
der gnaden kommen, das geschicht one alle jre zubereittung, werck oder wirdigkeit; denn
die Macedonier von dem warhafftigen Got vnd seinem son Jhesu Christo nichts wissen vnd
in grosser blintheit vnd abgoͤtterey stecken, das da keine zubereitung zu entpfahung der
genaden sein kan.
Desgleichen der kerckermeister Acto. 16 zu Philippis, was hatte der vor gute werck,
dadurch er zuNur in der Kustode auf Bl. M
4r.
M 4v genade zubereitet ward, denn allein dis, das er Paulum vnnd
Silam inn das innerste gefengnis warff vnd jre fuͤsse in den stock legt.Vgl. Act
16,24. Ja was hette Paulus selbst zu seiner bekerung vnd annemung der
genaden vor ein fuͤrsatz vnd gute werck? Nemlich das er die Juͤnger des
Herren
Christi zu damasco gefencklich annemen, stoͤcken vnd ploͤckenin den Strafblock legen (und foltern), gefangensetzen. Vgl.
Darumb, das er zu genaden
kommen, das hat er nicht operibus praeparantibus, seiner zubereitung, sondern allein
Gottes barmhertzigkeit zu dancken, wie er 1. Timoth. 1 selbst spricht: Mir ist
barmhertzigkeit wieder
I Tim 1,16.
faren, auff das an mir fuͤrnemlich Jesus Christus
alle gedult erzeigete.
Zum andern leren_Der Papisten lehre, das der glaube nicht
allein gerecht mache, sundern auch die gute wercke.
die Papisten, das der
glaube nicht allein gerecht vnd selig macht, sundern das auch die lieb vnd hoffnung vnd
andere gute werck vnd tugende, so allezeit bey dem glauben sein, die gerechtigkeit mit
dem glauben wircken vnd verdienen, das sind nur opera
cum fide simul operantia salutem,
oder wie sie sonst reden: fides formata per Charitatem.
Darauff _Die lere des Euangelij.
wir denn sagen,
das obwol bey dem glauben lieb vnd hoffnung vnnd allerley tugenden sein vnd sein
muͤssen, jedoch wircken sie nicht die Gerechtigkeit vnd seligkeit vnnd koͤnnen nicht das
verdienst sein, von welches wegen vns die ge-N 1r
rechtigkeit vnd seligkeit gegeben wird, wie der Psal.
spricht: Vor dir ist
kein lebendiger gerecht,
Ps 143,2. denn diese ewige guͤter haben
wir durch das einige verdienst vnsers lieben Herren Jhesu Christi, vmb welches willen
sie vns, vnd nicht von wegen vnser werck geschanckt werden, wie Rom. 6 geschriben
stehet: Das ewige leben ist ein Donum, eine
gabe Gottes durch Christum Jhesum.
Vgl. Röm 6,23. Denn der ist der
Herre, welcher solch
geschenck vnnd gabe durch sein heilig leiden vnd sterben vns
verdienet hat.
Vnd _Was die lere des Euangelij gleuben
heisse.
das heissen wir gleuben, nemlich sich auff dis vnsers einigen mitlers
vnd heilands verdienste verlassen, das wir durch sein einiges opffer die versoͤnung,
erloͤsung, vorgebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiligen Geist vnd das erbe des ewigen
lebens haben, vnd durch keiner heiligen oder vnser
werck oder verdienst vnd
wirdigkeit.
Derhalben, wenn_Wie die wort zu uerstehen sind wir werden durch den glauben gerecht
.
wir lehren,
das wir durch glauben gerecht werden, sind diese wort also zu uerstehen: wir werden
dardurch der suͤnden los vnnd erlangen gerechtigkeit vnnd sehligkeit, das wir vnser
zuuersicht vnd vertrauen nicht auff vnser werck, verdienst oder
wirdigkeit, sundern auff den Son
Gottes stellen. Denn er ist der versoͤner vnd
genadenstuel,_Rom. 3.
welchen Gott vns hat
fuͤrgestelt durch den glauben in seinem blut,Vgl. Röm 3,25 (Luther 1545). auff
welchen wenn das hertz sein vertrawen vnnd N 1v zuuersicht setzet, so
entpfehet es fride_Rom. 15.Im Original: Rom. 5.
vnnd freude in
Gott,Vgl. Röm 15,13. welches vertrawen er, der Son Gottes, durch
sein heiligen Geist erwecket, wie S. Paulus spricht: Jr _Rom. 8.Im Original:
Rom. 4.
Röm 8,15.
habt ein kintlichen Geist entpfan
gen,
durch welchen wir ruffen: Abba, lieber Vater!
Von dem wort Sola.
Derwegen,_Vier vrsach, warumb das wort Sola
oder gratis
zu erhalten. Jch hab auch
mein lebenlang nicht geschrieben, das ich von dem wort Sola
nicht streiten wolle,Den
Vorwurf hatte zunächst Wir streiten nicht vom Wörtlein sola, sondern
sagen und bekennen: es müssen in uns die andern Tugenden und guter Vorsatz
angefangen seyn und bleiben; dennoch über dieselbigen Tugenden muß das Vertrauen
auf den Sohn Gottes seyn, wie gesagt ist, und muß die andern Tugenden alle
überschatten. Denn alle Tugenden sind doch schwach in uns, und bleibt noch viel
Unreinigkeit im menschlichen Herzen und in diesem Leben. Darum müssen wir uns an
den Mittler hängen, und Gnade suchen durch diesen Mittler, und durch
Barmherzigkeit, die uns von desselben wegen zugesagt ist Also sollen wir
auch vor Gott treten, und dieses Vertrauen auf den Sohn Gottes mit uns bringen,
und wissen, daß, obgleich Liebe und andere Tugenden in uns sind und seyn müssen,
daß sie dennoch zu schwach sind, und daß das Vertrauen auf den Sohn Gottes allein
stehen soll. Es kann auch Liebe im Herzen nicht seyn oder bleiben, wo nicht dieser
Glaube und dieses Vertrauen vorgehet
(
wenn wir mit S. Paulo sagen Iustificamur fide gratis, wir werden ALLEJN durch
glauben gerecht,
Vgl. Gal 2,16; Röm 3,28. das ist: wir werden one verdienst gerecht aus seiner
genaden, werden alhie nicht die gute werck, so bey dem
glauben sind, sunder vnserer
werck verdienst außgeschlossen, auff das all vertrawen vnd zuuersicht des hertzen auff
dem einigen verdienst vnsers Herren vnd mitlers Jhesu Christi festgegruͤndet sey, vnd
das virerley vrsach halben:
Erstlich, das vnserm Herren Jhesu Christo seine ehre gegeben werde, das er
der
einige mitler zwischen Gott vnd den menschen sey,Vgl. I Tim 2,5. durch
welches einiges verdiensts vnd opffer fuͤr vns wir die gerechtigkeit vnd seligkeit durch
den glauben entpfahen.
Zum andern, das das gleubige hertz ein ge-N 2rwissen
vnnd bestendigen trost im erschrecken habe, wenn es auff diesen Eckstein vnnd
grundtfest
_1. Corint. 3
Christum Jhesum allein gegruͤndet vnnd erbauet ist.Vgl. I Kor 3,11; Eph 2,20. Denn wo es sich auch auff
sein werck vnd verdienst wird verlassen, wird allezeit zweiffeln, zittern vnd zagen
volgen.
Zum dritten, das wir in solchem glauben_Rom. 10.
vnd zuuersicht der genaden vnd Barmhertzigkeit inn Christo Jhesu auch recht beten vnd
Gott in vnsern noͤ
then anruffen koͤnnen,Vgl. Röm 10,9–13.
denn es vnmuͤglich, das ein zweifelet vnd forchtsam_Jacob.
1.
hertz Gott recht kuͤnne anruffen,Vgl. Jak 1,6f. denn
allein durch diesen Herren haben wir freidigkeit_Ephe.
3.
vnd zugang inn aller zuuersicht durch den glauben an jn.Vgl. Eph
3,12.
Zum vierdten, das also durch diese lehre der vnderscheidt des Gesetzes vnd Euangelij
erhalten werde, denn das gesetz vorheisset auch leben vnd selig
keit, aber
nicht aus genaden, sondern aus verdinst, wie es spricht: Der mensch,_Leuit. 18.
Lev 18,5; Röm
10,5. Darumb wird durchs gesetz niemand gerecht vor Gott. Das Euangelion
aber verheisset den gleubigen leben vnnd seligkeit aus genaden, one verdienst, werck
vnnd wirdigkeit, von wegen des einigen verdienst des Sons Gots.
der es thut, wirt dardurch
leben.
_Der Papisten vnd des Jnterims lehre falsch von des Menschen
gerechtigkeit.
Derwegen ist der Papisten vnd des Jnterims lere falsch vnd
vnrecht, das sie sagen, wir werden nicht allein durch den Glauben gerecht,
son-N 2vdern auch durch die liebe, hoffnung vnnd
andere gute werck, so bey dem glauben allezeit sind.
Das dritte genus operum, davon die Papisten leren,
das sind opera sequentia
fidem, die
werck,_Von den wercken, welche den glauben
volgen.
welche dem glauben volgen; dieselbige – sprechen sie – dienen
darzu, das die gerechtigkeit in vns gemehret werde, wachse vnd zuneme; solchen jrthumb
zu stercken, ziehen sie viel spruͤch aus der Heiligen schrifft an, als Apoca. 22:
Qui iustus est, iustificetur adhuc.
Apk
22,11 (entspricht der Textform der – späteren – Editio Clementina).
2. Thimoth. 4: Bonum certamen certaui,
reposita mihi est Corona iustitiae,
II Tim 4,7f. etc.
_Die Papisten dichten, Im Original aus der Marginalschrift, aber unter den Absatz des
Haupttexts gesetzt, vmtl. aus Platzgründen.das dreierley werck zur
gerechtigkeit von noͤten seind.
Hieraus
ist zu sehen, das sie tichten, das dreyerley werck zu erlangung vnd verdienst der
gerechtigkeit von noͤthen sein sollen:
Als erstlich Opera praeparantia ad gratiam, Werck,
dardurch wir zu entpfahung _
der genaden zubereitet werden, als da
sind beten, fasten, almussen geben vnd dergleichen.
Zum_II. Opera operantia iustitiam.
andern Opera simul cum fide operantia iusticiam et salutem,
Werck, durch welche wir neben vnd mit dem glauben die gerechtigkeit vnd seligkeit vordienen, welches das Jnterim Iustitiam
inhaerentem,Vgl. Ea namque fides impetrat donum spiritus sancti, quo
diffunditur caritas in cordibus nostris; quae quatenus ad fidem et spem accedit,
eatenus per iustitiam inhaerentem vere iustificamur. Haec enim iustitia fide, spe
ac caritate ita constat, ut si aliquam harum iustitiae huic subtraxeris, eandem
ipsam mancam plane reliqueris.
(gratia operans
begegnet schon bei fides caritate formata
geht auf Gal 5,6 zurück. Die kritisierte Auffassung
wurde insbesondere von
vnnd gute werck, als liebe vnd forcht Gottes,
seind, jedoch koͤnnen sie die gerechtigkeit vnnd seligkeit nicht wircken noch verdienen.
Denn dieselbige vns aus genaden, one vnser werck vnnd allein von wegen des mitlers,
welcher vns diese guͤter durch seinen tod verdienet hat, geschenckt vnd gegeben
werden.
Zum_III. Opera sequentia et augentia iustitiam.
dritten tichten die Papisten auch opera sequentia,
Werck, die do der gerechtigkeit volgen, durch welche die Gerechtigkeit inn vns gemehret
wird, wechset vnd zunimpt, daraus dann erscheinet,_Papisten
vnd Jnterimisten vorstehen nicht die lehre S. Pauli.
das sie die lere vnd
Proposition S. Pauli nit verstehen, Rom. 3: Arbitramur fide iustificari hominem absque operibus legis. – So halten wir es
nun, das der mensch gerecht werde
Röm 3,28. das ist: der mensch erlanget vergebung der
suͤnden, Gerechtigkeit, Heiligen Geist vnd ewiges leben on alle seine werck vnd
verdienst, aus lauter genade vnd Barmhertzigkeit Gottes, von wegen des mitlers Jhesu
Christi, durch den glauben etc. Wie wir denn oben dauon ferner gesagt haben.
on des gesetzes wercke allein durch den
glauben,
Derhalben ist alhie zu mercken, das_Die lere von der
recht
fertigung des Menschen sol gantz vnd gar nit mit der lere von guten
wercken vormischet werden.
die lehre von der rechtfertigung des menschen
mit der lehre von den wercken gantz vnnd gar nicht solle vermischet werden vnd beide
lehre, als die von der rechtfertigung vnd die andere lehre von guten N 3v wercken, so weit als himmel vnnd erden von einander gescheiden werden
soͤllen, den zu erlangung vnnd erwerbung der rechtfertigung vnnd seligkeit des menschen
kein werck – es heisse, wie es wolle, Praeparans,
Cooperans, sequens seu augens iustitiam – gantz _Kein
werck zum verdinste der gerechtigkeit vnd seligkeit, sundern allein der glaube von
noͤten.vnnd gar nicht NOTJG noch darzugehoͤren. Sondern hiezu gehoͤret allein
erstlich das, das du dich von wegen der suͤnden von dem Heiligen Geist durchs gesetz
vnnd Euangelion straffen vnd zur busse beruffen lassest vnnd darnach dem
Euan
gelio gleubest, welches dir vergebung der suͤnden aus gnaden one deine
werck vnnd verdinst allein von wegen des mitlers vnnd seines opfers, so
er vor dich vnnd die gantz welt getan hat,Johan. 16.
verheisset vnd verkuͤndiget,Vgl. Joh 16,8–11. welchs so du es
gleubest, enpfehest du also durch soͤlchen GLAVBEN ALLEJN vergebung der suͤnden,
gerechtigkeit, Heiligen Geist, ewiges leben vnnd seligkeit. Denn
Christus ist das A
vnnd O, der anfang vnnd das ende, welcher dem duͤrftigen den brun des lebendigen wassers
vmbsonst gibt, Apoca. 21.Apk 21,6.
Soͤlches beweisen nachfolgende spruͤch vnd exempel der heiligen schrifft:
Ro. 3: Wir werden one verdinst gerecht aus seiner gnaden durch die erloͤsung, so
durch Christo Jesu geschen ist, welchen Gott hat fuͤrgestelt zu einem
Röm
3,24f.
N 4r gnadenstul durch den glauben in seinem blut, damit er darbite
die gerechtigkeit, die fuͤr im gilt, indem das er sunde vorgibt.
Rom. 4: Den, der nit mit wercken vmgehet, gleubet aber an den, der die gottlosen
gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet zur gerechtigkeit. Nach welcher weise
Dauid sagt, das die seligkeit sei allein des menschen,
Röm
4,5f.
welchem Gott zurechnet die
gerechtigkeit on Zuthun der werck.
Jtem: Derhalben mus die gerechtigkeit durch den glauben kommen, auff das sie sei
aus gnaden vnnd die vorheissung feste sey allem samen.
Röm 4,16.
Galat. 2: Wir wissen, das der mensch durch des gesetzes werck nicht gerecht
wird, sundern durch den glauben an Jhesum Christ. So glauben wir auch an
Gal 2,16.
Jhesum
Christum, auff das wir gerecht werden durch den glauben an Christum vnd nicht durch
des Gesetzes wercke, denn durch des gesetzes werck wird kein fleisch
gerecht.
Jtem Gala. 3: Habt jr den Geist entpfangen durch des gesetzes werck oder durch
die predig vom glauben?
Gal 3,2. Jtem: Wir enpfahen den
verheissen geist
Gal 3,14.
durch den glauben.
Vnnd was darffs viel suͤnderliche erzelung der zeugnis der schrifft, diweil S. Petrus
N 4v Acto. 10 Die gantze schrifft auff ein hauffen hieher zeucht,
do er spricht: Von diesem zeugen alle Propheten, das durch seinen namen alle, die
an jn gleuben, vergebung der suͤnde entpfahen sollen.
Act
10,43.
Wer nu an diesen Herrn Christum Jhesum von hertzen gleubet, der entpfehet durch solchen
glauben one alle werck vnnd verdienst gewislich vorgebung der suͤnde, die gerechtigkeit,
heiligen Geist, vnd wird dadurch ein kind_Johan.
1.
vnd erbe GottisVgl. Joh 1,12. vnd ein miterbe des Herren
Jhesu Christi, daran sol niemandts zweiffeln.
Solches bezeugen vber diese helle spruͤche auch volgende exempel vnd historien: Als
Acto. 2 Haben_Acto. 2.
die drey tausent menschen,
so durch die erste predig S. Petri bekeret werden, gar keine gute werck, durch welche
sie vorgebung der suͤnden vnd heiligen Geist verdienen kuͤnden, sondern da seint lauter
erschreckliche suͤnde, nemlich das sie den son Gottes gecreutziget
haben, wie
Petrus doselbest spricht:
Act 2,36–38. etc.So wisse nu das gantze haus Jsrael
gewis, das Gott diesen Jhesum, den jr gecreutzigt habt, zu einem Herren vnd Christ
gemacht hat.
Do sie aber das hoͤreten, gieng es jnen durchs hertz, vnd
sprachen zu Petro vnnd zu den andern Aposteln: Jr menner, lieben
bruͤder, was sollen wir thun?
Petrus sprach zu jnen: Thut busse, vnd lasse sich ein
jeglicher teuffen auff den namen Jhesu Christi
zu vergebung der suͤnden, so werdet jr entpfahen die gabe des heiligen
Geistes
O 1r Also auch Acto. 10 stehet geschriben, das der heilige geist
auff alle gefallen sey, die dem wort Petri zuhoͤreten.Vgl. Act 10,44. Jtem
Acto. 16,Act 16,30f. da der kerckermeister zu Paulo vnd Sila
spricht: Was sol ich thun, das ich selig wer
Sprechen
Paulus vnd Silas:
de?Gleube an den Herren Jhesum, so wirstu vnd dein haus
selig.
Jn diesen vnd vilen andern Exempeln vnd Historien sehen wir, das die leute one alle
werck vnd vordienst ALLEJN durch den Glauben an Jhesum Christum Gerechtigkeit vnd
seligkeit entpfahen, vnd dieses bezeuget sunderlichen
das gantze Buch der Aposteln
Geschicht, welches vornemlich von S. Lucas darum geschrieben.
Darumb_Zu dem vordinst der rechtfertigung vnd seligkeit
gehoͤren gantz vnd gar keine werck.
gehoͤrn zu dem vordinst der
Rechtfertigung vnd seligkeit des menschen, wie oben gesagt, gantz vnd gar keine gute
werck, wie si auch moͤgen genant werden. Dann ob wol Rew vnd erkentnis der suͤnden
vnd
gutter vorsatz vorhergehen mus, jedoch werden vns vnsere suͤnde nicht von wegen
solcher Rew, sondern aus gnaden von wegen des mitlers erlassen vnd wir zu kindern vnd
erben Gotts angenomen durch den Glauben an Christum Jhesum.
Von guten wercken vnd vom Newen gehorsam der gleubigen.
Alhie volget nu die frage, dieweil wir vorgebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiligen
Geist vnd seligkeit one alle werck vnd verdinst aus genaden von wegen des einigen wercks
vnd verdiensts des sons Gottis ALLEJN durch den glauben erlangen vnd entpfahen, warzu
seind denn die gute werck von
noͤten? Denn zu erlangung vnnd verdienung der
gerechtigkeit vnd seligkeit sind sie ja nicht von noͤten, welche wir, wie O 1v gehoͤrt, aus genaden durch den Glauben an Jhesum Christum entpfahen.
Derhalben wollen wir volgend sagen, wie vnd warzu die gute werck in den gleubigen,
welche schon kinder gottes sind vnd die seligkeit haben, von noͤten sind vnnd wie sie
zur seligkeit von noͤten sind, jtem wie auch niemand one
gute werck, jedoch nicht
durch das verdienst der guten werck, selig werde.
Anfenglichen_Zweierley glaube.
zu einem
vnderricht ist alhie zu wissen, das zweyerley glaube sey: erstlich ist ein glaub, durch
welchen der mensch nicht vernewert vnd zum andermal zu einer newen creatur vnd zum kinde
Gottis geborn, auch nicht von der suͤnden vnd dem tode erloͤset wird, in welchem glauben
kein
leben, gerechtigkeit vnd seligkeit ist, als_Historischer glaub one vorneuerunge vnd wiedergeburt.
do ist das blosse
wissen vnnd erkentnis der Artickel des glaubens vnd der historien, von welchem glauben
die Papisten vnd Jnterimisten reden, das derselbige nit allein, sundern neben vnd mit
dem selbigen auch die liebe, hoffnung vnd andere Tugende gerecht vnd selig machen.
Diser glaube ist ein Opinio, ein blosses, todes wissen, ein wan,_Hypocritischer glaub.
welchen der mensch selbst one
bewegung vnnd vernewerung des heiligen Geists fasset vnd ertichtet; disen GlaubenIm Original: Glaubn. heisset S. Paulus_2. Timot. 1.
ein Hypocritischen,Vgl. II Tim
1,5. das ist: ein heuchlerischen, selbs erdichten, geferbten vnd falschen
glauben, bey welchem ob schon viel gute werck sind, als fasten, beten, almussen
geben
vnd andere, so ist doch der Baum noch nicht gut, das hertz nicht gereiniget,
der mensch noch nicht zum ander mahl durch den Heiligen Geist geborn vnd Gott nicht
angeneme noch gefel-O 2rlig. Darumb kan er in das
reich Gottes nicht kommen, ob er schon ein heiliger Phariseer, Muͤnch, Pfaffen,
Papisten, Jnterimisten, ja auch ein heiliger Luterischer oder Euangelischer man zu
sein
vor der welt scheinet.
Denn es alles vorgeblich, wie der Herre saget: Es sey denn ewer_Math. 6.rectius: Mt
5.
Mt 5,20. vnd
Johan. 3:
gerechtigkeit besser denn der schrifftgelerten vnd
Phariseer, so werdet jr nicht in das himelreich kommen,Es sey denn, das jemand geborn werde aus dem wasser vnd geist, so kan
er nicht in das reich Gottis kommen.
Joh 3,5.
Diese seind gute werck, zu erhaltung vnnd offenbarung der seligkeit (dauon wir reden)
nicht von noͤten, vnd gehet sie dise propositio vnd lere von guten wercken nichts an,
dieweil sie noch den rechten, warhafftigen glauben an Jhesum Christum nicht haben, durch
welchen allein one alle werck vnd verdienst wir die gerechtigkeit vnd seligkeit
erlangen. Denn wenn sie schon alle
werck hetten, die ein mensch in dieser
verderbten natur one erkentnis des Herren Christi thun vnd haben kan, so were es doch
alles verloren vnnd kundten dardurch nimmermehr die gerechtigkeit vnnd seligkeit
erlangen, wil geschweigen, das sie dieselbige durch gute werck vnd gewissen solten
erhalten, dieweil sie die gerechtigkeit vnd seligkeit nie
gehabt haben. Denn wie
gehoͤrt, der Baum zuuor mus gut sein, ehe er gute frucht
trage, vnnd die person durch glauben erstlich Gott versoͤnet vnnd angeneme vnnd selig
sein mus, ehe Gott die gute werck vmb Jhesu Christi willen gefallen.
O 2v Gleichwol_Gott erfordert die
eusserlich zucht vierley vrsachIm Original:
vrsch. willen, ob sie schon nicht gerechte noch selig macht.
ist
auch das alhie zu wissen, das Gott der Herre die eusserliche zucht vnd die werck der
zehen gebot in allen menschen, sie seind gleu
big oder vngleubig, erfordert,
vnd das viererley vrsache willen:
Erstlichen, das alle menschen schuͤldig sind, den geboten Gottes gehorsam zu sein, darumm er sie nicht allein in die steinern taffeln, sundern auch inn aller menschen hertzen geschrieben.Vgl. Röm 2,15.
Zum andern, das die menschen in diesem sterblichen vnnd dort in jenem le
ben
die straffen vermeiden moͤgen. Denn wir vor augen sehen, das Gott grosse suͤnde mit
grossen straffen straffet, wie gschriben steht: Wer_Matth. 26.
Mt 26,52. jtem:
das schwerdt nimpt, sol durchs schwerdt
vmbkommen,Hurer vnd ehebrecher wird_Hebr. 13.
Hebr 13,4.
etc.
Gott richten
Zum dritten, das Gott wil, das wir auch ander leute verschonen vnd jnen
nicht
schaden zufuͤgen, sundern jnen helffen vnd dienen sollen, denn wir werden nicht vns
allein in dise welt geboren, sondern vnser gantzes leben sol erstlich zu Gottes
erkentnis, lob vnd preis, darnach auch zum dinst des nehisten vnd zu erhaltung ruh vnd
frid in dem gantzen menschlichen geschlecht gerichtet sein. Derwegen wil Gott, das
eusserliche zucht, fride vnd einigkeit
von allen gehalten vnd das die verstoͤrer
solchs frides gestrafft werden; diese drey vrsachen vorstehen auch die Heiden.
Die vierdte vrsach vorstehen allein die Gotfuͤrchtigen vnd gleubige: Nemlich das Gott
die eusserliche zucht vnd gute werck der zehen gebot auch darumb von jederman wil
gehalten haben, das, wie S. Paulus sprichet, das gesetz ein
_Galat. 3. zuchtmeister ist, so vns zu Christo
fuͤret.Vgl. Gal 3,24. Denn das gewißlich war ist, das der heilige
Geist durch die predig des Euangelij in denen, welche offentlichen in suͤnden wider jr
gewissen verharren, nicht kreff-O 3rtig sein wil.
Darumb, sol der mensch durch den heiligen Geist zum ewigen leben vernewert werden, so
mus er nicht in suͤnden wider das gewissen verharren. Al
so ist das gesetz
ein zuchtmeister, welcher vns zu Christo fuͤret, das ist: es ist nicht allein vmb
eusserliche zucht, sondern darumb zu thun, das die leuth nicht wider jhr gewissen
suͤndigen vnd der heilige Geist in jnen seine wirckung haben moͤge, auff das sie Gottes
wort hoͤrenIm Original: huͤren. vnd zu dem
glauben vnd erkentnis Christi kommen moͤgen.
Wiewol aber Gott solchen eusserlichen gehorsam vnd zucht von allen menschen erfordert,
wie viel heiden vnd Phariseer denselbigen gehalten haben vnnd noch heutiges tages viel
ehrliche leuth disen gehorsam vnnd zucht in eusserlichen wandel halten, das sie vor der
welt vnstrefflich leben, vnd Gott denselbigen auch hie zeitlich belohnet, jedoch
verdienet man dardurch nicht
vergebung der suͤnden, so wirdt auch dadurch das
gesetze Gottes nicht erfuͤllet, vnnd ist solcher gehorsam nicht die gerechtigkeit, die
fuͤr Gott gilt, dardurch der mensch Gott versoͤnet vnd zum kind vnd erben Gottes
angenommen wird, wie S. Paulus spricht: Durch_Galat.
2.
Gal
2,16.
des gesetzes werck wird kein fleisch gerecht.
Das sey also in der kuͤrtze von dem ersten Hipocritischen, falschen vnd ertichten
glauben gesagt, welcher allein mit wercken vmbgehet vnnd darauff sich gruͤndet vnd
verlesset, vnd nicht auff die blosse barmhertzigkeit Gottis vnd auff das verdienst
vnsers mitlers, des Herren Jesu Christi, welches denn der Phariseers vnd aller Papisten
vnd Jnterimisten glaub ist, von welchen
allen Christus Matt. 5 spricht: Es
sey denn ewer gerechtigkeit besser denn der Schrifftgelerten vnd Phariseer, so werdet
jr nicht in das himelreich kommen,
Mt 5,20. vnd O 3v Johan. 3: Warlich, warlich, ich sage dir, es sey dann, das jemand geboren
werde aus dem wasser vnd geist, so kan er nicht in das reich Gottes
kommen.
Joh 3,5. Darumb erlanget man durch solchen glauben
we
der gerechtigkeit noch seligkeit, darzu dann eines besserns vnnd hoͤhers
glaubens von noͤten. Was ist denn das vor ein glaube?
Von dem warhafftigen glauben, durch welchen allein der mensch gerechtigkeit vnd seligkeit entpfehet.
Warhafftiger glaub_Was warhafftiger glaube sey.
ist erstlich: wissen die Artickel des Christlichen glaubens
vnnd warhafftigem
erkentnis Gottes des Vaters vnnd seines Sohns Jhesum Christi, welcher erkentnis das
folget, das das hertz des menschen durch gewisse zuuersicht der Barmhertzigkeit Gottes,
so in Christo verheissen, sich auff denselbigen mitler als den einigen bewerten
EcksteinVgl. I Petr 2,6. gruͤndet vnd verlesset vnd gewißlich
gleubet, das er vmb desselbigen mitlers willen –
nicht von wegen seiner lieb, rewe
oder anderer werck vnnd tugent oder erfuͤllung des Gesetzes – vergebung der suͤnden,
Gerechtigkeit, heiligen Geist vnd die erbschafft des ewigen lebens entpfahe.
Dieweil aber in solchem trost die zuuersicht, durch welche wir in dem sone Gottis ruhe,
_Rom. 5.Vgl. Röm 5,1–5.
friede vnd
freude haben, ein warhafftig liecht vnd bewegung ist,
so vom heiligen Geist in vns
angezuͤndet wird, durch welche das hertz aus dem erschrecken des ewigen todes erloͤset,
wiederumb lebendig getroͤstet vnd froͤlich wird, so wird solche bekerung
zu Gott eine newe_Was die newe geburt sey.
geburt
genant, wie dann der jetzt angezogene spruch des Herren Christi Johan. 3. bezeuget:
Es sey denn, das jemands von new O 4r geboren werde aus dem
wasser vnd
Vgl. Joh
3,3.5.
dem Geist, so kan er nicht in das reich Gottis kommen.
Durch solche newe geburt wird der mensch ein tempel vnd wonung Gottes,Vgl. I Kor
3,16. welcher_Wie die neu geburt angefangen
werde.
denn in jm anfehet zu wircken, wie Johan. 14 geschrieben stehet:
Wer mich liebet, der wird mein word halten, vnd mein vater wird in lieben, vnd
wir werden zu jm kommen vnd wonung bey jm machen.
Joh 14,23.
Denn wenn der mensch durch den glauben vnd die zuuersicht der barmhertzigkeit Gottes
getrost vnd gesterckt wird, so fehet Gott, der Vater, Son vnd heiliger Geist, in der
gleubigen hertzen durch solchen trost ein newes leben vnd die widergeburt an, wie S.
Paulus spricht: Wir_ Im Original steht die Marginalie auf Höhe des vorangehenden
Joh-Zitats.Galat. 3.
Gal 3,14. Jtem:
entpfahen den verheischen Geist durch den Glauben.Welche der geist Gottes trei
Röm 8,14.
bet, die sind Gottes
kinder.
Alhie_Die lere von der gerechtigkeit vnd guten wercken so
weit als himel vnnd erde von einander zu scheiden.
aber, domit man mich ja
vorstehe vnd mir nicht meine wort verkere, thu ich aber diese erinnerung, die ich auch
oben gethan, das man die lere von der gerechtigkeit vnd die lere von guten wercken ja
nicht mit einander vermische, sondern sie so weit als himel vnd erde voneinander
scheide, denn es
zweierley vnderschidene lehre sind. Also,_Was des Menschen gerechtigkeit wircke.
das des
menschen gerechtigkeit nichts denn ALLEJN der glaube vnd Christus wircke, vnd das
gesetze vnd gute wercke gantz vnd gar nichts mit des menschen Gerechtigkeit vnnd
seligkeit zu thun haben sollen; denn_Gute werck sind des
gelaubens vnd der gerechtigkeit fruͤchte.
der mensch mus zuuor fur Gott
gerecht sein vnnd aus Gott geboren werden, ehe er ein werck thu, das guet vnd Gott
gefellig sey; diese ordnung helt auch S. Paulus, das er zuuor vom glauben, darnach erst
von guten wercken als des glaubens fruͤchte leret.
