Antwort auf des Herrn D. Majors Verantwortung (1552)

A 2r inn seiner antwortVgl. . auff des Ehrnwirdigen Herrn schrifftVgl. . wil sich fastsehr. entschuͤldigen vnd beschoͤnen, er sey gantz vnschuͤldig an der newen geburt des Leiptzigischen Jnterims.Der Leipziger Landtagsentwurf von 1548/49, das sogenannte Leipziger Interim, mit den Anmerkungen von und ist abgedruckt in . Deßgleichen thun fast alle Adiaphoristen mit predigen, schreiben, lesen vnd reden, wie vnnd wo es jhnen jhe zuweilen von noͤten thut, das also dis liebe
Kind dieser zeit noch ohne Vater sein vnnd ein Findelkind bleiben mus; darzu jhm nit mus helffen, das die Mutter, die Babilonische Jungfraw,Vgl. Apk 17,1–5. sich selbst meldet, das Kind auch mit aller gestalt des gantzen leibes beide, Mutter vnd Vater genugsam zu erkennen gibt, oneabgesehen davon. was andere Leut wissen, reden vnd zeugen, wie es mit dieser geburt sey zugangen.

Nu goͤnneten wir jhnen, weis Gott, von hertzen wol, das sie moͤchten fuͤr den Leuten bey ehren bleiben, als weren sie an Christo nit bruͤchigtreubrüchig. Vgl. , 412. worden, muͤstens auch entlich dahin stellen, das sie es bey sich selbst fuͤr keine suͤnde hielten. Was frommenWelchen Nutzen. Vgl. , 246f. aber jnen solchs zu jrer seelen heil vnnd zu Christlichen ehren beide, fuͤr Gott vnd seiner wahren Kirchen, in so einer
oͤffentlichen sachen jtzt, kuͤnfftig vnnd ewig bringen werde, muͤssen wir sie, wenn sie es ja nit anders haben wollen, erfahren lassen.

Was schadet dem Dauid zu seinen ehren, das er nach begangenem leiblichenVgl. demgegenüber Mt 5,28. EhebruchVgl. II Sam 11,4. spricht das Peccaui?Vgl. II Sam 12,13. Vnd was wuͤrden hinwider jtzt vnnd allezeit von jhm halten vnd reden alle Gottselige Menschen, wenn er
solche that, so sie offenbar worden, noch hette rechtfertigen wollen? Wir koͤnnen auch nit anders A 2v mercken aus seiner historien, denn das er dieselbige seine suͤnde, ehe denn der Prophet Nathan zu jhm gekomen, nie recht erkant, Gott auch darumb sie nit ehe von jhm genomen, das ist: vergeben gehabt, habe, denn er dis Peccaui frey hat herausgesprochen, an
welchem exempel des grossen ProphetenDavid gilt aufgrund der ihm zugeschriebenen Psalmen auch als Prophet. sich vnsere Propheten jtzt wol spiegeln moͤchten. Aber wie gesagt, woͤllen vnd koͤnnen sie jhre eigne seligkeit vnd Christliche ehre nit anders bedencken, so muͤssen wir es auch geschehen lassen, das vnns doch fuͤr sie treulich leid ist.1

Das koͤnnen oder soͤllen wir aber in keinem weg geschehen lassen vnnd stil
schweigen, das sie oder andere hernacher diesen Bastart,dieses uneheliche, nicht erbberechtigte Kind. Vgl. , 1150f; , 100. im Ehebruch mit der Babilonischen huren gezeuget, fuͤr eine keusche, heilige geburt in das erbe Christi einschieben wolten, das ist: das dieselbe oder andere dergleichen vergleichungen mit dem Roͤmischen Antichrist inn der Kirchen Christi auffkomen vnnd fuͤr Christlich von jderman muͤsten angenomen vnd angebetet
werden. Wie wir sie denn desselben verdachts nit koͤnnen erlassen, weil jhre entschuͤldigungen mit vleis nach gelegenheit jtziger zeit allein dahin gerichtet werden, das sie dieselbigen vergleichungen nit wollen gemacht haben, das sie sie aber fuͤr vnchristlich mit vns soͤlten verdammen, damit wollen sie gar nit heraus vnd geben derhalben genug damit zu uerstehen, wenn es
bey dem vorigen weiter were geblieben, do sie diese jhre frucht gezeuget haben oder noch wider darzu komen solte, das sie denn keine scheu haben wolten vnnd wuͤrden, sich als Veter zu dem Kind zu bekennen, vnd das es denn wol muͤste als ein heilige, keusche geburt von jderman an-A 3rgebettet werden, wenn der weltlichen jhrer mitbulerTeilhaber an einer Liebschaft; auch Rivale. Vgl. , 2340f. gewalt jhnen
dazu zu steurUnterstützung, Hilfe. Vgl. , 2589f. keme.

Zudem so ist das grosse ergernis durch sie noch fuͤrhanden, oͤffentlich in der gantzen Kirchen, wenn sie gleich selbst nichts an solchen vergleichungen gezimmertmitgewirkt; ausgestaltet. Vgl. , 1346f. noch außtruͤcklich vnnd oͤffentlich darein bewilligt oder etwas darauff zu uerendern hetten angefangen, wie fast auff diesen puncten noch
bißher alle jhre antwort vnnd entschuͤldigung beruhet. Denn weil diese vergleichungen mit den Bischoffen sind in jhren Kirchen, darzu inn jhrem namen geschrieben vnnd fuͤrgenommen vnnd sie, die fuͤr die fuͤrnehmsten Lehrer vnd Seulen der KirchenVgl. Gal 2,9. gehalten werden, jhre entschuͤldigung vnnd meinung dauon nit frey richtig an tag geben, wie jhnen jhrem beruff
vnd grossem namen nach gentzlich eigent vnnd gebuͤret, so sind durch dis jr stilschweigen allein viel Leut in jrthumb vnnd zweiffel gefuͤhret, ob solche vergleichungen frieden, einigkeit vnnd zucht halben mit dem widertheil, den Papisten, Christlich muͤgen angenomen werden.

Hieruon sind sie schuͤldig,verpflichtet. zum wenigsten jhre meinung klerlich an tag zu
bringen vnnd entweders mit vnns solche vergleichungen oͤffentlich zu uerdammen – das nemlich der Babst vnnd seine Bischoffe, so lang sie Wolffe vnnd Antichristen sind, nit koͤnnen Hirten sein,Vgl. Act 20,28f. jtem das man Christo vnnd dem Antichrist nit koͤnne zugleich dienen,Vgl. Mt 6,24. in Christi vnnd des Antichrists Kirche sein vnnd seine malzeichen annemenVgl. Apk 14,9f; Gal 6,17. – oder aber sind schuͤldig,
das widerspielGegenteil. Vgl. , 1234. aus Gottes wort anzuzeigen vnd zu erweisen. Wo sie solches nit thun vnnd wie lang sie es nit thun, so sind sie vnd bleiben schuͤldigverantwortlich, schuldig. aller ergernis vnnd alles vnradts,Verwirrung, Zwiespalt; Widerwärtigkeit, Gefahr; Schaden, Unheil. Vgl. , 1231‒1233. so A 3v der Kirchen Christi aus solchen vergleichungen jtze dieser zeit entstanden ist vnnd noch kuͤnfftig entstehen wird.

Wir koͤnnen vnd woͤllen auch durch die gnaden Gottes dieser sachen nit ehe mit jhnen wider eins sein; das sollen sie vnnd jederman sich gewißlich zu vns versehen,von uns erwarten. Vgl. , 1251f. es gehe vns druͤber,es geschehe uns dabei/deswegen wie der liebe Gott wil.

Dis hab ich also fuͤr mich auff das kuͤrtzest antworten woͤllen auff vnnd seiner mitadiaphoristen entschuͤldigung des Leiptzigischen In
terims halben, auff das Christen wissen, worauff diese sache zwischen jhnen vnnd vns zu vnser vergleichung noch beruhet, was grundts vnd vrsachen wir auch vnsers fuͤrnehmens hierin haben. Nemlich beruhets darauff: Weil die Baumeister desselben Interims in einer so oͤffentlichen bekanten sachen jr eigen heil vnnd Christliche ehre ja nit besser bedenckenberücksichtigen, (ihnen) Rechnung tragen. Vgl. , 388. woͤllen, das sie
Gott moͤchten die ehre geben vnd sprechen mit Dauid das Peccauimus, so woͤllen wir sie deßhalben auch nit weiter dringenbedrängen, nötigen. Vgl. , 1416f. vnnd aus lieb zur einigkeit gehrn wissentlichbewusst, absichtlich. Vgl. , 802f. nit wissen oder sagen, wer der Vater zu dem Kind sey, vnnd mag also vnserthalben ohne Vater sein vnnd bleiben bis an den Juͤngsten tag. Doch, wie gesagt, schreibe ich dis allein fuͤr mich, versehe
mich aber,gehe aber davon aus. andere meine mituerwantenMitbeteiligte, Mitinteressierte. Vgl. , 2429. inn dieser sachen sollenwerden. Vgl. , 1489. nit fastnit fast = nicht sehr, nicht heftig. dawider sein.

Aber das sollen sie gleichwol mit vns sagen vnd oͤffentlich bezeugen, das es ein Hurnkind sey, das ist: solche mit dem Antichrist gemachte vergleichung neben vns verdammen. Vnd das aus dieser vrsachen, A 4r weil dieselben
vergleichungen in jhren Kirchen vnnd vnter jhrem namen sind entstanden, das widerumb durch publication jhres vrtheils kuͤnfftiger schaden vnnd gegenwertig ergernis in der gantzen Kirchen etwas dester mehr moͤge abgelehnetabgewendet, beseitigt. werden.

Bey diesem erbieten vnd bey den vorigen vnsern (noch bißher Im Original steht die Klammer hinter schrifften.vnuͤberwun
denen) schrifften wil ichs hiemit bleiben lassen vnd mich daruͤber mit Gottes gnaden in keine vergleichung ferner mit jhnen einlassen.