O 4v Derwegen_Teilung der lere von guten
wercken.
wollen wir endtlich nu nach der lere vom glauben auch von dem
newen leben der gleubigen vnd widergebornen vnd von den guten wercken sagen, vnd
erstlich, was gute werck sein, zum andern, wieIm
Original: wil. vilerley
gute werck sind, zum dritten, wozu sie vnd ob sie
zur seligkeit in den gleubigen vnd neugebornen von noͤten sind.
I.
Was gute werck sind.
Dis gebot wird offtmals im Mose widerholet: Alles _Deut. 12.
was JCH euch gebiete,
spricht Gott, das
solt jr halten, das jr darnach thut; jr solt nicht darzuthun noch
dauonthun.
Dtn 12,32 (Luther 1545) = Dtn 13,1 (Luther 1984). Vnd durch Ezechielem spricht Got:
Nach_Ezech. 20.
Ez 20,19. Derhalben mussen allein das_Welches gute werck sind.
MEJNEN geboten solt jr
leben.
gute werck sein, welche
Gott geboten hat; denn wenn menschen aus eigener andacht wercke erdencken, domit sie
Gott dienen wollen, als jetzt der muͤnchen werck vnd
leben sind, messen, vigilien,
walfarten, barfus gehen, nicht fleisch essen vnnd dergleichen viel andere selbst erwelte
wercke, welcher das Bapstumb vol ist, von disen allen spricht Gott:
Vorgeblich_Matt. 15.
Mt
15,9.
dienen sie mihr,
dieweil sie leren solche lehre, die nichts denn menschengebot sind.
II.
Wie vielerley gute werck sind.
P 1r Es sind zweyerley werck,_Zweyerley
gute werck, innerliche vnd euserliche.
welche Gott geboten, nemlich
innerliche des hertzen vnd eusserliche.
Jnnerliche gutte werck sind: warhafftig erkentnis Gottes, Glaube, liebe, fuͤrchteFurcht. Zur Form vgl. auffällig, weil
unorganisch, ist der zuweilen erscheinende sg. fürchte.
Gottes,
gehorsam, gedult, demut vnd andere dergleichen.
Eusserliche gutte werck sind: Gottes wort predigen, lernen, bekennen, Gott den Herren
anruffen, loben, ehren vnd preisen, jhme dancken, gehorsam gegen Vater vnd mutter,
oberkeit, herren vnd frawen vnnd allen andern, so Gott vber vnns gesatzt, den nehisten
lieben, jhme helffen vnnd dienen, die nackenden kleiden, die hungerigen speisen, die
krancken besuchen, die
gefangne troͤsten, keuscheit, mildigkeit, warheit vnnd die
andere, welche in den zehen geboten Gottis begriffen vnnd S. Paulus als fruͤchte des
Geistes Galat. 5 erzelet,Vgl. Gal 5,22f. welche der heilige Geist
inn allen gleubigen wircket. Denn inn welchen der heilige Geist ist, in den wircket er
auch eintweder innerliche oder eusserliche fruͤcht vnd werck oder alle beide, das also
kein mensch, er
sey jung oder alt, er bekere sich zu Gott zeitlich oder jhn der
letzten stund seines lebens, one gute wercke, entweder jnnerlich oder eusserlich, sein
kan noch mag, denn welche der geist Gotts treibet, die seind kinder Gottes,_Rom. 8.
vnd wer den geist Christi nicht hatt, der
ist nit sein;Vgl. Röm 8,14.9. wo
aber der geist Christi ist, es sey in kindern oder alten, da wircket er, es sey
innerlich oder euserlich.
P 1v Daraus denn volget, obwol alle menschen jung vnd alt ALLEJN aus
glauben gerecht vnd selig werden, jedoch werden SJE NJCHT one die frucht des glaubens
vnd heiligen Geistes selig, vnd wird jnen doch nicht solcher fruͤcht vnd guter werck
halben, sundern allein vmb des mitlers Jhesu Christi willen vnd seines verdienstes die
gerechtigkeit vnnd sehligkeit aus genaden
geschenckt. Denn der glaub vnd heiliger
Geist ist nimmermehr one frucht vnd gute werck, sind es nicht eusserliche, so sind es
doch innerliche. Denn, wie gesagt, welche der Geist Gottes treibet, die
sint kinder Gottes;Vgl. Röm 8,14. nu treibet der geist Gottes nicht allein die
alten, sundern auch die kinder in der wigen, welche gleuben vnd Christo durch die tauff
eingeleibet sind, in welchen
er nach jrer masse wircket vnd krefftig ist.
Darumb_Das alle menschen ALLEJN durch den glauben on alle
verdienste der wercke, vnnd doch nicht one gute werck als fruͤchte des heiligen
geistes selig werden.
auch diese Propositio war ist, das alle menschen, so
je selig worden oder noch sehlig sollen werden, die sind vnnd muͤssen ALLEJN durch den
glauben one aller werck verdienst selig werden, vnnd das doch niemandts
one gute
werck, welche stets der heilige geist in allen gleubigen wirckt, selig werde, er sey
jung oder alt. Denn wie gute werck one glauben als jren quel vnd vrsprung nit sein
koͤnnen, also kan auch der glaube nit one gute werck als seine fruchte sein. Denn wu die
Sonne des glaubens in eines menschen hertzen angezuͤnt vnd auffgegangen, so
schei-P 2rnet vnd leuchtet sie
ge
wislich vnd lest sich durch allerley gute werck vnd Gottseligkeit
sehen.
Denn das etliche hirwidder schreien, wie das muͤglich sey, das niemandes one gute werck
selig werde – Denn wann das war sein solt, so wuͤrde kein kind in der wigen, noch kein
dieb vom galgen selig werden, dieweil sie keine gute werck nit thun kuͤnnen. Die solches
reden, die wissen von keinen anderen
wercken denn von den eusserlichen, welche
jederman sehen vnd erkennen kan.
Die jnnerliche,_Die innerliche werck haben alle
gleubige.
welches die beste vnnd edelste als werck des ersten gebots sind,
haben alle gleubige kinder, so getaufft sind, vnnd die, so sich inn der letzte stunde zu
Gott bekeren vnd gleubig sind, als glauben, forcht vnd liebe
Gottes, gedult, demut
vnd dergleichen. Denn_Galat. 5, Tit. 3.
diese
werck seind fruͤchte des heiligen Geistes,Vgl.
Gal 5,22f; Tit 3,5.14. welche er, wie gesagt, in allen gleubigen wircket vnd sie
zu einem ewigen leben vernewert vnd zum andermal gebiret.Vgl. Joh 1,13._Johan. 1.
Das bezeuget der Herre Christus, do er also zu seinen juͤngern spricht:
Warlich,_Matt. 18.
Mt 18,3–6. etc.
Den ver-P 2vheisnen geist aber entpfahen die kinder
vnnd alle andere menschen durch den glauben,
ich sage euch, es
sey denn, das jr euch vmbkeret vnd werdet wie die
kinder, so werdet jr nicht ins
himelreich kommen. Wer nu sich selbst nidriget wie dis kind, der ist der groͤssest im
himelreich, vnd wer ein solches kind auffnimpt in meinem namen, der nimpt mich auff,
wer aber ergert dieser geringsten einen, die an mich
gleuben
welcher_Gala. 5.
hernacher jn jnen krefftig ist.Vgl. Gal 5,5f.
Jtem, es ist_Math. 18.
Mt
18,14. Jtem,
nicht der wille
ewers Vaters im himel, das jemand von diesen kleinen verloren werde.las die kindlein zu mir kommen_Luce 18.
Lk 18,16f.
vnd weret jnen nicht. Denn
solcher ist das reich Gottes. Warlich, ich sage euch: Wer nicht das reich Gottes nimpt
als ein kind, der wird nicht hinein kommen.
Das aber_Das die kinder des heiligen geistes entpfehig vnd
er allerlei gute wercke in jhnen wircke. Luce 1.
die gleubige kinder des
heiligen Geistes entpfehig vnd er allerley gute fruͤchte vnd werck in jnen wircke,
bezeuget auch Johannes der Teuffer, welcher in mutterleib des heiligen Geists vol ist
vnd durch das huͤpffen in seiner mutter leib beweiset, das er glauben vnnd erkentnis des
Herren Christi, Gottes Sons, vnnd durch jnen fride vnd freude in Gott habe, welches
des
heiligen Geistes werck sind.Vgl. Lk 1,41.
Dergleichen_Gute werck mussen inn allen sein, so sich zu
Gott bekeren.
mussen auch gute werck, vnd sonderlichen die innerlichen,
welche die beste sind, in allen sein, welche sich auch in der letzten stund zu Gott
bekeren. Wie denn ann dem Schecher am Creutz zu sehen, was er vor viel vnd
fuͤrtreffliche werck hat:
Denn_Exempel des Schechers am creutze.
erstlich
thut er busse vnnd bekeret sich warhaftigklichen vnd von hertzen zu Got, fuͤrcht Got,
hatt hertzlich rew vber seine suͤnde vnd beich-P 3rtet vnd bekennet die oͤffentlich vor aller welt, so bey dem creutz stehet, vnd
beschuͤldiget sich selbst, machet sich selbst zu schanden vnnd bekennet, das er den tod
durch sein suͤnde wolverdienet habe, gibt Gott das lobe der
gerechtigkeit, welche
ist, das er die suͤnde billich straffet. Darnach hat er eine hertzliche liebe gegen
seinem nehisten, dem andern Schecher, welcher Christum hoͤnet vnd lestert, das er gerne
wolt, das er sich auch zu Gott bekeret vnd selig wuͤrde; darumb straffet er vnd vermanet
jnen zur Busse vnnd bekerung zu Gott, wie er denn zu jm spricht: Vnd du
fuͤrchtest dich auch nicht
Lk 23,40f.
vor Gott, der du doch in gleicher verdamnis bist, vnd
zwar wir sind billich darinnen, denn wir entpfahen, was vnser thaten werd
sind.
Zum andern bekennet er da on alles erschrecken den Herren Christum vor aller welt frey
oͤffentlich vnd spricht, das Christus vnschuͤldig sey vnd jme von Pilato, den hohen
priestern, Schrifftgelerten, Phariseern vnd allem volck,
so jnen gecreuziget,
gewalt vnd vnrecht geschehe. Dis zeugnis gibt er dem Herren Christo herab vom Kreutz vnd
fuͤrcht sich vor niemands; dabey zu sehen, wie er durch den heiligen Geist gesterckt
worden.Vgl. Lk 23,41.
Zum dritten sehen wir auch, wie er durch den glauben vergebung der suͤnden entpfehet
vnnd durch diesen mitler zuflucht zur barmhertzigkeit Gottes hat.
Bittet vnd
glaubet zugleich festigklich, P 3v das jme von wegen dieses mitlers,
welchen er vor ein ewigen koͤnig, vor ein herren des lebens vnnd des todes erkennet,
seine suͤnde vergeben werden vnnd er nu werde angenommen zu einem erben des reichs
Gottes vnnd des ewigen lebens, do er spricht: Herr, gedenck an mich, wenn du inn
dein reich kommest.
Lk 23,42.
Also sehn wir in dem schecher am creutz die vornemste werck, als recht erkentnis Gottis, Rewe, glaub, lieb Gotts, gehorsam vnd gedult im leiden, bekentnis, anruffung Gottes, Liebe gegen dem nehisten etc. Daran zu sehen, das wo warhafftiger glaube ist, da mus allezeit der new gehorsam vnd allerley gutte werck volgen.
Wiewol nun das kind in der wiegen vnd dieser schecher nicht die eusserliche werck
haben, das sie viel fasten, beten, almussen geben, die krancken besuͤchen, die nacketen
kleiden kundten, jedoch haben sie die hoͤchsten vnd edelste werck des ersten gebots, wie
vormeldet._Das kein mensch one gute werck als des glaubens
vnd des heiligen Geistes fruͤchte, vnd doch nicht durch verdinst solcher guten werck
selig werde.
Daraus zu sehen, das kein gleubiger mensch vnnd kind Gottes, als der da nu
ein
newe creatur vnd ein gutter baum durch den Glauben vnd Heiligen Geist geworden, one
gutte werck als fruͤchte des glaubens selig wird, denn je der Heilige Geist inn allen
gleubigen krefftig ist vnnd seine fruͤchte wircket.
Es sind aber zwuzwei (alte Femininform). Vgl.
Geistes sehlig. Vnd diese rede: Man mus durch das verdienst der guten werck selig
werden.
Die erste rede ist des heiligen Euangelij, welches also spricht: Sehet zu, thut
rechtschaffene frucht der busse. Welcher Baum nicht gute fruͤchte bringet, wird
abgehawen vnnd ins feuer geworffen.
Lk 3,8f.
Jtem, ich bin ein rechter weinstock_Johan.
15.
Joh
15,1–6.
vnd mein Vater ein Weingertner. Einen jeglichen reben an mir, der
nicht frucht bringet, wird er wegknemen, vnd einen jeglichen, der do frucht bringet,
wirdt er reinigen, das er mehr fruͤchte bringe; jhr seid jetz rein vmb des worts
willen, das ich zu euch gered habe; bleibet in mir vnd ich in euch, gleich wie der
rebe kan keine frucht bringen
von jhm selber, er bleibe denn am weinstock, also
auch jr nicht, jr bleibet denn an mir. Jch bin der weinstock, jr seidt die reben; wer
in mir bleibet vnd ich in jme, der bringet viel fruͤchte, denn ohn mich koͤnnet jhr
nichts thun. Wer nicht in mir Bleibet, der wird weggeworffen wie ein rebe vnd
vordorret, vnnd man samlet sie vnd wirft sie ins fewer, vnd mus brennen.
P 4v Diese spruͤche bezeugen, das die, welche durch die Tauffe vnd
glauben dem Herren Christo eingeleibet vnnd nu kinder Gottes worden sind, die mussen
fruͤchte bringen; wollen sie aber keine fruͤchte tragen, so schneidet sie der
weingartner abe vnd wirfft sie in das hellische fewr; daraus denn auch zu sehen, ob gute
werck inn den gleubigen zu der seligkeit noͤtig oder nicht,
wie hernacher ferner
sol angezeigt werden.
Zum andern bezeuget er auch, das niemandes frucht vnd gute werck brengen koͤnne, er
bleibe denn durch den glauben inn dem weinstock Christo Jhesu; darumb
werden alhie der PelagianerDen Anhängern des
von
den on mich,
spricht er, kundt jr nichts thun,
vnnd
ausserhalb dieses Weinstockes Christi gefelt Gott kein werck; dem mussen wir zuuor durch
den glauben eingepfropfft_1. Pet. 2.
werden, ehe
wir was gutes kuͤnnen thuen.Vgl. Röm 11,17–24. Zur Marginalie vgl. I Petr 2,5.9f.
Nu diese rede, Niemandts wirdt one gute werck als
fruͤchten des glaubens vnd des heiligen Geistes selig, jst gewislich die rede des
heiligen Euangelij;
denn warhafftiger glaub vnd fruͤchte des glaubens muͤssen
allezeit beysammen sein, sol anderst der mensch Q 1r selig werden,
wiewol er nicht von wegen der frucht, sundern aus genaden ALLEJN durch den glauben an
Jhesum Christum gerecht vnnd selig wird.
Denn in Summa: Gott wil inn seinem garten vnd himelreich nicht vnfrucht
bar,
sundern allein fruchtbare Beume vnd reben haben, vnd wil alle vnfruchtbare Beum vnd
Reben ausrotten vnd abschneiden vnnd ins hellische feur werffen, wie denn der Herre den
Feigenbaum verflucht, das er keine frucht treget.Vgl. Joh 15,1–8; Mk 11,12–14.20–23.
Die andere rede aber,_Des Bapsts vnd Jnterims
lere.
Man mus durch verdienst der guten wercke sehlig
wer
den, fuͤret der Babst vnnd das
Jnterim, die ist falsch vnd wieder das Euangelium.
Also haben wir gehoͤrt, das zweierley gute werck sind, jnnerliche vnd eusserliche, vnd
das niemandts one gute werck als fruͤchtenMar. 11.Vgl. Mk
11,12–14.20–23.
[Möglicherweise sollte die Marginalie in Höhe der vorigen Anmerkung platziert
werden.]
des glaubens, jedoch nicht durch verdienst der werck
selig werde. Nun volget das dritte.
[III.]
Worzu gute werck vnd ob sie auch zur seligkeit von noͤten.
Das gute werck denen, so aus genaden vmb des Herrn Christi willen ALLEJN durch den
glauben albereit gerechtigkeit, heiligen Geist vnd das ewige leben entpfangen haben vnd
Q 1v nu kinder vnnd erben Gottes sind, von
noͤten, ia auch zur
seligkeit von noten sind, wollen wier erstlich durch spruͤche der heiligen Gotlichen
schrifft anzeigen.
Zum andern durch etliche Parabolen vnnd Gleichnis des Herren Christi.
Zum dritten durch exempel.
Zum vierden durch rationes, argumenta vnnd gegrundte vrsachen.
Zum fuͤnfften durch der heiligen Christlichen lerer, vnd sonderlichen des Erwirdigen
Herren
I. Spruͤche aus der heiligen goͤtlichen Schrifft gezogen.
Wir haben nu viel jare her beyde, in der vniuersitet_Vide
locos Communes
vnd in der
Kirchen zu
belonung, welche Gott denen, so gutes thun, verheissen hat.
Es wirt vns aber in der heiligen schrifft man-Q 2rcherley noth fuͤrgehalten, _Warum von noͤten, gute
werck zu thun.
als erstlich das ernstliche gebot Gottes, darnach die
Schuldt, das ein mensch schuldig ist, Gottes gebott zu halten. Zum dritten, auff das wir
durch den vngehorsam gegen Gott den Glauben, Gerechtigkeit, Heiligen Geist vnd die
se
ligkeit, welche guͤter wier aus gnaden one vnsere verdienst durch
Christum entpfangen, nicht wiederum verliren. Zum vierden, auff das wir durch den
gehorsam gegen Gott die ernstliche vnnd erschreckliche straffen, welche Gott den
vngehorsamen drewet vnd, wie wir vor augen sehen, auch teglich vber sie ergehen lesset,
moͤgen vermeiden.
Den do stehet Gottes gebot vns fuͤr augen vnd schreiet, treibet vnd vermanet on
vnterlas in aller menschen hertzen beyde, der gleubigen vnd der vngleubigen: Du solt kein ander Goͤtter neben mir haben. Denn ich,
der Herr, dein Gott, bin ein eiueriger Gott, der da heimsucht der veter missethat
ann den kindern bis ins dritte vnnd vierde glied, die mich hassen, vnnd thu
Barmhert
Ex 20,3.6f; Dtn 5,7.9–11.
zigkeit an vielen tausenten, die mich lieb haben vnd meine
gebot halten.
Q 2v
Du solt den namen deines herren Gottes nicht
misbrauchen, denn der herr wird den nicht vngestrafft lassen, der seinen namen
mißbraucht.
Auff das aber einer nicht sprech: Ja, das sagt Moses vnd das gesetz, damit haben
die Christen nichts zu thun. Dann die gleubigen nu nicht mehr_Rom. 6.
so spricht
Christus mit klaren vnd ernstlichen worten:
vnder
dem Gesetz sind, sondern vnter
der gnaden,Vgl. Röm 6,14. vnd wie anderswo S. Paulus spricht: Dem_1. Tim. 1.
I Tim 1,9.
Gerechten ist
kein Gesetz gegeben,Jhr, die jhr nu kinder Gottes durch
den glauben an mich seid worden, seidt_Matth.
5.
Mt
5,14.16–18. Das redet er
mit denen, welche nu gleubig vnd kinder Gottes sind,
das liecht der welt, darumb lasset ewer liecht leuchten fuͤr den
leuten, das sie ewre gute werck sehen vnd ewern
Vater im
himel preisen. Denn jhr solt nicht wenen, das ich kommen bin, das Gesetz
auffzuloͤsen. Jch bin nicht kommen auffzuloͤsen, sondern zu erfuͤllen. Denn ich sage
euch warlich: Bis das himel vnnd erden zurgehen, wierd nicht zurgehen der kleinest
Buchstab noch ein titel vom Gesetz, bis das es alles geschehe.
vnd spricht, das
jhr glaube falsch vnd nicht ein warhafftiges liecht sey, wo sie jnen nicht durch gute
werck vor den leuthen leuchten lassen.
Q 3r Darnach straffet er auch die Phariseer von wegen jrer falschen,
heuchlerischen gerechtigkeit, do er spricht: Es sei denn ewer gerechtigkeit
besser denn der schrifftgelerten vnnd phariseer,_Dreierley
menschen, welche gerecht vnd selig wollen werden. Die Ersten.
Mt 5,20. Als wolt er
sagen: Es sind dreierlei menschen, die do gerecht vnnd selig sein wollen: Die
ersten sind die falschen Christen, welche den oben weg zum himelreich gehen;
dieselbigen, wenn sie hoͤren, das sie allein durch glauben an mich die seligkeit
erlangen, so wehnen sie, das sie nun des gesetzes vnnd gutter werck befreiet, furen
derwegen ein wild
so werdet
jr nicht inn das
himmelreich kommen.
vnnd gotlos leben, wollen von allen gesetzen frei vnnd los sein.
Die ander_Die andern.
sind die, welche den vntern
weg zum himmelreich gehen; dasselbige sind erstlich die schrifftgelerten vnnd phariseer,
welche one warhafftige Busse, one Rew vnnd Glauben ann mich, allein durch gesetz, durch
jhre werck vnnd heiligkeit das himmelreich verdienen wollen. Darnach sind zu yetziger
zeit
die Muͤnche, Papisten vnnd Jnterimisten, welche nicht allein durch glauben an
mich, sondern auch durch jhre verdinst vnnd wirdigkeit ins himelreich kommen wollen.
Welche aber diese zwo strassen, die obere vnd die vntere, gehen, die felen des rechten
weges, jrren vnnd gehen beyseits ab vnnd kommen nimmermehr ins reich Gottes. Q 3v Die dritten_Die dritten.
sind, welche die mit
lere strasse gehen. Das sind die, welche warhafftige
Busse thun, jhre suͤnde erkennen vnd vor Gottes zorn erschrecken vnnd volgend nach
diesem erschrecken gleuben, das ich jhr mitler, fuͤrsprachAnwalt; Wortführer; Fürsprecher. Vgl.
verdinst vnd wirdigkeit vergebung der suͤnden die
Gerechtigkeit, den heiligen Geist vnd das erbe des ewigen lebens entpfahen. Denn aber,
wen sie also kinder vnd erben des Vaters Allein
durch den glauben an mich worden sind, alsdenn nemen sie das Gesetz, die Zehen gebot
Gottes fuͤr sich vnd bevleissigen sich, darnach zu thun vnd zu leben, betrachten die
vnaussprechliche
liebe Gottes des Vateres, so er jnen erzeigt, das er mich, seinen
eingebornen Son, jnen gegeben hat, auff das sie an mich gleubten vnnd durch solchen
glauben selig wuͤrden, fahen derwegen an, Gott jhren Vater zu fuͤrchten vnnd wiederum zu
lieben, erkennen, das sie jme zu gehorsamen schuldig sind, lassen jhr liecht des
glaubens fuͤr den leuten leuchten,_Matth. 5.
das
sie jhre gute werck
sehen vnd jhren Vatter im himel preisen,Vgl. Mt 5,16.
halten vnd erfuͤllen also das Gesetz durch den glauben an mich. Dan one mich_Joha. 15. Rom. 10.
kan das Gesetz nicht gehalten,
noch erfuͤllet werden.Vgl. Joh 15,5; Röm
10,3–13.
Q 4r
Demnach,
spricht Christus, bin ich nicht kommen, das
Gesetz oder die Propheten auffzuloͤsen. Jch bin nicht kommen auffzuloͤsen, sondern zu
erfuͤllen.
Vgl. Mt 5,17.
Denn dieweil_Das Gesetze ein vnwandelbarerIm Original: vnwandelbare. Vgl. aber den Haupttext.
wille Gottes.
das Gesetz ein ewiger, vnwandelbarer wille, decret, satzung
vnnd ordenung Gottes ist, durch welche alle Engel vnnd menschen entweder zum gehorsam
odder aber zur straffe verbundenverpflichtet,
bestimmt. werden, wie denn das Gesetz spricht: Verflucht sey yeder man,
der nicht alles thut vnnd helt,
Vgl.
Dtn 27,26; Gal 3,10. so mus es erfuͤllet werden, wie Christus
spricht: Jch sage euch warlich: Bis das
Mt 5,18.
himmel vnnd erde zurgehe, wirdt
nicht zurgehen der kleinest Buchstab, noch ein titel vonn dem Gesetz, bis das es alles
geschehe.
Darumb, wiewol das Ewangelion leret, das der mensch gerecht werde one des Gesetzes
werck, allein durch den glauben,Röm 3,29. jedoch wierdt dardurch das
Gesetz vnnd die guten werck nicht auffgehaben, sondern viel mehr
bestet
tiget. Wie Paulus leret:_Rom.
3.
Wie? Heben wier denn das Gesetz auff durch denn glauben? Das sey ferne, sondern
wier richten das Gesetz auff.
Röm 3,31.
Q 4v Auff_Das gesetze dreierlei ursach
wegen von Gott gegeben.
das aber dis recht moͤge verstanden werden, ist
alhie zu wissen, das das gesetz dreierlei vrsach wegen von Gott gegeben sey:
Erstlich dazu, das alle menschen vnter dem gesetz als vnter einem
zuchtmei
ster soͤllen gehalten werden vnnd dardurch sich zemen vnnd
zuͤchtigen lassen. Wie Paulus spricht: Das gesetz ist gegeben den
vngerechten_1. Thimo. 1.
Vgl. I Tim 1,9. etc.
vnnd vngehorsamen,
den Gotlosen vnnd suͤndern
Zum andern, das es vns vnsere suͤnde vnnd den zorn Gottes wider die suͤnde solle
eroͤffnen vnd anzeigen, wie Paulus sagt: Durch_Rom. 3.
4.
Röm 4,15. Dieweil es denn von Gott darzu
gegeben, das es Gottes zorn wieder die suͤnde dem menschen sol eroͤffnen, so kan es Gott
nit stillen, noch versuͤnen, noch die sunde hinweg nemen, Gerechtigkeyt vnd seligkeit
wircken, sondern wircket allein erschrecken vnnd den todt. Wie S. Paulus vom Gesetz
schreibet, das_2. Corin. 3.
das gesetze kombt er
kentnis der suͤnde;Röm 3,20. das
gesetz richtet nur zorn an.
es ein
ampt sey,
welches todetöte. vnnd vom verdamnus
predige.Vgl. II Kor 3,7.9.
Zum dritten ist das gesetz auch dazu von Got gegebenn, das die glaubigen, so nu, durch
den Heiligen Geist vernewert, kinder vnnd erben Gottes aus gnaden, one jre werck vnnd
verdinst, durch Christum worden sind, aus dem gesetz lernen soͤllen, was fur werck Gott
von jnen fordere, wie sie nun hin
furtan im glauben Gott dienen
vnnd leben soͤllen, auff das sie nicht selbs eigne werck vnnd Gottesdinst erdichten.
R 1r Derhalben, wenn S. Paulus spricht: Wir richten_Wie das gesetze durch den glauben auffgerichtet
werde.
Vgl. Röm 3,31.
sollen wier wissen, das, wiewol der mensch, so noch nicht durch den glauben Gott
gefellig vnd angeneme worden, sein leben nach
durch den glauben das Gesetz auff,
den Zehen geboten Gottes richtet vnd
mancherley gute werck thut Vnd ein eusserlichen zuͤchtigen, ehrlichen wandel fuͤret, das
er dennoch dardurch Gott nicht versoͤnet, noch vor jhm Gerecht wierdt, noch das Gesetz
erfuͤllet, sondern noch vnter der verfluchung vnnd maledeiungFluch. Vgl.
aller glider des
menschen, vnd also volkomen gehorsam erfordert, wie es denn spricht: Du solt dich
nicht geluͤsten lassen
Vgl. Röm 7,7 (Ex
20,17). etc., welchen dieweilwelchen dieweil = weil diesen (Gehorsam). der mensch in dieser verderbten
nathur Gott nicht volkuͤmlich leisten kan, so wierdt er allezeit durchs Gesetz
beschuͤldiget vnd vermaledeiet.verflucht. Vgl.
Derwegen auch ein solcher mensch, welcher one glauben vnd erkentnis des
Euangelij
ist, Got nicht kan lieben noch anruffen, sondern fuͤrcht sich vor Gott vnd fleucht vor
jm, kan auch nicht gewis wissen, ob sein leben vnd werck Gott gefallen oder nicht.
Darum, wo_Des Gesetzes wirckung, da kein glaube.
das Gesetz one den glauben an Jhesum Christum ist, da thut es nichts anders, denn das es
den menschen beschuͤldiget vnd verdammet. So gefallen auch Gott die werck des
Gesetzes
nicht, dieweil sie one glau-R 1vben vnd
one erkentnis des Herren Christi geschehen; denn Christus_Rom. 10.
ist des Gesetzes ende, wer ann den gleubet, der ist
gerecht.Vgl. Röm 10,4.
Darumb ist das Gesetz gegeben, wie gesagt, das es vns die suͤnde vnd den
erschrecklichen zorn Gottes wieder die suͤnde sol eroͤffnen vnd vns vnsere
gebrechligkeit vnd verderbte_Das gesetze ist ein
zuchtmeister,Im Original: zuhtmeister.
der da zu Christo fuͤret.
natur anzeigen, das wir es nicht koͤnnen
erfuͤllen, auff das wier zu vnserm mitler Jhesu Christo vnsere zuflucht lernen haben vnd
gleuben, dieweil wir durchs Gesetz kein gerechtigkeit, leben vnnd seligkeit haben
koͤnnen. Das vns solche guͤter von Gott von wegenn dieses mitlers aus gnaden one vnsere
verdienst geschenckt werden vnnd wier die
selbige durch den glauben entpfahen
sollen, welcher mitler, so er also durch den glauben in vns wonet, alsden werde er das
Gesetz in vns durch sein heiligen Geist anfahen, vnnd werden alsdenn erst vnsere werck
Gott gefellig vnd angenem sein – Das alles erinnert vns das Gesetz. Auff diesen mitler
weiset, fuͤret vnd leitet das Gesetz mit allen seinen opffern, allem Gottesdinst
vnd
mit allen verheissungen.
Derwegen wirdt auch vonn S. Paulo_Rom. 10.
Warum
Christus di erfuͤllung des gesetzes genent wirt.
Christus das ende vnnd
die erfuͤllung des Gesetzes genandt,Vgl. Röm 10,4. nicht allein das er durchs
Gesetze vns fuͤrgebildet vnnd gewiesen wierdt, sundern fuͤrnemlich darumb, das durch
Christum vns die gerechtigkeit gegeben wierdt, welche das Gesetz erfordert vnd von vns
haben
wil.Vgl. Röm 8,1–4.
R 2r Derhalben, wenn S. Paulus spricht: Wier richten durch
den glauben das Gesetz auff,
Vgl. Röm 3,31. wil er das sagen, das wir die
gerechtigkeit vnnd seligkeit durch den glauben erlangen. Welches_Rom. 8.
dem Gesetze in vnser verderbten natur
vnmuͤglich zu wircken vnd zu geben.Vgl. Röm 8,3f.
Es wierdt_Das Im
Original: Gese=|tzes.Gesetz, es wierdt
dreierley werck in den gleubigen auffgericht.
aber das Gesetz Gottes in
vnns auff dreierley weise auffgerichtet.
Erstlich, das wir durch den glauben von wegen des mitlers vergebung der suͤnden
entpfahen vnd solcher glaube vns zur Gerechtigkeit zugerechnet_Rom. 4.
wierdt.
Zum andern, das durch den glauben vnd heyligen Geist der gehorsam, wel
chen
das Gesetz erfordert, jnn vns angefangen wierdt. Denn wenn wier ver gebung der suͤnden
durch den glauben entpfahen, so fahen wier den an, Gott zu fuͤrchten vnd zu lieben vnd
jnen anzuruffen, vnd wirdt alsdenn in vns die gerechtigkeit vnd das ewige leben
angefangen, wenn vns der herre Christus, welcher das haubt der gemeine ist, seinen
heiligen Geist gibt, durch welchen
wier Also im Geist vnsers gemuͤts vernewert
werden, das wier den newen menschen anzihen, der nach Gott geschaffen ist, jn
rechtschaffner gerechtigkeit vnd heiligen Geist, vnnd legen nun ab den alten menschen,
der durch luͤste im jrthum sich verderbet.