Nachdem aber sich so hoch wil entschuͤldigen, vnnd gleichwol damit allein, das er die zu gemachte Jnterimistische vergleichungen seinem beruff nach nie gestraffetgetadelt. hat, auch noch nit straffet, sich ge
nugsam verdechtig machet, so versiehet ers doch noch mit zweien stuͤcken sehr groͤblich in seiner verantwortung, also, das ein Kind verstehen mus, er schreibe wider sein eigen gewissen vnd begere nur, die Leut mit worten zu betriegen. Denn fuͤr eins bekent er, das er zu etlichen berathschlagungen vber das Augspurgische Interim mit sey gezogen, auch etliche artickel des
bedenckens selbst gestalt habe, da sey es alles Christlich zugangen,Vgl. . scilicet wie es der handel selbst redet.wie aus der Sache selbst deutlich hervorgeht (ironisch zu verstehen; ist der Meinung, aus dem Interimstext selbst und aus den Maßnahmen zu seiner Durchsetzung sei klar ersichtlich, dass von einem christlichen Zustandekommen desselben nicht die Rede sein könne). Zum andern, so wil er an dem Leiptzigischen Interim vnschuͤldig sein vnnd nimpt doch daraus der allerschedlichsten Proposition eine, das gute werck zur seligkeit noͤtig sind, dieselbige mit grossem ernst wider vns zu uorteidingen, vns vnd jederman
schlechts dahin zu bereden, wir muͤssen auch also halten, lehren vnnd predigen, oder Anathema sein. Jnn dem A 4v er sich also des Leiptzigischen Interims wil entschuͤldigen, beschuͤldigt er sich selbst am aller meisten.

Aber so viel die entschuͤldigung belanget, hab ich schon mein meinung
dauon angezeigt. Der proposition halben, das gute werck zu seligkeit noͤtig sind, auch anderer puncten halben mehr, haben auff das erste schreiben Herr vnd in jhren eigen schrifften genug geantwortet.Vgl. .

Dieweil er aber hernach noch ein predigt, Mitwoch nach Thomae23. Dezember 1551; der Thomastag fiel 1551 auf einen Montag. negst zu
Eißleben gethan, hat lassen außgehen,Vgl. VD 16 M 2130: . darin sonderlich am letzten bogen sich weiter erkleret, wie dieselbe proposition, der seligkeit halben, zu uerstehen sey, vnd sich also wunderlich verdrehet, das er vnns druͤber verfuͤrer vnnd Antinomer schilt, die wir mit vnser predigt die Leut sicher vnnd rauchlosruchlos, rücksichtslos, skrupellos, gottlos. Vgl. , 1343. machen, so wil ich jhm alhie in kuͤrtz fuͤr meinen theil fuͤrnemlich
auff beide dieselbe seine erklerung auch ein wenig antworten.

Vnd erstlich, auff das ich alhie noch nit sage, wie wol es gered sey vnd wie diese wort mit der schrifft, mit meinung vnd vorigem brauch vnser Kirchen stimmen, auch was sie heimlich auff dem ruͤcken tragen,was sie implizieren, mit sich bringen. Vgl. , 1101. Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, so wollen wir seine selbst glosaGlosse, Erläuterung.
druͤber besehen.

Jnn der ersten antwort auff des Herrn schrifft erklert er sich vnter andern mit diesen worten: Wiewol vergebung der suͤnde, zurechnung der gerechtigkeit, heiliger Geist vnnd das ewige leben allein durch den tod vnsers einigen mitlers vnnd heilandes Jhesu Christi erworben vnd allein durch den
glauben muͤssen entpfangen werden
(Das ist recht, B 1r das wolten wir fuͤr eins in diesem artickel haben, habens aber kaum mit vnsern lesterschrifften widerumb von euch erzwingen koͤnnen, hettens auch noch villeicht nit wider heraus, wenn sich das wetter am Himel nit verkeret hette. spielt hier auf die politische Großwetterlage an; die veränderten Rahmenbedingungen begünstigten eine Durchsetzung des Interims inzwischen nicht mehr: im August 1552 wurde der Passauer Vertrag unterzeichnet und ratifiziert. Denn in der vergleichung dieses artickels mit den Bischoffen zu
vnnd sonsten waren diese zwey stuͤck, nemlich zurechnung der gerechtigkeit vnnd das woͤrtlein ALLEJN, bey dem glauben nit allein außgelassen, sondern war zu auch eingangen, dasselbige nit mehr zu streiten vnd das FVRNEMLJCH an sein stat zu gebrauchen,Zu diesem Missverständnis vgl. ; Anm. 101. das es nu also heissen solte Wir werden FVRNEMLJCH durch den glauben gerecht vnd
selig
), dennoch (schreibt nu weiter) muͤssen auch gute werck nit als ein verdienst, sondern als ein schuͤldiger gehorsam gegen Gott verhanden sein (verstehe zur seligkeit). Diese Lehr, spricht er, werdet jr mir ja nit koͤnnen tadeln.Vgl. . Jtem an einem andern ort derselben schrifft: Es ist vnmuͤglich, das ein Mensch on gute werck koͤnne selig werden.Vgl. .

Wie aber, lieber Herr Doctor, wenn euch Gottes wort vnnd alle Christliche hertzen dieses letzten puncten halben noch etwas tadelten? Woltet jr denn nit vmb derselben willen ewer wort vnnd erklerung forthin abstehen?unterlassen, aufgeben. Vgl. , 400. Vnd damit jr ja nit dafuͤr angesehen wuͤrdet, als die da geirret vnnd den Papisten viel zu uiel eingereumet hetten vnnd derhalben billich von vns weren
gestrafft worden, zum wenigsten forthin widerumb mit vnns von diesem stuͤck reden vnd halten, wie bißher inn ewern vnnd vnsern Christlichen Kirchen im gebrauch gewesen vnnd wie jr mit den obgedachten zweien stuͤcken, Gott lob, zu B 1v thun wider habt angefangen? Jr seid aber zu demselben noch weiter schuͤldig, nemlich wie jr mit diesem ewerm
oͤffentlichem schreiben die Christliche Kirche greulich habt geergert vnd verwirret, das jr zu abwendung solches ergernis, errettung ewer vnnd vieler gewissen dasselbige ewer schreiben auch oͤffentlich retractirt.zurückzieht, widerruft.

Auf das aber nu jr vnnd meniglichjedermann. gar leicht zu uerstehen habe, das auch diese ewer deutelung (Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, nit als ein ver
dienst, sondern das sie als ein schuͤldiger gehorsam gegen Gott muͤssen verhanden sein) Gottes wort vnnd Christlichen gewissen zuwider sey, so will ichs euch zeigen mit gar kurtzen worten:

S. Paulus Romano iiij., da er eigentlich beschreibt vnd beweiset, wie vns Gott findet, wenn er vns gerecht vnd selig macht, spricht also: Dem, der nit
mit wercken vmbgehet, gleubet aber an den, der die GOTLOSEN gerecht macht, dem wird sein glaub gerechnet zur gerechtigkeit.
Vgl. Röm 4,5. Da hoͤren wir klar, das der heilige Geist zur gerechtigkeit fuͤr Gott vnnd seligkeit nit allein außschleust das verdienst guter werck, sondern auch die werck an jhnen selbst, also das Gott gar keine gute werck da findet, die fuͤr jhm zur zeit der
rechtfertigung vnnd seligmachung gut weren. Denn ein jeden, den er in Christo gerecht macht, den macht er gerecht als einen GOTLOSEN, das ist: einen solchen Menschen, an dem fuͤr jhm kein gut werck, sondern nichts als eitel suͤnde fuͤrhanden ist. Demselben aber wird sein glaub gerechnet zur gerechtigkeit, das ist, wie es der Apostel hernach selbst weiter erklert: die
B 2r gerechtigkeit Christi, nit die selbwesendeselbständige, auf sich selbst bezügliche und in sich selbst ruhende, im eigenen Wesen begründete. Vgl. , 504. Vgl. a. . Goͤtliche gerechtigkeit (wie Osiander diesen artickel jtzt auch felschlich verkeret),Zum Osiandrischen Streit vgl. . sondern sein leiden, sterben vnnd gantzer gehorsam, damit er das Gesetz fuͤr vnns hat erfuͤllet, wird jhm durch die aufferstehung Christi im glauben zugerechnet fuͤr sein eigen gerechtigkeit vnnd darauff die seligkeit geschenckt, also das
weder verdienst noch ein einiges gutes werck zur zeit der seligmachung alda verhanden ist, wie es fordert.

Vnnd das diesem also sey, werden nu mitunterstützend. zeugnis geben alle Christliche hertzen. Denn wenn sie nit ehe solten der seligkeit gewis sein, sie hetten denn gute werck darzu noͤtig, so muͤsten sie wol ewig im zweiffel stecken
vnnd ohne trost bleiben. Sichere oder vnangefochtene hertzen moͤchten jhnen noch etwan ein gewissenheit machen oder schoͤpffen. Aber ein angefochten gewissen, darin sich denn das vrtheil Gottes recht findet vnnd fuͤhlen lest, bey einem mehr denn bey dem andern, das alle gute werck, auch der Heiligen, noch fuͤr jhm suͤnde sind, das, meine ich, wuͤrde mit
des Lehre vnnd deutelung vbel dran sein, wenn ers also troͤsten wolte: Vergebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiliger Geist vnnd ewige seligkeit werden dir allein gegeben durch den glauben an Jhesum Christum durch sein verdienst. Vnd ob dir wol deine gute werck zur seligkeit nichts verdienen, so mustu doch gute werck haben, wiltu andersüberhaupt. selig werden.
Hie durch wird ein solch gewissen noch wol weiter geengstigt vnd also antworten werden:Diese Futurbildung findet sich auch in anderen Texten, an denen mitgearbeitet hat. Vgl. ; ; ; . Da, da befinde ich erst gewisse zeugnis, das ich weder verge-B 2vbung noch gerechtigkeit, heiligen Geist oder seligkeit an Christo habe, denn hie sind die guten werck, darzu gehoͤrig, inn mir nit verhanden, sondern eitel suͤnde. Hindert vnd vertilget also
deutelung eben damit den glauben, vertrawen vnnd trost auff das einige verdienst des mitlers Christi, damit ers vermeinet zu lehren.

Jch wolte zwar wol wuͤnschen, doch vnschedlich seiner selen, das er in diese Christenschul, wie Dauid, Paulus, , auch viel andere gemeine heiligen offt darin gewesen sind vnd noch teglich darin gefunden
werden, einmal komen, seine Lehr vnnd deutelung erst an jhm selbst practiciren solte, ehe ers an andern versuͤchte; mich duͤnckte in allen meinen sinnen, er wuͤrde anders denn jtzund von der sachen reden. Doch wil ich hiemit nit widersprechen, das er zuuor ein wol versuchter Theologus sey, sondern jhn allein der alten schulrecht erinnern, ob er deren anderer noͤtiger
geschefft halben moͤchte zum theil vergessen haben oder so neulichso neulich nit = schon seit längerem nicht mehr. nit in derselben schul gewest sein.