Zum dritten, wiewol wier nu inn diesem vergenglichem leben Das Gesetz
nicht
Volkommen R 2v erfuͤllen vnd noch suͤnde, boͤse lust vnd neigung in
vns bleiben, jedoch werden wir durch den glauben von wegen des mitlers vor gerecht vnd
zu erben des ewigen lebens angenomen. Vnd wierdt vns die erfuͤllung des Gesetzes, so der
Son Gottes von vnsert wegen gethan, zugerecht, als hetten wirs gethan. Welcher
darum_Galat.Im
Original: Gaat. 4.
von dem Vater gesandt worden,
geboren von
einem weibe vnd vnter das Gesetz gethan, auff das er die, so vnter dem Gesetz waren,
erloͤsete, das wir die kindschafft entpffiengen.Vgl. Gal 4,4f.
Diese grosse gaben Gottes, welche durchs Gesetz vns sind fuͤrgebildet vnd das Gesetz
vns nicht geben kund (Sintemal_Roma. 8.
es durchs
fleisch geschwecht wardt),Vgl. Röm 8,3. gibt vnns Christus, welche wier
durch den glauben von jhme emp
fangen. Darumb wird gesagt, das durch den
glauben das Gesetz nicht auffgehoben, sondern bestetiget
werde,Vgl. Röm 3,31. wie jtziger zeit das meiste theil der leuthe
wenen. Wan sie hoͤren, das wir aus gnaden, on alle vnsere werck, allejn durch den glauben gerecht vnd selig
werden, so wollen sie denn von keinem Gesetze noch von guten wercken hoͤren, fuͤren ein
Gottlos wesen,
durch welches Gott vnd seine lere geschendet vnd gelestert
wierdt.
Diesen_Welchen S. Paulus predige.
Was die lere vom
glauben vor eine lere sey.
prediget hie S. Paulus vnd spricht, das die
lere vom glauben nicht eine solche lere sey, durch welche das Gesetz vnd die gute werck
werden auffgehoben Vnd jederman nach seinem R 3r mutwillen gestatet,
sondern das durch die predig des glaubens Das Gesetze vnnd die lere von guten
wercken werde auffgericht, vnd die leute wissen moͤgen, wie vnnd wodurch sie das Gesetz
moͤgen halten vnnd erfuͤllen.
Denn wiewol es war ist, das die heiligen Gottes, das ist: die gleubigen, in diesem
leben das Gesetz durch sich selbs nicht erfuͤllen kuͤnnen, dennochkonjiziert aus: Darnach. wiel Gott haben, das sie alhie
soͤllen anfahen, dem gesetz zu gehorsamen
Vnnd wiewol noch suͤnde vnd boͤse lust
dableibet, jedoch wil er jnen dieselbige nicht zurechnen Vnnd im solchen angefangenen
gehorsam vmb Jhesu Christi willen in denselbigen gefallen lassen.
Darumb_Das gesetz mus in allen gleubigen auffgericht
werden.
muß das Gesetz in allen gleubigen auch in diesem leben auffgericht
werden. Sonst were es vergebens gegeben, welches vnmuͤglich; vnd auff das
es
auffgericht werde, gibt Gott darum die predig vom glauben, die Hochwirdige Sacrament,
den Heiligen geist in vnsere hertzen.
Derwegen, in welcher menschen hertz das gesetz nicht auff die dreyerley weise
auffgericht wierdt, wie oben gehoͤrt (AlsKlammer
ergänzt. erstlich durch den glauben an Christum Jhesum, zum andern durch
vernewerung des Geistes zum gehorsam
gegen Gott vnd zum dritten, obwol dieser
angefangner gehorsam noch vnuolkummen, das wier dennoch Gottes kinder vnnd erben bleiben
R 3v ALLEJN durch glauben an Jhesu Christ, nicht vonn wegen vnsers
gehorsams oder vernewerung) diekonjiziert aus:
den. konnen nimmehrmehr selig werden, denn sie kein warhafftigen, sondern ein
falschen vnnd ertichten glauben haben.
Darumb wirdt allein das Gesetz in den gleubigen auffgerichtet vnd volbracht. Denn die
haben allein Christum, welcher das_Rom. 10.
ende
des GesetzesIm Original: Gesetees.
ist,Vgl. Röm 10,4. welches erfuͤllung den gleubigen zu jhrem angefangnem
gehorsam zuhuͤlffe kuͤmpt Vnnd jnen zugerechnet wierdt, als hetten sie das Gesetz
volkommen gehalten, wie Paulus schreibet: Gott sante_Rom. 8.
Röm 8,3f. Ja, was sinds aber fuͤr
leuͤth, jn welchen diese Gerechtigkeit erfuͤllet wierdt? Solche leuth sinds, spricht Paulus, die nicht nach dem fleisch, sondern nach dem Geist wandelen.Vgl. Röm
8,4.
seinen Son, auff das die Gerech
tigkeit, vom Gesetz
erfodert, in vns erfuͤllet wuͤrde.
Hieraus_Welchen die gute werck von noͤthen.
ist
zu sehen, wie vnd warumb vnd in welchen das Gesetze vnd wel
chen die gute
werck von noͤten. Jn denen nemlich, welche nu den heiligen Geist haben vnd kinder Gottes
sind, die sollen das Gesetz vor sich nemen, darnach thun vnnd leben vnnd inn allerley
guten wercken sich uͤben vnd sich den heiligen Geyst treiben lassen, das das Gesetz
Gottes in jnen auffgericht werde.
Nv wollenn wier auch denn spruch Christi vor vnns nemen, welcher miht diesem R 4r S. Pauli uͤbereinstimmet, da Christus also spricht:
Jhr solt nicht wenen, das ich kommen_Math.
5.
Mt
5,17.
etc.
bin, das Gesetz odder die Propheten auffzuloͤsen. Jch bin nicht
kommen auffzuloͤsen, Sondern zu erfuͤllen
Dieweil zu allen zeiten Viel leute sind, welche, wen sie die lehre vom
glau
ben vnnd vonn der Christlichen freiheit hoͤren, gedencken sie, das sie
keinem Gesetze mehr vnterwoffen, noch gutes zu thun schuldig, sondern nu nach jhrem
gefallen leben vnnd allen mutwillen treiben moͤgen, wie wir oben auch gesagt vnnd
jtziger zeit an vnsern leuten sehen, welche allen predigten von dem Gesetz vnd guthen
wercken feind sind vnnd sie nicht leiden wollen.
Diese blindheit vnnd Thorheit der
leute straffet der Herr alhie vnd erinnert vnns, das wier gedencken sollen, was vor ein
gros dingk das Gesetz Gottes sey.
Denn es eine ewige vnnd vnnwandelbare Regel der weisheyt Gottes ist, durch welche alle
vernuͤnfftige Creaturen, Engel vnd menschen, zum gehor
sam gegen Gott oder
zur straff verbunden R 4v vnnd vorpflicht werden. Welche seine
weisheit Gott der Herr in der schepffung den EngelnIm Original: Engln. vnnd menschen eingepflantz hat, durch welche
sie erkennen, was suͤnde vnd was Gerechtigkeit sey. Daraus den Adam bald verstanden hat,
da er gefallen, wie er wieder solchen ewigen willen Gottes gesuͤndiget vnd dardurch
Gottes zorn
vnnd straff verdinet hette. Denn das gesetz verdammet die verachtung
Gottes. Darumb das gesetz sich nicht lest auffloͤsen vnnd ausleschen, dieweil es von
ewigkeit in Goͤttlicher natur gewesen vnd in ewigkeit bleibet vnnd in menschliche natur
gepflantzt ist,Vgl. Röm 2,14f. wiewol durch den fahl seher
verdunckelt.
Wier koͤnnen aber in dieser finsternis der verderbten natur nicht genugsam
sehen
noch verstehen, wie ein gros ding das Gesetz Gottes ist vnd wie wir dardurch Gott so
hart verpflicht vnd verbunden sind. Der Herre Christus aber, welcher in der Schos des
vaters ist Vnd die ewige weisheit vnd den vnwandelbaren willen des vateres erkennet, der
weis vnd verstehet, wie die Engele vnnd das gantze menschliche geschlecht durch das
gesetz gegen Gott in ewig
keit verbunden sind. Darumb spricht
er:
Jch bin nicht kommen, das Gesetz auffzuloͤsen, sondern zu erfuͤllen,
Mt
5,17.
vnnd diese erfuͤllung sol nicht verstanden werden, das er allein vor sein person
das S 1r Gesetz erfuͤllet habe, sondern von der erfuͤllung, die er
von wegen des gantzen menschlichen geschlechts gethan hat. Solche erfuͤllung aber _Die erfuͤllung des gesetzes geschicht durch
Christum auff
dreyerley weise.
des gesetzes geschicht durch Christum auff dreierley
weise:
Erstlich, dieweil durch das gesetz, welches, wie oben gehort, ein ewiger vnwandelbarer
wille Gottes ist, das menschliche geschlecht eintzweder zum gehorsam odder zur straff
verbunden Vnnd erd.h. der Mensch. nu
durch den vngehorsam inn Gottes straff, zorn, vngenade vnnd in tode gefallen, koͤmet
Gottes Son von
himmel herrab Vnd wird mensch vnnd nimbt anstad des gantzen
menschlichen geschlechts die straff, die verfluchung vnnd vermaledeiung des gesetzes,
den zorn Gottes, vnser aller suͤnde auff sich, leidet also die straff des gesetzes vnnd
erfuͤllets_Phil. 2.
Esa. 53.
1. Pet.
2.
durch solchen seinen gehorsam gegen dem Vater bis zum tode, ja zum tode
am creutz.Vgl. Phil 2,6–8. Diese straffe des gesetzes ligt auff
jm,
auff das wir friede hetten, vnd durch seine wunden sind wier geheilet.Vgl. Jes
53,5; I Petr 2,24.
Diese demut vnnd das leiden des lieben Sons Gottes Jst also gros, das sie von keiner
creatur genugsam kan bedacht, wiel geschweigen ausgeredt werden. Darumb sollen wier
diese erfuͤllung des gesetzes, so durch den Son Gottes vor vns geschehen, stets vor
augen haben, auff das, wen wier von der
vergebung der suͤnden gedencken, zugleich
auch betrachten, was vor ein er-S 1vschrecklich vnd
greulich ding die suͤnde vnnd wie Gottes gerechtigkeit so ernst vnd gestreng sey, das
die erfuͤllung des gesetzes Vnnd die erloͤsung des menschlichen geschlechts durch kein
creatur, sondern allein durch den eingebornen Sonn Gottes hat geschehen koͤnnen, das der
die straff an vnser
stad auff sich hat nemen muͤssen.
Vnsere Elend vnd straffen, so wier leiden, sind allein erinnerung von diesem
erschrecklichen gericht des gesetzes Gottes, vnd sind kein precium pro peccato, keinn betzalung noch gnugthuung
fuͤr die suͤnde. Sondern Christus ist vnser precium
vnd λύτρον‚ vnsere gnugthuung fur die suͤnde.
Daraus zu
sehen, wie Gottes gericht so gestreng. Denn er die suͤnde nicht vmbsonst
oder aus gnaden wiel vergeben, es ergehe dann die straffe zuuor vber seinn eingebornen
geliebten Sonn, dieweil er sich an stadt des menschlichenn geschlechts selbschuldighaftbar, zum Bürgen. Vgl.
kein ander mittel noch weg, denn das der mitler,
der Sonn Gottes, solche straff auff sich neme, auff das der zorn des Vaters gestillet
Vnd dem gesetz genug geschehe Vnnd dardurch allenn gleubigen die vergebung
der suͤnden, gerechtigkeit vnnd Seligkeit erkauffet vnd erworben werde.
S 2r Also haben wier wol one alle vnsere werck, verdienst vnnd
gnugthung
die vergebung vnd die seligkeit, was vns belanget. Was aber den Sonn
Gottes belanget,_1.konjiziert aus: 3. Cor. 6. 7; 1. Petri 1.
jst sie ja theur
erkaufft,Vgl. I Kor 6,20; 7,23;
I Petr 1,8f. vnd ob wol inn vnns
die erfuͤllung des gesetzes, wie volget, auch mus angefangen werden, jedoch ist sie
nicht das verdienst der gerechtigkeit vnnd seligkeit.
Zum andern erfuͤllet Christus auch das gesetz dardurch, das er das gesetz der
Zehen gebot, welches einn ewig, vnwandelbar decret vnd willen Gottes ist, recht leret,
erkleret, ausleget Vnnd anzeiget, wartzu es gegeben Vnnd wie mann sein recht brauchen
sol – wie wier oben von dreierley gebrauch des gesetzes gehoͤrt, vnd das Christus den
falschen verstand vom gesetz der Schrifftgelerten vnnd Phariseer verwierfft Vnd jhre
jrthumb anzeiget, welche
meineten, das die eusserliche werck vnnd zucht die
Gerechtigkeit vor Gott wircket Vnnd dardurch das gesetz erfuͤllet werde, wie er denn
spricht: Es sei denn Ewer_Math. 5.
Mt 5,20.
Gerechtigkeit besser denn der Schrifftgelerten vnnd Phariseer, so werdet jhr nicht in
das himmelreiche kommen.
Zum drittenn erfuͤllet Christus das Gesetz, das er in gleubigen vnd kindern
Gottes
dasselbige durch sein Heiligen Geist wider auffricht. S 2v Denn darzu
ist der Son Gottes erschinen, das er die_1. Joha.
3.
werck des teuͤffels, die suͤnde vnd den Todt zurstoͤreVgl. I Joh
3,8. vnd in diesem leben in vns die Gerechtigkeit vnnd das Ewige leben
anfahe vnnd wieder auffrichte. Wenn wier aber vonn den todten werdenn aufferstehen,
alsden so wirt die gantze erfuͤllung des gesetzes
vnnd der Gerechtigkeit in vnns
volkommen geschehen, welche in diesem leben allein angefangen wierd.
Denn das ist offenbar, das diese newe nathur, das licht vnd die gerechtigkeit vnnd das
ewige leben, so in denen, welche dem Euangelio gleuben Vnnd zum andermal geboren werden,
angefangen wierdt, das solches nicht
menschlicher natur krafft vnd werck, sondern
grosse vnd hohe gaben Gottes sind, welche er vns von wegen seines sons vnd durch den Son
gibt; jedoch sind wier nicht durch_Wier sind nicht von wegen
der vernewerung, wie das Jnterim leret, sondern von wegen des Hern Christi durch den
glauben gerecht.
solche vernewerung vnd das die erfuͤllung des gesetzes in
vns angefangen wiert, gerecht vnnd
selig, wie das Jnterim leret,Vgl.
Jch wil ausgiessen_Zacha. 12.
Sach 12,10. das ist: den heyligen
Geist, durch welchenn die menschen erkennen, das sie Gott vmb Jhesu Christi willen wider
zu gnaden habe angenommen. Wie auch Paulus spricht:
den Geist
der gnaden vnd des gebets,Der heilige Geist gibet_Rom. 8.
Röm 8,16. Welcher Geist die gleubigen auch fuͤret vnd
regirt vnd sie zum gebete,
zeugnis vnserm Geist, das wir kinder
Gottes sind.
zur liebe vnnd gehorsam gegen Gott vnd allerley gute
werck treibet vnd bringet. Denn wer_Rom. 8.
den
Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein.Röm 8,9.
Hieraus lernen wir, wie der spruch des hern Christi mit S. Pauli vbereinstimmet, da er
spricht: Wier richten_Rom. 3.
Vgl. Röm 3,31. Damit das nich jemands
gedencke, die lere vom glauben sey eine solche lere,
das gesetz
durch den glauben auff.
welche das gesetze vnnd gute
werck auffhebe, sondernn das jederman wisse, das eine solche sey, welche das gesetz
bestetige vnd anzeige, wie Christus das gesetz vor vns erfuͤllet habe Vnd wie des
gesetzs erfuͤllung in vnns nach der newen geburt auch muͤsse angefangen werden, wie der
Herre mit ernstlichen worten spricht: Warlich,_Math.
5.
Mt 5,18.
ich sage euch: Bis das himmel vnnd erden
zurgehe, wirt nicht
zurgehen der kleinest Buchstab noch ein titel vom gesetz, bis das es alles
geschehe.
Das ist nu der grundt dieser proposition vnd lere, das die erfuͤllung des gesetzes vnnd
die gute werck in den glaubigen, so nu newe geboren vnd S 3v kinder
Gottes sind, nicht zu erlangung der seligkeit, die wier one alle gesetze
vnnd werck
aus gnaden ALLEJN durch den glauben haben, sondern darzu noͤtig sind, das wier nicht
durch vnglauben vnd boͤse werck vnd durch die suͤnde wieder das gewissen Vnnd durch den
vngehorsam wieder das gesetze Gottes den glauben vnd die seligkeit wieder verlieren vnnd
aus der gnade, die wir durch den glauben erlanget, wieder in die vngnade Gottes, vnd aus
dem
leben wieder in todt fallen. Wie denn die volgende spruͤch zeugen.
Spruͤch aus der Heyligen schrifft.
Ezech. xxxiij: Es kan der gerecht nicht leben, wenn er
suͤndiget. Denn wo ich zu dem gerechten spreche, er sol leben, vnd er verlest sich
auff seine gerechtigkeit vnd thut boͤses, so sol aller seiner froͤmigkeit nicht
gedacht werden,
sondern er sol sterben in seiner Bosheit, die er thut.Ez
33,12f
Das ist ein klarer spruch, das die, so albereit gerecht sind, leben vnd seligkeit
haben, diese guͤter S 4r alle durch die suͤnde wieder verliren Vnd
wieder in den todt fallen. Sollen sie nu die gerechtigkeit vnd seligkeit behalten, so
muͤssen sie im glauben bestendig bleiben vnd verharren vnd gute werck thun
vnd boͤse vormeiden, damit sie also den glauben vnd gutt gewissen behalten.
Denn diese beyde gehoͤren zusammen, Glauben vnnd gut gewissen. Wie Paulus Timotheum
leret: Vbe_1. Thim. 1.
Vgl. I Tim 1,18f (Luther
1545). Hieraus aber volget nicht: Wie durch glauben vnnd gute werck die
seligkeit erhalten wierdt, also wirdt sie auch durch gute werck vordinet;
ein gute
Ritterschafft vnd habe glauben vnd gutt gewissen.
denn kein
gut werck nicht sein kan, es sey den zuuor der mensch allein durch den glauben aus
gnaden one verdinst gerecht vnd Gott angenem Vnd die person Gott gefellig. Denn die
person allein von wegen des Hern Christi von Gott wierdt angenomen. Welche wenn sie nu
Gott gefellig, alsdenn so gefallen erst auch die werck des hern Christi halben Vnd
gefilen Gott nicht, wu
die person zuuor Gott durch den glauben nicht versoͤnet vnd
gefellig were. Ein solcher mensch aber Hat schonn die seligkeit vnd ist ein kind Gottes,
wie Johannes spricht: Meine lieben,_1. Johan.
3.
I Joh 3,2. etc. Derwegenn darff ers durch guthe werck
nicht erst verdienenn, die er albereit durch den glauben hat. Er
wier sind nu Gottes kinder Vnnd ist noch nicht erschienen, was wier
sein werden
sehe allein zu,
das ers durch die suͤnde wieder das gewissenn nicht wider verliren, S 4v wie hie Ezechiel spricht: Es kan der gerecht nicht leben, wen er
suͤndiget.
Ez 33,12. Denn der suͤnden_Rom. 5.
solt ist der todt,Röm 6,23 [!]. wie der Gerechtigkeit das
leben.
Rom. VIII: So ist nu nichts verdamlichs an denen, die
in Christo Jhesu sindt.
Ja was sinds aber vor leuthe? Die nicht nach dem fleisch wandeln, sondern nach dem
Geist.Röm 8,1.
Rom. X: So man von hertzen gleubet, so wirdt man Gerecht. Vnnd so mann mit dem mundt bekennet, so wierdt man selig.Röm 10,10.
Paulus redet alhie nicht allein vonn dem bekentnis des mundes, sondern auch
vonn
dem bekentnis, welches im gantzen leben der gleubigen scheinen vnnd leuchten sol. Denn
vnser gantzes leben sol dahin gericht seinn, das Gott dardurch geehret vnd gepreiset
werde vnnd wier dardurch vor jederman vnsern glauben Bekennen Vnd die lere des Euangelij
zieren vnd schmuͤcken. Wie Christus spricht: Lasset_Math. 5.
Mt 5,16. etc. Als ein Fuͤrst vnnd Obrikeit ist schuldig
alle abgoͤtterey in jhrer herrschafft abzuthun vnnd rechte T 1r lere
vnd warhafftige Gottesdienst zu pflantzen vnd zu erhalten, damit sie vor aller welt
bekentnis thue etc., also sol auch ein jglicher in seinem stand vnd beruffe offentlich
zeugnis seines bekentnis vor den leuten haben. Ein pfarher vnd prediger sol
ewer licht vor denn leuten leuchten, das sie ewre
gute
werck sehen
falsche
lere vnnd abgoͤtterey offendlichen straffen Vnnd rechte Goͤttliche lere
ausbreiten vnd ein ehrlichen gotseligen wandel fuͤren, damit er anzeige, das er darumb
Got gehorsam sei, das er dadurch Got diene vnd die lere des Euangelij ehre.
Warumb aber spricht Paulus: So man mit dem munde bekennet, so wird
Röm 10,10. Hierauff ist kurtz zu antworten: Wiewol wir
ALLEJN durch den glauben on alle werck vnd verdienst gerecht Kinder vnd Erben Gottes
sind, jdoch sol dis newe leben dem glauben folgen, dadurch Gott geehret wird; denn nicht
der da anfehet, sondern der_Matth. 10. vnd 24.
man
selig?
bis ans ende verharret, wird selig.Vgl. Mt 10,22; 24,13. Also spricht auch S. Paulus:_2.
Corint. 5.
Wir werden vberkleidet werden, so doch
II Kor 5,2f. Das ist: Es ist noͤtig, das inn diesem
leben die bekerung zu Gott geschehe, welcher, so sie warhafftig, auch ein new leben
folgen mus; diese bekendnis vnd ernewerung sehen wir auch am Schecher am Creutz,Vgl. Lk
23,42f. wie oben vermeldet.
wo wir bekleidet vnd nicht blos
erfunden werden.
Philip. I: Wandelt nur wirdiglich dem Euangelio
Christi, welches ist
T 1v
ein anzeigung ewer seligkeit, vnd dasselbige vor
Gott.Vgl. Phil 1,27f.
Hie sehen wir, wie S. Paulus von denen, die da die gerechtigkeit vnd seligkeit ALLEJN
durch den glauben haben, gute Werk vnd ein Gottseligen wandel fordert, nemlich nicht als
verdienst, sondern als anzeigung der Seligkeit, darumb er auch hierzu setzt:
Vnd dasselbige von Got.
Das ist: die Seligkeit
ist Gottes gabe vnd gnade, nicht der werck verdienst,
noch gleich wol sollen gute werck, als anzeigung dieser gabe Gottes, in den Gleubigen
leuchten.
Phili. II: Schaffet, das jr selig werdet mit furcht vnd zittern etc.Phil 2,12.
Hebr. V: Wiewol er Gottes Son war, hat er doch an dem,
das er leid,litt. gehorsam gelernet;
vnd da er ist vollendet, ist er worden allen, die jhm gehor
sam sind, eine
vrsach zur Ewigen seligkeit.Hebr 5,8f.
Das ist: Christus hat vns die seligkeit durch sein leiden erworben, welche wir ALLEJN
durch den glauben an jn entpfahen, aber doch al-T 2rso, das wir jhm gehorsam sein sollen; solcher gehorsam wird in den gleubigen
erfordert bey verliesungVerlust. jrer
Seligkeit, wie der Herr sagt: Ein jglicher_Matth.
7.
Mt 7,19–21. Vnd im
Johan. spricht er:
Baum, der
nicht gute frucht bringet, wird abgehawen vnd ins
fewer geworffen; darumb an jren fruͤchten solt jr sie erkennen. Es werden nicht alle,
die zu mir sagen: Herr, Herr! inn das Himelreich komen, sondern die den willen thun
meines Vaters im himel.Das_Johan. 13.
Joh 15,12 [!].
ist mein
Gebot, das jhr einander liebet.Denn wer nicht seinen_1. Johan. 3.
I Joh 3,14.
Bruder
liebet, bleibet im Tode.
Jtem: So_1. Johan.
4.
jemand spricht: Jch liebe Gott, vnd hasset seinen Bruder, der ist ein
Luͤgner.I Joh 4,20.
Vber welchen spruch dis Doctoris Wer sich des Euangelij vnd Geistes wil rhuͤmen vnd
doch seinen Bruder vnd Nehesten hasset vnd verachtet vnd nicht bleibet,so lebet:
der ist gewislich nit von
Gott,Gott (spricht er):
nen vnd so vberaus
gelert sind. aber wenn mans:
rechtschaffen Christen Fur Gott vnd der Welt gehalten sein, der nicht
allein Christum auff der Zungen trage, noch auff dem Papir oder im Buch geschrieben
lese, sondern gruͤndlichen im hertzen habe, so gedenck,dencke: Darumb warnet nu S. Johannes so
vleissig durch die gantze Epistel, das sie
zusehen vnd nicht sich selbs:
Exempel, vnd sich seiner notturfft anneme vnd in straffe, wo er suͤndiget,
weise, wo er jrret, trage, wo er schwach ist, troͤste, wo T 3r er
betruͤbet, diene vnnd helffe, wo er durfftig – kurtz, das man die
Liebe lasse scheinen vnd leuchten Als einen glantz des
glaubens im hertzen. Sonst las das VasFass. auswendig schoͤne Tauben,Dauben (gebogene Seitenhölzer eines Fasses). Vgl.
vnd
hol ist, so hatSo auch bat
= hilft?
Vgl.
nemen, sondern sein
haus fuͤllet nur mit ledigen huͤlsen, die nur den Namen fuͤren vnd die wort als rechte
Christen vnd lassens allein auff der Zungen schweben als den schaum vom bier, so ist
noth, das man jmmer treibe vnd vermane, das sie dencken vnd mit ernst Christen sein
vnd dasselbigedasselbe:
I. Pet. I: Sintemal jr denn zum Vater anruffet, der on ansehen der Person richtet nach eines jglichen werck, T 3v so fuͤret ewern wandel, solange jr hie wallet, mit fuͤrchten.I Petr 1,17.
Vber diesen spruch schreibet Also sagt S. Peter:Petrus:
ewer Vater ist, vnd habt erlanget ein vnuergenglich Erbe im himel
(wie er droben gesagt hat). So ist nu nicht mehr vbrig, denn das das Tuch
hinweggenomen vnd das auffgedeckt werde, das jtzt verborgen ist; des muͤst jr noch
warten, so lange bis jrs sehen werdet. Weil jr nu in den stand komen seid, das jr Gott
froͤlich moͤget Vater heissen, so ist er dennoch so gerecht, das er ei
nem
jglichen nach seinen wercken gibet vnd die Person nicht ansihet. Darumb darffstu nicht
dencken, ob du schon den grossen namen hast, das du ein Christe oder Gottes Son
heisst, das er darumb dein werde schonen. Wenn du on furcht lebst vnd meinest, es sey
nu gnug, das du dich solches Namen rhuͤmest. Die welt richtet wol noch der Person, das
sie nicht alle gleich straf
fet, vnd schonet der, die da freund, reich,
schoͤn, gelert, weis vnd gewaltig sind. Aber der sihet Gott keins an, es gilt jm alles
gleich, die Person sey wie gros sie wolle. Also schlug er in Egypten eben soals:
furcht stehen, auff das wir vns nicht
also des Titels rhuͤmen, das wir Christen sind, vnd drauff:
Geist. War
ists, das er verheissen hatte, das von Abraham Christus geboren sollt:
das vns Gott allein durch den glauben
selig machet on ansehen der werck, warumb spricht denn S. Peter, das er nicht nach
ansehennicht in
saget, das Gott
nach den wercken richtet, ist auch war. Aber dafur sol mans gewislich
hal-T 4vten, wo der glaube nicht ist, das da
auch kein gGt werck konde:
vnd widerumb das da kein Glaube sey, wo nicht gute werck sind.
Druͤmb schleuß den glauben vnd die gute werck
zusamen, das also inn den beiden die Summa des gantzen Christlichen lebens
stehe. Nicht das die werck etwas zur Rechtfertigung fur Gott thun, sondern das der
glaube on sie nicht ist, oder ist kein rechter glaube. Darumb, ob vns Gott wol
nach den wercken richtet, so bleibt dennoch das war, das die_Wercke fruͤchte des glaubens.
wercke allein fruͤchte sind des
glaubens, bey welchen man sihet, wo dernicht in
vberzeugen, das du glewbt odder nicht glewbt:
-V 1rfeltigest also, das die_Die Wercke sind fruͤchte vnd zeichen des Glaubens, nach
welchen got richtet.
werck Fruͤchte vnd Zeichen sind des glaubens. Vnd das Gott die Leuthe nach solchen fruͤchten, die da
gewislich folgen muͤssen, richtet, auff das man offentlich sehe, wo
der glaube oder vnglaube im hertzen sey. Gott wird nicht darnach richten, ob du
ein Christ heissest oder getauffet bist, sondern wird dich fragen: Bistu ein Christe,
so sage mir, wo sind die
fruͤchte, damit du deinen glauben kuͤndest
beweisen?
I. Corinth. XV: Wenn ich allen glauben hette, also das ich berge versetzete, vnd hette die liebe nicht, so were ich nichts.I Kor 13,2 [!].
Denn,
spricht wiewol der Glaube allein gerecht macht,
jedoch wo die Liebe nicht folget, ist der glaube gewislich nicht recht, ob er
gleich
Vgl.
wunder thet.(Allen glauben) Wiewol allein der Glaube
gerecht machet, als S. Paulus allenthalben treibet, Doch wo die Liebe nicht folget,
were der glaube gewislich nicht recht, ob er gleich Wunder thete.
(
Galat. V: Jn Christo Jhesu gildt weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern der Glaube, der durch die liebe thetig ist.Gal 5,6.
V 1v Denn wo der Glaube durch die Liebe nicht thetig ist, so ist er
falsch vnd erticht, wie auch Wer ein rechter Christ vnd
inn
Christus Reich sein wil, der mus warlich ein rechten glauben haben. Nu ist
aber_Der glaube nicht recht, wo die wercke nicht
folgen.
der glaube nicht recht, wo nicht die werck der liebe
hernachfolgen.
Jbidem: Jr lieben Bruͤder seid zur freiheit beruffen. Allein sehet zu, das jr durch die freiheit dem fleisch nicht raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern.Gal 5,13.
Diese freiheit erlangen wir durch den glauben an Christum, welcher vns von der suͤnde,
vom zorn Gottes, von der vermaledeiung des gesetzes vnd vom
tode vnd der gewald des
Teufels frey ledig vnd los gemacht. Wo wir aber zu vnserm furwitz derselbigen
misbrauchen, so verlieren wir sie wider. Derhalben ist zu erhaltung solcher freyheit vnd
seligkeit, die wir durch den glauben von dem Herrn Christo entpfangen haben, von noͤten,
das wir jr recht gebrauchen, wie vber diesen Spruch
Denen, so der Christlichen freiheit misbrauchen, verkuͤndigen wir gewis, das sie
nicht frey sind, wenn sie gleich noch so hoch von der freiheit rhuͤ-V 2rmeten, sondern Im
Original in größeren Typen nur [ha]ben des [Teufels]
gesetzt.haben verloren Christum vnd die
freiheit vnd sind Knechte des Teufels etc.
Denn der Teufel, der kaum aus jnen getrieben war, ist widerumb inn sie gefaren, hat_Matth. 12. Luce. 11.
noch andere sieben Geister mit
sich geno
men, die erger sind denn er selbs, darumb seinds auch nu erger
worden, denn sie zuuor je gewesen sind.Vgl.
Mt 12,45; Lk 11,26.