Vnd das sey hie zum kurtzen bericht genug von der ersten deutung der wort aus seiner ersten schrifft wider den Herrn . Nu wollen wir die andere deutung auch hoͤren aus der Eißlebischen predigt; die lautet im
druck auch mit seinen eigenen worten also:

Wenn du nun also allein durch
den glauben gerechtfertiget vnnd ein Kind vnd erbe Gottes worden bist vnnd nu Christus vnnd der heilige Geist in dir durch solchen glauben wohnen, alsdenn sind dir die guten werck, nit zu der seligkeit zu erlangen (die B 3r du aus gnaden ohn alle werck allein durch den glauben an den Herrn Christum albereit hast), sondern zu der seligkeit zu behalten vnnd nit widerumb zu uerlieren, so hoch von noͤten, das, da du sie nit thust, es ein gewis zeichen ist, das dein glaub tod vnnd falsch, geferbetverfälscht, unecht, trügerisch. Vgl. , 1325f. vnd ein ertichte opinionerfundene (bloße) Meinung, Mutmaßung. Vgl. , 771f. ist.
Vgl. VD 16 M 2130 (s. oben Anm. 40), Blatt E 8r: Wenn du aber nu also / ALLEIN durch den Glauben gerchtfertiget / vnd ein Kind vnd Erbe Gottes worden bist / vnd nu Christus vnd der heilige Geist in dir / durch solchen glauben wonen / als denn sind dir die gute werck / nicht zu der seligkeit zu erlangen (die du aus Gnaden on alle werck ALLEIN durch den Glauben an den HERRN Christum albereits hast) sonder zu der Seligkeit zubehalten vnd nicht widerumb zuuerleren [sic] so hoch von noͤten / das da du sie nicht thuest / es ein gewis zeichen ist / das dein Glaube tod vnd falsch / geferbet vnd ein ertichte opinio ist.

Dis sind warlich solche wort, dadurch erstlich seine vorige deutelung
der antwort auff des Herrn schrifft entweder wissentlich, aber doch heimlich, wider corrigirt vnnd auffhebet oder vnwissentlich wider sich selbst redet. Denn hie vrteile, wer da vrteilen kan, ob nit diese zwey stracks widereinander sind: Dort, da er sagt: Gute werck muͤssen dennoch auch zur seligkeit, nit als ein verdienst, sondern als ein schuͤldiger gehorsam gegen
Gott, VERHANDEN sein,
Vgl. . vnnd dasjenige, das er hie sagt: sie sind dir nit von noͤten, die seligkeit zu erlangen, die du aus gnaden ON ALLE WERCKE allein durch den glauben an den Herrn Christum ALBEREJT hast? Das ist so viel als ja vnnd nein in einerley sachen: die seligkeit wird erlanget oder kommet nit ohne
beysein guter werck – vnnd kommet ohne beysein guter werck.

Zum andern, do er hie die vorige meinung seiner wort mit wil bessern, macht ers fast eben so arg, als das vorige gewest ist, oder so er gleich die vorige meinung auch dahin deuten wolte, das er daselbst nit rede, wie die seligkeit zu erlangen, sondern allein zu behalten sey (welches er doch mit warheit nit
kan, denn die wort stehen alda gar zu deutlich, das er redet, wie man die seligkeit muͤsse empfangen, das gute werck alda muͤssen verhanden sein, wiewol sie nichts dazu B 3v verdienen) so ists doch auch ein grosser jrthumb, einer gleich so gut als der ander, das gute werck die seligkeit zu behalten von noͤten sein sollen.

Denn gleich wie Christus vnnd mit jhm vergebung der suͤnden, gerechtigkeit vnnd seligkeit ergriffen wird ALLEJN mit dem glauben, also wird er sampt allen solchen himlischen guͤtern ALLEJN mit dem glauben auch behalten. Vnnd solte die erhaltung sampt seinem verdienst mit stehen auff vnsern guten wercken, so wuͤrde ein angefochten gewissen, das sich
selbst am hefftigsten auch inn seinem besten leben beschuͤldigt, abermals schmalengeringen. Vgl. , 915. oder gar keinen trost haben, ja es wuͤrde vns balt der Teuffel alle hinreissen.

Jsts aber dem ein ding, die seligkeit behalten vnnd nit widerumb verlieren, wie er denn beider wort alhie bey einander brauchet vnnd daher ein
außflucht wird nehmen wollen, so kan er doch damit noch gar nit bestehen. Des werden jhn seine eigene discipelSchüler (lat. discipuli). vnnd geringers verstandtsund Personen von geringeren Kenntnissen. in vnsern Kirchen vnd Schulen berichten koͤnnen, das es nit wol argumentirt sey: Durch boͤse werck verleuret man die seligkeit. Ergo so wird sie mit guten wercken erhalten. Gleich wie die Papisten auff dieselbige weise auch
argumentirn: Suͤnde verdammet. Ergo So machen vns gute werck selig.

Diese Consequentz bricht S. Paulus den Papisten gar eigentlich,Diese Schlussfolgerung durchkreuzt Paulus den Papisten sehr nachdrücklich. da er spricht Roma. vj.: Der tod ist der suͤnden solt. Aber das ewige leben ist Gottes gab oder geschenck in Christo Jhesu, vnserm Herrn.Röm 6,23. B 4r Vrsach, worumb es nit folgt, ist diese: Denn vnsere gute werck zum verdienst des lebens sind
zu wenig vnd zu gering, ja sind ausserhalb Christo fuͤr Gott keine gute werck, sondern noch suͤnde. Der Christen gute werck aber, die im glauben geschehen, wiewol sie Gott wolgefallen vmb Christi willen, j. Petri ij.,Vgl. I Petr 2,5. jedoch sind sie nit allein zum verdienst, erlangung vnnd erhaltung der seligkeit viel zu schwach, sondern es ist auch jr art vnd natur nit, Christum mit seinem
verdienst zu ergreiffen vnnd erhalten, welches allein des glaubens art vnd eigen werck ist. Derhalben es wider die schrifft, vnrecht vnnd gefehrlich ist, inn diesem handel der seligkeit die wort (seligkeit durch gute werck erhalten vnd nit verlieren) miteinander mengen vnd eins aus dem andern foͤlgern.

Zum dritten, so hawet sich abermahls selbst in backen,schadet sich selbst, schlägt sich mit eigenen Waffen, schlägt sich selbst ins Gesicht. Vgl. , 1064. das er nit re
de, wie die seligkeit zu erlangen, sondern wie sie nit zu uerlieren oder, wie er felschlich dazusetzt, durch gute werck zu behalten sey, indem er weiter auff diese vorige wort also setzt: Da du gute werck nit thust, ist es ein gewisses zeichen, das dein glaub tod vnnd falsch, geferbet vnnd ein erdichte opinion ist.Vgl. oben S. 109, Anm. 60. Das bekennen wir warlich eben mit jhm gleich. Aber er mus hinwider
mit vns auch bekennen, das ein solcher heuchler oder schandchrist, weil er keine gute werck vnnd also keinen rechten glauben hat, gleicher gestalt auch keine seligkeit habe. Hat er nu keine, so kan er keine wider verlieren. Vnd redet also allenthalben in diesem stuͤck entweders vnrecht oder wider sich selbst, vnnd gehet jhm eben wie jener guten Magdt, B 4v der das
kleidlein zu kurtz war: deckte sie sich an einem ort, so entbloͤste sie sich am andern.Anscheinend sprichwörtlich. Aber also muͤssen anlauffen,auflaufen, sich den Kopf anschlagen. Vgl. , 1293. welche wider Gottes wort wollen klug sein oder suͤnde mit jrthumb zudecken, das sie daruͤber nur weiter jrre vnd zuschanden fuͤr Gott vnd den seinen werden.

So wir nu von glosa auff dis mal genug gered haben, wollen wir
ferner besehen, wie er hieruͤber dazu kommet, das er vns fuͤr verfuͤrer vnnd Antinomer außschreit. So schreibet er weiter am ende seiner Eißlebischen predigt:

Solcher verfuͤrer sind zu dieser zeit sehr viel, welche schreien: Der glaube machet allein gerecht vnnd gehoͤren zur gerechtigkeit zu erlangen gar keine
gute werck,
welches denn, wie oben gesagt, recht gered ist. Das du aber, welcher du ein heimlicher, ja auch wol nit so gar ein heimlicher Ehebrecher bist etc., dich dennoch des glaubens rhuͤmen wilst etc., das ist ein gewisse anzeigung, das wider warhafftiger glaube, noch Christus oder heiliger Geist in dir wone.
Vgl. VD 16 M 2130 (s. oben Anm. 40), Blatt F 1r–v: Solcher verfuͤrer aber sind zu dieser zeit seer viel / Welche schreien / der glaube macht allein gerecht / vnd gehoͤren zur Gerechtigkeit zuerlangen gar keine gute werck / welches denn wie oben gesagt recht geredt ist. Da du aber / welcher du ein heimlicher / ja auch wol nicht so gar ein heimlicher / sondern auch ein solcher Ehebrecher / Wucherer / falscher Hendeler / Stuelreuber [= Wucherer]/ Voller zapff [= Trunkenbold] / vnd dergleichen bist / der du von dir grosse ergernisse gibst / das jederman von dir zu singen vnd zusagen weis / vnd dich solches auch dein eigen hertz vnd gewissen vberzeuget / dennoch des glaubens / des Euangelij vnd des HErrn Christi dich rhuͤmen wilst / als seistu ein guter baum / an welchem doch keine gute frucht / sondern allein disteln / grosse Suͤnde vnd ergernis zusehen. Das alles ist eine gewisse anzeigung / das weder warhafftiger glaube noch Christus oder der Heilige Geist / in dir wone / vnd mus doch das Euangelium / der glaube / Gottes wort / dein schanddeckel sein / des dich dein hertze vberzeuget.