Derwegen, wenn ich sage, das gute werck_Wie die wort gute Werck sind in den gleubigen zur seligkeit noͤtig
zu
uerstehen sind.
den Gleubigen vnd Kindern Gottes dazu noͤtig sind, das sie
die Seligkeit vnd freiheit nicht wider verlieren, welche sie durch Christum haben, vnd
der ausgetriebene boͤse Geist nicht
wider in sie fare vnd mit jnen das letzte erger
werde denn das erste, so beladen wir hiemit nicht der Gleubigen Geist vnd gewissen,
welches von allen gesetzen befreyet, sondern beladen allein das fleisch vnd den alten
Adam vnd vermanen jhn, das er nicht geil vnd furwitzig werde vnd nicht den luͤsten des
fleisches, sondern dem Geist Gottes folge. Leren nicht, wie er gerecht, frey
vnd
selig werde, sondern wie er solche guͤter behalten sol, welche er allein durch den
glauben zuuor entpfangen.
Also schreibet Ein jeder Christ sol wissen, das
er in seinem gewissen durch Christum gemacht ist zum Herren vber das Gesetz, Suͤnde,
tod etc., also das der keines weder gewald noch recht zu jm
habe. V 2v Widerumb sol er auch wissen, das seinem leibe diese dienstbarkeit
auffgelegt ist, das er dem nehisten durch die liebe dienen sol. Welche die Christliche
freiheit anders verstehen, die misgebrauchen der Euangelischen guͤter zu jrem eigen
verderben etc.
Lere von guten wercken als vom glauben treiben.
Folgen meher Spruͤche.
Matth. XIX: Wiltu zum leben eingehen, so halt die
Gebot.Mt 19,17.
Vber diesen Spruch schreibet Die Gebot muͤssen gehalten sein, oder da ist kein leben, sondern eitel todt.
Denn auch der glaube nichts
ist, wo die liebe, das ist die erfuͤllung, nicht
folget. Denn Christus, Gottes Son, ist nicht komen, das wir solten den geboten frey
vngehorsam sein, sondern das wir die Gebot durch seine huͤlffe vnd mitwircken
erfuͤllen solten. Darumb, wie es heist, Werck one Glauben sind nichts, so heists auch,
glauben one frucht ist auch nichts. Denn werck one glauben ist Abgoͤtterey,
Glau
ben one werck ist luͤgen vnd kein glaub
1. Pet. 4: Weil nu Christus im fleisch vor vns gelidten, so wapent euch auch mit
demselbigen sinn. Denn wer am fleisch leidet, der hoͤret auff V 3r
von suͤnden, das er hinfort, was noch hinderstelligeran verbleibender. Vgl.
I Petr 4,1–3.5 (nach
Luther 1545).
genug, das wir die vergangne zeit des lebens zubracht haben
nach Heidnischen willen, da wir wandelten in vnzucht, Luͤsten, Trunckenheit,
Fresserey, Seufferey vnd greulicher Abgoͤtterey. Welche werden
rechenschafft geben dem, der bereit ist, zu richten die Lebendigen vnd die
todten.
2. Pet. 2: Denn so sie entflohen sind dem vnflat der welt durch die
erkentnis
II Petr 2,20–22
(nach Luther 1545).
des Herrn vnd Heilands Jhesu Christi, werden aber widerumb inn
dieselbigen geflochten vnd vberwunden, ist nichtmit: Luther 1545. jnen das letzte erger worden denn das erste? Denn es were
jnen besser, das sie den weg der gerechtigkeit nicht erkennet hetten, denn das sie jn
erkennen vnd sich keren von dem heiligen Gebot, das jnen gegeben ist. Es ist jnen
widerfaren das ware sprichwort: Der
hund frisset wider, was er gespeiet hat, vnd
die Sawe waltzet sich nach der schwemme wider in Kot.
Hebr. 10: So wir mutwillig suͤndigen, nachdem wir die erkentnis der warheit
entpfangen haben, haben wir furder kein Opffer mehr vor die Suͤnde, sondern ein
schrecklich warten des Gerichts vnd des fewer Eiuers, der die
Hebr 10,26f (nach Luther 1545).
widerwertigen
verzeren wird.
V 3v Djeser Spruͤche ist die heilige Schrifft vol, durch welche vns
geboten wird, das wir im glauben vnd erkentnis der warheit mit einem guͤten gewissen bis
an vnser ende bleiben vnd verharren sollen, vnd sind allezeit bey diesen vermanungen
auch drawung gesaczt, das wo wir solches nicht
thun werden, so werden wir die gnade
vnd seligkeit wider verlieren vnd in Gottes zorn vnd gericht fallen.
Also haben wir erstlich durch gewisse zeugnis vnd spruͤche der heiligen Schrifft
bewisen, das gute werck den gleubigen, so nu kinder Gottes worden, von noͤten sind zu
erhaltung vnd offenbarunge der seligkeit, welche sie
ALLEJN durch den glauben an
Jhesum Christum entpfangen.
Denn dieweil der Teufel wie ein bruͤllender_1. Petri
5.
Lew heruͤmher gehetVgl. I Petr 5,8. vnd one vnterlas darnach
trachtet, wie er das haus, daraus er getrieben, wideruͤmb eroͤbere vnd vns der
gerechtigkeit vnd seligkeit beraube, jst warlich hoch von noͤten, das wir wachen vnd
stets wider solchen feind_Ephes. 6.
zu felde
ligen vnd wider
jnen kempffen vnd streitten, damit wir die seligkeit, so wir durch
den glauben entpfangen, durch vnsere sicherheit vnd Gottlos wesen nicht wider
verlieren.Vgl. Eph 6,10–17. Darumb vermanet S. Paulus auch
Timotheum also: Vbe eine gute_1. Timoth.
1.
I Tim
1,18f. Nu wollen wir das auch durch etliche Parabolen des Herrn Christi
beweisen.
Ritterschafft vnd habe den Glauben vnd gut gewissen.
V 4r II. Beweisung durch etliche Parabolen des Herrn Christi, das gute wercke in den Gleubigen zur seligkeit von noͤthen.
Matth. 18 Malet vns der Herr Christus das Himelreich in einem gleichnis sehr schoͤn fur
vnd zeiget, wie wir vergebung der suͤnden, gerechtigkeit vnd Seligkeit allein aus gnaden
durch den glauben entpfahen. Wenn wirs aber nu
also entpfangen haben, so sey
alsdenn von noͤhten, das wie vns vnsern Vater im Himel on alle vnsere bezalung vnnd
verdienst aus lauter Barmhertzigkeit vnsere Schulde vnd Suͤnde vergeben habe, das wir
alsdenn vnserem Nehesten auch seine Schuldt erlassen vnd vergeben Vnd Barmhertzigkeit
gegen jm vben, wie Gott der Vater gegen vns teglich vbet, wie vns auch der Herr im
Vatervnser leret.Vgl. Mt 6,12. Vnd wo wir solches nicht thun, so wird die
erlassene Schuldt vns widerumb zugerechnet, verlieren also die gnade, vergebung der
Suͤnden, die Gerechtigkeit vnd Seligkeit.
Denn da der Knecht, welchem vom Koͤnige die zehentausent Pfund aus gnaden erlassen
waren, seinem Mitknecht die hundert Groschen, V 4v welche
er jm
schuldig, nicht widerumb erlassen wil, do wird der herr zornig vnnd vberantwort jnen den
peinigern, bis das er bezalet alles, das er schuldig war,Vgl. Mt 18,23–34.
vnd setzet der Herr Christus dise ernstliche drewewort darzu: Also wird euch
ewermein:
Mt 18,35 (nach Luther
1545). daran denn zu sehen, das zu erhaltung der vergebung der sunden vnnd der
seligkeit, welche wir durch den glauben enpfangen haben, von noͤten ist, das wir vnserm
nehisten auch seine schulde vergeben, wo nicht, so verliren wir alle empfangene
gnade.
Also leget Denn
Im Original: (spricht)
folge vnnd thue gegen andern
auch also, so bistu denn ein rechter Christ, der an Christum glaubst:
du kein Christ bist vnd das dich Gott widerumb aus
der Barmhertzigkeit in das Gericht vnd verdamnis werffen vnd dich aller guͤter, die er dir geben, berauben vnd alle
schuld, die er dir nachgelassen, dir wider auff den Hals wil legen. Das soltu
gewis haben.
wird sie wider verloren.
Das andere gleichnis ist Luce am 11., da der Herr spricht: Wenn der vnsauber
Geist von dem Menschen ausferet, so durchwandelt er duͤrre Stette, suchet ruge vnd
findet jhr nicht, so spricht er: Jch wil Im
Original: widerumb keren.wider umbkeren
inn mein Haus, daraus ich gegangen bin. Vnnd wenn er kompt, so findet ers mit
Lk 11,24–26.
besemenBesen (pl.). Vgl.
Allhie vermanet der Herr alle die, welcher hertzen durch den glauben gereiniget vnd sie
nu X 1v ein Tempel Gottes geworden, das sie hinfort wachen
vnd
nicht sicher leben, noch sich wederwieder?
mit suͤnden wider jr gewissen verunreinigen sollen, damit sie nicht den glauben vnd
heiligen Geist wider verliren vnnd wider eine wonung der boͤsen geister werden. Also
spricht auch S. Paulus 1. Corint. 16: Wisset jr nicht, das ewr leib ein Tempel
des heiligen Geists ist, der in euch ist, welchen jr habt von Gott, vnnd seid nicht
ewer
I Kor 6,19f (Luther 1545;
vgl.
selbs? Denn jr seid tewer erkaufft, darumb so preiset Gott an ewrem leibe
vnnd in ewrem Geist, welche sind Gottes.
Das dritte gleichnis ist Mat. 25 Von den zehen Jungfrawen,Vgl. Mt 25,1–13.
vnter welchen die fuͤnffe, welche lampen one oͤle – das ist: gutte werck one glauben –
haben, die werden herausser verschlossen vnnd nicht zur hochzeit eingelassen. Die
andere aber, welche lampen voller oͤle – das ist: glauben vnnd gutte werck – haben, die
werden eingelassen, weren aber auch nicht eingelassen, wenn sie das Oele – den Glauben –
one Lampen – das ist: one gute werck – gehabt hetten, denn Lampen vnd Oele
mus beysammen sein, das ist: der Glaube mus durch gutte werck scheinen vnnd leuchten; wo
er das nicht thut, so ist es ein
finstere Lampen oder Latern; wer nun auff diese
hochzeit allein entweder mit gutten wercken oder allein mit glauben komet, der wirdt
herausser verschlossen vnd nicht eingelassen; denn glauben vnd gutte werck, als des
glaubens vnnd der gerechtigkeit fruͤchte, mus-X 2rsen
beyeinander sein; denn das ist das hochzeitliche Kleid, wer das nicht an hat, dem werden
hende vnd
fuͤsse gebunden, vnd wird aus der hochzeit in das finsternis geworffen,
Matth. 22.Vgl. Mt 22,2–14, bes. V. 11–13.
Also leget auch Die Lampen one oͤle sind
die guten werck one glauben, die muͤssen alle verleschen, das Oelegefeß aber ist der
glaube im gewissen aus Gottes gnade, der thut gute werck, die
bestehen.
Das vierdte gleichnis_Math. 25.
ist, das dem
Nehistenvorigen. im Mattheo
folget,Vgl. Mt 25,14–30. da der Hendler einem seiner Knecht
fuͤnff, dem andern zween, dem dritten ein Centner gibt vnd jnen befihlet, das sie damit
handeln vnd jhm sein gut mehren sollen. Da werden die ersten zween gelobet, vnd dieweil
sie vber wenig getrew gewesen, werden sie vber viel gesetzet, vnd wird jnen befohlen,
das
sie in jres Herren frewde eingehen sollen. Der dritte aber, welcher mit dem
einigen Centner nichtes erworben, der wird gescholden vnd wird der Centner wider von jm
genomen, vnd wird in die Finsternis hinausgeworffen. Also spricht auch der Herr Luce 12:
Der Knecht, der seines Herren wille weis vnd hat sich nicht bereitet, auch
nicht nach seinem willen gethan, der wird
Lk 12,47.
viel streiche leiden
muͤssen.
Auff diese gleichnis_Mtth. 25.
folget im Matth
die herrliche Predig vnd weissagung von des Herrn Christi zukunfft, wie er in seiner
herligkeit komen werde X 2v vnd alle heilige Engel mit jm,Vgl. Mt
25,31–46. denn werde er sitzen auff dem Stuel seiner Herligkeit, vnd
werden vor jm alle Voͤlcker versamlet werden vnd er
werde sie von einander
scheiden, gleich als ein Hirte die Schafe von den Boͤcken scheidet, vnd werde die Schafe
zu seiner Rechten stellen vnd die Boͤcke zur lincken. Da wird denn der Koͤnig sagen zu
denen zu seiner Rechten: Kompt her, jr gesegneten meines Vaters. Ererbet das
Reich, das euch bereitet ist von anbegin der welt. Denn ich bin hun
etc. Als wolt der Herre sagen:
gerig
gewesen, vnd jr habt
mich gespeisetJch werde nu nicht viel mehr euch predigen, denn die zeit meines leidens vnd
sterbens ist vor handen. Nu habt jr von mir gehoͤrt, das jr vergebung der suͤnden,
gerechtigkeit vnd heiligen Geist vnd das ewige leben aus gnaden one ewer verdienst
durch mich habet vnd das jr solche guͤter durch den glauben an mich
entpfahen muͤsset,
etc.
auff das jr aber nicht wehnet, dieweil jr diese predigt vom
glauben von mir gehoͤrt habt, das jr nu nach ewerem gefallen thun vnd leben muͤget vnd
euch nu keines Gesetzes, keiner guten werck mehr von noͤten sey, so beschliesse ich
alle meine vorige Predige, welche ich nu die vierdhalbdreieinhalb. jar euch gethan mit so vielen Parabolen vnd
gleichnissen, durch welche ich die lere vom
glauben an mich verklere, das obwol
die oben erzelten guͤter aus gnaden von meinet-X 3rwegen vom Vater euch geschenckt werden, jedoch wil der Vater nichts deste
weniger, das jhr jm vnd seinen geboten solt gehorsam sein, euch vntereinander lieben
vnd den glauben an mich durch die liebe vnd allerley gute werck gegen einander
scheinen vnd leuchten lassen. Denn der Vater
sein Reich niemands denn allein den
gehorsamen Kindern geben wil, zu den vngehorsamen aber, welche sich des glaubens vnd
der Gerechtigkeit allein mit dem munde rhuͤmen, aber inn der that keine werck der
gerechtigkeit beweisen, werde ich an jenem tage sagen: Gehet hin von mir, jr
verfluchten, in das ewige fewer, das bereitet ist dem Teufel vnd seinen Engeln. Jch
bin hungerig gewesen, vnd jr habt mich nicht gespeiset
Diese trewe vnd ernstliche warnung thut der Herre eben am end aller seiner Predig zu
der zeit, da er jetzt in sein heilig leiden vnd in tod gehen solt, durch welche er alle
seine vorigte Predigte erkleret, daraus zu sehen, ob vnd wie vnd wenn vnd welchen gute
werck zur seligkeit von noͤthen, nemlich denn
vnd denen, welche nu Kinder Gottes
ALLEJN durch den glauben an Christum worden sind, das dieselbigen denn jrem Vater
anfahen gehorsam zu sein, auff das sie die gerechtigkeit vnd das Reich jhres Vaters, so
jnen von wegen des Herrn Christi geschanckt, nicht widerumb verlieren. Welches reich,
dieweil es den Kin-X 3vdern Gottes von anbegin der
welt, da der
Kinder noch keines vorhanden war, aus lauter liebe vnd barmhertzigkeit
vom Vater zubereitet ist, koͤnnen vnd duͤrffen sie es nicht verdienen. Allein sie sehen
zu, das sie solche Erbschafft durch freuel vnd mutwilligen vngehorsam nicht wider
verlieren vnd vom Vater enterbet werden etc.
III. Die dritte Beweisung,
das den kindern Gottes
gute Werck zur seligkeit von noͤten,
sind die Exempel.
Die dritte beweisung, das den kindern Gottes der gehorsam gegen Gott, jrem Vater, zur
Seligkeit von noͤten, sind die Exempel. Das erste Exempel_Exempel der Engel.
sind die Engele, welche Gott in warhafftiger
gerechtigkeit, vnsterbligkeit vnd Herr
ligkeit aus lauter gnaden erschaffen
hat, doch mit dem bescheid, das sie Gott, jrem Schoͤpfer, gehorsam sein sollen; wo
nicht, solten sie wider aus solcher gnade vnd herrligkeit in die vngenade, zorn Gottes
vnd ewigen verderb fallen vnd aller jrer guͤter, welche jnen aus lauter gnade inn der
Schoͤpffung geschanckt waren, wider beraubet werden. Welche Engele nu
inn solchem
gehorsam ge-X 4rgen Gott bestendig
blieben, die haben solche jhre gerechtigkeit vnd Seligkeit behalten. Welche aber Gott
vngehorsam geworden, die haben jhre Seligkeit verloren, wie der Herre Christus spricht:
Der Teufel_Johan. 8.
Joh 8,44. vnd S. Peter auch sagt:
ist nicht bestanden
in der warheit,Gott_2. Petri 2.
II Petr 2,4.
hat der Engel, so gesuͤndiget haben,
nicht verschonet, sondern hat sie mit Ketten der
Finsternis zur Helle verstossen
vnd vbergeben, das sie zum gericht behalten werden.
Das_Exempel Adam vnd Eua.
ander exempel ist Adam
vnd Eua. Denn da der Mensch geschaffen wird, da wird jm von Gott ein gebot gegeben,
daran er sein gehorsam gegen Gott, seinem Schoͤpffer, vben solte. Wie denn Gott zu jm
sprach: Du solt essen
Gen 2,16f. Die gesetz oder gebot ward
dem menschen nicht darumb von Gott gegeben, wenn er dasselbige hielte, das er dardurch
die gerechtigkeit, vnsterbligkeit vnd ewiges leben verdienen vnd erlangen solt. Denn
diese
von allerley Beume im garten, aber von dem Baum des
erkentnis gutes vnnd boͤses soltu nicht essen, denn welches tages du dauon issest,
wirstu des todes sterben.
Himlische vnd Ewige guͤter hat der Mensch vorhinohnehin, zuvor schon. Vgl.
wegen gegeben, das er dardurch
seines gehorsams gegen Gott, seinem Schoͤpffer, erinnert wuͤrde vnd durch vbung solches
gehorsams die guͤter, als die gerechtigkeit, vnsterbligkeit vnd den heiligen Geist,
durch welchen er mit Gott verbunden war, so jm, da er erst erschaffen, von Gott
geschanckt vnd gegeben, erhalten vnd durch den vngehorsam nicht verlieren solt. Denn
der
Mensch auch in seiner vnschuld vnd vnsterbligkeit gleichwol also geschaffen
war, das er Gott, seinem Schoͤpffer vnd Herrn, wie alle andere Creaturen gehorsam sein
solt.
Also wird auch zu dieser zeit vns die wir kinder Gottes sind das Gesetze nicht darumb
von Gott gegeben das wir die gerechtigkeit vnd das leben dar
durch haben
sollen Wie auch S. Paulus spricht:_Gala. 3.
Wenn ein Gesetz gegeben were, das da kuͤnd lebendig machen, so keme die
Gerechtigkeit warhafftig aus dem Gesetz,
Gal 3,21. denn
diejenigen, so new geboren vnd Gottes kinder sind, die haben albereit die gerechtigkeit
vnd das leben aus gnaden, vmbsonst, one jre werck vnd verdienst, durch den glauben an
Jhesum Christum vnd durch
die_Rom. 3.
Erloͤsung, so durch Jhesum Christum geschehen ist,Vgl. Röm 3,24. vnd wird
doch denselbigen das gesetze der Zehen gebot gegeben, auff das sie an
denselbigen jren gehorsam vnd danckbarkeit fur die entpfan-Y 1rgene wolthat gegen Gott beweisen vnd jren glauben daran vben vnnd
durch vngehorsam die gerechtigkeit, den Heiligen Geist vnnd ewiges leben, so jnen aus
gnaden vmb
des mitlers, des Herren Christi, willen von Gott geschenckt, nicht
verlieren.
Denn dieienige, so freuenthlichen, wissenthlichen vnnd mutwillig Gottes gebot vnnd
gesetz vbertreten, die verliren solche geschanckte gabe, wie auch an Adam vnnd Eua zu
sehen, fallen in Gottes gericht vnnd ewigen tod. Also spricht auch S. Paulus:
Lieben bruͤder, _Rom. 8.
Röm 8,12f.
wir sind
schuldener nicht dem
fleisch, das wir nach dem fleisch leben, denn wo jr nach dem
fleisch lebet, so werd jr sterben muͤssen, wo jr aber durch den Geist des fleisches
gescheffte toͤtet, so werdet jr leben.
Das dritte Exempel, dadurch bewiesen wird, das zu
erhaltung des heiligen Geistes
vnnd der seligkeit der gehorsam gegen Gott von noͤten sey, jst_Samson
Sam
son;Vgl. Ri 13,1–16,31. derselbige, dieweil er jn Gottes furcht vnnd gehorsam lebet, behelt
er den heiligen Geist, von welchem er wider seine feinde gesterckt wird, thut grosse
wunderwerck, zerreisset ein Lewen auff stucken,Vgl. Ri 14,5f. schlehet mit eines
esels kinbacken tausent mann zu tod,Vgl. Ri 15,15f. erlanget durch sein gebet
von Gott inn seinem grossen durst, das gar wunderbarlichen aus dem einen backenzan
des eselskinbacken wasser quellen mus, dadurch er gelabet vnnd getrenckt wird.Vgl. Ri
15,18f. Do er aber Gott vnge-Y 1vhorsam wird vnd wider Gottes gebot anfehet hurerey zu treiben,Vgl. Ri 16,1.
sein gewissen vnnd leib verunreiniget, da verleuret er den heiligen Geist, von welchem
er zuuor wider seine feinde gesterckt war, vnnd wird von den feinden gefangen.Vgl. Ri
16,16–21. Denn do er von seinen
feinden vberfallen wuͤrd vnnd
verhoffet, das er durch seine stercke die feinde wie zuuor schlagen wolt, vnnd (wie
geschriben _Jud. 16.
stehet)Vgl. Ri
16,20. gedacht: Jch wil ausgehen, wie ich mermals gethan habe. Jch
wil mich außreissen.
Vnnd wuste nicht, das der herre von jme gewichen
war.
Das vierde exempel ist Saul,_Saul.
welcher
dieweil er Gott auch gehorsam ist, be
helt er den heiligen Geist, fuͤret ein
fein, gluckselig regiment vnnd thut grosse thatten; da er aber Gott vngehorsam wird,
verleuret er den heiligen Geiste. Wie 1. Reg. 16. geschriben stehet: Der Geist
des Herren weich von Saul, vnnd ein boͤser Geist vom Herren macht jn sehr
vnrugig,
I Sam 16,14. wird gottlos vnd thut eine suͤnde vber
die ander, hat kein gluͤck mehr im Regiment vnnd
kompt jemmerlichen
vmb, wie die schrifft_1. Para. 10.
zeuget:
Also starb Saul in seiner missetat, die er wieder den Herren gethan hatte, an
dem wort des Herren, das er nicht hielt.
I Chr 10,13. Hierin
sehen wir, wie hoch vns, die wir Kinder Gottes sind, den heiligen Geist vnd die
Seligkeit haben, von noͤten ist, das wir nicht in sich-Y 2rerheit leben vnd durch vngehorsam vnd Suͤnde wider vnser ge
wissen
diese grosse gabe wider verlieren.
Das fuͤnffte Exempel ist der heilige Prophete Dauid,_Dauid.
welcher da er in Ehebruch vnd Todschlag fellet,Vgl.
gleubetVgl. II Sam
12,1–13. vnd ein
new leben Gott zu gehorsamen anfehet, auch Gott
von hertzen bittet, das er jhm wider seinen heiligen Geist geben wolle, durch welchen er
zuuor gefuͤrt vnd geregieret ward, da wird jm auch dasselbige aus gnaden wider gegeben,
wie denn sein gebet lautet: Schaffe_Psalm.
51.
Ps 51,12. als wolle er
sagen: Ach, Herr Gott, ich hab mein herz vnd gewissen durch diese
in mir Gott ein rein hertz,
schendliche
Suͤnde des Ehebruchs, Todschlags vnd viel andere verunreiniget, das welches zuuor ein
Tempel des heiligen Geists gewesen ist, darin hat nu der boͤse Geist seine wonung
gehabt; darumb ruffe vnd schreie ich zu dir, o Herr Gott, du wollest solch mein
beflecket vnd vnrein hertz durch den glauben vnd deinen heiligen Geist widerumb reinigen
vnd heiligen. Gib mir
einen gewissen Geist,
welcher mich von deiner gnade vnd barmhertzigkeit versicher vnd gewis mache, das ich
nicht daran zweifele. Y 2v
Verwirff mich nicht von deinem Angesicht, wie du
mein Vorfaren,Vorgänger. Vgl.
vnd andern suͤnden befleckt hatte etc.
Aus diesen vnd dergleichen Exempeln ist klar zu sehen, wie durch vngehorsam vnd Suͤnde
der heilige Geist, die gerechtigkeit vnd Seligkeit verlorn wird vnd widerumb durch den
glauben vnd gute werck als die fruͤchte der gerechtigkeit erhalten wird. Das sey also
von der dritten beweisung gesagt. Folget
nu die vierdte, durch bestendige
Argumenta, Schlusrede vnd Vrsachen.
IIII. Die vierdte Beweisung wird von bestendigen Vrsachen, Argumenten vnd Schlusreden genommen.
Anfenglichen sage ich allhie zu einer erinnerung vnd erklerung abermal, wie diese rede
vnd lere zu uerstehen sey, wenn ich also sage: Der
newe
Y 3r
gehorsam oder gute Werck, welche dem Glauben folgen,
sind von noͤten zur Seligkeit. Das dis nicht also zu uerstehen sey, das man durch
die gute werck die Seligkeit verdienen sol oder sie die gerechtigkeit sind
oder dieselbige wircken vnd geben koͤnnen, dadurch der Mensch vor Gottes gericht
bestehen muͤge, sondern das gute werck wirckung vnd fruͤchte des warhafftigen
glau
bens sind, welche jhm folgen sollen vnd Christus inn den gleubigen
wircket, wie Paulus die Philipper vermanet: Seid_Philip. 1.
Phil 1,10f (Luther 1545).
lauter vnd vnanstoͤssig bis auff den tag Christi, erfuͤllet
mit fruͤchten der gerechtigkeit, die durch Jhesum Christum geschehen (in euch) zu
ehren vnd lobe Gottes.
Denn wer da gleubet vnd gerecht ist, der ist nu darzu verbunden vnd
ver
pflicht, das er bey verlust seiner Gerechtigkeit vnd Seligkeit Gott als
seinem Vater anfahe gehorsam zu sein vnd das gute thue vnd das boͤse vermeide, wie S.
Paulus spricht: Das ich_1. Corin. 9.
I Kor 9,16. Jtem:
das
Euangelium predige, darff ich mich nicht rhuͤmen, denn ich mus es thun. Vnd wehe mir,
wenn ich das Euangelium nicht predige.Nu jr
frey seid_Rom. 6.
Röm 6,22. Als wolle er sagen:
von suͤnden vnd Gottes knecht
worden,
habt jr ewer frucht, das jr heilig werdet, das ende aber das Ewige
leben.Wes Knecht einer
ist, dem ist er Y 3v verpflichtet vnd schuldig zu dienen; jr seid
nu durch den glauben an Jhesum Christum von den Suͤnden, welcher knecht jr
weilandvordem, einst, ehedem. Vgl.
Jtem:
che jr durch den glauben aus
gnaden entpfangen, Got ewrem Herrn zu dienen. Denn wer der Suͤnden dienet, dem wird
mit dem tode gelonet, wer aber Gott dienet, der behelt die gabe des ewigen lebens.
Welche jm Christus Jhesus verdienet hat.Wir, die_Rom. 8.
Röm 8,12f. das ist:
den glauben vnd das ewige leben wider verlieren etc. Jtem:
wir kinder Gottes sind vnd das ewige leben
haben, sind schuldener nicht dem fleische, das wir nach dem fleisch
leben. Denn
wo jr nach dem fleisch lebet, so werd jr sterben,So jemand_1. Timot. 5.
I Tim 5,8. Folgen nu etliche Argumenta.
die seinen, sonderlichen seine
Hausgenossen, nicht versorget, der hat den glauben verleugnet vnd ist erger denn ein
Heide.
Das Erste Argument.
1 Das Ewige_Johan.
3.
leben wird niemands denn den newgebornen gegeben.Vgl. Joh 3,3.5.
2 Die widergeburt_Philip. 1.
ist der new gehorsam vnd die gute werck inn den gleubigen vnd
der anfang des ewigen lebens.Vgl. Phil 1,6.
Y 4r
3 Darumb ist das newe leben,_Tit. 3.
welches in guten wercken stehet,Vgl. Tit
3,8. den gleubigen von noͤten zur Seligkeit.
Denn inn welchen das warhafftig erkentnis des Sons Gottes leuchtet, inn denselbigen
wird auch das ewige Leben vnd der gehorsam gegen Gott angefangen. Wie der Herr selbs
spricht : Das_Johan. 17.
Joh 17,3. Jn solchem warhafftigen
erkentnis aber ist das ewige leben vnd
ist das ewige
leben, das sie dich, das du allein warer Gott bist, vnd den du gesand hast, Jhesum
Christum, erkennen.
newer gehorsam.
Das Ander.
1 Wozu die newe
creatur geschaffen ist, das
ist jr zu thun von noͤten.
2 Die gleubigen_Ephes.
2.
sind geschaffen zu guten wercken.Vgl. Eph 2,10.
3 Darumb sind den gleubigen die guten werck von noͤten, auff das die newe Creatur dardurch, als der gute baum an sein fruͤchten, erkand werde.Vgl. Mt 7,16.20.
Das Dritte.
1 Wer selig ist, der mus das haben, das die Seligkeit ist.
2 Seligkeit aber in diesem_Psal. 32.
leben ist vergebung der SuͤndenVgl. Ps
32,1f. vnnd angefangene vernewerung zum Bilde_Ephes. 4.
Gottes.Vgl. Eph 4,23f. Jtem gerechtigkeit,
heiliger Geist
vnd ewigen Leben.
Y 4v 3 Derwegen ist die vergebung der Suͤnden vnd die angefangene vernewerung den gleubigen zur Seligkeit von noͤten.
Denn also spricht der 15. Psalm: Herr, wer wird wonen inn deiner huͤtten? Wer
wird bleiben auff deinem heiligen berge? Wer one wandel einher
ge
Ps 15,1f. etc. Jtem Psalm 24:
hetWer wird auff des
Herrn Berge gehen? Vnd wer wird stehen an seiner heiligen stette? Der vnschuldige
hende hat vnd reines hertzens ist, der nicht lust hat zu loser lere
Ps
24,3f. etc.
Das Vierdte.
1 Gottes vnwandelbare satzung vnd ordnung muͤssen
entweder geschehen
vnd erfuͤllet werden, oder darauff mus gewisse straffe
erfolgen.
2 Das Gesetz ist ein vnwandelbarer wille, satzung vnd ordnung Gottes, allen Menschen gegeben.
3 Darumb mus das Gesetz von Menschen erfuͤllet werden oder ja die straffe vber sie erfolgen.
Vnd auff das die Christen sich hieruon nicht ausschliessen, spricht Christus selbs:
Jch bin nicht komen, das Gesetz auffzuloͤsen, sondern zu
erfuͤllen.
Mt 5,17. Welches denn, wie oben gesagt, auff dreierley
weise geschicht:
Erstlich, das er durch sein gehorsam von vnsert wegen das Gesetz erfuͤllet vnnd solcher
sein Z 1r gehorsam vnd erfuͤllung des Gesetzes vns zu Gut
komme
vnnd vns zugerechnet werde, als hetten wir selbs das gesetze erfuͤllet.
Zum andern, das er an vnser stat die straff vnd die pein des gesetzes duldet vnnd leidet vnnd dardurch das Gesetz erfuͤllet, welches alle menschen, wie gehoͤrt, entzweder zum gehorsam oder zur straffe verbindet.