Es beklagt sich in beiden seinen schrifften vber vns, wir verkeren vnnd calumnirn jhm seine wort, welches er gleichwol noch nit beweiset hat. Dis aber ist von jhm kein calumnia?Verleumdung. Moͤchte vmb ein wenig besser sein ein Sycophantica,verleumderisch. Sycophantica ist (feminines) Adjektiv, aus dem Griechischen übernommen, wäre als ergänzendes Attribut zu dem lateinischen calumnia aufzufassen; sollte sycophantia gemeint gewesen sein, so wäre es das mit calumnia etwa gleichbedeutende Fremdwort aus dem Griechischen, d.h. die Differenzierung, die Gallus hier anbringt, ist lediglich eine scheinbare. das ich jm mit grunt der warheit beweisen wil.

Denn erstlich spricht er, es sey verfuͤrisch vnd zugleich recht geredt,Konjiziert aus gerecht. also
predigen oder schreien, der glaub machet allein gerecht, vnd gehoͤren zur gerechtigkeit zu erlangen keine gute werck.

Zum andern setzt er flux darauf, das etliche (vnnd, wie wir leider auff allen seiten bekennen muͤs-C 1rsen, derselben nur sehr viel) oͤffentlich vnnd heimlich in suͤnden wider Gott vnnd das gewissen leben vnnd dennoch sich
des glaubens, Euangelij vnnd Christi rhuͤmen, damit zu inferirn,anzugreifen; vgl. lat. infero. das wir entweder die Leut also lehren oder doch mit vnser Lehr dessen bey jhnen ein vrsach sind.

Nu weis sehr wol vnd jederman, wer es wissen wil, das wir in keinem weg also lehren, das jemand koͤnne ein warer Christ sein, waren glauben,
vergebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiligen Geist vnd seligkeit haben vnd dennoch in suͤnden oͤffentlich oder heimlich wider Gott vnd das gewissen leben. Das aber fleischliche Leut der gnadenpredige des Euangelij also mißbrauchen, sich selbst bereden vnnd betriegen, sie koͤnnen jhres fleisches luͤste buͤssenbefriedigen, ausleben. Vgl. , 1492. vnnd zugleich oder darnach an Christum gleuben, wenn
vnnd wie sie wollen, was kan des die predigt selbst oder die armen Prediger entgelten?Inwiefern kann man daran der Predigt oder den armen Predigern schuld geben, sie dafür verantwortlich machen? Jst doch solchs den aller trewesten Predigern des worts, den lieben Aposteln vnd andern, alle zeit begegnet. Darumb vermanet Paulus: Jr seit zur freiheit beruffen, allein sehet zu, das jr durch die freiheit dem fleisch nit raum gebet, sondern durch die liebe diene einer dem andern.Gal 5,13. Gala. v.
Jtem Petrus: Seit als die freien, vnd nit als hettet jr die freiheit zum deckel der boßheit, sondern als die Knechte Gottes.I Petr 2,16. j. Pet. ij. Das hat heiliger gedechtnis allewege vber seine zuhoͤrer zum hefftigsten geklaget, vnd wie ich wol hoͤre, so klagts vber die seinen auch, darunter dennoch moͤgen seines theils gute Adiaphoristen sein. Woher
lernens denn dieselbigen?

C 1v Weil denn bey der gnadenpredigt des Euangelij auch vnter den Aposteln, vnnd andern jhres gleichen reinen Lehrern viel leut rohe vnd sicher werden, wie sollen sie jhm denn nu thun, damit sie nit a Doctore MAXIMO nutzt für ein Wortspiel hier und im folgenden den Umstand, dass maior (der größere) im Lateinischen als Komparativ zum Positiv magnus (der große, ein großer) und Elativ/Superlativ maximus (ein riesengroßer / der größte) gehört; auch das Gegenteil verwendet er: parvus – minor – minimus (der kleine – der kleinere – ein klitzekleiner / der kleinste). verfuͤrer vnnd Antinomer gescholten werden? Sollen sie die lehre
von gerechtigkeit vnnd seligkeit durch den einigen glauben an Christum schweigen oder endern? Keines, achtevermute. Vgl. , 558f. ich, wirdt selbst sagen, Gottes ernsten gebots, der wahren Kirchen oder wenig außerwelten halben. Vnd wiewol er solches sagen wird vnd mus, wil er anderst MAGNVS oder etwas sein vnter denen, die nur Christen genennet werden, warumb thut er denn mit
dem letzten stuͤck darwider, in dem er die lehre Christi vnnd seiner Aposteln endert?

Warlich, sehe zu, das er nit EX MAXIMO, damit er vber Gottes wort Meister sein wil, PARVVS, MINOR vnnd MINIMVS werde, nach dem vrtheil Christi Matth. v.: Qui soluerit unum de mandatis istis minimis, et
docuerit sic homines, MINIMVS uocabitur in regno coelorum: Wer eins von den geringsten geboten Gottes auffloͤset vnnd lehret die leut also, der wird der KLEJNEST heissen im Himelreich.
Mt 5,19.

Hie ist nu nit der geringsten eins, sondern das aller groͤsseste gebot, welches Gott auch seinem Son gegeben vnnd jhn darumb in die welt geschickt, er,
der Son selbst, auch nit zu endern macht hat, wie er spricht Johan. xij.: Der Vater, der mich gesandt hat, hat mir ein Gebot gegeben, was ich thun vnd reden soll, vnnd ich weiß, das sein Gebot ist das ewige leben, darumb das ich rede, das rede ich also, wie mir der Vater gesagt hat.Joh 12,49f.

C 2r Wider dies allerhoͤchste gebot Gottes von der lehr vnser seligkeit re
det mit worten vnd erkleret sich in der meinung anders vnd widerwertig,gegenteilig. Vgl. , 1370. denn Christus vnnd seine liebe Aposteln dauon gered vnnd sich erkleret haben. Denn er spricht: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd erklert sich im ersten seinem schreiben also, das obwol die seligkeit allein durch den glauben wird empfangen, gute werck doch auch muͤssen verhanden
oder dabey sein. Vnd im andern schreiben, das sie noͤtig sind, die seligkeit zu behalten. So spricht Paulus dagegen: Auß gnad seid jr selig worden durch den glauben, vnnd dasselbig nit auß euch, Gottes gab ist es, NJT AUS DEN WERCKEN, auff das sich nit jemand rhuͤme,Eph 2,8f. Eph. ij. Jtem Rom. iij.: Wir halten, das der Mensch gerecht werde ON DES GESETZES
WERCK allein durch den glauben.
Röm 3,28. Vnd hernach am iiij.: Dem, der nit mit wercken vmbgehet, gleubet aber an den, der DEN GOTTLOSEN gerecht macht, dem wird sein glaube gerechnet zur gerechtigkeit.Röm 4,5.

Mit welchem letztem spruch sonderlich, gleich wie auch mit den andern beiden vnd dergleichen spruͤchen, der Apostel außtruͤcklich vnd klerlich aus
schleust (wie oben gehoͤrt) nit allein vom verdienst, sondern auch von dem beysein zur seligkeit vnd behaltung derselben die andern gute werck allesampt, das einige werck des glaubens hierinne außgenomen, welcher allein Christum vnd mit jhm alle dieselben himlischen guͤter, vergebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiligen Geist vnnd seligkeit ergreifft, empfehet oder
auch gnug dabey ist vnnd allein behelt.

C 2v Es wil aber , damit ich jhm zum allerbesten deute, wie er sich selbst etwas lest verlauten, mit dieser enderung oder mit diesen worten Gute werck sind noͤtig zur seligkeit die Lehr des Euangelij nit geringern, sondern bessern.

Denn er wil denjenigen boͤsen Menschen, so der lautern gnad in Christo mißbrauchen zu mehrer freiheit jhres suͤndlichen lebens, steuren vnd jederman treiben zu ernstlichem vleis eines Gottseligen lebens. Das ist wol gemeint, aber vbel gethan inn Goͤtlichen sachen, dauon es heist, wie er wol weis: Jr sollet nichts darzu thun, noch dauon thun.Dtn 13,1 [nach anderer Zählung = 12,32]. Deute. xij. Jtem,
Paulus spricht: So auch wir oder ein Engel vom Himel euch wuͤrde EVANGELJON PREDJGEN ANDERS, DENN DAS WJR EVCH GEPREDJGT HABEN (die wort merck hie wol) der sey verflucht.Gal 1,8.

Wie fehetfängt. Vgl. , 321f. aber auch die besserung an? Also: er spannet die pferd hintern wagen.Wohl sprichwörtlich: Er fängt die Sache verkehrt an. Vgl. , 1733. Die Leut sollen gute werck haben, wenn sie wollen selig
werden – so doch niemant, vermoͤge Goͤtliches worts, einiges gutes werck fuͤr Gott thun oder haben kan, er hab denn zuuorn aus gnaden die seligkeit.

Was richtet er ferner aus mit dieser besserung? Den schendlichen Leuten, die bey dem Euangelio fleischlicher werden, hilfft er nichts zu jhrer seligkeit, quorum damnatio iusta est, spricht Paulus, deren verdamnis gantz recht
vnd gewis ist,
Röm 3,8. Rom. iij. Den Gotsfuͤrchtigen bloͤdenverzagten. Vgl. , 634f. gewissen aber, vmb welcher willen die gnadenpredigt des Euangelij allein in der welt vnnd Christus vom Himel komen ist, an deren einem Gott mehr gelegen ist denn sonst an der gantzen Got-C 3rlosen welt mit aller jhrer pracht, herligkeit, weißheit vnd heiligkeit, den leget stricke zur verzweiffelung vnnd
schlechtschlägt. den werckheiligen vnd Sophisten die gantze Lehr des Euangelij druͤber gleich in die schantz,jmdm. etw. in die Schanz schlagen = jmdm. etw. vollständig überlassen, hinopfern. Vgl. , 2164–2166. dauon hernachmals weiter.

Was thut aber nu gleichwol (vom grund der sachen zu reden) Christus vnd sein heiliger Geist durch die Aposteln darzu? Bedencken sie denn nit auch, wie denselben boͤsen Leuten, so auffauf Rechnung (der Gnade Gottes). die gnad Gottes suͤndigen oder ja nit
zum guten sich ernstlich vben wollen, moͤge gewehret werden, damit , der weise heilige man, sie nit doͤrffte zur schule fuͤhren?sie nicht (wie ABC-Schützen) belehren müsste (ironisch). Reichlich vnd vberfluͤssig genug ists bedacht, das sie, die guten Herrn beide, Christus vnnd sein heiliger Geist, hierzu keiner meister, sondern allein trewer diener vnd schuͤler beduͤrffen. Denn damit ichs kurtz mache, wil ich nur den einen
spruch Christi anziehen, darauff es alles stehet vnnd der heilige Geist hernach durch die Aposteln gewaltiglich treibet, da Christus spricht Lucae ultimo, Jn seinem Namen musse gepredigt werden busse vnd vergebung der sunden vnter allen volckern.Vgl. Lk 24,47.