Zum dritten ist Christus kommen, das gesetz auch also zu erfuͤllen, das er
dasselbige durch sein heiligen Geist in den gleubigen in disem leben zu erfuͤllen wil
anfangen. Denn wer den Geist_Rom. 8.
Christi
nicht hat, der ist nicht sein.Vgl. Röm 8,9. Vnnd welche der Geist Gottes
treibt, dis sind kinder Gottes.Vgl. Röm 8,14.
Denn vnser lieber herr Christus Jhesus hat nicht darumb sein theures blut vor dich
vergossen, das du nu von allem gesetz los vnd frei sein (welches den
vn
moͤglich ist, dieweil das gesetz ewig vnnd nicht kan auffgehaben
werden), nach deinem willen vnnd gefallen leben solst, sondern das seine erfuͤllung, die
er durch sein tod fuͤr dich gethan hat, in dir krefftig sein vnd du die grosse vnnd
vnaussprechliche wolthat vnnd liebe Gottes des vaters, welche er dir in Christo Jhesu
erzeiget hat, bedencken vnnd betrachten vnnd dich darumb
vnter den gehorsam des
gesetzes williglichen begeben solst. Denn eben darumb werden dir one deine verdinst aus
gnaden vmb des Herren Christi willen deine suͤnde erlassen, die
gerechtig-Z 1vkeit vnd ewiges leben geschenckt,
das ein newer gehorsam vnnd die erfuͤllung des gesetzes vnnd das ewige leben in dir
angefangen werde, welches so es in dir nit, sondern das gegen
spil,Gegenteil. Vgl. Wer den bruder_1. Johan.
3.
I Joh 3,14 (Luther 1545,
entsprechend dem Koine-Mehrheitstext).
nicht libet, der bleibet im tode.
Denn wiewol auch die kinder Gottes von wegen der verderbten natur das
gesetze
nicht gantz erfuͤllen konnen, jedoch wil es das ABC vnnd den anfang von seinen kindern
haben vnd jme den selbigen vmb Jhesu Christi willen gefallen lassen. Darumb spricht auch
S. Johannes: Hat Gott vns_1. Johan.Im Original: Jahan. 4.
Vgl. I Joh 4,10f.
also gelibet, das
er sein eingebornen Son zur versoͤnung vor vnsere sunde gesant hat, so soͤllen wir vns
auch vntereinander lieben.
Also spricht auch Christus: Wiltu zum_Matth.
19.
Mt 19,17. denn die
gebot Gottes muͤssen kurtzumb gehalten sein, oder do ist kein leben, keine gnade, keine
seligkeit, sondern lauter tode, vngenade vnnd verfluchung, daran
denn zu sehen, ob gutte werk den kindern Gottes zur seligkeit als ein schuldiger
gehorsam gegen jrem Vater nicht von noͤten. Ja wie sol ichs
leben eingehen, so halt die gebot,
denn halten? Also
Gleube erstlich, das Jhesus Christus darumb inn diese welt kommen sey, das er das gesetz
durch sein gehorsam vnnd tod vor dich vnnd die gantze welt erfuͤllete vnd dich von der
vermaledeiung erloͤsete, vnd das du nu vergebung der suͤn-Z 2rde, gerechtigkeit vnd seligkeit on alle des gesetzes werck aus gnaden
ALLEJN durch Christum habest, darnach so wird
dir dein hertz sagen, das du
gleichwol Gott vnd seinem gesetz zu gehorsamen schuldig seist. Darumb, so fahe nu in dem
glauben vnd erkentnis Christi an die gebot Gottes zu halten, nemlich also, das du
gleubest, das du seiest mit Gott durch den tod seines Sons versuͤnet vnd ein Kind vnd
Erb Gottes.
Zum andern wird dir denn auch dein hertz sagen, das viel schwacheit vnd
gebrechen,
allerley boͤse lust vnd neigung noch in dir sind, von welcher wegen du die gebot Gottes
nit volkoͤmlich halten kanst, welches denn du dir solt lassen leid sein etc.
Zum dritten, das obwol solcher gehorsam noch in dir vnuolkomen, das dennoch Got jm
denselbigen vmb Jesu Christi willen werde gefallen lassen, wel
cher die
erfuͤllung vnd das ende des gesetzes ist,Vgl.
Röm 10,4. vnd seine erfuͤllung auch
vnser ist, denn sie von vnsert wegen geschehen vnd vns von jhm geschanckt. Also werden
denn die gebot von dir gehalten vnd kanst also in das leben eingehen, nicht von wegen
solches deines haltens oder angefangenes gehorsams, sondern durch vnd von wegen des
einigen gehorsams Jhesu Christi. Dennoch
mustu wissen, das der gehorsam gegen Gott
vnd seinen geboten in dir allhie mus angefangen werden, ob du schon dardurch nicht das
ewige leben verdienst. Also leget auch diesen Spruch Was ists, das du viel
schreiest: Z 2v
Wer wil gen himmel kommen, der mus die
etc.? Daraus wirstu es nit zuwegen bringen. Denn sihe dich selbs an vnnd suͤche in
deinem Bosen,Busem/n, Brust, Innern. Vgl.
gebot haltenDu solt from sein, so wirstu selig,
aus welchen
doch nichts folget, vnnd niemand
zeigest, wie er darzu kommen sol? Die wort hoͤre
ich wol, was das gesetze fordert. Wie bringe ichs aber darzu, das es so gehe? Da
weisestu mich abermal auff mich vnd sprichst: Du must gutte werck
thun.
Wie besthe ich aber vor Gott, wenn ich lange gute werck gethan habe
vnd fuͤr den leuten from bin, wie du mich lerest, das ich gewis bin,sey:
Denn da ist mein eigen hertz vnd gewissen wider mich
vnnd spricht Nein darzu. So soltestu aber mich leren, wie S. Paulus hie
vnnd allenthalben thut, das es mus quellen aus dem blossen, vngefelschten Glauben, das
man fuͤr allen dingen den gnadenstuel erlange vnnd da hole vnd zusetze, was vns
mangelt. So ist der spruch: Halt die gebot,
recht
verstanden. Denn das wil das
gesetze, das du gantz from seist, fuͤr Gott so wol
als fuͤr den leuthen. Wenn du das hast, so gehe darnach heraus vnter die leuthe vnnd
vbe die liebe vnnd thue gutte werck. So koͤmmet man recht zur sache vnnd erfuͤllen
alle Z 3r solche spruͤche. Denn domit gibt vnnd thut der Mensch,
was das gesetz fordert. Zum ersten fur Gott, doch nicht durch sich, sondern durch
Christum, on
welchen wir fur Gott nichts thun koͤnnen.Vgl. Joh 15,5.
Darnach auch durch sich selbs fur den Leuten. Vnd ist nu gantz from, inwendig durch
den glauben oder Christum, darnach auswendig durch sein thun. Doch das daneben auch
vergebung der Suͤnde vntereinander gehe.Daneben soll auch gegenseitige Sündenvergebung stattfinden. Also das der
Christen gerechtigkeit aller dinge viel meher stehet in vergebung denn inn eigenem
thun. Welches
jene lose wesscher vmbkeren vnd on vergebung allein treiben auff
vnser thun.
Das Fuͤnffte.
1 One welches die Seligkeit nicht kan erhalten werden, das ist zur Seligkeit von noͤten.
2 One gehorsam gegen Gott kan die Seligkeit, welche
man aus gnaden durch den glauben entpfangen hat, nicht erhalten werden. Wie solches die
obenerzelte Exempel bezeugen, als der Engeln, Adams vnd Eua, Samson, Saul, Dauid, vnd
Paulus spricht:_Rom. 5.
Durch eines Menschen vngehorsam sind viel Suͤnder geworden
Röm
5,19. (Nemlich welche sonst gerecht vnd selig weren gewest)
vnnd ist
die verdamnis vber alle Menschen kommen
Röm 5,18. etc.
3 Derwegen ist der gehorsam gegen Got von Z 3v noͤten, das dadurch die Seligkeit, so wir aus gnaden durch
Christum Jhesum entpfangen haben, erhalten vnd durch vngehorsam nicht wider verloren
werde. Bey diesem angefangenen vnd volkomenem gehorsam aber mus allezeit Christus die
erfuͤl
lung des gesetzes sein, auff welchen das hertz, als auff den einigen
grundfest, mus erbawt sein.Vgl. I Kor 3,11. Vnnd sol sich niemands
auff sein gehorsam verlassen. Denn wenn wir schon alles thun, so vns befohlen ist,_Luce 17.
so sind wir doch vnnuͤtze knechte vnd haben
gethan, das wir zu thun schuldig waren;Vgl.
Lk 17,10. darumb niemands solches
betlerischen vnd vnuolkommenen gehorsams willen sich
was vermessen, noch darauff
pochen vnd trotzen vnd sich des fur Gott rhuͤmen sol. Denn dieweil
wir thun, was wir zu thun schuldig, so koͤnnen wir vns des nicht rhuͤmen, noch vermessen
oder dadurch das ewige leben verdienen, wie wir oben von S. Paulo gehoͤret, der da
spricht: Das ich das Euangelion predige, darff ich mich nicht rhuͤmen, denn ich
mus es thun, vnd wehe mir,
I Kor
9,16. jedoch wird vns dieser gehorsam auch belohnet, allhie zeitlich
vnd dort ewiglich. Dauon an andern oͤrtern geleret wird.
wenn ich das Euangelion nicht predige;
Das sechste Argument.
1 Niemand wird selig, er bekenne denn mit dem Z 4r Munde den glauben
des hertzen an Christum Jhesum vnd bleibe
inn solchem glauben bestendig, wie zun Roͤmern am 10. capit. geschrieben stehet:
So man von hertzen gleubet, so wird man gerecht, vnd so man mit dem Munde
bekennet, so wird man selig.
Röm 10,10. Jtem Matth. am 24:
Wer beharret bis ans ende, der wird selig.
Mt 24,13.
2 Derwegen sind die werck des bekentnis vnd
beharrens inn dem glauben zur
Seligkeit als Fruͤchte des glaubens von noͤten, damit
die Seligkeit, durch den glauben erlanget, durch verleugnung vnd abfall nicht wider
verloren werde.
Das Siebende.
1 Suͤnde wird nicht vergeben denn deme, welcher
seinem Bruder auch seine schulde vergibet, Matth. am 18.,Vgl. Mt 18,23–35.
Luce 6.Vgl. Lk 6,27–42. Jtem: Vergib vns vnser
schul
Mt 6,12; Lk 11,4.
de, als wir vergeben vnsern Schuͤldigern.
2 Derwegen ist das werck der vergebung des Nehisten
Suͤnde auch in Gottes gericht von noͤten, vnd werden vns doch vnsere suͤnde nicht
solches wercks halben, sondern von wegen des Sones Gottes, vnsers Mitlers vnd Furbitters
wegen, aus gnaden vergeben. Noch erfordert gleichwol Gott solchen
gehor
sam von vns.
Z 4v Das Achte.
1 Welche new geborn vnd kinder Gottes sind, den ist
zur Seligkeit von noͤten, das sie inn Gott vnd Gott in jnen bleibe.Vgl. Joh 15,4f; I Joh 4,16. Denn also spricht
Christus:_Johan. 15.
Wer nicht in mir bleibet, der wird weggeworffen wie ein Rebe vnd verdorret, vnnd
man samlet sie vnd wirft sie ins fewer, vnd mus brennen.
Joh 15,6. Wer
aber
inn der Liebe bleibet,_1. Johan. 4.
der
bleibet in Gott vnd Gott in jm.I Joh 4,16.
2 Derhalben ist die liebe noͤtig zur behaltung der Seligkeit denen, so new geborn Kinder vnd Erben Gottes sind. Denn die andere Menschen Gott nicht lieben kundten, dieweil sie one glauben vnd warhafftig erkentnis Gotte sind.
Denn_Wo nicht Glaube ist, da ist keine Liebe noch gut
Werck.
kein rechte liebe sein kan, wo zuuor nicht der glaube im hertzen
ange
zuͤndet ist. Denn der glaub machet vns zu kindern_Johan. 1.
Gottes,Vgl. Joh 1,12. durch
welchen wir die liebe des Vaters, so er vns in seinem Son Christo Jhesu erzeiget,Vgl. I Joh
3,1. ergreiffen vnd dardurch vergebung der Suͤnden, Gerechtigkeit vnd
Seligkeit aus gnade one alle vnsere vorgehende liebe vnd verdienst entpfahen. Welcher
glaube vnd erkentnis der Liebe Gottes gegen vns vnser hertze denn auch
anzuͤndet,
das wir Gott, vnserm Vater, vnd vnsere nehisten auch anfahen zu lieben._1. Johan. 4.
Jnn dieser Liebe aber Gottes vnd des
Nehisten muͤssen die Kinder Gottes bleiben vnd darinnen verharren.Vgl. I Joh 4,16.21. Denn wo sie daraus
fallen, bleiben a 1r sie nicht in Gott, noch Gott in jnen, verlieren
also widerumb Gott, die gerechtigkeit vnd Seligkeit.
Also schreibet auch Wiltu, das Gott inn dir bleibe
mit seiner liebe, vnd wilt mit jm ein ding sein vnd ein Goͤttlich Mensch heissen, so mustu auch gegen dem Nehesten in der Liebe,
gedult vnd guthat bleiben. Denn die zwey sind inn einander gesteckt vnd
gepfropffet
Das Neunde.
1 Niemands kan selig werden,_1. Timot. 1; Ephes. 2; Hebre. 5.
er habe denn
freidigkeit, das ist: ein gut gewissen vor Gott vnd der Welt, am tage des gerichts.Vgl. I Tim
1,19; Eph 2,4–7; Hebr 5,9; 6,11f.
2 Durch den glauben aber_1. Johan. 4.
vnd die liebe haben wir freidigkeit am tage des
gerichts.Vgl. I Joh 4,17.
3 Derhalben ist denen, so da new geboren vnd Kinder
Gottes worden, die liebe
zur Seligkeit von noͤten, nicht das sie dardurch die
Seligkeit verdienen, welche sie allebereith aus gnaden durch den glauben haben, sondern
das sie dardurch die fruͤchte jhres warhafftigen glaubens beweisen, welches so es nicht
geschiehet, so ist weder Glaube noch Seligkeit da.
Dieweil aber Daran ist die liebe
voͤllig
I Joh 4,17. gar a 1v herlich Tomo 1.
ausleget, habe ich solche gantze auslegung hernacher gesetzt, jnn welcher, ob er wol der
wort nicht gebraucht
bey vns, das wir eine freidigkeit haben am tage des
gerichts,gutte werck sind in den gleubigen zu der seligkeit von
noͤtten
, jdoch gebraucht er vnd widerholet offtmals diese wort:
"den rum eines gutten
gewissens mus ein Christ vor
Was ist das anders gesagt, denn
das sollicher rhum den heiligen zur seligkeit noͤtig sei? Denn Muͤssen sie jn haben, so ist ia soͤlcher rum in
Gott vnnd der welt haben. Jtem: Also
muͤssen alle heiligen haben beide, den Rhum des glaubens gegen Gott
vnd auch den rhum der liebe fur den leuthen, also das sie beide beieinander
seien vnnd der ander aus dem ersten herwachse.
noͤtig, nemlich (wie ietzt gesagt) nicht zum verdienst der seligkeit, sondern zum
offentlichen zeugnis vor Gott vnnd aller welt, das sie warhafftigklichen gegleubt vnnd
die fruͤchte der gerechtigkeit vnnd seligkeit vor Gott vnnd der welt scheinen vnnd
leuchten lassen, denn wo das nicht volget, so ist weder glaube noch Seligkeit
vorhanden.
Volget nun des Erwirdigen herren D.
a 2r
Daran ist die liebe voͤllig bey vns, das wir eine
Freidigkeit haben am tage des Gerichts.I Joh 4,17. Das ist eineauch ein:
vnd Heuchelchristen, die das Euangelium
nur im maul vnd auff der zungen haben vnd den schaum dauon behalten,Statt der eigentlichen Substanz behalten sie nur den Schaum
zurück, der zunächst nach etwas aussieht, aber bei näherem Zusehen kaum mehr als Luft
ist und auf Dauer keinen Bestand hat. Vgl.
zu richten vnd alle welt zu
tadteln, vnd ist niemand so Euangelisch als sie. Aber das es eine lauter huͤlseneine bloße (leere) Hülse ohne den eigentlichen
Kern, eine bloße Fassade. Vgl.
werde vnd mit wercken
nichtsnicht solchs:
a 2v Darzu saget nu der Apostel: Nein, es wirds nicht thun, obs wol
war ist,
das wir durch den glauben alles haben vnd erlangen. Aber wo wir nicht auch
den glauben scheinen lassen durch die Liebelere:
gnade. Darumb
warnet er hiemit, das man nicht sol dencken, das Euangelion vnd glaube stehe allein inn
worten vnnd gedancken, so wir dauon haben. Sondern das ein solch ding sein mus,muͤsse:
eine
voͤllige, das ist eine feine, runde liebe, die keinen mangel hat, die es dazu bringet,
das sie eine freidigkeit hat vnd trotzenzuversichtlich auftreten. Vgl.
eben das Juͤngste gericht Gottes,
wiewol es mag verstanden werden, wie etliche auch deuten, von dem gericht oder vrtheil,
dadurch die Christen gemartert a 3r oder verdampt werden, welches
auch nicht weit dauon ist; denn es kompt doch dahin, das sich das gewissen als fur Gott
verantworten mus, das wer alda bestehet, der besteht auch am Juͤngsten gerichte.
Es sey nu das gerichte, welchs oder wenn es wolle, so wil er, das der glaube sich so
beweisen sol, auff das, wenn es zum treffen kommet, das du must den kopff herhalten oder
der StreckebeinTod. Vgl.
nen glauben auff die probe legen vnd versuchen, ob er rechtschaffen
sey. Da wird denn der ledige, hole glaube nichts gelten. Denn es wird sich finden, das
er nichts gethan noch die liebe beweist habe, sonder ist neidisch, hessig, geitzig,
stoltz gewesen vnd nur den namen dauon gefuͤret. Das wird alles erfur muͤssen vnd sich
nit verbergen lassen, sonderlich wenn man treffen
wird die grossen stoltzen
Geister, so grosse trefliche heiligkeit furgeben vnd alle welt reformirn vnd was
sonderlichs anrichten, das jederman sol sagen, sie sein allein rechte Christen; welches
weret wol eine zeitlang, lest sich ferben vnd schmuͤcken, aber wenn das stuͤndleindie Todesstunde. Vgl.
eines rechtgleubigen werck gethan hast.
a 3v Darumb sihe eben drauff (wil er sagen), das du nicht habest die
losen, ledigen Schalen von der liebe, auff der zungen schwebend, denn das heist eine
kalte, faule, vntuͤchtige Liebe. Sondern das es sey ein gantze, voͤllige
Liebe, da der Kern vnnd Marck ist, das sie koͤnne ein freidigmutiges, tapferes. Vgl.
wenn der
Tod dahergehet vnd das Juͤngste gericht, das du nicht erschrecken noch zagen
darffest,duͤrffest: Jch habe, Gott lob, also gelebet, das mein Nehester nicht
vber mich klagen kan. Jch habe ja niemand gestolen, gehasset, geraubt vndnicht in
Wenns aber so klinget:
Jch habe mich des Euangelij gerhuͤmet vnd dem nehesten kein gut
gethan, alles zu mir gegeitzet vnd gescharret, stoltz vnd vngehorsam, hessig vnd
neidisch gewest,
das dein eigen hertz mus sagen: O wehe,
was bin ich fur ein Christ gewest, wie hab ich meinen glauben beweiset?
Da
wird dir denn so angst vnd bange werden, das dir beyde, Euangelium vnd glaube,
entfallen
wird (wo nicht Got dich sonderlich auffrichtet vnd erhelt). Denn der
Teufel wird balde hinder dir sein vnd dein Register herlesen vnd sagen: Was kanstu vom glauben vnd Christo rhuͤmen? Hastu es doch dein lebenlang
nie beweiset.
Also heist er nu die voͤlliche Liebe eine solche Liebe, die da rechtschaffen ist,
wie sie sein sol, vnd a 4r gehet, wie sie gehen sol, nicht mit
blossen Worten vnnd Rhuͤmen, wie die ledigen Huͤlsen oder taube Nuͤsse, sondern wie eine
volle Nus, da sichs finde inn der that, das sie rechtschaffen sey, das sie niemand
tadteln kan auff Erden (Denn gegen Gott volkommen vnd on tadtel sein, ist ein anders,
wie wir hoͤren werden). Solchs findet sich aber dabey,
wenn dein hertz dich nicht
straffet, sondern kan einen mut schepffen vnd vnerschrocken bleiben Wider das schrecken
des gewissens, des Todts vnd Teufels vnd so sagen: Jch habe, Gott
lob, meinen Herrn Christum bekand fur der Welt vnd wider den Teufel, dazu gegen dem
Nehesten so gelebt, das niemand vber mich klagen kan, niemand leid gethan vnd
jedermane gerne vergeben
Gleich wie auch Moses selbst gegen
Got rhuͤmet wider seine auffrhuͤrische Rotte:rotte Numeri. 16.:
vnd guts gethan. So weis ich, er wird mir wider vergeben
vnd guts thun, wie er auch zugesagt hat.Herr, du weist, das ich noch nie kein Schaf begeret habe, das jhr
gewesen ist.
Num 16,15. Jtem der Prophet SamuelSamuel 1. Regum 12.: Kan mich jmand:
I Sam
12,3. Also ruͤhmet auch DAVJD im Psalter a 4v Psalm.
18:
ich jm etwas genommen oder
jemand vnrecht gethan habe, der trette auff vnd verklage mich frey etc.Der Herr vergilt mir nach meiner gerechtigkeit vnd nachnach der:
Ps
18,21. Als solt er sagen: Jch weis, das ich mein
Volck regiert vnd mein Stand also gefuͤret habe, das ich damit
Denn das heist die hende rein behalten, das man
offentlich mit jederman rechtschaffen handlet, das niemand daruber klagen kan.
niemand vnrecht
noch leid gethan habe.
Solchen Rhum MVS ein jglicher Christen auch haben, sol er anders seinen glauben
beweisen, als durch rechtschaffene fruͤchte, das er durffe fur Got vnd
jederman
sich drauff beruffen, das er trewlich vnd recht gehandelt habe in seinem leben oder
ampt, nicht vnrecht gelert als ein Prediger, noch jemands betrogen oder beleidigt als
sonst ein Christ, seine Ehe recht gehalten, seine Kinder vnd gesinde wol gezogen, keinem
Nachbarn schaden gethan, oder jagegebenenfalls. jn versuͤnet vnd gnug gethan etc. Das jn hinfort niemands
koͤnne bekla
gen, vnd also bey sich finde_Das
heisset ye geleret, das den gleubigen gute werck zur seligkeit noͤtig
sind.
solche froͤmbkeit vnd reinigkeit (wie es Dauid nennet), damit er fur aller Welt bestehen vnd solchen trotz auch
fur Gottes Gericht erhalten koͤnne. Denn wenn ein Mensch sol sterben als ein
Christ, der doch nie als ein Christ gelebet hat, was wil der fur ein trotz vnd rhum
haben, wenn beidebeide alle:
b 1r vnnd wird jm gar schwer werden, das er da bestehe. Verzweifeln
sol er ja nicht, aber da gehoͤret kunst zu, das er Christum ergreiffe in dem letzten
stuͤndlein, da er keine erfarunge noch zeichen des glaubens auffbringen kan vnnd
ploͤtzlich sich so hoch erschwinge, das er aller erst inn den letzten noͤtten anfahe zu
glauben.
Sprichstu aber: Das ist ja wider dein eigen lere, denn also haben
wir vorhin geleret, das wir durch die werck nicht bestehen, noch einen ruhm haben vnnd
behalten koͤnnen fuͤr Gottes gericht, wie stehet denn hie, das wir durch die liebe
eine freidigkeit haben fuͤr Gottes gericht, das lautet ja stracks wider den Glauben
etc.?
Antwort: Ja, das ist war, vnnd halt nur solchs feste vnnd
ge
wis. Denn ich habe ja vleissig gelert vnnd vermanet bisher vnnd noch,
das man die zwei nur wol vnd rein voneinander scheide, glauben vnnd liebe, vnd ein
iglichs recht lere vnnd treibe. Denn man gibt vns sonst schult, weil wir des glaubens
lehre so hoch treiben, das wir nichts haltenpredigen noch halten:
gewaltiger von gutten wercken gepredigt haben denn sie selbs, die vns lestern.
Aber das straffen wir, das sie die werck vnnd glauben nicht vnterscheiden, sondern
vntereinander brewen vnnd mengen, das man nicht weis, was der glaube oder werck thun
vnnd geben, ja dazu vom glauben vor vnsere Lehre gar b 1v nichts gewust vnnd alles den wercken geben haben, was
Christus durch den glauben
geben soll. Wir aber treiben darauff, das man von beiden ein rechten vnterricht vnd
gewissensicheren, richtigen. verstand
habe vnd behalte, wie weit der glaube vnd die liebe oder die werck gehen. Denn die welt
wil doch der wege keinen recht, sondern jmmerdar den Holtzweg gehen,einen Irrweg gehen. Vgl.
sie
entweder den glauben oder die liebe lesset faren, die mittelstrasse wil vnd kan sie
nicht treffen, das sie beide, den glauben gegen Gott rein vnd vnuersehret vnd die liebe
gegen dem nehesten von rechtschaffenem hertzen, vbete, wie auch S. Johannes beides
fodert vnd treibet. Wiewol er furnemlich in dieser Epistel furgenomen hat, zu uermanen
zur Liebe, doch auch des
glaubens nicht vergisset vnd sich jmer daselbs hin
zeucht.
Denn so stehets auch kurtz vor diesem Text, da er sagt, wie Gott vns geliebet hat durch
seinen eingebornen Son, inn die Welt gesand, das wir durch jn leben, vnd beschleust mit
diesen worten: Welcher nu bekennet, das Jhesus Gottes Sohn ist, in
dem bleibet Gott vnd er in Gott
I Joh 4,15. etc. Da gibet ers ja
gar
dem glauben vnd setzet doch hie eben die selben wort von der liebe: Wer inn der liebe bleibet, der bleibet in Gott vnd er jn
jhm.
I Joh 4,16. Wie reimet sich das zusamen?_Durch glauben vnd gute Werck bleiben wir in Gott.
Jst es denn beides war? Das wir durch den glauben in Gott bleiben vnd er in vns, vnd
auch durch die Liebe? Ja es ist bei-b 2rdes war, doch
so fern, das du es recht scheidest vnd oͤrtest,orterst:
werffen, so kan es nicht bey einander stehen.
Das ist aber die vnterscheid, wie ichs allzeit geleret habe aus der Schrifft: Wenn es
kompt zur Heubtfreudigkeit, dadurch ich fur Gott stehen soll wider meine Suͤnde, wenn er
mit mir wil rechenschafft halten, da wird mein leben, werck vnd liebe nimernimer mehr:
andern
Man dazu haben, welcher heist Christus, gesandt vom Vater (Wie S. Johannes zuuor gesagt
hat) zur Versuͤnung fur vnser Suͤnde;Vgl. I Joh 4,10. das heisse ich die
Heubtfreudigkeit oder den Heubtrhum vnd hoͤchsten trotz, ders allein thun vnd halten
mus, wenn Gottes gericht dahergehet, vnd stehen wider seinen zorn, dadurch alle mein
leben vnd thun zur Helle verdampt sein muͤste.
Also hat ers auch selbs droben
genennet, capit. 2, da er vns heisset bey dem Christo bleiben, auff das wenn er offenbar
wird, das wir freudigkeit haben vnd nicht zu schanden werden fur jm vnd in seiner
zukunfft.Vgl. I Joh 2,28. Das meinet er auch mit den
vorgehenden worten: Wer da bekennet, das Jhesus Gottes son ist, in
dem bleibt Got vnd er in jm
I Joh 4,15. etc.
Vber das_Christen muͤssen ein rhum fur Gott vnd der
Christenheit haben
aber MVSSEN wir auch noch einen Rhum haben, nicht
allein gegen Gott, sondern auch fur GOTT vnd fur der Christenheit gegen alle WELT, das
vns niemand verdammen koͤnne, noch mit WARHEJT verklagen. b 2v Wie S.
Paulus Acto. 24 fur dem Landpfleger rhuͤmet wider seinen Verklager vnnd spricht: Nachdem ich bin gleubig worden vnd habe die hoffnung zu
Act
24,15f. etc. Das ist: so zu leben,
das sich niemand an mir stossen noch ergern kan. Jtem 2. Corinth. 1:
Gott, das
zukuͤnfftig sey die Aufferstehung der Todten, so_Gut gewissen ist S. Paulo noͤtig gegen got vnd den
menschen.
vleisse ich mich in demselben, zu haben ein vnuerletzt
gewissen allenthalben, beide gegen Gott vnd den MenschenVnser Rhum ist das, nemlich das zeugnis vnsers gewissens, das wir in
einfeltigkeit vnd Goͤttlicher lauterkeit
II Kor 1,12. das ist: das niemand vns zeigen kan, das
wir mit heuchley oder boͤsen tuͤcken sind vmbgangen. Trotzet damit wider die falschen
Apostel vnd jederman, ob sie jn koͤnnen zeihen, das er vnrecht gepredigt habe oder
felschlich gehandelt mit dem Euangelio. Gleich wie Moses vnd Samuel wider jre Juden
trotzen, ob jemand koͤnde erfurtretten, dem
auff der weld gewandelt
haben,
sie ein leid gethan hetten. Denn ein
fromer Prediger sol den rhum mit sich nemen, das er das Euangelion recht vnd trewlich
geprediget habe, vnd sich darauff beruffen wider den Teufel vnd alle welt, wie auch S.
Paulus anderswo schreibet:_Philip. 4.
Jr seid mein Rhum vnd Trotz, meine Frewde vnd Ehrenkrantz am tage
des Herrn, da werde ich euch erfurziehen, das b 3r jr meine
zeugen
Vgl. II Kor 1,14; Phil 2,16; 4,1;
I Thess 2,19.
sein muͤsset vnd meinen rhum war machen.
Doch ob er gleich solchen trotz hat vnd haben mus,
so ist er doch darumb nicht selig, wie S. Paulus auch sagt: Jch bin
mir wol nichts bewust, aber dadurch bin ich nicht gerecht.
I Kor 4,4. Ein
gut gewissen vnd freidigkeit habe ich wol, aber nicht gegen Gott selbs inn seinem
gericht, sondern fur der welt vnd allen
Creaturen, das mich derselben keins
straffen kan, sonder alles guts von mir sagen muͤssen. Ja dazu habe ich auch den rhum
(spricht er anderswo, 2. Corinth. 11), das ich mich nicht alleine kan rhuͤmen meines
lebens vnd alles, was andere rhuͤmen moͤgen, sondern auch meines leidens vnd truͤbsal
das ich so viel vnschuldiglich gelidten vnd so vbel gehandelt bin.Vgl. II Kor
11,23–33. Des alles wil ich
mich rhuͤmen. Doch also, das ich mich
nicht darauff verlasse, das mir Gott darumb gnedig sein vnd den Himel geben muͤsse, denn
da gehoͤret ein ander rhum zu, welchen ich bey mir nicht finde, sondern allein in
Christo. DenJhenes:
fur jm auch nicht gelten. Darumb sage ichnicht in
warlich
ein jegli
cher gegen dem andern haben – Oder ja sich darnach richten, ob er
gleich dem nehesten nicht:
Menschen duͤrffen anruffen vnd fur jm zeugen, das wir recht
vnd Christlich gelebet haben.