Das sind außtruͤcklich zwey stuͤck der predigt Christi, nit busse allein, auch
nit vergebung allein, sondern busse vnd vergebung beide miteinander, auch inn keinem andern namen denn allein in dem namen Christi, vnnd in keiner andern ordnung denn erstlich buß vnnd darnach vergebung.

Nu koͤnnen wir Christum nit anders verstehen, auch nit, des schuͤler wir gleichwol beiderseits sein wollen, vnd wir, denn das
Christus C 3v Busse hie nennet dasjenige, so sonst die schrifft gemeiniglich heist bekerung zu Gott, welche stehet in wahrer erkenntnis oder hertzlicher rew der suͤnden vnd im glauben an Christum. Das auch dieser glaube allein empfehet vergebung, gerechtigkeit, heiligen Geist vnd seligkeit, oder darzu genug ist. Vnd wenn der Mensch inn dem namen
Christi, das ist: durch seine gnad vnd geist, also rechtschaffene Busse gethan, sich warhafftig zu Gott bekeret, vergebung der suͤnden, gerechtigkeit, heiligen Geist vnnd seligkeit durch den glauben von wegen des verdiensts Christi hinwegempfangen. Vgl. , 1536. hat, eine newe creatur vnd ein guter baum worden ist, so thut er darnach gewis rechtschaffene fruͤchte der Busse, wie es der Teuffer
nennet,Vgl. Mt 3,8. oder Paulus Philip. j. fruͤchte der gerechtigkeit.Vgl. Phil 1,11. Thut er dieselbe nit, so ist es ein gewisses zeichen, das er entweder nit rechtschaffene Buß gethan, keine newe creatur vnnd guter baum geworden, vergebung, gerechtigkeit vnnd seligkeit nie gehabt hab, oder do er dieselben gehabt, jtzt widerumb habe verlohren. Suͤndigt er darzu oͤffentlich vnd
ergert die gemeine Gottes, so heisset jhn Christus durch die diener des worts nach zwo vermanungen oͤffentlich straffen fuͤr der gemein. Welche so er auch nit hoͤret, heisset er jhn halten als einen Heiden, Matth. xviij.,Vgl. Mt 18,15–17. weder Absolution noch Sacrament mittheilen, auch sonst keine Christliche gemeinschafft mit jhm haben, j. Cor. v.Vgl. I Kor 5,9–13. Jst die that darnach, so sollen jhn
ferner die diener des weltlichen schwerts, nach dem er verdienet hat, darzu straffen. Was heimliche suͤnde sind oder auch oͤffentliche, welche geistliche vnnd weltliche Oberkeit nit also straffen kan oder wil, weil sie deren offt selbst am C 4r meisten schuͤldig erfunden werden, die wil Gott gewis selbst richten vnnd straffen, hie zeitlich mit allerley creutz vnnd dem
tod vnnd dort ewig mit hellischem feur, so fern die theter nit wider rechtschaffene Busse thun, dadurch der suͤnde vnnd ewigen, vielmahls auch der zeitlichen straff vergebung erlangen.

Das heist ja, meine ich, zu beiden seiten den suͤnden recht gruͤndlich vnnd gewaltig genug gewehret, das sie vnter Christen weder verdammen noch
regiren sollen. WemKonjiziert aus Wenn. diese lehre von suͤnden nit hilfft vnnd bessert, der ist vnnd bleibt ein vnchrist, vnnd wird jhm weder noch MAXIMVS mit seiner oder einiger besserer lehr helffen, jhn recht fuͤr Gott vnd von hertzen from zu machen. Verzweiffeler oder heuchler moͤchte er entlich mit dem Babst genug machen, das die, so keine gute werck, zur seligkeit noͤtig,
nitdoppelte Verneinung zur Verstärkung der Negation. haben, inn noͤten der anfechtung verzweifelten, etliche auff ein zimliche zucht sicher wuͤrden bis auch zur anfechtung,etliche im Bewusstsein ihres bürgerlich-anständigen Lebenswandels sich auch vor Gott für unsträflich hielten, bis sie in Anfechtung fielen. vnnd blieben nichts dester weniger vnzelich viel boͤser buben,Schurken. Vgl. , 460f. wenn er gleich ein solche Kirche hette, die jhr lebenlang nichts denn sein Euangelion – oder wie ich sagen solte: seine jtzige verbesserte predigt, das gute werck zur seligkeit
noͤtig sind – gelernt hetten.

Jn summa: Der gute same des worts Christi, wenn er also, wie zuuorn aus der schrifft dauon gered, geseet wird, so trifft er allezeit seinen guten acker, da er gewis frucht bringt, dreissigfeltig, sechzigfeltig vnd hundertfeltig; er trifft auch allezeit mit viel boͤses ackers, da er keine frucht bringet. So
sehetsät. der Teuffel sein vnkraut, dorn vnd disteln auch jmerdar mit vnter. Matth. xiij.Vgl. Mt. 13,18‒23. C 4v Das wird , kein Mensch noch Engel, auch Gott selbst nit in diesem leben anders machen, der es sonst allein zu thun vermoͤchte, verhengts doch also, das er jhm dennoch nach seinem radt etwas guts zu seinen ehren vnnd seiner Kirchen besten weis daraus zu schaffen.

Weil aber trawnwahrlich. wil ein rechter Bußprediger sein nach der Lehr Christi vnnd vns dieses stuͤcks halben so hefftig beschuͤldigt, das er vns druͤber als verfuͤrer vnd Antinomer außschreit vnd -schreibet inn die gantze welt, so las nu ferner sehen, wer ein andern mit bestendigem grundt vnnd mit warheit zum verfuͤrer vnd Antinomer machen sol, des ich hiemit das vrtheil
auff die gantze Kirche wil gestalt haben.

Denn wie reine erstlich die Bußpredigt fuͤhret, ist oben genug aus seinen eigen worten vnnd glosen erwiesen, da er diese seine rede Gute werck sind noͤtig zur seligkeit einmal deutet, das sie da verhanden sein muͤssen zu empfahung der seligkeit, das andermal, sie zu behalten. Das
heist ja auff eine newe weis, nit in Christi, sondern mehr in vnserm oder in der werck namen, sie geschehen durch vns oder in vns, aus freiem willen vnd eigen krefften oder aus dem heiligen Geist, Busse gepredigt, ist wider die Lehr Christi vnnd gantz vnrecht.

Zum andern, wenn es gleich nit vnrecht, sondern aller ding recht were, wie
er leret, so thut ers doch gleichwol auch nit treulich, das er den leuten die Buß predigte, das ist: jhre suͤnde anzeigte vnnd ferner darauff thette, was sich nach Gottes wort zu thun, wie oben gehoͤret, eigent vnd gebuͤret. Sondern thut es also, das es jhm zu frieden, gut, ehre vnnd wolfart dieser D 1r welt (so lang es weret) wol zutreglich, aber beide, jhm vnd seinen
Juͤngern, verterblich ist an der seelen, lauts des Goͤtlichen vrtheils Ezech. xxxiij.: Du menschen Kind, ich habe dich zu einem wechter gesetzt vber das haus Jsrael; wenn du etwas aus meinem munde hoͤrest, das du sie von meinen wegenvon meinetwegen, in meinem Namen und Auftrag. Vgl. , 1936. warnen sollest. Wenn ich nun zu dem Gotlosen sage: Du Gottloser must des todts sterben, vnnd du sagest jhm solches nit, das sich der
Gottlose huͤte fuͤr seinem wesen, so wird wol der Gottlose vmb seines Gottlosen wesens willen sterben, aber sein blut wil ich von deiner hand foddern.
Ez 33,7f.

Aus welchem spruch (wie auch aus dem spruch Christi Johan. xvj.: Der heilige Geist wird die welt straffenJoh 16,8 (Luther 1545); strafen = tadeln.) wir so viel lernen, das busse recht predi
gen heist, nit heucheln, sondern ernstlich straffen, nit das gemeine voͤlcklein allein, sondern das gantze haus Jsrael, ja die gantze welt, darunter auch vnnd das fuͤrnemste ist, was gewaltig, mechtig, weise, gelert, gerecht vnnd heilig sein wil wider Gott vnd sein wort, das mus alles vom heiligen Geist gestrafft sein, nit schlechts in gemein obenhin, nach den zehen geboten, von alten
fremden gemeinen suͤnden, damit man nit doͤrffe derjenigen feintschafft auff sich laden, die vns schaden oder frommen koͤnnen, sondern allweg am meisten die gegenwertigen verterblichen des gantzen volckes vnnd entzeler personen suͤnde, an kleinen vnd an grossen, grobe vnd gleissende, erkante vnnd vnerkante suͤnde, die oͤffentlich ist, in gemein vnd in sonderheit,
darzu Christus sonderlich des heiligen Geists erleuchtung, krafft vnd sterckung verheist, gibt vnnd geben mus, die Propheten, Johannes der teuffer, Aposteln, vnd andere dergleichen haben auch allezeit solch ampt vnd werck gewaltig also getrieben, vnd muͤssens alle tre-D 1vwe Prediger, ob nit alle gleich im geist, doch ein jeder nach seiner maß mit dem
werck also treiben, damit anhalten vnnd nit auffhoͤren, bissolangsolange bis. die Suͤnder gebessert oder ordentlich nach dem Wort aus der Gemein Gottes ausgeschlossen werden.

Wie nu solch ampt fuͤret vnd treibet, das mag, wer da wil oder kan, bey einem, so oͤffentlich ist, folgends in andern stuͤcken auch ermessen, als
bey dem, wie er seinem standt vnd grossen namen nach die gemeine verleugnung, heucheley vnd abfall Deudsches Landes von erkanter vnd bekanter warheit zum Roͤmischen Antichrist aus furcht der Menschen geschehen, auch verfolgung jrer Bruͤder, der bekennenden Christen, diese vier jar her an den seinen vnd andern so ernstlich gestrafft hat vnnd angehalten, das sie
jn zum teil aus vngedult der straffe fur lauter zorn druͤber mit Thalern werffen, spricht hier und im folgenden mit Ironie. zum teil dasjenige, was sie zuuorn gesuͤndigt, fur grosser rew noch jmer mehr thun, sich dabey schmuͤckenschmiegen, ducken; (heraus)putzen. Vgl. , 1117–1127. wie die Ketzlin.Kätzchen. Qualis enim populus, talis sacerdos, et e contra,Sprichwörtlich; vgl. , 77; ferner Jes 24,2; Hos 4,9. wie jeder zeit die Leut vnnd leuffteZeitläufte, Ereignisse. sind, also hat dieser Prophet aus dem heiligen Paulo gelernt
redimere tempus, sich in die zeit schicken.Vgl. Eph 5,16. Wie er denn auch derselben Lehr des Apostels nach vor wenig jaren freudigkühn. Vgl. , 103. war, etliche grosse Herren frey oͤffentlich inn Gottes Acht vnd Ban zu erkleren,Vgl. . dauon er bald seine verantwortung an tag zu bringen, in der ersten antwort auff des Herren schrifft sich vornehmen lest.Worauf spielt an? Vgl. . Jch gleube aber am Juͤngsten tag,
da ers wird thun muͤssen; doch moͤchte ers auch hie noch wol thun woͤllen, wenn sich solche personen durch verenderung der zeit vnd hendel zuuorn selbst einmal erkenneten vnd bekenneten, jtzt ob wol etliche ein wenig etwas dauon zu uerstehen D 2r geben, so ist doch zeit noch nit, solches mit jn klerer zu reden, denn sie noch zur zeit selbs thun, es moͤcht jm sonst
vngnad vnd schaden in der Kuͤchen oder etwas ergers bringen. O des schoͤnen zarten Bußpredigers, wie wird er dem Gott dieser weltVgl. II Kor 4,4. souiel Heiligen durch seine Bußpredigt zufuͤren? Aber solche Bußprediger wil man jtzt fast allein allenthalben haben. So wird jrer Gott aus gerechtem gericht gnug komen lassen, das Prediger vnd zuhoͤrer einer dem andern fein heuchele vnnd also beide miteinander vnter dem namen des Euangelij mit
grosser sicherheit vnnd Geistligkeit ins verdamnis fallen.

Was nun hiegegen vnsere beyde, Lehre vnd treue, sey, Christliche Buß zu predigen vnd zu treiben, das werden vns vnsere predige, schrifften vnd hendel diese jar her, souiel deren oͤffentlich vnd bekand sind, moͤgen etwas zeugnis geben.

Souiel gedachte gegenwertige suͤnde Deudsches Landes belangend ist, weil andere, so es besser gekoͤnt vnd thun hetten sollen, darzu geschwiegen, zum theil selbst geholffen haben, vnnd ja jemand sein hat muͤssen, der Deudschen Land diese seine suͤnde oͤffentlich hat anzeigen muͤssen, so hat Gott vns arme vnmuͤndige kinder wunderbarlich on vnser selbst gedancken
darzugezogen, die wir bisher, souiel wir gekoͤnt vnd Gott gegeben hat, dauon getalletgestammelt. Vgl. , 98; , 46[a]; , 696. vnd gelallet haben, vnd dis vnser einiger fursatz darinne gewesen ist, das wir ja gern etliche zur Busse haben bringen woͤllen, Gottes ehre vnd jre seelen zu erretten, vnd helffen wehren, das nit ohn alle jemands einrede mit derselben suͤnde fortgefharen vnd Deudsch Land dadurch von
reiner Lehr gar gebracht oder lauter D 2v heucheley vnter dem namen des Euangelij vnd Christlicher vergleichung auff vnsere nachkomene gestifftetauf sie gebracht, ihnen dauerhaft untergeschoben. Vgl. , 2879f. wuͤrde.

Vnd dasselbige haben wir vor, vnterwährend. Vgl. , 1476f. vnd nach der belagerung, schrifftlich vnnd muͤndlich, gegen abwesenden vnd gegenwertigen, hohen vnnd nidri
gen, in gemein vnd in sonderheit, dermassen gethan, wie wir vns des aus Gottes wort schuͤldig erkant vnd so viel Gott gnad vnnd geist darzu verliehen hat. Vnd haben darauff, weil wir sonst des oͤffentlichen bannes inn vnsern Kirchen durch nachlessigkeit vnnd widerstant beide, der oͤbern vnnd vntern, gleich andern Kirchen beraubt sind, vnerkanterohne dass sie zuvor verurteilt worden wäre. Vgl. , 489. vnd vngebesserter
solcher suͤnde niemandts weder Sacrament noch Absolution mitgetheilet, aber offt des Teuffers lohnVgl. Mt 14,3–11. daruͤber gewarten muͤssen vnnd der gefahr noch, so lang Gott wil, nit ohneledig, davon frei. Vgl. , 1210. sein. Welches ich hie allein aus not dieser verantwortung kuͤrtzlich hab beruͤren muͤssen, vnnd solts nit allein auch thun, sondern vns mit seinem exempel haben sollen vorgehen. Es
moͤchte jhm aber auch gunst vnd foͤrderung wie vns bey dieser welt gebracht haben. Mag nu hierauff den beschlus machen, wer jhn finden kan, ob oder wir mit grunt vnnd warheit verfuͤrer vnnd Antinomer sind, wie er vns beschuͤldigt.

Auff das ich aber nu komme zum ende dieser schrifft, so ist einmal war, das
diese rede Gute werck sind noͤtig zur seligkeit wider die schrifft ist, man vorstehe sie so gut, als man jmmer woͤl, auch nach selbst eigner deutung, wie oben mit der schrifft klar ist erwiesen.

Zum andern, so ist sie an jr selbst vnrecht, denn sie lautet nach den worten uel meritum uel causam salutis, D 3r das die guten werck die seligkeit mit
verdienen oder mit ein vrsach sind, oder wenn mans auffs aller best verstehet, wie es muͤglich zu uerstehen ist, das sie also zur seligkeit gehoͤren gleich wie ich darzu gehoͤre, sol ich anders selig werden, wie es also auff das beste deutet in der vnterred, mit gehalten, so sie zu am ende der antwort auff bekenntnis neulich haben truͤcken lassen.Vgl. VD 16 M 2501: Vnd verwirfft alda solche rede in demselben al
lerbesten verstand als ein nerrische rede, wie er denn dabey setzt: Jch werde ja auch dabey sein, sprach jener gesel.Vgl. VD 16 M 2501 (wie Anm. 130), Bl. D 2v–D 3r: PHILIPPVS. Vtrum haec propositio sit uera: Iusticia operum est necessaria ad salutem? LVTHERVS. Non quod operentur seu impetrent salutem, sed quod fidei impetranti praesentes seu coram sunt, Sicut ego necessario adero ad salutem meam, Jch werde auch da bey sein sagt jhener gesel. Also wuͤrden gute werck schier auch noͤtig sein zur verdamnis. Denn gleich wie der, so verdammet wird, je notwendig selbs mus dabey sein, also ist kein verdampter nimmermehr so gar verruͤckt vnd boͤse, an dem nit auch notwendig, sofern er nur Gottes
creatur ist, etwas gutes wuͤrde erfunden.

Zum dritten, wenn mans gleich in diesem aller besten verstand also nehme vnd brauchte, weil dennoch die wort inn jhrem natuͤrlichem verstand auch mit lauten meritum uel causam, vnnd vns allen von natur ist angeborn opinio meriti, also das wir jr aus vnsern hertzen nimmermehr recht koͤnnen los
werden, wenn wir gleich auff das aller beste aus dem Euangelio dawider vnterrichtet vnd nit ohne geist Gottes sind, das gute werck nit solten auch etwas zur seligkeit fuͤr Gott thun muͤssen, so ist derhalben ein sehr geferlich ding, den gewissen oͤffentlich vnnd inn gemein mit diesen worten wie also lehren Gute werck sind noͤtig zur seligkeit. Dadurch nit
allein den gemeinen einfeltigen Christen, sondern wol auch den aller verstendigsten vnnd besten hinderung zu reinem, festem vertrawen auff den einigen mitler Christum gethan wird.

D 3v Zum vierden, wenn solches gleich auch nit were, weil die Papisten solcher rede brauchen inn dem verstand meriti et causae, vnnd sie deßhalben
von vns in jhrer vergleichung woͤllen haben, so koͤnnen vnnd sollen wir sie noch zweier vrsachen halben inn vnsern Kirchen dester weniger leiden. Eine vrsach ist, das das Euangelion Christi dadurch bey den einfeltigen vnnd auff vnsere nachkomene verfelscht vnd mit Phariseischen saurteig vermengetVgl. Mt 16,11f. wird. Die andere, das es jtzt in dieser vergleichung mit dem Roͤmischen
Antichrist vnnd seinen Bischoffen ein warhafftige verleugkung Christi vnd abgoͤtterey ist, der rede inn diesem allerhoͤchsten artickel mit den Papisten also brauchen, die vorhin bey jhnen allein vnnd bey niemand in vnsern Kirchen in oͤffentlichem brauch ist gewesen.

Vnnd das sich mit schrifften schmuͤcken vnd beschuͤtzen
wil, so solte er sich solches bey seinemscil. Luthers. leben vnterstanden haben, solche rede allein auff die Cantzel zu bringen, ich wil geschweigen zu dieser zeit des abfals vnnd vergleichung mit dem Roͤmischen Antichrist also drauff zu dringen, als muͤsse man jtzt also reden oder koͤnne kein rechter Bußprediger sein; ich meine solt jhn pro authoritate empfangen
haben, das er sich hette muͤssen schemen. Jtzt aber mus er seiner heucheley vnd seines jrthumbs patronus sein vnd beweyset doch mit allen spruͤchen, so er anzeucht aus nit mehr denn so viel: Bona opera esse necessaria, non ad iustificationem et salutem, sed in iustificatis et iam habentibus salutem – Das gute werck von noͤten sind, nit zur gerechtigkeit fuͤr Gott,
noch seligkeit, sondern denen, die allbereit gerechtigkeit vnnd seligkeit haben,
denselben D 4r nemlich sind sie von noͤten necessitate immutabilitatis seu ordinis, allein darumb, das es vnmuͤglich ist (sind sie anderst Christen, gerecht vnd selig), das sie ohne gute werck sein solten.Vgl. VD 16 M 2501 (wie Anm. 130), Bl. D 1v: Responsio D. Lutheri, Necessaria est, sed non necessitate legali, seu coactionis, sed necessitate gratuita, seu consequentiae, seu Immutabilitatis. Sicut sol necessario lucet, si est sol, et tamen lucet non ex lege, sed ex natura, seu uoluntate (ut dicam) immutabili, quia sic creatus est, ut luceat, Sic iustus creatura noua, facit opera necessitate immutabili, non lege seu coactione; iusto enim non est lex posita. Deinde creati sumus (ait Paulus) in opera bona. Caeterum, cum dicis, non faciens non placet, est implicite dictum, quia impossibile est dare credentem, et non facientem.