Also hastu es nu beides recht, das der glaube rhuͤmet gegen Gott vnd damit sein zorn
stillet vnd weglegt,beilegt, besänftigt.
den wir sonst verdienet hetten, vnd alleine darauff trotzet, das wir einen Heiland
haben, Jhesum Christum, durch wel
chen wir versuͤnet sind. Das ist vnser
grund vnnd Eckstein, darauff vnser zuuersicht endlich vnd ewiglich stehet,Vgl. Ps
118,22; Jes 28,16; Mt 21,42; Act 4,10–12; Eph
2,20. vnd wissen, wenn alle ding feilen vnd von vns nichts selbs
rhuͤmen koͤnnen, das wir droben einen Hohenpriester haben zur rechten des Vaters
sitzend, der vnser Suͤnde getragen hat auff seinem eigen leibe vnd sich fur vns Gotte
geopffert vnd noch on vnterlas ver
trit vnd das beste fur vns redet, das wir
durch jhn eitel gnade vnnd vergebung haben vnd keinen zorn (wie wir wol verdient
het-b 4rten) fuͤrchten duͤrfften.zu fürchten brauchen, fürchten müssen. Vgl. Hebr 4,14–16; 8,1f;
9,24–28. Das ist vnser
hoͤhester trotz vnd sterckester rhum, dadurch wir Suͤnd, Todt, Helle vnd vnser eigen
gewissen vberwinden. Denn darauff sind wir getaufft vnd sollen darumb leben vnd sterben
vnd alles leiden, was vns begeg
net. Der ander aber ist, dadurch die liebe
rhuͤmet vnd trotzet, nicht gegen Gott, sondern gegen vns vnd wider die gantze welt, das
wir alles gethan haben nach vnserm vermoͤgen oder ja gern wolten thun, das niemand
koͤnne aufftretten vnd wider vns klagen, das wir jn fursetziglich beleidigt, gestolen
oder beraubtgeraubt:
hochmut vnd stoltz gegen die boͤse, schendliche Welt fuͤren, das sie nicht
wider vns rhuͤmen koͤnne, sondern wir wider sie, als die von jr muͤssen leiden, das sie vns eitel vndanck vnd alle plage anlegtantut. Vgl.
Ob wir aber noch gebrechlich sind vnd nicht thun, so viel wir gerne wolten, so halten
wir vns zu jenem Heubtartickel von Christo. Denn allhieauf Erden, so lange wir leben. duͤrffen wir stetes der gnade vnd
vergebung, beide, von got vnd vnternander, wie vns das vater vnser leret.Vgl. Mt
6,12.
b 4v Vnd mus jmmerdar die bekentnis bleiben, das wir fur Gott Suͤnder
sind. Vnd ob wir wol fur der Welt koͤnnen rhuͤmen: Jch
Doch fur Got muͤssen sagen:
habe
niemand gestolen noch vnrecht gethan.Dir habe ich allzuuiel gestolen vnd wider alle Zehen gebot gethan. Aber
das ist dagegen mein Rhum, das du solch Regiester ausleschestVgl. Kol
2,14. vnd nicht mit mir rechenst, sondern alles lest vergeben sein
durch Christum.
Vgl. Mt 18,23–27. Wenn wir nu also mit
Gott versuͤnet vnd eins sind, so koͤnnen wir auch wol gegen den
Leuthen den rhum
behalten, das sie vns nichtnichts:
Aus dem sihestu ja, das wir die werck nicht verwerffen, wie man vns schuld gibt,
sondern heben vnd loben sie also, das man dadurch krieget eine Freidigkeit auch fur
Gott, wenn er richten wird, denn es sind ja fur Gott rechte gute
werck, vnd were
eine Thorheit, wo ichs nicht wolt gute werck heissen vnd dafur halten, das ich das
Euangelion predigt, oder womit einer dem nehisten dienedienet:
sagen: das sind rechte Goͤttliche
werck. Sind sie denn Goͤttliche Werck, so muͤssen sie auch denn Rhum vnd preis haben,
das man sie dafur halte vnnd nicht wegwerffe c 1r oder verachte als
lose, vergebliche, vnthuchtige werck (wie der moͤnche vnnd aller tollen heiligen selb
erwelete werck sind, die kein Gotteswort haben vnnd nicht aus der liebe gehen), sondern
fuͤr solche Werck
breise, die Gott selbst mus loben, vnd beide, Engel, heiligen vnd
alle welt, mus ja dazu sagen, das sich ein jeglicher Christ fuͤr Gott darauff beruffen
kuͤnde, wie die heiligen inn der schrifft allenthalben gethan haben. Als Dauid im
Psalter, jtem der Prophet Jeremia 17: Herre, du weist, daswas:
Vgl. Jer
17,16 (Luther 1545). jtem der koͤnig Ezechia, Esa. 38: Gedencke,
hat’ etc.:
Herre, wie ich fuͤr dier gewandelt habe inn
der warheit mit volkommen hertzen vnnd habe gethan, was dir gefallen hat.
Wie aber, wenn Gott mit seinem gerichte koͤmpt, wo bleibt da der rum? Weil die Schrifft
allenthalben saget, das fur jhm keine Menschliche Heiligkeit bestehen kan, so
muͤssemuste:
Antwort: Nein, nit also, denn ich habe gesaget, das dieser rhum wol gilt fuͤr Gott, aber
nicht wieder Gott oder bey Gott, das ist: zwischen jm vnd mir allein. Denn daselbst hab
ich schon zuuor den andern rhum, das ich in Christum getaufft bin vnd der himel der
genaden vber mich gezogen ist, ob ich gesuͤndiget habe oder noch etwa suͤndige. Aber
wenn es gehet gegen den leu
ten vnd rhuͤmen sol, wie ich gelebet habe in
meinem stand bey jederman, da wil ich dennoch so sagen: Jch zeuge fuͤr dir vnd aller
welt vnnd c 1v weis, das mir Gott auch zeugnis gibt sampt allen
Engeln, das ich Gottes wort, tauffe vnd sacrament nicht gefelschet habe, sondern recht
vnd treulich geprediget vnd gethan, so viel in mir gewest ist, vnd dafuͤr gelidten alles
boͤses, allein
vmb Gottes vnd seines worts willen. Also_Die heiligen muͤssen beide den rhum des glaubens
gegen Gott vnnd auch den rhum der liebe fuͤr den leuten haben.
mussen
alle heiligen habenrhuͤmen:
digkeit am tage des gerichts,Vgl. I Joh 4,17;
Freidigkeit = παρρησία (
so ferne jhm selbst nichts
abgehet, sondern die mit ernst drein greiffet vnd den rechten kern vnd marck in jr hat;
daraus folget aber nicht, das es daran genug sey vnd des glaubens nicht beduͤrffe,
sondern vielmehr, das der rechtschaffen glaube muͤsse zuuor da sein, c 2r der sich fuͤr Gott des Herrn Christi rhuͤmen kan vnd an demselben
erholen,von demselben beschaffen, sich bei
demselben besorgen. Vgl.
aber
derselbe da ist, da magstu denn auch froͤlich dieder:
es ist dazu von noͤten, wie hie S. Johannes zeiget, das man
dadurch freidigkeit habe am tage des gerichts wieder die boͤse welt, so vns allenthalben
lestert, verfolget vnd aller dinge gerne gar verdammen vnd vertilgen wolt.
Das zehende.
[1]gegenüber dem Original ergänzt. Wer aus Gott_1.
Johan. 3.
geboren ist, der thut nicht suͤnde.Vgl. I Joh 3,9.
2 Alle gleubige_Johan.
1.
sindt aus Gott geboren.Vgl.
Joh 1,12f.
3 Darumb thun die gleubige keine suͤnde wider jr
gewissen. Denn wer wider
sein gewissen suͤndiget, der verleuret den glauben, die
gerechtigkeit vnd seligkeit, wie an Adam vnd Dauid zu sehen, vnd Ezech. am 33:
Wenn ein gerechter boͤses thut, so wirt es jn nicht helffen, das er from
gewesen ist.
Ez 33,12. Derhalben ist ein gut gewissen von noͤten zur
erhaltung der gerechtigkeit vnd seligkeit, denn wer recht thut, der ist gerecht; wer
suͤnde vnd nicht gute wer
cke thut, der ist von dem Teuffel, 1. Johannes am
3. Capittel.Vgl. I Joh 3,7f.
c 2v Wiltu nu nicht ein Teufels-, sondern Gottes Kind sein, so mustu
recht vnd gute werck thun, da hilfft nichts fur, oder verleurest widerumb die
Kindschafft, gerechtigkeit vnd das Erbe derIm
Original: de. Seligkeit etc.
Das sey von der vierde Beweisung gesaget, das gute werck in den gleubigen
vnd
kindern Gottes zur erhaltung der Kindschafft vnd Seligkeit von noͤten sind. Folget nu
die fuͤnffte beweisung, welches zeugnis der Lerer der heiligen Christlichen Kirchen sind
Vnd Consensus Catholicae Ecclesiae ist.
V. Die fuͤnffte Beweisung, das gute Werck zur Seligkeit von
noͤten,
sind die zeugnis der Alten vnnd zu dieser zeit der Lerer der
Christlichen
kirchen,
vnd der Consensus Catholicae Ecclesiae Christi.
In Symbolo Qui bona _Johan. 5.Vgl. Joh 5,28f. Matth. 26.Vgl. Mt 25,31–46; 26,24.
Vgl.
egerunt, ibunt
in uitam aeternam, qui uero mala in ignem aeternum. – Welche gutes gethan
haben, werden in das ewige leben gehen, welche aber boͤses gethan haben, inn das
ewige Fewer.Gott_Rom. 2.
Vgl. Röm 2,6.
c 3r Vnd Christus, Matth. 5:
wird einem jglichen
nach seinen Wercken geben.Seid froͤlich vnd getrost, es
wird euch im himmel wol belonet werden.
Mt 5,12.
Wil nu Gott der Herre am Jungsten tage einem jglichen, nach dem er gutes oder boͤses
gethan hat, lonen, so ist warlich den Kindern Gottes hoch von
noͤten, das sie gutte
werck haben, sonst werden sie nicht gleubig noch kinder Gottes sein, vnnd wird jnen vbel
gelonet werden. Denn wiewol sie das ewige leben aus gnaden durch den glauben von wegen
des verdinsts des Herren Christi haben, jedoch erfodert Gott die gutte werck als
fruͤchte des Glaubens von seinen kindern vnnd verheisset jnen, das er sie in jenem leben
auch
reichlich wolle belonen. Welches die kinder Gottes bewegen solle, das sie sich
diesserdesto (?). Vgl.
Ambrosivs, De Vocatione Gentium, capit. 7:
Proprium hoc habet noua creatura per gratiam, ut
qui figmentum Dei sunt, qui natiuitate coelesti conduntur in Christo, non ocio
torpeant, nec desidia
Vgl.
resoluantur, sed de uirtute in uirtutem proficiant, per
uiam bonorum operum ambulando. Hoc est enim finis,Im zitierten Text: fingi. hoc est de uetere creatura nouam
fieri, hoc est de imagine terreni hominis, ad imaginem coelestis hominis reformari
etc.
Avgvstinvs, Lib. I. Retract., Capit. 23 :
Deus non elegit opera cuiusque in praescientia,
quae ipse daturus est,
c 3v
Vgl.
sed fidem elegit in praescientia, ut quem sibi
crediturum esse praesciuit, ipsum elegerit, cui Spiritum sanctum daret, ut bona
operando, etiam uitam aeternam consequeretur.
Chrysostomus in opere imperfecto super Matthaeum, capite 7:
Fructus hominis est confeßio fidei eius, et opera
conuersationis ipsius. Si
Vgl.
ergo uideris hominem Christianum, statim considera,
si confeßio eius conueniat cum scripturis, uerus est Christianus. Si autem non est
quemadmodum Christus mandauit, falsus est. Non Nomen solum Christi Christianum
facit, sed et ueritas Christi. Quia in nomine Christi multi ambulant, in ueritate
autem pauci.
Augustinus, de fide et bonis operibus:
Inseparabilis est bona uita a fide, quae per
dilectionem operatur, imo uero ea ipsa est bona uita.
Vgl.
Augustinus, lib. Octoginta trium Quaestionum, cap. 76:
Iustificatus per fidem, quomodo potest nisi iuste
operari? quamuis ante nihil
Vgl.
operatus iuste, ad fidei iustificationem
peruenerit, non merito bonorum operum, sed gratia Dei, quae in illo iam uacua esse
non potest, cum iam per dilectionem bene operetur.
Augustinus, in 1. Quinquagena ex Prologo Psal. 31:
Si sic teneret fidem Abraham, ut cum ei Deus
imperaret offerre sibi immo
Vgl.
landum filium suum, diceret apud semetipsum,
non facio, et tamen credo, quia me etiam contemnentem iussa sua, liberat Deus, fides
sine operibus mortua esset, et tanquam radix sine fructu sterilis atque aride
remaneret.
c 4r Idem ibidem:
Ergo fratres ex fide iustificatus est Abraham,
sed si fidem opera non
Vgl.
praecesserunt, tamen secuta sunt. Numquid omnino fides
tua sterilis erit? Si sterilis non es, sterilis non est ipsa. Itaque si fides sine
dilectione sit, sine opere erit. Ipsa dilectio uacare non potest. Opus fidei
dilectio est, quia dilectio uacare non potest, nisi et mali nihil operetur, et
quicquid potest boni.
Idem, de Spiritu et Litera :
Hoc agit spiritus gratiae, ut imaginem Dei, in
qua naturaliter facti sumus, instauret in nobis.
Vgl.
Idem ibidem :
Quisquis crediderit ei, qui se a peccatis omnibus
absoluendum, et ab omnibus uitijs sanandum, et calore ac lumine eius accendendum
illuminandumque non
Vgl.
contempserit, habebit ex eius gratia bona opera, ex quibus
etiam secundum corpus a mortis corruptione redimatur ac coronetur bonisque satietur,
non temporalibus, sed aeternis supra quam petimus aut intelligimus.
Wo der glaub recht ist, da thut er guts; thut er nicht guts, so ists gewis
ein
Traum vnd falscher wahn vom glauben.
Jtem: Wo nicht werck folgen, kan der mensche nicht wissen, ob er recht glaube,
ja er ist gewis, das sein Glaub ein Traum vnd nicht recht ist.
c 4v Jdem Jn der Vorrede vber das newe Testament:
Wo der glaub ist, kan er sich nicht halten, er beweiset sich, bricht heraus
durch gute werck.
Jdem in der Vorrede vber die Epistel zun Römern:
Es ist vnmoͤglich, werck von glauben zu scheiden, ja so vnmoͤglich, als brennen
vnd leuchten vom fewer mag gescheiden werden.
Das ist gewislich die eintrechtige meinung der rechten Lerer der Christlichen
Kirchen nach heiliger Goͤttlicher Schrifft zu jeden vnd allen zeiten gewesen vnd noch,
das dem glauben gute wercke folgen sollen vnd muͤssen, vnd da sie nicht folgen, das der
glaube gewislich falsch vnd ein loser,haltloser, untauglicher. Vgl.
keit aus gnaden entpfangen hat,
das derselbige widerumb durch vnglauben, Suͤnde vnd boͤse werck sampt allen seinen
guͤtern wider verloren wird, wie die vorerzelte Exempel der Engele, Adam vnd Eua,
Samson, Saul vnd Dauids klerlichen anzeigen.
Zeugnis aus der Augspurgischen Confession.
Dis bezeuget auch die Confession, inn dem 30. Jahr Keyser Mayestat zu
d 1r
Obedientia erga Legem Dei est necessaria in reconciliatis. Nam Euangelium
concionatur de noua uita, iuxta illud, dabo legem meam in
Vgl.
cordibus eorum, haec
igitur noua uita, debet esse obedientiaKonjiziert aus: obedieutia. erga Deum. Et Euangelium praedicat
poenitentiam, nec existere fides potest, nisi in his, qui poenitentiam agunt
etc.
Item: Cum fide agnoscimus misericordiam,
confugimus ad Deum, diligimus, inuocamus, speramus, expectamus auxilium, obedimus in
afflictionibus. Hos
cultus parit fides. Praecare igitur inquit Sed cum fide agnoscimus
misericordiam, confugimus ad Deum, diligimus, inuocamus, speramus, expectamus
auxilium, obedimus in afflictionibus quia iam scimus nos esse filios, et placere
Deo nostrum sacrificium, nostras afflictiones, hos cultus parit fides. Praecare
igitur inquit
Item: Quanquam haec noua obedientia, procul
abest a perfectione legis, tamen est iustitia, et meretur praemia, ideo quia
personae reconciliatae sunt. Atque ita de operibus iudicandum est, quae quidem
amplißimis laudibus
ornanda sunt, QVOD SINT NECESSARIA, quod sint cultus Dei et
sacrificia spiritualia et mereantur praemia. Sed tamen de persona prius tenenda est
haec consolatio, necessaria in certamine conscientiae, quod fide gratis habeamus remißionem peccatorum, et persona iusta, id est reconciliata
sit, et haeres uitae aeternae propter Christum postea uero placere obedientiam
etc.
In Apologia:
Iustificati necessario pariunt bona opera seu bonos fructus.
Item: uͤidem bona opera sequi debent, et fides
sine bonis operibus hypocrisis est.
Fidem autem bona opera sequi debent, quia fides sine bonis operibus
hypocrisis est.
In Commentario Philip. Mel. in Epistolam ad Romanos ante annos 12. edito, Cap. 6:
Christus apparuit ut aboleret peccatum et mortem et restitueret naturam, ut
instaurata habeat uitam aeternam, quae est noua et aeterna obedientia et sapientia.
Cum igitur finis sit illa nouitas uel instauratio naturae, necesse est inchoari et
praestari nouam obedientiam, quia illa ipsa nouitas spiritualis est illa obedientia,
et in summa Euangelium cum donat reconciliationem propter
Vgl.
Christum, simul
subijcit nos obedientiae erga Deum, et inchoat obedientiam.
d 1v Zeugnis aus der Confession der Oberlendischen Stete Prediger, welcher Namen vnten verzeichnet, Cap. De bonis operibus, Anno. 30 :
Tertia pars poenitentiae est nouitas uitae, seu
noua obedientia, sicuti Iohannes ait,Vgl.
Lk 3,8. facite fructus dignos
poenitentiae, et Esa.Vgl. Jes 1,16. Desinite mala
fa
cere etc. Confitemur enim idem, quod sentit et confitetur Ecclesia
Catholica Christi, quod reconciliationem necessario sequi debeat nostra obedientia
erga Deum, hoc est bona opera nobis mandata a Deo, etsi enim acceptatio ad uitam
aeternam coniuncta est cum iustificatione, hoc est cum remißione peccatorum et
reconciliatione, tamen BONA OPERA SVNT NECESSARIA
AD SALVTEM, quia sunt
debitum, quod necessario reconciliationem sequi debet, sicut Paul. ait:Vgl. Röm
8,12.
Debitores sumus.Tertia pars poenitentiae est novitas vitae
seu nova obedientia, sicut Joannes ait [Luc. 3,8]: Facite fructus dignos
poenitentiae, et Esaias [1,16]: Desinite male facere etc. Confitemur enim, quod
sentit et confitetur ecclesia catholica Christi, quod reconciliationem necessario
sequi debeat nostra obedientia erga Deum, hoc est bona opera nobis mandata a Deo.
Etsi enim acceptatio ad vitam aeternam coniuncta est cum iustificatione, hoc est,
cum remissione peccatorum et reconciliatione, et bona opera non sunt precium pro
vita aeterna, tamen sunt necessaria ad salutem, quia sunt debitum, quod necessariao
reconciliationem sequi debet, sicut Paulus ait [Rom 8,12]: Debitores sumus .
(
SVBSCRIPSERVNT:
oberster Predicant
. Am 16. August 1548 wurde
IN LOCIS COMMVNIBVS PHIL. Melanth. De bonis operibus,
Vuitembergae
editis Anno 36. Item, Anno 41:
Plane et clare dico: Obedientia nostra, hoc est
iusticia bonae conscientiae seu operum, quae Deus nobis praecepit, necessario sequi
reconciliationem debet. Christus enim in Euangelio praecipit de poenitentia
etc.
Vgl. [Igitur] non datur uita aeterna propter dignitatem
bonorum operum, sed
Vgl.
gratis propter Christum. ET TAMEN BONA OPERA ITA
NECES-d 2rSARIA SVNT AD VITAM AETERNAM, quia
sequi reconciliationem necessario debent. Ideo Paulus ait:Vgl. I Kor 9,16.
Ve mihi, si non docuero Euangelium
.
Diese lere stehet auch in der Margarita Theo Margarita
Theologiae D.
attendenten, mit diesen Worten:
Si non sumus iusti propter opera, quorsum opus estIm zitierten Text folgt hier: bene. operari? Respondeo:
Beneficium iustificationis totum translatum est in Christum, nec pendet ex nostra
dignitate, ut uidelicet sit certum. ET TAMEN NOSTRAIm zitierten Text: noua. OBEDIENTIA EST NECESSARIA, tanquam
effectus necessario sequens.Im zitierten
Text: consequens. Quia cum fide accipimus remißionem peccatorum et
im
Vgl.
putationem iustitiae, simul fit in nobis renouatos,Im zitierten Text: renouatio. quae est inchoatio
nouae et aeternae uitae. Inchoatio uero nouae et aeternae uitae est ipsa noua
obedientia. Est ergo necessariaIm zitierten
Text folgt hier: haec. noua obedientia in ijs, qui sunt
iustificati.
Das aber allhie einer sagen moͤcht: Ja, da stehet wol, gute werck sind von noͤten. Es
stehet aber nicht darbey zur Seligkeit
? Das ist eine vnbe Das gute werck nicht allein in diesem, sonder auch zum ewigen
leben von noͤten sind in den Gleubigen.dechtige
rede, denn gute werck sind
nicht allein zu diesem vergenglichen, sondern auch zu dem zukuͤnfftigen vnd ewigen leben
nuͤtzlich vnd noͤtig, dieweils Gott im Himel belohnen wil, wie der Herr Matth. 5.
spricht: Es wird euch im himel wol belohnet werden
,Mt 5,12. vnd
Paulus 1. Timoth. 4: Die Gottselig
I Tim 4,8.
keit ist zu al
len dingen
nuͤtz vnd hat die verheissung dieses vnd des zukuͤnff
tigen
lebens.
Jtem Matth. 19: Er wirds hunderfeltig nemen vnd das ewige leben
ererben.
Mt 19,29.
Diese lere wird von denen, welche jtziger zeit die furnembsten Lerer der Kirchen in
hochgelarte
Herren, alle meine lieben Herren vnd freundt.
Doctor Fide in Christo iustificatio
apprehenditur. Iustificatione in Christo credentibus exhibentur remißio
peccatorum,Konjiziert aus:
pectorum. Spiritus Christi et aeterna uita. Cum autem Spiritus sanctus sit
in credentibus et
Vgl.
operetur NECESSE EST VT FIDEM SEQVATVR odium peccati et
spontanea obedientia erga uerbum Dei.
Idem ibidem super hoc dicto Pauli:
Vgl. Corde creditur ad iustitiam etc.
Vgl. Röm 10,10. id
est, homo per fidem in corde residentem in Christo apprehendit iustitiam, SALVTEM
autem quae est iustitiae finis, non consequitur, nisi in confeßione
fidei
permanserit etc.
Item: qui obedientiam erga praecepta Dei
abijciunt, cum obedientia salutem simul abijciunt.
Vgl.
Idem ibidem folio 127: Iis qui salui fiunt, tum
fides tum OPERA necessaria sunt, fides ut causa, opera ut effectus
iustificationis.
Vgl.
Das dis auch meine Lere vnnd meinung sey, wie diese wort allhie lauten, bezeuge ich
vor Gott vnd der gantzen Christenheit, vnd bitte vmb Gottes willen alle fromme hertzen,
sie wollen denen kein glauben geben, welche mir mein wort verkeren vnd verfelschen.
D. IOHANNES BRENTIVS IN Explicatione Catechismi:
Bona opera Im zitierten Text nicht
hervorgehoben.TANTA NECESSITATE
sequuntur fidem in Christum, ut si non sequantur,Im zitierten Text: sequuntur. fides aut non sit uera, aut
si uera fuerit, abijciatur.
Vgl. CATECHISMVS || PIA ET VTILI EX- ||
PLICATIONE ILLV= || STRATVS. || IOANNE BRENTIO || AVTORE.|| || M.D.LI.
||(FRANCOFORTI EX OFFICINA TY= || POGRAPHICA PETRI BRVBA= || CCHII || MEN ||
SE VERO SE= || PTEM= || BRI. || (VD 16 B 7540),
626.
Item: Etsi bona opera a Deo praecepta, non sunt
a nobis in hoc facienda, ut meritis eorum expiemus peccata, et consequamur aeternam
uitam, Im zitierten Text nicht in
Klammern gesetzt.(haec enim maiestas soli Christo filio Dei
competit), tamen Im zitierten Text nicht hervorgehoben.NECES-d 3rSARIO
FACIENDA SVNT, ut testemur nos uere in Christum credere, et obediamus
uocationi spiritus fidei, ne si cupiditati peccati obsequamur excutiamus e nobis
fidem, Christum, Spiritum sanctum, et omnia coelestia bona.
D. MARTINVS BVCERVS IN LIB. de uera Ecclesiarum reconciliatione:
Inuocatio consequitur NECESSARIO fidem, nec unquam ei non cohaerent
Vgl.
Spes
et fiducia.[Eph 3,12] id est, fiducia confidens ad Deum aditus, et libera
inuocatio. Consequitur igitur necessario fidem, nec unquam ei non cohaerent, spes
et fiducia.
NECESSE EST ut fidem etiam dilectio comitetur, et sicut Dei, ita et
proximi.
Vgl.
NECESSARIO noua uita coniuncta est cum fiducia de Christo etc.
Vgl. cui
necessario coniuncta est, eodem nimirum adflata spiritu, cum fiducia de Christo,
tum studium et obseruantia Christi, totaque noua uita.
Scriptura docet inchoatam in nobis iusticiam, et NECESSARIAMIm zitierten Text nicht hervorgehoben. esse ad
Vgl.
Salutem, et a Deo iusticiam censeri.
Idem ibidem de conciliando iustificatoris loco:
Cum dicimus in nobis existentem iusticiam, Im zitierten Text nicht hervorgehoben.ESSE NECESSARIAM AD
SALVTEM, ne quis id perperam intelligat, non
sentimus eam necessariam neceßitate meriti sui (ex gratia enim, et per unum Christi
meritum nobis ex
Vgl.
gratia donatum, constat nostra redemptio) sed neceßitate
operis Dei in homine restituendo etc.
D.
Hie fehet S. Paulus an zu uermanen, weil wir zu solcher grossen gnade sind
Vgl.
komen, das wir wol zu sehen, das wir durch Gottlos leben nicht widerIm zitierten Text: widerumb.
heraus fallen, sondern Gottselig leben sollen.
d 3v
D.
Zum sechsten sollen gute werck ernenerin vnd erhalterin sein bey Gottes gnade,
bey dem glauben, bey der gerechtigkeit, bey vergebung der suͤnden, bey dem ewigen
leben etc. Denn gleich wie diese dinge durch boͤse
Wercke der todsuͤnden verloren werden, also werden sie durch gute werck erhalten,
nicht anders, denn wie das fewer in der assche erhalten wird. Derhalben
ge
Vgl.
ben wir den guten wercken diese Namen, das sie heissen: Fomenta et nutrimenta gratiae, fidei etc. Zum
siebenden, das sie zeitlichen lohn haben sollen sampt dem ewigen leben Matth. 5.Vgl. Mt
5,11f. etc.
D.
Dieser Doctor
purgkPredig, darin sonderlich gehandelt wird, was der guten werck lohn sey, vnd das
Christen sollen vnd muͤssen gute Werck
thun.
Vgl.
Dieses Herren Doctoris
nicht das man die Seligkeit dadurch verdiene, welche die gleubigen
aus gnaden durch den glauben schon entpfangen haben, sondern das man die selbige, Gott
dem Himlischen Vater, der vns mit so reicher gnade vnnd ewiger Herrligkeit in Christo
begabet hat, zu gefallen, zu lob, Ehre vnd danck thue, wie denn dis des D.
Gallus
Deliberatio Theologorvm Ducatus
pontificijs in futura disputatione agendum Anno 1540.
Mense Februario, Autore D. Vrbano Regio.
d 4v
Eccius praefigit in suis locis communibus hunc titulum de operibus Fidem non
sufficere sine operibus, et opera esse aliquid ex gratia Dei acceptante, et
coaceruat 40. testimonia non intelligens haec non contra nos esse.
Auch
Docemus et
nos FIDEM NON SVFFICERE sine operibus ad uitam Christianam. Atque fides quae opera
nulla facit non est fides. Comparare solemus iactatorem fidei qui perdite uiuit,
ficui, quam Christus maledixit cum tantum haberet folia, non etiam fructus. Sed
fides sufficit sine operibus ad iustificandum peccatorem coram Deo, ad hoc ut homo a
Deo iustus reputetur postea
iustificatus et bona arbor factus, profert fructum
tempore suo, et haec opera iustificatorum propter fidem ipsorum grata sunt Deo,
quamuis legi non satisfaciant, quare et nos dicimus opera aliquid esse ex gratia Dei
acceptantis opus propter operantem in fide. Respicit enim Deus ad Abel primum,
deinde ad oblationem eius, et opus bonum est sacrificium gratum Deo, et
obsequium
utile et necessarium proximo testimonium fidei, quod Deus etiam
coronat multis praemijs.Gründlichen und wahrhaftigen Bericht
aus dem Jahr 1550 auf diese
Schrift verwiesen, die bisher jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Vgl.
Vrbanvs Regivs in libello Formulae quaedam
caute et citra scandalum loquendi
:
Glaub one gute werck ist kein glaub. Werck one glauben sind nicht gute
Vgl.
werck. Darumb muͤssen die zwey ding, Glauben vnd gute Werck thun, bey einander sein
dieweil wir leben. Wer sein leben nit bessert vnd gute werck thut, der sol wissen, das
er kein Christ ist. Wer aber kein Christ ist, der wird verdampt.
So jemands sol
Eine wortgleiche Passage
findet sich in der angegebenen Predigt nicht, inhaltliche Entsprechungen sind
vorhanden. Vgl.
selig werden, der mus erstlich durch Jhesum Christum, Gottes Son, vergebung aller seiner suͤnden haben vnd e 1r darnach auch den
heiligen Geist entpfahen, der das hertze zum willigen, rechten gehorsam
erwecke.
Da hoͤrest du, wie
Geist erweckt,
welcher gehorsam, ob er wol in den gleubigen sein mus, jedoch ist er nicht das verdienst
der Seligkeit, welche aus gnaden, vmb Christus willen, geschanckt vnd durch den glauben
allein entpfangen wird.
Dis sind die zeugnis der Alten vnd jetzigen zeit Lerer der Christlichen Kirch von
dieser Propositio:
Bona opera in renatis necessaria sunt ad salutem,
welcher viel mehr koͤndten dargethan werden, wo solches von noͤthen.
Darumb ist das keine newe lere, denn diese leGenes. 3,Vgl. Gen
3,15.
1. Johan. 3.Vgl. I Joh 3,8f.re haben Adam vnd Eua im Paradis
von dem Son Gottes entpfangen, da er spricht:
Des Weibes Samen wird der Schlangen den kopff zutretten.
zertreten.
Das ist, der Son Gottes wird darumb in die welt kommen, das er die werck des
Teufels, als die suͤnde vnd den
Tod, zerstoͤre vnd die Menschliche Natur widerumb
zum bilde Gottes vernewere, auff das sie also wider das ewige leben habe, welches ein
newer vnd ewiger gehorsam gegen Gott vnd eine ewige weisheit ist. Dieweil denn alles
dazu als zum ende ge-e 1vricht wird, das die Natur
vernewert sol werden, so ist jestets, immer.
Vgl.
sam gegen Gott anfahen, denn die widergeburt, so
durch den heiligen Geist geschicht, ist dieser newer gehorsam.
Jn summa, diweil das Euangelium vns die vergebung der Suͤnden vnd die versuͤnung durch
Christum gibt vnd verkuͤndiget, so leret es auch zu gleich, das wir vns in gehorsam
gegen Got geben sollen vnd hebet solchen gehorsam
durch den heiligen Geist in den
gleubigen an. Derwegen ists zu erbarmen, das dieser zeit Prediger vnd Lerer der
Christlichen Kirchen sind, die solche Lere doͤrffen anfechten, das gute werck inn den
gleubigen vnd Kindern Gottes zur Seligkeit von noͤten. Denn wenn schon keine andere
beweisung were, welcher wir doch zuuor etliche viel vnd bestendigeüberzeugende, stichhaltige. Vgl.
koͤnnen sie doch wider dis Argument mit warheit vnd bestendigkeit
nichts auffbringen das weis ich gewislich:
One Busse vnd bekerung zu Gott kan niemand selig
werden.