Wie auch darauff in diesem handel der andern fast gleich lautenden
rede (nemlich Christen sollen vnnd muͤssen gute werck thun) gewogen ist zeigen an diese seine wort am ende der antwort auff das bekentnis . Credentes, spricht er, sunt noua creatura, noua arbor, ideo istae phrases legales non pertinent huc, scilicet, fidelis debet opera bona facere, sicut non recte dicitur, Sol debet lucere, arbor bona debet bonos fructus ferre,
tria et septem debent ese decem, Quia sol lucet de facto, arbor facit fructus de facto, tria et septem sunt decem de facto. Non sunt in fierifieri uel: VD 16 M 2501 (wie Anm. 130), Bl. D 3v. debere, sed in facto esse.
VD 16 M 2501 (wie Anm. 130), Bl. D 3v. Das ist in summa so viel gesagt: Sie muͤssens nit aus not als gezwungen thun, sondern sie thuns one das ghern von sich selbs, gleich wie die Sonne nit aus noth, sondern von natur liecht gibt. Vnnd weil das Gesetz
sonst auff die wercke als noͤtig zur gerechtigkeit vnnd seligkeit dringet, so sey es derwegen im Euangelio vnrecht mit solchen worten dauon reden.

Dieweil auch die Eißlebische predigt, sich dieser proposition halben zu erkleren vnd zu defendirn je hat woͤllen in Druck geben, so soͤlte er sie gleichwol gantz hinein gegeben haben, sonderlich wie er von dieser sachen
ab der Cantzel geredt hat.

Denn es ist vns mehr denn von einem glaubwirdig zu geschrieben, das dieselbige predigt im beschlus mit also gelautet habe: So wenig, als jemandt koͤnne ohn glauben selig werden, so wenig auch on gute werck. Damit D 4v schon alle Adiaphoristerey vbertrifft vnnd wol Princeps
Adiaphoristarum mag genennet werden.

Denn die andern wollen gleichwol nur das woͤrtlein SOLA nit streiten vnd dem glauben in der rechtfertigung den vertzug geben, das er fuͤrnemlich gerecht vnnd selig mache. aber allein setzt jhm die werck alda gleich, das werck vnnd glaub miteinander auff gleicher wage zur seligkeit bey jhm
stehen. Vnd hat darauff die armen Prediger zu Eißleben, die jhnen seine proposition nit haben koͤnnen gefallen lassen, also auff der Cantzel geholhipelt,grob gescholten und geschmäht. das sie grobe Bapstesel,Anhänger des Papstes (Invektive). Vgl. , 1449; . dem Bapst den Eselstall außmisten vnnd nit Prediger sein solten, auch ferner vermanet, solche Bapstesel jmmer hinwegzuthun vnnd andere (seins gleichen) gelerten an jhre statt zu setzen.Vgl. den Brief der Eislebener Prediger Friedrich Reuber, Jodocus Rucker, Johannes Behem, Andreas Theobaldus, Andreas Krause und Andreas Rhemus vom 28. Januar 1552 (, referiert daraus).

Wenn ich jhm aber solches nu schuldt gebe vnnd darauff vber jhn vnd seines gleichen klagen wolte, das sie selbst auß grosser demut vnd heiligkeit dem Bapst nit allein den Eselstall gemistet, sonder beide, Stall vnnd Esel, darzu so schoͤn geschmuͤckt vnd gezieret haben, das sie inn dem Stall als inn Gottes Tempel zu wohnen vnnd dem Bapstesel als Obersten Bischoff oder
Gott darinne anzubeten jederman gerathen vnd getrieben haben, so moͤchte er auff dem sanfften Thier etwan reitend werden, auch jenes so wol als dieses leugknen vnnd muͤste, weil es inn dieser seiner getruckten predigt nit geschriben stehet, nit wahr sein vnd ich ein luͤgner erfunden werden. Darumb ist mir zu rathen, das ich dauon still schweige.

Das weiß ich aber, wird er nit leugnen werden,Zur Futurbildung vgl. oben bei Anm. 56. das er selbst in der Vorrede an Rath zu Vgl. VD 16 M 2214 (s. oben Einleitung S. 99, Anm. 4). auff die Weinachtpredigt Joh. j. geschrieben vnnd in druck geben hat vber den Pfarrher zu S. Niclas daselbst,Gemeint ist , Pfarrer zu an der Marktkirche St. Nicolai 1543–1568. Zu ihm vgl. die Einleitung, oben S. 99, Anm. 5. einen E 1r gelerten, trewen vnnd eiuerigen Prediger (welchen man lengs gern geschuͤpffetgefeuert, aus dem Amt gejagt, entlassen. Vgl. , 2009. het), das er durch viel vnbedechtige predigt vnnd anderer Leut schmehung
vnnd lesterung (wie er sagt) die Christliche gemein daselbst sehr betruͤbe, verbitterung vnnd viel mißuerstand einfuͤre. Denn weil er nit gut Adiaphoristisch ist, hat er eins oder zwey mal auff der Cantzel gedacht: Es sey vnrecht gelert vom , das gute werck zur seligkeit noͤtig sind. Ermanet darauff auch die Herrn zu (welchs dem, so zu gesche
hen, nu dester mehr glauben machet) zu gedencken des spruchs Pauli, Gala. v.: Ein wenig Saurteig verseuret den gantzen teig.Gal 5,9. Jtem, das der Apostel wider die falschen Aposteln bittet: Wolte Gott, das sie auch außgerottet wuͤrden, die euch verstoͤren.Gal 5,12. Das heist ja, mein ich, das maul auff einmal weit genug auffgethan vnd sich zu erkennen gegeben, das gute werck
zur seligkeit noͤtig nit predigen wollen, sey falscher Aposteln saurteig, welchen man außfegen, Prediger veriagen, vnd Gott selbs sie verstoͤren sol.

Weil sich aber nitKonjiziert aus nie. hat schicken woͤllen, genanten Pfarrher zu S. Niclas also vnuͤberwiesen zu entsetzen,ohne Nachweis eines Verschuldens seines Amtes zu entheben. Vgl. , 641; , 620. hat jhm darnach fuͤr allen andern an seiner besoldung ein gut theil sollen abgekuͤrtzet werden, das er entlich hungers
halben selbst abziehen muͤste vnnd villeicht den namen darzu tragen, er hette als ein miedling vmb geldes willen seine Schefflein verlassen.Vgl. Joh 10,12f.

Was wider etliche der vnsern, in sonderheit wider mich, rad gegeben worden, ist mir zum theil auch nit vnbewust.unbekannt. Vgl. , 381. Das sage ich aber nit, das hie mit zugeraten habe, sondern es moͤgen dieselben personen fuͤr sich
selbst also gesinnet sein.

Wolte sonst alle Prediger, die nit sehr gut E 1v seines theils sind vnd etwas wider die Adiaphora der newen heucheley reden, veriagen (wie er sich denn hiemit anderer heimlichen practicken mehr oͤffentlich verdechtig machet) so wuͤrde er warlich, der heilige man, sehr viel Christlicher Kirchen
wuͤst machen muͤssen oder, wie seine meinung stehet, mit lauter Adiaphoristen erfuͤllen.

Sonst redet vnd vermanet er gleichwol auch oͤffentlich in seiner antwort auff des Herrn schrifft die Oberkeit, ein einsehen zu haben, das solchen lesterschrifften (wie er des Herrn vnnd vnsere schrifften
nennet) gesteuret werde, wie denn bißher etliche zeit vber geschehen,Vgl. . auff das nemlich er forthin einen druck vber den andern außgehen vnnd allein reden moͤge, seinen jrthumb vnd heucheley zu schmuͤcken vnd fortzusetzen, das jhm oͤffentlich niemand darein reden doͤrffte. Also muͤssen an Christo vieler hertzen gedancken, wie der liebe Simeon singt,Vgl. Lk 2,35. offenbar werden
vnd solche heilige Leut sich auch verraten, was im inwendigen jhres hertzens gegen Christum stecket, wenn er sie auff das lebendige triffet.

Wenn aber sonst vermeinet, seine sachen ja so gewis vnd noͤtig zu sein, vnd so begirig ist Christlicher eintrechtigkeit, wie er fuͤrgibt, warumb hilfft er nit viel mehr dahin arbeiten (des wir vnns gegen sie vnd andere
etliche, auch hohe personen erboten haben) das dieser gantzer zwispalt von Adiaphoris, mutationibus vnd conciliationibus, durch eine zimliche versamlung gelerter, Gotsfuͤrchtiger, vnparteischer Leut vnserer Religion aus benachtbartten vnnd dergleichen Kirchen ordentlich verhoͤrt vnd so viel muͤglich also zu ende gebracht wuͤrde?

Oder wo dieser weg, welcher wol der aller beste, nit gefiele oder zu schwer deuchte, so hab ich im anfang die-E 2rser schrifft fuͤr mich von dem andern gesagt, das sie zum wenigsten die gemachten vergleichungen zu vnd andere dergleichen, wo oder von wem die gemacht sind vnd kuͤnfftig gemacht werden moͤgen, sampt vns nichtigen vnd verdammen.

Aber es ist im grunde nichts mit jhrer gantzen Adiaphoristerei, welcher wenn sie je selbs so viel traweten vnd nit boͤse gewissen zum mehrern teil dabey hetten, wuͤrden sie wol damit an das liecht eilen, jederman frey mit grunt der schrifft dauon richten vnd reden lassen. So ist auch nit wol zu hoffen, das sie sich fuͤr Gott so weit demuͤtigen vnd jhren jrthumb fuͤr den menschen
einmal frey bekennen werden.

Derhalben hiemit auch zum letzten beschlus alle Christen dafuͤr nit allein jtzt, sondern auch kuͤnfftig allezeit, wenn sie oder andere einmal wider damit wuͤrden auff die bahn kommen, als fuͤr einem abfal vnd abgoͤtterey fuͤr Gott treulich sollen gewarnet sein.