Busse ist ein werck von Gott geboten.
e 2r
Darumb kan niemandt one das Werck der Busse selig
werden.
Durch übergroßen Druck
hervorgehoben.Jtem zum andern.
Matth. 3.
One rechtschaffene fruͤcht der Busse kan niemandt selig
werden.
Gute werck, welche dem Glauben folgen vnd zu Gottes ehre geschehen, sind
rechtschaffene fruͤchte der Busse.
Derhalben sind die guten Werck zur Seligkeit von
noͤthen.
Denn also stehet Matthei am dritten Capitel geschrieben:
Sehet zu, thut rechtschaffene fruͤchte der BVSSE. Es ist schon die Axte den
Beummen an die Wurtzeln geleget. Darumb, welcher Baum nicht gute Fruͤchte bringet,
wird angehawen vnd ins fewer geworffen.
Mt 3,8.10.
Denn ob wol die SELJGKEJT wir nicht von wegen vnser Busse oder der
rechtschaffenen
Fruͤchte der Busse, sondern aus Gnaden, e 2v ALLEJN durch den
glauben, von wegen des verdiensts des Sons Gottes, entpfahen, jedoch wil Gott, das diese
werck in denen, so da selig werden, sein sollen, wie die spruͤche lauten: Wer
Johan. 3.nicht zum andern mal geboren wird
etc.
Vgl. Joh 3,3.5.
Welche derRom. 8. Geist Gottes treibet, die
sind Kinder Gottes.
Röm 8,14.
Vrsach des zancks vber dieser Lere.
So sprichstu denn, dieweil diese lere stets inn den Christlichen Kirchen gewesen, auch inn der Augspurgischen Confession begriffen vnd zuuor von niemands angefochten worden, woher kommet denn jtzund dieser zanck vnd hader her? Des wil ich dir gruͤndlichen bericht thun:
Anno 1548 ist auff dem Landtag zu
inn Druck
gegeben, gestalt vnd geschrieben:
e 3r Von guten Wercken
Wir zweiffeln nicht, vnser lere vnd vorstand von guten wercken sey Goͤttlicher schrifft
vnd dem verstand zu allen zeiten der Catholischen kirchen gemes, vnd die weil vnser
schrifften davon am tage sind, ist nicht noͤtig alhie
lange bericht zu thun.
Vnnd damit eine gewisse regel sey, berichten wir, das diese werck gut vnd noͤtig sind, die Gott geboten hat, laut der zehen gebot vnnd
der selbigen erklerung, inn der Aposteln schrifften genugsam ausgedruckt. Nach dieser
regel ist gut gewissen vnd boͤs gewissen zu vnterscheiden. Vnd, wie zuuor ge
sagt, Gottes ernster beuelh, das wir in gutem gewissen leben, vnd wie
S. Paul sagt: Behaltet glauben vnd gute gewissen.
Vgl. I Tim
1,18f.
Wer nun in suͤnden beharret wider das gewissen, der ist nicht bekeret zu Gott vnd ist
noch Gottes feind, vnd bleibet der zorn Gottes vber jm, so er sich nicht bekeret. Das
ist gantz gewis, laut ad Gala. 5: Von diesem hab ich auch
Vgl. Gal 5,21. Vnd Gott hatt in seinem Eid beydes gefasset,
das diese bekerung noͤtig sey vnd das e 3v man vergebung glauben sol.
gesagt vnd sage es noch, der solchs thut, wirt das reich Gottes nicht
erben.So war ich lebe, jch wil nicht den Tod des suͤnders, sondern das
er bekeret werde vnd das leben erhalte.
Vgl. Ez 33,11. Darumb,
wo keine bekerung ist, da ist kein gnade. Dieses wissen alle
verstendige one lange
erklerung.
Weiter, so jemand, der in Gottes gnade gewesen ist, wider Gottes gebot wissentlich
handlet, der betruͤbet den heiligen Geist vnd verleuret genade vnd gerechtigkeit vnd
felt in Gottes zorn, vnd, so er nicht widerumb bekeret wird, fellet er in ewige straffe,
wie SaulVgl. I Sam 15,23.26;
16,1. vnd viel andere. Dieses ist
klar ausge
drucket ad Rom. 8: Jhr seid schuldig, nicht
nach dem fleisch zu leben. So jr nach dem fleische lebet, werdet jr
sterben.
Vgl. Röm 8,12f. Das ist, so jhr den boͤsen neigungen wider
das gewissen folget, werdet jhr in ewige straffe fallen.
Vnd verdienen solche suͤnde nicht allein ewige straff nach diesem leben, sondern viel
grausamer straffen in diesem leben, damit der theter vnd viel andere
Leuthe zu
gleich vberfallen werden, wie Dauids Ehebruch vnnd Todtschlag gestraffet ward.Vgl. II Sam
11f.
Aus diesen vrsachen, kurtz zu reden, ist leicht zu uerstehen, das gute Werck noͤtig sind, denn Gott hat sie
geboten. Vnd so dagegen gehandelt, wird Gottes gnade vnd heiliger Geist
ausgeschuͤttet,verworfen, vergeudet. Vgl.
Verdamnis. Es
gefallen aber die Tugenden vnd gute e 4r werck Gott also, wie gesagt
ist, in den versuͤneten, dieweil sie gleuben, das Gott die Person annimpt vmb Christi
willen, vnd wil jm in solchen diesen vnuolkommen gehorsam auch gefallen lassen.
Vnd ist war, das das Ewige leben vmb des Herrn Christi willen gegeben wird
aus
gnaden, vnd das zu gleich Erben sind der ewigen seligkeit alle, die sich zu Gott bekeren
vnnd durch glauben vergebung der suͤnden vnd heiligen Geist empfangen. Gleichwol sind
die newen tugenden vnd gute Werck also hoch von
noͤten, das, so sie nicht im hertzen weren, were keine entpfahung Goͤttlicher
gnade. So mus ja entpfahung Goͤttlichen gnade inn vns sein, vnd
ist der trost nicht
ein fauler gedancken, sondern ist leben vnd errettung aus grosser angst,
wie der Koͤnig Ezechias spricht Esaie 38: Gott hat alle meine beine
zuschmetteret wie ein Law,Löwe. er hat
aber meine Seel errettet vnd alle meine Suͤnde zuruck geworffen.
Vgl. Jes
38,13.17.
Also spricht Paulus Jn der 2. zun Corint. am 5. Capit:
Wir werden widerumb
Vgl. II
Kor 5,2.
Vnd Apocalypsis am andern cap:
angezogen werden, doch woIm zitierten Text: so. wir nicht blos
gefunden werden.Sey trew vnd gleubig bis in
den Todt, e 4v so wil ich dir die Kron des lebens
geben.
Vgl. Apk 2,9f. Jn diesem spruche sind zwey stuͤck
begrieffen: Das erste, das in diesem leben der anfang geschehen mus zur ewigen
Seligkeit. Das ander, das wir fur vnserm ende nicht dauon abfallen.
So ist auch die widergeburd vnd ewiges leben an jr selbs ein newes Liecht, Gottes
furcht, Liebe vnd freude inn Gott vnd andere tugenden, wie der spruch sagt: Dieses ist das ewige leben, das sie dich warhafftigen Gott erkennen vnd
mich Jhesum Christum etc.
Vgl. Joh 17,3.
Wie nun dieses warhafftig erkennen inn vns leuchten mus, also ist gewislich
war,
Das diese Tugenten, Glaube, Liebe, hoffnung vnd
andere, in vns sein muͤssen Vnd zur Seligkeit noͤtig
sind.
Dieses alles ist leicht zu uerstehen den Gottfuͤrchtigen, die trost bey Gott suchen vnd
erfaren. Vnd dieweil die tugende vnd gute werck Gott gefallen, wie gesagt ist, so
verdienen sie auch belohnung in diesem leben, geistlich
vnd zeitlich nach Gottes
Rath, vnd mehr belonung in ewigem leben.
Vnd werden hiemit in keinem wege der Moͤnche jrrthumb bestetiget, das ewige seligkeit
durch wirdigkeit vnserer werck verdienet wird. Jtem, das wir andern vnsere verdienst
moͤgen mitteilen, f 1r sondern der glaube erkennet vnsere eigene
schwacheit vnd hat zuflucht zu dem Son Gottes vnd empfehet
diesen ewigen trost aus
desselbigen verdienst, laut seiner gnedigen vnd vberschwenglicherIm zitierten Text: uͤberschwaͤnglichen. reichen verheissung,
vnd weis, das wir zu jeder zeit inn der Bekerung Gott zu glauben schuldig sein, der gnad
verheissen hat vnd hat solche verheissung mit seinem Eid bestetigt vnd achtet
verzweiflung als ein Gottes lesterung fur die hoͤchste Suͤnde.
Weitter werden gute werck mit vielen zeitlichen verheissungen vnd grossem lob inn
Goͤttlicher Schrifft gezirt, dauon wir nach der lenge sonst inn vnsern Schrifften
Christliche vnterricht gethan haben vnnd durch Gottes gnaden zu aller zeit thun wollen.
Denn Gott wil auch in zeitlichen gaben erkant vnd angeruffen sein, vnd wil, das dieselbe
anruffung auch im glauben vnd guten ge
wissen geschehe.
Was aber weiter zu reden ist von wercken, die Gott nicht geboten hat, daraus die
Bischoffe vnd Moͤnch Gottesdienst gemacht haben vnd in den spruch gehoͤren: Vergebens ehren sie mich mit Menschen geboten
,Vgl. Mt 15,9.
dauon ist auch noth, die warheit zu erhalten,bewahren. Vgl.
vnd
Gottgefellige Gottesdienst sein vnd welche zu uerwerffen.Vgl.
Diese herrliche Lere haben die Theologen beider Vniuersitet,
Herrn
vnterthenigkeit vberantwort, vnd ist
solcher Artickel von jederman als Christlich vnd wolgestalt angenomen vnd von niemands
gestrafft worden.
Hernachmals ist solche gantze Handlunge durch den Traktat
und Dreck
. rhuͤmet in
Druck gegeben
Folgents aber, da dieser Artickel von guten wercken in das Buch, welches die
Magdeburgischen Scribenten das Leipzisch Jnterim teuffen, auch gesetzt wordenVgl.
geben ist leichtlich zu gedencken) verfelschet vnd gedeut f 2r worden, wie denn jhre Drecktetlein solches bezeugen.Zum Adiaphoristischen Streit vgl.
Das ist der warhafftige vrsprung dieses ergerlichen zancks, welcher nu in die vier Jahr
geweret vnd bey den Magdeburgischen Scribenten keine ruhe vnd auffhoͤren ist, welche
jtzt in diesen hundestagenDie Zeit zwischen dem
23. Juli und dem 23. August eines jeden Jahres. zu gleich drey Buͤcher
wi
der mich,Damit sind die
Schriften von
Nu wil ich zu ende nicht auff jhre lesterwort, sondern auff jre furnembste
Ar
gument wider diese lere antworten vnd was vnnoͤtig willig vnd
wissentlichen vbergehen, denn dis Buch allbereit mir vnter den henden allzugros
gewachsen.
Hie wider sagen sie:
Bona opera esse necessaria, sed non neceßitate legali seu coactionis, sed
Vgl.
neceßitate gratuita seu consequentiae, seu immutabilitatis. Sicut sol necessario
lucet, si est sol, cum tamen lucet non ex lege, sed ex natura seu uoluntate (ut sic
dicam) immutabili, quia sic creatus est, ut luceat. Sic iustus creatura noua, facit
opera neceßitate immutabili non lege seu coactione, iusto enim non est lex posita
etc.Antwort auff das
Buch herrn Andreae Osiandri von der Rechtfertigung des Menschen. Philip:
Melanth: Gedruckt zu Witteberg Durch Veit Creutzer. 1552.
(VD 16 M 2501), Bl. C 4r – D 3v
Diese wort D.
f 2v Denn sonderohne. zweifel
geleret hat, das
gute werck in den gleubigen sein muͤssen, aber nicht aus noth des gesetzes vnnd des
zwangs, das ist, nicht als Werck durch das Gesetze erzwungen, die da zu verdienst der Seligkeit noͤthig weren,
sed neceßitate gratuita seu coactione Euangelij seu lege
spiritus, wie er sich selbs erkleret, sondern welche der Mensch, durch den
glauben von der Vermaledeiung des
Gesetzes erloͤset, nu als fruͤchte des glaubens,
aus freiwilligem Geiste, Gott zu ehren vnd zum schuldigen gehorsam vnd dem Nehesten zu
nutze thut. Vnd dasselbige thut er gratuita
neceßitate, das ist, vmb sonst, das er nicht das ewige leben dardurch verdienen
wil, welches er allbereit aus gnaden von wegen des Mitlers, ALLEJN durch den glauben,
entpfangen hat, wie ge
schrieben stehet: Wer an den Son gleubt,
derJohan. 3. hat das ewige leben.
Joh
3,36.
Als das ich solches erklere, dis ist Gottes ewiger, vnwandelbarer wille, das alle
Creaturn,Gottes vnwandelbarerKonjiziert aus: vnwandelbare. wille, das alle Creaturen jm
gehorsam sein. vnd sonderlichen die vernuͤnfftigen, als die Engele vnd
Menschen, freiwillig Gott jrem Herren vnd Schoͤpffer sollen gehorsam sein. Diese ewige,
vnwandelbare ordnung Gottes sehen vnd verstehen die heiligen Engel
vnd erkennen
da-f 3rdurch, das sie solchen gehorsam Gott zu
leisten schuldig, vnd dz derselbige gehorsam zu erhaltungDie
Engele erkennen an den verdampten geistern, das jhnen der gehorsam gegen Gott zu
erhaltung jhrer seligkeit noͤtig.Konjiziert
aus: .gnoͤti. jrer Seligkeit jnen noͤtig sey, in welcher Seligkeit sie
aus lauter gnade vnd barmhertzigkeit erschaffen. Wo sie aber aus solcher ordnung des
gehorsams tretten, das sie Gottes zorn auff sich laden, die Seligkeit verlieren vnd in
ewigen verderb fallen. Das sehen vnd
erkennen die liebe, heilige Engeln vor augen
an den Engeln, welche solche ordnung Gottes vbertretten vnd gesuͤndiget vnnd dardurch
verdienet haben, das Gott jr nicht verschonet hat, sondern hat sie mit ketten der
Finsternis zur Hellen verstossen vnd vbergeben, das sie2.
Petri 2. zum gericht behalten werden.
II Petr 2,4.
Diesen grossen ernst vnd zorn Gottes sehen die lieben Engele vnd erschrecken
dafur, vnd dienen Gott erstlich, neceßitate
gratuita, das ist, sie sehen, das der gehorsam gegen Gott jnen von wegen Gottes
ewiger vnd vnwandelbarer ordnung von noͤten zu erhaltung der Seligkeit, welche jnen Gott
aus lauter gnaden geschanck hat, vnd dienen doch Gott vmb sonst, freiwillig vnd von
hertzen gern, haben lust vnd frewde darob, das sie Gott vnd den Menschen
dienen
sollen, dieweil sie sehen, das sie darzuHebr. 1.Vgl. Hebr
1,14. geschaffen. Vnd ist doch bey solchem freiwilligen Geist
auch eine Kindliche furcht gegen Gott, welcher sie zum gehorsam treibet, dieweil jhnen
das erschreckliche Exempel der verdampten Engeln da vor augen stehet. f 3v Darumb ist der Engeln gehorsam gegen GotWie der
engel gehorsam sey. wol freiwillig. jedoch nicht one allen zwang vnd one alle
furcht,
dieweil sie Gottes Ordnung vnd befehl vnd das exempel der verdampten Engeln
sehen, dienen aber nicht Neceßitate legali, das sie
durch solchen dienst die Seligkeit verdienen wolten, welche sie aus gnaden haben das sie
selig von Gott geschaffen sind.
Denn wie zweierley zwang ist, nemlich einsDas zweierley
zwangk sey.Henckers vnnd Stockmeisters
zwangk, welches Coactio legalis, des Gesetzes zwangk ist, durch
welchen, wie Paulus schreibet, die vngerechten1.
Timot. 1.Vgl. I Tim 1,9. vnnd vngehorsamen, die Gottlosen
vnnd Suͤnder
sollen gezuͤchtiget vnnd gezwungen werden. Vnd darnach der ander
zwangk des Geistes, welcher Coactio Euangelij, fidei seu
spiritus ist, das sich derMatth. 11.Vgl.
vnd sich nu mehr nicht sein fleisch, sondern den Geist Gottes,
welchen er durch den glauben entpfangen, zu Gottes gehorsam treiben lest,
wie geschrieben stehet, welche der Roma.
8.Geist Gottes treibet, die sind Kinder Gottes.
Röm 8,14.
Zweierley furcht.Wie nu, sag ich, zweierley zwang
ist, so ist auch zweierley furcht, als erstlich eines knechts furcht, bey welcher keine
liebe ist, welcher alles aus zwang Knechtliche
furcht.vnd
drang vnd von wegen der straffe oder des verdiensts thut.
f 4r Darnach ist auch ein Kindliche furcht, bey welcher auch liebe
ist. Denn dieweil das Kind sihet,Kindliche furcht. das
das Gottes ewiger, vnwandelbarer wille ist, das es Vater vnd Mutter ehren sol,Vgl. Ex
20,12; Dtn 5,16. so sihet es,
ob es wol die Kindschafft one sein verdienst von der natur vnd dem gebluͤt her, von
Vater vnd Mutter,
vnd durch Gottes Ordnung hat, das gleich wol der gehorsam gegen
Vater vnd Mutter jm also hoch von noͤten, von wegen des ernstlichen befelhs vnd der
ewigen ordnung Gottes, das, da es das Ius filij,
die Kindschafft, durch sein gehorsam nicht erzelte,(nicht) erreichte [?], ihr (nicht) entspräche [?]. das Vater vnd
Mutter gut fug vnd recht haben wuͤrden, das Kind zu zuͤchtigen oder nach seinem
verdienst gar zu enterben vnd
zu uerstossen. Auff das nu solches nicht geschehe, so
vnterwirfft es sich nach Gottes Ordnung seinen Eltern vnd thut solliches, vmb Gottes
ehre willen, vnd thuts freiwillig, so es ein gleubig Kind ist, nicht des halben, das es
die Erbschafft durch solchen gehorsam verdienen wolle, welche von wegen der geburt
allbereit sein ist, sondern das es Gott vnd seine Eltern nicht erzoͤrne
vnd die
Erbschafft nicht verliere, lebt also in steter furcht vnd liebe gegen seine Eltern,
welche furcht vnd liebe das Kind zum gehorsam treibet. Wenn nu einer zum Kind spreche:
Was ists von noͤten, das du Vater vnd Mutter von wegen der Erbschafft wilst
gehorsam sein? Ist doch die Erbschafft one das dein?
f 4v Was wuͤrde wol zu einem solchen HanswurstDummkopf. Vgl.
nuͤnfftig vnd
Gottsfuͤrchtig kind sagen? Ob es nicht also wuͤrde sprechen: Ey, lieber Hans, das
weis ich selbs wol, das das Erbe meines Vaters mein ist. Mir aber ist hoch von noͤten,
das ich Vater vnd Mutter gehorsam sey, von wegen Gottes gebots vnd das ich die
Erbschafft vnd den Veterlichen willen erhalte.
bewahre, ausführe. Vgl.
Allso auch haben alle gleubigen das erbe des ewigen lebens vnd sind Kinder Gottes,
ALLEJNE durch den glauben vnd heiligen Geist, durch welchen sie zu Kinder vnnd Erben
Gottes, on alle jre verdienst vnd wirdigkeit, geboren werden. Das aber Hanswurst jtziger
zeit on alle vnterscheid also speiet,törichte,
unnütze Reden führt. Vgl. dieweil
du die Erbschafft des ewigen lebens ALLEJ
, sehen alle Gottfuͤrchtige
Leuth, das es ein vnuernuͤnfftig geschrey ist, gleich wie jtzt oben gesagt, dieweil du
von der natur vnnd vom gebluͤt deines Vaters Erbschafft hast, so ist nu
nicht von noͤten, das du deinem Vater gehorsam seist, ja deste mehr ist den gleubigen,
als Kindern Gottes, von noͤthen,
NE durch glauben hast, so sind
dir keine gute werck mehr zur Seligkeit von noͤten
das sie jrem Vater nu vleissiger denn zuuor
gehorsam sein vnd aller guten werck sich beuleissigen, damit sie die geschanckte
Erbschafft vnd den gnedigen Veterlichen willen nicht widerumb verlieren, ins vaters
vngnade komen vnd enterbet werden.
g 1r Dis ist nu die Kindliche furcht, bey welcher, wie vor gesagt,
auch die
liebe ist, das die Kinder Gottes, Gott jhrem Vater, nicht von wegen der
Erbschafft, die sie bereit durch den glauben haben, dienen vnd gehorsam sein, sondern
aus liebe vnd furcht gegen dem Vater, vnd dieweil es nicht Coactio legalis ist, so ist es doch Coactio spiritus, das sie der Geist Gottes darzu
treibet, wie Paulus saget vnd jtzt angezeiget: WelcheRom. 8. der Geist Gottes treibet,
Röm 8,14f.
die sind Gottes Kinder. Denn jhr habt
nicht ein Knechtlichen Geist entpfangen, das jr euch abermals fuͤrchten muͤstet,
sondern jr habet einen kindlichen Geist entpfangen, durch welchen wir ruffen: Abba,
lieber Vater.
Das ist nu Neceßitas immutabilis, eine solche
noth, welche vnwandelbar. Denn das ein ewiger, vnwandelbarer wille Gottes ist, das seine
Kinder jm
sollen gehorsam sein. Wo sie das nicht thun, so verlieren sie beide, die
Kindschafft vnd das Erbe, wie an den vngehorsamen Kindern vnd an Adam vnd EuaVgl.
Wiewol nu dieser gehorsam gegen Gott inn dieser verderbten Natur noch
vn
uolkommen, jedoch mus er in diesem leben angefangen werden, vnd mus der
Mensch allhie Gott mit einem guten gewissen dienen, auff das er nicht den
glau-g 1vben, heiligen Geist vnd die Erbschafft
des ewigen lebens, wie gesagt, wider verliere, wie Paulus Timotheum leret: Sihe,
1. Timoth. 1.das du eine gute Ritterschaft vbest
vnd habest den glauben vnd gut gewissen, welche etliche
I Tim 1,18f. Hie hoͤrestu, das
Paulus beides, glauben vnd gut gewissen, erfordert, denn wo nicht gut gewissen ist, kan
auch kein rechter glaube sein.
von sich gestossen vnd am
glauben Schiffbruch erlidten haben.
Dieser angefangner gehorsam gefellet Gott vmb Jhesu Christi willen in den gleubigen,
vnd was daran mangelt, erfuͤllet Christus, welcherRom.
10.Vgl. Röm 10,4. die erfuͤllung
des Gesetzes ist vnd den
gehorsam gegen dem gesetz durch sein heiligen Geist in vns anfehet, welcher denn erst
wird volkommen vnd volbracht werden, wenn wir nu von den todten werden aufferstehen, wie
der Psalme spricht: JchPsalm 17.Vgl. Ps
17,15. wil sadt werden, wenn ich erwache nach deinem
Bilde.
Als denn werden wir erst ein volkommen Bilde Gottes sein, zu welchem
wir erst
lich erschaffen sind, denn inn diesem leben haben
wirRom. 8.Vgl.
Röm 8,23. nicht die decimas spiritus, die volkomenheit, sondern alleine
die primitias, die erstlinge des Geists vnd wird
die vernewerung allein angefangen.
Der mensch sol sich auff sein vnuolkomenen gehorsam nit
verlassen, sondern alleine auff Christum.Darumb, weil vnser gehorsam gegen Gott
allezeit noch vnuolkomen vnd suͤndig, so kan vnnd sol der Mensch bey leib nicht sich
auff solchen seinen
betlerischen vnnd vnuolkome-g 2rnen gehorsam vnd gute werck verlassen, sondern allein auff den einigen gehorsam
vnsers Herrn Jhesu Christi, welcher dem Vater gehorsam gewesen ist bis zum Tode,
ja zum Tode am Creutz.
Phil 2,8.Philip. 2. Denn gleich wie durch eines Menschen vngehorsam viel Suͤnder worden
sind, also auch durch eines gehorsam werden viel gerechte,Vgl. Röm 5,18. wie auch
oben
vermeldet. Darumb mus Christus vns allezeit mit seinen fluͤgeln wider Gottes
gericht schuͤtzen vnd decken, wie der Psalm spricht: Gehe nichtPsalm. 145.Ps 143,2. ins gericht mit
deinem Knecht, denn fur dir ist kein lebendiger gerecht.
Denn wie Esaie 4.
geschrieben stehet: Christus sol allein vnser Schirm, Huͤtten, Schatten vnd
Zuflucht sein wider alle hitze vnd erschrecken der suͤnden vnd des Todes
Vgl. Jes 4,5f.
etc.
Hieraus aber folget nicht, dieweil der gehorsamDas gute
Werck noͤtig inn den Gleubigen. vnd gute werck in diesem leben noch vnuolkomen
vnd vns derwegen nicht selig machen, das darumb der gehorsam vnnd gute Werck inn den
gleubigen nicht solten noͤthig sein noch angefangen werden, denn wiewol sie vns nicht
koͤnnen selig machen, so
muͤssen sie dennoch entpfangen werden vnd dem glauben als
fruͤchte des heiligen Geists folgen, dieweil sie Gott erfordert. Denn wo wir nicht das
Hochzeitliche kleid, welches die gantze Bekerung zu GOTT, als REWE, GLAVBEN vnd ein
newes Leben, haben, so werden wir das Reich GOTTES g 2v nicht
besitzen, sondern in die eusserste Finsternis geworffen werden,Vgl. Mt
22,11–13. wie
denn diese spruͤche lauten:
Wir werden vberkleidet werden, so doch, wo2. Corin.
5. wir bekleidet vnd nicht blos erfunden werden.
Vgl. II
Kor 5,2f.
Wir muͤssen alle offenbaret werden fur dem2. Corint.
5. Richtstuel Christi, auff das ein jglicher entpfahe nach dem er gehandelt
hat bey leibs leben, es sey gutes
II Kor
5,10.
oder boͤses.
Du heuffest dir selbs nach Rom. 2.deinem
verstockten vnd vnbusfertigen hertzen den zorn auff den tag des zorns vnd der
offenbarung des gerechten gerichtes Gottes, welcher geben wird einem jglichen nach
seinen wercken: Nemlich Preis vnd Ehre vnd vnuergengliches wesen denen, die mit gedult
in guten
II Kor
5,10.
wercken trachten nach dem ewigen leben. Aber denen, die da zenckisch
sind vnd der warheit nicht gehorchen, gehorchen aber dem vnrechten,
vngnade vnd zorn, truͤbsal vnd angst vber alle Seelen der Menschen, die da boͤses thun
etc.
One die Hebr. 12.Heiligung wird niemand den
Herren sehen.
Vgl. Hebr
12,14.
Matth. 25.Jtem: Da wird der Koͤnig sagen zu
den zu seiner Rechten:
Vgl. Mt 25,34f.41f.kompt her jr gesegneten meines Vaters,
ererbet das Reich, das euch bereitet ist von anbegin der welt. Denn ich bin hungerig
gewesen vnd jr habt mich gespeiset
etc. Denn wird er auch sagen zu denen zur
lincken: Gehet hin, jr verfluchten, in das ewige fewer, das
bereit ist dem Teufel vnd seinen Engeln. Jch bin hunge
etc.
rig gewesen vnd jr
habt mich nicht gespeiset
g 3r Was kuͤnd doch erschrecklichers vnnd klerers gesagt werden?
Hje hoͤrestu ja in diesen hellenklaren,
deutlichen. spruͤchen, wie doch die gute werck zur Seligkeit den gleubigen von
noͤten sind, nemlich das, wiewol er vns die Seligkeit nicht von wegen des verdienstes
der guten wercken noch vnsers gehor
sams, sondern aus gnaden, von wegen
seines Sons Jhesu Christi gehorsam, geben wil, noch gleichwol solle niemands die
Seligkeit entpfahen, er habe denn gute werck vnd den angefangnen gehorsam gegen Gott.
Denn wo er den nicht hat, so hat er auch warhafftigen glauben nie gehabt oder ja durch
den vngehorsam wider verloren.
Dis aber machet keine vermessenheitAnmaßung,
übermäßiges Vertrauen. Vgl.
Diese lere gehet auch nicht die Kinder an vnd die, so sich inn der letzten
stunde
zu Gott bekeren, wiewol auch diese, dieweil sie durch den glauben vnd den heiligen Geist
wider geborn, nicht one gute innerliche werck sein koͤnnen, welche der heilige Geist in
jnen wircket, wie oben gesagt. Darumb diese lere weder in verzweifelung noch
vermessen-g 3vheit fuͤret, wie die Magdeburgische
schreyer schreiben, dieweil sie das gewissen, auff den eini
gen Mitler Jhesum
Christum, leret, trawen vnd bawen vnd nit auff jre eigene werck oder verdienst vnd von
den wercken redet, welche dem glauben als fruͤchte der gerechtigkeit folgen sollen.
Vnd leret vns das sagen: Wenn wir schon alles gethan haben, was vns befohlen
ist, so sprechen wir doch, das wir vnnuͤtze Knecht sind. Wir haben ge
Vgl.
Lk 17,10.
than,
das wir zu thun schuldig waren.
Hieraus erscheinet,zeigt sich, wird deutlich.
Vgl.
Zum andern fuͤren sie diese wort Credentes sunt noua creatura, noua arbor, ideo istae phrases
Vgl. VD 16 M
2501:
legale, non
pertinent huc, scilicet fidelis debet bona opera facere, sicut non recte dicitur,
Sol debet lucere, Arbor bona debet bonos fructus facere etc. Quia sol lucet de
facto, Arbor facit de facto bonos fructus etc.
Das ist, wie es Sie muͤssens nicht aus noth
als gezwungen thun, sondern sie thuns on das gern von sich selbs, gleich wie
die
Sonne nicht aus noth, sondern von natur liecht gibt. Vnd weil das Gesetze sonst auff
die werck, als noͤtig zur gerechtigkeit vnd seligkeit dringet, so sey es deswegen im
Euangelio vnrecht, mit solchen worten dauon reden.
g 4r Jch habe jtzt gesagt, das wie zweierley furcht ist, eine
Knechtische vnd eine Kindliche, also ist auch zweierley zwang: einer des gesetzs vnd
der
ander des Euangelij. Des Gesetzes zwang ist der, wie es Gute werck
– in der lere des Euangelij gebrauchet, der thut vnrecht
vnd vermenget die lere des Gesetzes vnd des Euangelij durch einander.
sind zum verdienst der
Seligkeit von noͤten
Des Euangelij zwangk aber ist der: WennDer Euangelische
zwang. man die leute zuuor leret, das sie vergebung der suͤnden vnd die
Seligkeit one alle werck vnd verdienst, aus
lauter gnaden, von wegen des einigen
verdiensts Jhesu Christi, durch den glauben entpfahen sollen, vnd wenn wir diese guͤter
also entpfangen haben vnd durch solchen glauben Kinder vnnd Erben GOTTES worden sind,
das als denn stetter vnnd vleissiger vermanunge von noͤten sey, das die Kinder Gottes
nicht allein die werck des gesetzes, sondern auch die werck der gna
den, das
ist, der widergeburt vnd des glaubens vnd die rechtschaffne Frucht der Busse haben vnnd
deren sich mit hohem vleis beuleissi-g 4vgen sollen,
damit sie die Ehrenkron der gerechtigkeit vnd Seligkeit, so jnen durch Christum erworben
vnd im himelreich bey gelegt, durch verharrung im glauben vnd guten wercken erlangen
moͤgen, wie auch Apocalypsis 2 geschrieben
stehet: Sey getrew bis an den
tod, so wil ich dir die Kron des lebens geben.
Apk
2,10. Vnd Paulus von sich selbs also auch schreibet: Jch werde
schon geopffert vnd die zeit 2. Corin. 4.meines
abscheidens ist schon verhanden. Jch hab einen guten kampff gekempffet. Jch habe den
lauff volendet. Jch habe glauben gehalten, hinfort ist mir bey gelegt die Kron der
gerechtigkeit, welche mir der
II Tim 4,6–8.
Herr an jenem tage, der gerechte Richter, geben
wird.
Jtem 1. Timoth. 1: Vbe ein gute Ritterschafft vnd behalte glauben vnd gut
gewissen.
Vgl. I Tim 1,18f.
Jtem 1 Timoth. 4: Beharre in diesen stuͤcken, denn wo du solches thust, wirstu
dich selbs selig machen vnd die dich hoͤren.
I Tim 4,16.
Das aber das gewislich auch des Herrn
h 1r V. DISPVTATIO DE OPERIBVS LEGIS ET GRATIAE.
1. Necessaria sunt opera omnia, tam legis quam gratiae.
2. Opera legis sunt, quae extra fidem fiunt, uoluntate humana.
3. Quam uoluntatem lex uel cogit minis et poenis, uel allicit promissis et beneficijs.
4. Nunquam est tamen uera et recta ea uoluntas, sed semper quaerens quae sua sunt.
5. Ideo et in ipsis haeroicis uirtutibus, naturali hoc uitio deprauata est.
6. Multo minus ualet ipsa quidquam in religione, seu iustificatione coram Deo.
7. Et tamen necessaria est, ad custodiendam externam disciplinam et pacem.
8. Opera gratiae sunt, quae ex fide fiunt, Spiritu sancto mouente et regenerante uoluntatem hominis.
9. NECESSE tamen est eam etiam per uerbum et signum externum, hoc est, minis et promißis admoneri et excitari.
10. Placuit enim Deo per ministerium uerbi et
sacramenti, Spiritum distribui
et augeri.
11. Nec illa ipsa opera iustificant coram Deo, sed fiunt a iustificatis, licet, recte dicantur iustitia operum, Deo grata per Christum.
12. Currere et uelle oportet, nec tamen est currentis aut uolentis, sed miserentis Dei.Vgl. Röm 9,16 (Vg).
13. Nihil sibi conscium esse oportet, et tamen scire, non in hoc se esse iustificatum.
14. Quaerere opertet per patientiam boni operis uitam aeternam, nec est tamen quaerentis, sed miserentis Dei.
h 1v
15. Denique cursum consummare, et coronam iustitiae
repositam habere
oportet, nec tamen est consummantis, nec habentis, sed
miserentis Dei.
Auff das aber der Deutsche Leser sehe, was hieuon
Rom. 9.Es ist von noͤthen, das man durch
beharrung in guten wercken das ewige leben suche, vnd ligt doch nicht an jemands suchen,
sondern an Gottes erbar
men.
Zum letzten ist von noͤten, das man den lauff volende vnd die Kron der Gerechtigkeit beygelegt habe,Vgl. II Tim 4,8. vnd ligt doch nicht an volendung des lauffes vnd an dem haben, sondern an Gottes erbarmen.
Hje bitte ich alle Christliche Leser vmb Gottes willen, das sie diese wort
Necessaria sunt opera
, item:
oportet per patientiam boni operis quaerere uitam aeternam,
alle Werck, beide des Gesetzes vnd der Gnaden, sind noͤtig,
jtem: Man mus, oder es ist von noͤthen, das
man durch gedult des guten werckes das ewige leben suche
, man mus den
Lauff volenden
, so offt gebraucht. Warumb werden wir denn
von den
Magdeburgischen Schreiern, Mamelucken,Ein
ägyptischer Militärsklave, meist christlicher Herkunft, aber im muslimischen Glauben
erzogen; im 16. Jahrhundert der Inbegriff des Glaubensabtrünnigen. Vgl.
Darumb sihet jederman, das es lauter mutwil, Has vnd Neid ist, vnd das sie des
thers
h 2v Werck der gnaden sind die, welche aus dem glauben geschehen, da der heilige Geist den willen des Menschen beweget vnd vernewert.
Jedoch ist von noͤthen, das solcher wille durchs wort vnd das eusserliche Zeichen, das ist durch drawung vnd verheissung vermanet vnnd erwecket werde etc.
Das heist ja gezwungen vnd genoͤtiget vnd redet vonn denen
welche Christen sind.Also schreibet auch Gott mus seine Christen gleich mit den haren dazu ziehen vnd
zwingen, das
Vgl.
sie thun, was sie sollen.
Denn warumb stehen so viel vermanung vnd drawung
allenthalben inn der Propheten vnd Aposteln schrifft, Christen ist vermanung von noͤten, das sie nicht alles von jhnen selbes
thun.wo der selbigen nicht von noͤten, wie sie denn nicht von noͤten weren, wenn
die gleubigen von sich selbes gute Werck theten, wie die Sonne von sich selbs leuchtet
vnd ein guter baum von sich
selbs gute fruͤcht treget vnd keiner vermanung
darff?bedarf. Warumb thut S. Paulus
diesen ernstlichen befehl allen Bischoffen vnd Pfarherren, da er spricht: So
2. Timo. 4. Ermanunge S. Pauli.bezeuge ich nu fur
Gott vnd dem Herrn Jhesu Christo, der da zukuͤnfftig ist, zu richten die lebendigen
vnd die Todten mit seiner Erscheinung vnnd seinem Reich: Predige das Wort, halt an, es
sey zu rechter zeit oder zur vn-
II Tim
4,1f.
h 3rzeit,
straffe, drawe, ermane mit aller gedult vnd lere etc.
Jtem 2. Pet. 3: Meine lieben, weil jr das zuuor wisset, so verwaretschützt. Vgl.
II Petr 3,17f.
Jn dieser vermanung S. Petri seind zwey stuͤcke: Das erste ist, das er
an
zeiget, das den gleubigen stetter vermanung erstlichen darzu von noͤten
sey, das sie nicht durch die Gottlosen verfuͤret aus jhr eigen Festung, das ist aus dem
glauben vnd dem erkentnis des Herrn Christi fallen vnd also den glauben vnd die
Seligkeit durch die suͤnde wider verlieren.
Das andere ist, das er anzeigt, das stete vermanung auch darzu von noͤten sey,
das
die gleubigen in der gnade vnd erkentnis vnsers Herrn vnd Heilands Jhesu Christi
wachssen vnd zunemen, daraus denn zu sehen, das den Christen steter vermanung hoch von
noͤten. Jtem, das die Christen noch nicht in
facto noua creatura et bona arbor, das ist, noch
nicht in der that vnd volkomenlich eine newe Creatur vnd ein guter Baum seind, sondern
das sie erst durch den
glauben dem Weinstock eingepfropfetJohan. 15. sindVgl. Joh 15,1–8. vnd noch fur vnd
fur wachssen vnd zunemen muͤssen. Was aber noch wechsset, das ist noch nicht, wie es
sein sol.
h 3v Denn
inn
diesem leben allein den anfang einer newen Creatur, denn das sind des Herrn
Igitur non sic abrogata est lex, ut nihil sit, aut nihil secundum eam facere oportet:
Sed iustificatio legis impleri debet in nobis per filium Dei, ut Roman. 8. dicit Paulus.Vgl. Röm 8,4 (Vg).
Quin et hoc officium habet, ut testificetur iustitiam fidei, simulque ostendat, qualis creatura ante peccatum fuimus, et post peccatum futuri sumus.
Interim fouemur in sinu Dei, tanquam initium Creaturae nouae, donec perficiamur in resurrectione a mortuis.
Hoc initium autem per bona opera, si uere inest, sese
ostendit, et certam facit
uocationem nostram.
Igitur si humanis uerbis liceat dicere, non actu perfecto, sed potentia propinqua iusti sumus.
Formatur enim Christus in nobis continuo, et nos
formamur ad imaginem ipsius dum hic uiuimus.
Jtem zu den Galatern cap. 5. vber diese wort:
Nos enim spiritu ex fide spem iustitiae expectamus.Gal 5,5 (Vg).
IncipimusIm zitierten Text:
Incepimus. quidem iustificari fide, qua et primicias spiritus accepimus, et
mortificatio carnis cepta est, sed nondum perfecte iusti sumus. Reliquum est, ut
perfecte iustificemur, hocque speramus. SIC IVSTITIA nostra nondum est in re, sed
adhuc in spe.
Philip. 3.Also schreibet S. Paulus von sich selbs:
Nicht das ichs schon ergriffen habe oder schon volkom-h 4rmen sey. Jch jage jm aber nach, ob ichs auch ergreiffen moͤchte
etc.
Phil 3,12.
Daraus sehen wir, wie sich dis gleichnis von der Sonnen vnnd den Gleubigen reimet: Die
Sonne gibt jhr liecht nicht aus noth, sondern von natur. Denn
Gott hat sie also
geschaffen, das sie scheinen sol, vnd dieweil sie noch vnuerrucktgenauso, am selben Platz. Vgl.
Also were auch kein zwang, keine vermanunDen Christen ist
vermanung zu guten Wercken von noͤten.ge dem Mensch von noͤten, das
er
guts thun solt, wo er in seiner ersten schoͤpffung bestanden vnd seine natur durch die
suͤnde nicht verderbet were, da wuͤrde Gottes Bilde auch von natur scheinen vnd leuchten
one alle vermanung. Dieweil aber solch liecht durch die Suͤnde nu verdunckelt vnd
verderbet vnnd durch den glauben vnd heiligen Geist in diesem leben allein wird
angefangen, vernewert zu werden,
das es ein wenig widerumb anfahe zu scheinen vnd
zu leuchten, vnd zum Bilde Gottes wider geschaffen vnd restauriret werde,
vnd das Fleisch vnd die verderbung der Natur solchem Liecht des Geistes Gottes stets
widerstrebet vnd es verfinstern vnd nicht leuchten wil lassen, wie S. Paulus von sich
selbes bekennet,Rom. 7.
h 4v da er spricht: Das gute, das ich wil, das thue ich
nicht,
Röm
7,19. So ist warlich hoch von noͤten, das die gleubigen durch stetig
drawen vnd vermanen angehalten werden, das sie das liecht des glaubens, so der heilige
Geist in jnen angezuͤnd, nicht durchs fleisch verduͤnckeln oder verleschen, sondern
scheinen vnd leuchten lassen, wie der Herr die KinMatth.
5.der Gottes selbs vermanet:
sondern das boͤs, das ich nicht wil, das thu ich.Last ewer
Mt 5,16.
liecht leuchten fur den
leuthen, das sie ewere gute Werck sehen vnnd
ewren Vater im Himel preisen.
Darumb muͤssen diese Phrases, diese weise zu reden vnd zu leren, jn der Christlichen
Kirchen bleiben, das man die gleubige durch diese oder andere wort zu guten wercken vnd
alWo zu gute Werck von noͤten.ler Gottseligkeit
halte vnd treibe vnd spreche:
Lieben Freunde, dieweil jr nu durch den glauben
Kinder Gottes worden seid,Vgl. Gal 3,26. so seid jhr schuldig, ewrem
Vater im himel gehorsam zu sein, vnd sind euch nu die gute werck also zur Seligkeit von
noͤten.
Erstlichen, das ewer Vater dadurch gepreiset werde.
Zum andern, das jhr ewern beruff dadurch fest machet vnd nicht wider aus
ewer
Festung2. Petri 3. des glaubens fallet, glauben,
gerechtigkeit, heili-i 1rgen Geist vnd die entpfangne
Seligkeit durch Suͤnde vnd Vngehorsam nicht wider verlieret.Vgl. II Petr 3,17f.
Zum dritten, das jhr dardurch Gott, ewerem Vater, vor die entpfangne wolthat, das er
euch seinen Son vnd in jm vnd durch jn die vergebunge der Suͤn
de,
Gerechtigkeit vnd Seligkeit geschanckt hat, ewere danckbarkeit zeiget.
Zum vierden das jr die schulde, so jr Gott ewrem Herrn zu bezalen verpflicht seid,
anfahet zu bezalen. Vnnd wo es euch mangelt, wie jenerMatth.
18. knecht thut,Vgl. Mt 18,26. dem Herren zu fusse fallet
vnd sprechet: Ach Herre, vergib vns vnsere Schulde, als wir vergeben vnsern
Schuldigern.
Vgl. Mt 6,12; Lk
11,4.
Denn wenn wir nicht Gottes
Schuldener weren vnd der
anfang der bezalung, so inn den Gleubigen durch den newen gehorsam, das ist, durch die
gute Werck, geschicht, zur Seligkeit nicht noͤthig were, warumb leret vns denn der
Herr also beten: Vergib vns vnsere schulde?
Denn wer schuldig ist,
dem ist von noͤten, das er bezale oder darumb bitte, das jhm die schuld erlassen
werde.
Zum fuͤnfften, das jhr durch gute werck die Goͤttliche lere bekennet, sie zieret vnd schmuͤcket vnd niemands ergernis gebet.Vgl. II Kor 6,3.
i 1v Zum sechsten, das jr dadurch andern leuthen ein gut exempel gebet vnd sie zu aller Gottseligkeit reitzetVgl. Hebr 10,24. vnd dem Nehisten damit dienet.
Zum siebenden, das jhr ein gut gewissen vnd friedsames hertz behalten, Gott
anruffen, ewren glauben darinnen vben moͤget.
Zum achten, das jr selbs vnd andere
leut an den guten wercken, als fruͤchten der warhafftigen Busse, versichert werdet, das
ewer glaube rechtschaffen vnd nit geferbetfalscher, täuschender. Vgl.
gebot, das er dardurch erfuͤre, ob Abraham recht gleubte, denn das
wuste Gott zuuor wol, sondern das Abraham selbs vnd die andere leute durch solchen
gehorsam erfuͤren, das sein glaube rechtschaffen were etc.
Zum neundten, das jhr dadurch die straffen der boͤsen werck hieim Diesseits. zeitlich vnd dortim Jenseits. ewiglich entfliehen moͤget.
Zum zehenden, das jhr dardurch auch allhie in diesem leben die zeitliche vnd dort inn jenem leben die ewige belohnung vnd Ehrenkron der gerechtigkeit, so Gott den guten wercken verheissen, entpfahen moͤget.Vgl. I Kor 9,24f; I Petr 5,4; II Tim 4,8.
Dis sind die furnembste fines bonorum operum, die
furnembste vrsachen, warumb gute werck von den Kindern Gottes geschehen sollen, in
welchen,
dieweil die verderbung der natur noch bleibet vnd i 2r
das fleisch allezeit dem Geist widerstrebet, so muͤssen sie durch solche vermanung stets
getrieben werden, wie Paulus seinem Juͤnger Tito befihlet: Tito 3.Erinnere sie, das sie zu allem guten werck bereith
sind.
Vgl. Tit 3,1. Jtem: solches wil ich, das du fest
lerest, auff das die, so an Gott gleubig sind worden,
in eim stand guter werck funden
Vgl. Tit 3,8 (Luther 1545).
werden. Solches ist gut vnd nutz den
menschen.
Denn der Herr, welcher das gros Abendmal macht, spricht also zu seinem Knechte: Luce 14.Gehe aus auff die Landstrassen vnd an die
Zeune vnd noͤtige sie hierein zu kommen, auff das
mein Haus vol werde.
Lk 14,23.
Dis noͤtigen geschihet beyde, durch die Predig des Gesetzes vnd des
Euan
gelij, welche beide vns zur Busse vermanen. Da wird gebeten vnd
geflehet, gedrawet, gestraffet, vermanet etc.2. Timot.
3.
Denn alle Schrifft, von Gott eingegeben, ist nuͤtz zur Lere, zur Straffe, zur
Besserung, zur Zuͤchtigung in der Gerechtigkeit, das ein Mensch sey volkomen, zu allem
guten Werck geschickt.
II Tim 3,16f.
i 2v Das aber hiewider gesagt wird, dem gerech1. Timot. 1.ten ist kein gesetz gege
,I Tim 1,9. das ist ja war, nemlich
erstlich ists dem gerechten nicht darzu gegeben, das er dardurch solte gerecht werden,
denn er ist allbereit gerecht, aber nicht durch das gesetze oder seine werck, sondern
aus gnaden durch den glauben an Jhesum Christum,
ben,
sondern den vngerechtenwelcher1. Corinth. 1. vns von Gott zur gerechtigkeit
gemacht.
I Kor 1,30.
Zum andern ists auch dem gerechten nicht gegeben, das es jnen koͤndte oder solte
beschuldigen, denn der Gerechte ist nu nicht mehr vnter dem gesetze, sondern vnter der
gnade, denn wer wil dieRom. 8. Auserwelten
Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht machet.
Röm 8,33.
Zum dritten ists auch nicht jnen gegeben, das es die gerechten solle
verdam
men, denn ChristusGalat. 3.
hat die gleubigen erloͤset von dem fluch des Gesetzes, da er ward ein fluch fur
vns.
Vgl. Gal 3,13. Darumb, wenn vns das gesetze verdammen wolte,
so ist ChristusRom. 8. hie, der gestorben ist,
ja vilKonjiziert aus: wil. mehr, der
auch aufferwecket ist, welcher ist zur rechten Gottes vnd vertrit vns.
Röm
8,34.
Jst denn der gerechte von Gottes gesetzWas den gehorsam
belanget, bleibet der gerechte vnter dem Gesetze.gantz frey? Nein, denn das ist
vn
muͤglich, dieweil das Gesetze ein ewiges vnd vnwandelbares Decret,
Satzung vnd Ordnung Gottes ist, welches nimmermehr kan abgethan werden, vnter welchem
alle Engele vnd Menschen in ewigi 3rkeit beschlosseneingeschlossen, umschlossen. Vgl.
Wie er aber dasselbige in diesem Leben halten vnd erfuͤllen sol, ist oben
erkleret.
Wje auch diese wort Credentes sunt noua
Creatura, noua arbor, ideo ista phrases legales non pertinent huc, scilicet fidelis
debet opera bona facere, sicuti non recte dicitur, sol debet lucere, arbor bona
debet bonos
,Vgl.
oben Anm. 746. zu uorstehen sind, hette den Magdeburgischen Scribenten
zu erkleren wol gebuͤret, welche solche wort wider mich mit vilen hoͤnischen vnd
spoͤttischen worten nach jrer art angezogen,angeführt, zitiert. Vgl.
fructus ferre
nur jrre machen vnd sie nichts gruͤndlichs berichten vnd leren. Denn
Necessaria sunt omnia opera, tam legis quam gratiae.
Quaerere oportet per patientiam boni operis uitam aeternam etc.Vgl. oben bei Anm. 753, Nr. 1 und 14.
Man mus das ewige leben suchen durch gedult in guten Wercken etc.
So gebrauchet die heilige Schrifft auch selbs i 3v dieser wort, als
Hebr. 10:
Gedult ist euch noth, auff das jhr den Willen Gottes thut vnd die Verheissung
entpfahet.
Vgl. Hebr 10,36.
Luce 14: Noͤtige sie hereinerherein
(verstärkt, aus
Vgl. Lk 14,23.hereinher
). Vgl.
1. Corinth. 9: Neceßitas mihi incumbit. Das
ich das Euangelium predige, darff ich mich nicht rhuͤmen, denn ich mus es thun. Vnd wehe mir, wenn ich das
Euangelium nicht predigte etc.
I Kor 9,16.
Es ist auch oben genugsam angezeigt, wie die alte vnd jtziger zeit Lerer der gemeine
Gottes inn jhren Schrifften vnd Predigen solcher Lere vnd Wort ge
brauchen:
gute Werck sind den Kindern Gottes zur Seligkeit noͤtig,
vnd ist ein
lauter mutwil, das die Magdeburgische Schreier solche lere vnd Wort anfechten, wie das
Ende beweisen wird.
Das aber
noch nicht volkomene Christen, sondern im anfangen, wachssen
vnnd zunemen sind vnd derwegen jnen steter vermanung vnd den Phrasibus legalibus von noͤten sey, Christianus debet bona opera facere, zeigen solches
seine eigne wort an, da er vber das 13. Capitel Matthei also schreibet:
i 4r
Stare in uia Dei est
retrogredi.
Das Zitat lässt sich
so bei In Purificatione B.M.V.
bezieht. Vgl.
cepit esse Christianus, hoc restat, ut cogitet se
nondum esse Christianum, sed quaerere, ut fiat Christianus,Vgl. Phil
3,12. ut cum Paulo poßit gloriari: Non sum, sed cupio esse. Et
quotquot perfecti sumus, in hac regula maneamus.Vgl. Phil 3,15.
CHRISTIANVS enim non est in facto, sed in fieri. Dicitur enim ad eum: Petite,
quaerite, pulsate. Non dicitur: habetis, inuenistis, intrastis, sed petite,
quaerite etc.Vgl. Mt 7,7. Igitur qui Christianus est, non est
Christianus, hoc est, qui se putat factum Christianum, cum sit tantum FIENDVS
Christianus, ille nihil est, tendimus enim in Coelum, nondum sumus in Coelo
etc.
Hieraus ist zu sehen, wie die Magdeburgische Scribenten des
lassen, denn jr
Betrug vnd Bosheit, welche sie mit vielen Luͤgen vnd CalumnijsVerleumdungen. Vgl. Es ist nichts
verborgen, das nicht offenbar werde, auch nichts heimlichs, das nicht kundt werde vnd
an tag komme.
Lk 8,17.
i 4v An Christlichen Leser.
Zu letzt bit ich alle Christliche Leser, wes stands oder wirdens die sind, welche rechten verstand der reinen Christlichen lere haben, das sie mit vleis wollen erwegen, was ich in meiner ersten Antwort auffs
mir meine wort verkeren vnd auslegen. Jtem auch bedencken, ob wir, die wir zu
licher lere, abtruͤnige Mamelucken, Pelagianer, lose Buben, Papisten, Jnterimisten, Adiaphoristen vnnd weis nicht was mehr sein, wie wir nu bis in das 4. jar durch manichfeltige lester vnd luͤgenschrifften offentlichen im Druck in alle welt durch die Magdeburgische schreier vnd Schreiber ausgetragengeschmäht, verleumdet. Vgl.
Vnd sage entlich noch ein mal, wie ich in meiner antwort auff des Herrn
k 1r Hiewider moͤgen nu AmselnPolemische Anspielung auf
HanePolemische Anspielung auf
wie boͤse sie sich auch machen.Vgl. Mt. 16,18.
Summa: Wer da leret, das den gleubigen gute werck zur seligkeit nicht noͤtig sind, dieweil sie dieselbige aus gnaden, one alle jre werck vnd verdienst durch den glauben schon haben, der leret auch wider Gottes Gebot, Wort vnd Ordnung, das den Kindern der gehorsam gegen jren Eltern zu jrem veterli
chen erbe nicht noͤtig sey, die weil sie die erbschafft albereit durch die geburt vnd aus gnaden von jren eltern haben. Denn Got hat in die menschliche natur gepflantz das Bilde, wie wir Kinder vnd Erben Gottes werden etc.
Denn wie das kind die kindschafft vnd das erbe nicht durch sein werck vnd gehorsam verdienet, sondern aus Gottes ordnung durch die geburt von seinen
eltern hat, aus lauter gnaden vnd barmhertzigkeit von Gott eingepflantzter liebe der Eltern gegen die Kinder, also verdienen wir nicht durch vnsern gehorsam vnd werck das erbe der seligkeit, sondern habens aus gnaden vnd barmhertzigkeit Gottes des vaters durch das einige verdienst seines k 1v Sons Jhesu Christi, von welchem, als vnsermGala. 4.Vgl. Gal 4,5.
Johan. 1.Vgl. Joh 1,12. Lehenherrn dem eingebornen
Sohn Gottes, wir allein durch den glauben die Kindschafft entpfahen vnd durch solchen glauben kinder Gottes werden.
Gleich auch wie die Kinder, wiewol sie allein durch die geburt vnd aus liebe vnd gnade der Eltern das erbe haben, dennoch Vater vnd muter gehorsam sein muͤssen, damit sie den Veterlichen gnedigen willen erhalten vnd nicht
die erbschafft, so sie durch die geburt aus liebe vnd gnaden haben, durch vngehorsam wider verlieren, also auch ist allen Kindern Gottes zu erhaltung jrer Kindschafft vnd Erbschafft der Seligkeit, die sie allein aus barmhertzigkeit durch den glauben entpfangen, von noͤten, das sie jrem Vater, wo nicht in allem (wie es auch in der leiblichen Vaterschafft vnd Kindschafft zu gehet,
das die kinder nicht alwege dem vater gehorsam sind) doch zum teil anfahen gehorsam zu sein, damit sie das Recht der kind vnd erbschafft nicht wider verlieren. Dis hat Gott also in menschliche natur gepflantzet vnd darumb zur deutung vnd zum geheimnis, wie S. PaulusEphe. 5.Vgl. Eph 5,22–33. sagt, den Ehestand eingesatzt, das der selbige dieser grossen sachen ein Bild vnd erinnerung allen Menschen
auff erden sein solle.
Derhalben es von Predigern vnd Lerern der Christlichen kirchen erschrecklichen zu hoͤren, das sie noch durch offentliche predigte vnd schriffte mit aller vnwarheit vnd Sophisterey k 2r doͤrffen furgeben, das den Kindern nicht noͤtig sey, jrem Himlischen vater gehorsam zu sein, zu erhaltung des Vaters
gnedigen willen der Kindschafft vnd Erbschafft.
Da bitte ich nu alle menschen auff erden, nicht allein Christen, sondern auch Tuͤrcken, Juden vnd Heiden, die da Kinder haben, das sie selbs richten vnd vrtheilen wollen, ob diese lere nicht allein wider das heilige Euangelion Jhesu Christi, sondern auch wider das Gesetz der natur sey, welchs Gott in alle
Tuͤrcken, Juden vnd Heiden vnd eben darumb in menschliche natur gepflantzt hat, das es eine erinnerung der ewigen Kindschafft vnd Seligkeit, wie die zuerhalten sey, sein solte.
Noch sind jetziger zeit so viel Leuth, sonderlich inn
Natur nicht betrachten vnnd dieser grossen, schendlichen vnd schedlichen Schwermerey, auch viel aus den Pfarherrn vnd Predigern, beyfal geben, sie als Gottes wort mit verfelschung heiliger, goͤttlicher Schrifft schuͤtzen vnd vertheidigen, welches ja zu erbarmen. Ob nu solcher Geist von Gott oder vom leidigen Teufel erwecket, das gib ich allen Menschen zu erkennen,beurteilen. Vgl.
inn welchen einiger funcken des natuͤrlichen Liechts leuchtet, wil geschweigen, was die richten sollen, in welchen das vnbeflecte Liecht des heiligen Euangelion leuchtet.
k 2v Denn das sie alhie durch lauter Sophisterey, luͤgen vnd eingebeneinflößen. Vgl.
ben Vaters vnd Praeceptoris, D.
leider gantz
Vnd fuͤre hiewider aber dis allen menschen auff erden bekand gleichnis vnd von Gott selbs darzu geordnet geheimnis, vnd setze daruͤber alle menschen auff erden, Tuͤrcken, Juden vnd Heiden, wil geschweigen Christen, zu Rich
ter, ob dis auch recht were, wenn ich also die Kinder lerete: Liebes Kind, so du nu ein warhafftiges vnd Ehelich kind vnd erbe deines vaters bist, so wirstu nu von natur vnd dir selbs dem vater gehorsam sein vnd alles thun, was du thun solst. Da ist nu keiner zucht, vermanung vnd straff mehr von noͤten,
denn wie die Sonne von natur leuchtet, so wirstu von natur auch den gehorsam gegen deinem Vater scheinen lassen vnd on alle veterliche zucht vnd vermanunge thun, was du thun solst.
Ja, war wers, wenn vnser natur, wie der Sonnen, durch die suͤnde nicht verderbet were, wie Moses k 3r Gene 8. zeuget vnd wir leider alle bekennen
muͤssen, das alles tichten des Menschlichen hertzen von jugent auff boͤse ist
,Gen 8,21. oder wenn vnser natur in diesem leben moͤchte wider gentzlich zum ebenbilde Gottes restauriret werden. Dieweil aber in allen gleubigen vnd kindern Gottes die verderbunge der natur bis in die grubenbis zum Tod. bleibet, so ist vns allezeit eines Zuchtmeisters vnd stetiger vermanunge von noͤten,Vgl. aber Gal 3,24f. das wir
vnsern Vetern auff erden, wil geschweigen vnserm Grosuater im himel,Großvater als Bezeichnung für Gott, vgl.
Darumb bitte ich alle Menschen auff erden, sie wollen doch jre natur vnd vernunfft hier in rathfragenum Rat fragen. Vgl.
sche Scribenten vor eine mehr denn Tuͤrckische Barbarey vnd erschrecklichen vngehorsam durch jre verfuͤrische vnd Gottlose lere in die Christenheit einfuͤren, dadurch, das sie leren, das warhafftigen, gleubigen Christen, welche kinder Gottes sind, nicht von noͤten sey, zu erhaltung jrer erbschafft vnd Seligkeit, Gott jrem Vater, wo nicht volkoͤmelich, ja zum theil durch huͤlff des
heiligen Geists in Christo Jhesu gehorsam zu sein, vnd das sie hiraus alle jre schendliche, verfuͤrisch, luͤgenhafftige vnd vngegruͤndte, aus lauter Ehrgeitzigkeit, lust zu hadern, zanck vnd zwitracht nu in das 4. jar offentlichen in Druck durch gantz
an keinen glauben geben, auch mit vns von hertzen zu Gott dem Vater vnsers Herren Jhesu Christi vor sie bitten wollen, das sie sich zu Gott bekeren vnd diese grosse ergernisse, so sie mutwilligklichen oder ja aus vnuorstand oder falschem bericht oder eingebung des boͤsen, welcher einigkeit der Christlichen lerer nicht leiden kan, erreget, erkennen vnnd widerruffen. Wo sie aber
das ja nicht thun wollen, wie sie inn vielen iren schrifften sich des vernemen lassen, das Gott hinfort iren ergernissen steuern vnd weren woͤlle. Amen. Amen. Amen.
Hiermit wil ich auff alle jre vorige vnd zukunfftige schrifft geantwort vnd Gott dem rechten, warhafftigen richter, welcher aller menschen hertzen allein
erkennet,Vgl. I Sam 16,7. das vrtheil inn dieser sachen beuohlen haben vnd diese Regel S. Pauli vnd meines lieben Herren vnd Preceptoris Doctoris
Jch wil hinfort der Schwermer muͤssig gehnsich nicht mehr mit ihnen beschäftigen. Vgl.
Vgl.
tichten gedancken haben fuͤrbracht etc.
Derhalben ist mein trewer vnnd Christlicher Rhat, das iederman jr muͤssig gehe, denn da ist kein ende disputirens vnnd plauderns, sie lassen jnen nicht sagen vnd hoͤren nicht, wissen auch nichts zu sagen Vnd leren auch nichts. Denn das ist nicht mein, sondern des heiligen k 4r Geistes Rath, der aller
Vgl.
Hertzen vnd alle sachen basbesser, vielmehr. Vgl. Einen ketzerischen menschen soltu meiden wenn er ein mal oder zwyer vermanet ist, vnd solt wissen (spricht er), das er verkeret ist vnd hat sein vrtheil etc
.
Denn mit den Rotten viel disputiren ist nicht allein vnfruchtbar bey jnen, sondern auch schedlich bey den Zuhoͤrern, die dadurch, wenn sie gleich nicht verfuͤrt werden, dennoch geergert vnd abgeschreckt werden. Solchen Rath des Heiligen Geistes muͤssen wir nicht verachten, noch vns an jr rhuͤmen keren,(uns daran) stören. Vgl.
Vgl.
rathen, der wird sie wol finden vnd jren Rhum zu schanden machen, wie er denn bereit an mit der that furgenomen hat, solches zu beweisen vnd beweren.
Der Allmechtige wolle gnediglichen alle Ergernisse abwenden, allen Rotten vnnd Secten steuren vnd weren vnd seine liebe Christenheit bey reinem Er
kentnis seines lieben Sohns Jhesu Christi erhalten vnd fur allem vbel, zeitlichen vnd ewigem, bewaren,
AMEN.
Gedruckt zu