Denn wie Paulus von dem angehenden Reich des Roͤmischen Antichrists zu seiner zeit spricht, also stehet es jtzt zu vnser zeit mit dem offenbarten Antichrist, das sich die boßheit schon bereit allenthalben reget, jhn widerumb zu setzen in Tempel Gottes vnd anzubeten, ohne das, der es jetzt auffhelt, zuuor mus hinweggethan werden, nemlich der heilige Geist in trewen Predigern,
welcher wie er zu derselben zeit durch die Aposteln vnd etliche jhre Juͤnger hernach den Geist des Antichrists etwas auffhielte, das er nit so balt auffkam, also ist er jtzt ein zeitlang auffgehalten worden, das er nit ist wider eingesessen.Vgl. II Thess 2,3–12.

Wenn ers aber nu durch seine Jnterimisterey vnnd Adiaphoristerey auß ver
hengnus Goͤttlichs zorns E 2v vber vnser vndanckbarkeit dahin bringen wird (wie er jtzt hefftig durch vnnd seines gleichen darzu arbeitet), das niemands oͤffentlich mehr dawider schreiben, predigen, reden oder muckenmucksen, einen Laut von sich geben, murren. Vgl. , 2610. darff, vnd werden meinen, sie habens koͤstlich wol ausgericht mit bessern vnd vergleichen, so wird alsdenn wider angehen die zeit, da Christus
von sagt Matth. xxiiij., das inn jrthumb werden verfuͤret werden (wo es muͤglich were) auch die außerweleten.Vgl. Mt 24,24. Vnd das er weiter sagt: Wenn des menschen Son komen wird, meinestu auch, das er wird glauben finden auff erden?Lk 18,8.

Darumb, sage ich noch einmahl, sey jeder Christ verwarnet auff kuͤnfftig
zeit der Adiaphoristischen enderungen, besserungen vnnd vergleichungen, welche, so sie noch sollen bey diesem liecht des Euangelij der Christenheit den schaden thun, so muͤssen sie nit durch geringe leut oder oͤffentliche feinde getrieben werden, sondern durch die, welche vnter den freunden vnd verwanten das ansehen haben, das sie nit jrren vnnd verfuͤren werden oder
auch schier nit koͤnnen.

Vnnd wir koͤnnen darauff mit den grossen Theologen, weilandvormals. Vgl. , 784. vnsern Praeceptoren, weil sie sich so hoch verdechtig gemacht dieser sachen, wie oben gehoͤrt, noch nit wider eins sein, es sey denn, das sie sich des mit worten vnnd mit der that gnugsam nit vmb vnsern, sonder vmb Gottes, vmb der
Kirchen vnnd vmb jr selbs willen zuuor purgiren.reinigen.

Denn das ich des hiemit am ende auch gedencke, so hat noch jtzt newlicher zeit der Churfuͤrst zu Brandenburg. seiner Christlichen Kirchenordnung halben, wie er sie ruͤhmet, an etliche seiner Superintendenten geschrieben, wie er dieselbig Kirchenordnung mit rath vnd E 3r bestetigung der fuͤr
nemsten Theologen, so jrer aller Praeceptores gewesen vnd noch sind, habe auffgerichtet, vnd hat jtzt gelerte, Gottsfuͤrchtige, trewe Prediger, welche sich derselben gewegert, druͤber veriaget. Wen nu der Marggraff damit wol meine, vnd ob er jnen also oͤffentlich damit vnrecht thue, mag ein jeder guter raͤterRater, Erräter, Rätsellöser. Vgl. , 181f. rathen vnnd ermessen.

Solches sollen wir noch heutiges tages da sehen fuͤr vnsern augen vnd hoͤren, das es geschicht vnter jrem namen, vnnd solten darauff also mit jhnen schlecht,schlicht, umstandslos, einfach. Vgl. , 529f. ohn alle vorgehende eroͤrterung, vnabgewanter solcher ergernis, wider eins sein – was were das anders, denn alle vnser vorige handlung vnd damit Christum, den Herrn, selbst verleugnet, dem Antichrist
durch Adiaphoristerey in vnser Christliche Kirchen einzuschleichen thuͤr vnnd thor hinfort wider auffgethan? Darumb wird vns des kein Christlich gemuͤt, der sachen verstendig, verdencken, das wir hierin gleich fest, vnd wie man es moͤchte deuten, gar zu halstarrig, wider solche leut halten. Vnnd ob man vnns viel sagen wil von jrer Busse, so spuͤren wir doch derselben
noch keine, sondern mehr das widerspielGegenteil. Vgl. , 1236. inn worten vnnd wercken, oͤffentlich vnd heimlich.

Jnn sonderheit aber ist schuͤldig, fast fuͤr allen andern (Diesen betrachtet also als noch übleren Vertreter der Gegenseite. außgenomen), weil er sich nu fast etlich mal fuͤr andernfast etlich mal für andern = recht häufig im Vergleich zu andern. eingelassen hat, heiliger schrifft, Christlichen gewissen vnd vnsern Kirchen, auch seiner selbs
eigen Defension zuwider, den Adiaphoris aber, Interim vnd Bapstumb zu sterck, die guten werck als noͤtig zur seligkeit aus dem Leiptzigischen Interim oͤffentlich zu uerteidigen vnnd vnsern Kirchen, gleich als noͤtig zu rechtschaffner Bußpredigt, solche form der wort vnnd meinung, wie er sie brauchet, auffzudringen, das er den-E 3vselben jrthumb oͤffentlich wider
verwerffe vnd straffe, damit er lerne, was da sey die Kirche Christi mit falscher lere vnd heucheley oͤffentlich ergern vnnd, wie die schrifft pflegt dauon zu reden, Jsrael, das ist Gottes Volck, suͤndigen machen.Vgl. I Reg 14,16; 15,26.30.34; 16,2 und öfter.

Geschichts nit (wie jn sein demuͤtiger Geist schwerlich wird lassen darzu komen), so haben wir vns des erboten, was wir mit Gott vnd gewissen
gekunt haben, vnd bleiben also in dem namen Gottes auff sein wort vnnd befehl dieses handels vngescheiden,bleiben in dieser Angelegenheit ohne abschließende (rechtliche) Entscheidung, ohne (versöhnlichen) Schiedsspruch, der Dissens bleibt bestehen. Vgl. , 832f. welches der waren Christlichen Kirchen, wie viel Leut nach fleischlichem vrtheil moͤchten meinen, nit schedlich, sondern nur besserlich ist. Wie denn vnser aller fuͤrnemste, liebste Praeceptores, die Propheten vnnd Aposteln, mit den falschen
Propheten vnnd Aposteln, die Orthodoxi mit den Ketzern, mit den Papisten, Widerteuffern vnnd deren gleichen darumb auch sind vngescheiden vnnd vnuertragen blieben, daruon sie nit hat abwenden moͤgen, das einigkeit feiner, zu fried vnnd ruhe auch fuͤrtreglicher were. Doch sage ich noch jtzt zum dritten mahl, moͤgen Christen fuͤr vnd
seines gleichen geist darauff verwarnet sein.

Vnd sol je die Adiaphoristerey noch jtzt oder hernach aus verhengnis Goͤtlichs zorns vber vnser vndanckbarkeit vnd manchfeltige grosse suͤnde jren fortgang gewinnen (wie ich mich der sorgen schwerlich kan erweren), so troͤste ich mich inn diesem gantzen handel der warheit Goͤttlichs worts
vnd weis fuͤrwahr auch noch, das, wie der xciiij. Psalm sagt, das recht wird noch recht bleiben, vnd dem werden zufallen alle frome hertzen.Vgl. Ps 94,15. Vnd wenn derhalben gleich alle Kirchen dieser lande, so das Euangelion bisher rein gehabt vnd noch haben, soͤlten nach dem oͤffentlichen Kirchenampt Adiaphoristisch, das ist mit E 4r dem Antichrist vnd seinen malzeichen,
befleckt werden, so werden durch Gottes gnaden noch hin vnd wider frome hertzen der heucheley, verfelschung vnd Abgoͤtterey entgegen, der warheit vnnd reinen Christlichen bekentnis mit sein. Derselben vrtheil, wie wenig vnd gering die personen sind neben Gottes wort, sol mir mehr gelten zu versicherung meines gewissens, denn alle aller Adiaphoristen kunst,
weisheit, redsamkeit, ansehn, mennigeMenge, großen Anzahl. Vgl. , 2007, 2009f. vnd gewalt.gemäß heutigem Sprachgebrauch wäre zu konstruieren: alle Kunst, Weisheit aller Adiaphoristen.

Darauff, so sie denn noch mehr wuͤrden fortfahren, wie sie schon nach gelegenheit dieser zeit angefangen vnd jhre gemuͤte genug haben zu erkennen geben, dasselbige kleine, geringe heufflein vnnd fuͤrnemlich die Prediger zu drucken,unterdrücken, quälen. Vgl. , 1444f. zu ueriagen vnnd zu plagen, in meinung, Gott auch damit ein
dienst zu thun, so hat vns Christus solches alles zuuorn verkuͤndigt, auch trost genug dargegen angezeigt. Derhalben, was bey Christo rein vnd bestendig bleiben wil, sonderlich in diesen letzten zeiten, sein leibliche vnnd zeitliche wolfart hie nit mus zu hoch achten, auff denselben fall gegen den scheinbarlichenstattlichen, ansehnlichen, imposanten. Vgl. , 2438. grossen heiligen vnnd seulen der welt als zustoͤrer
geistlichs vnnd weltlichs friedens in die schantz zu setzen.aufs Spiel zu setzen, zu opfern. Vgl. , 2164–2166.

Es wird dennoch nichts dester weniger Gott auch noch Richter hie auff erden sein werden,Zur Futurbildung vgl. oben Anm. 56. Psal. lviij. Vnd dort vollents einmal das entliche gerichte anstimmen, das ein jeder befinde, was er hie recht oder vnrecht gehat vnd was er damit gewonnen habe.

Zu demselben deinem gericht kum nur balt, lieber Herr Jhesu, kum balt, denn hie ist fort in dieser welt nit viel guts mehr zu gewarten. Verzeuchstu aber, Herr, so lehre, troͤste, stercke durch deinen Geist dein armes, kleines, geringes heufflein, damit es wider alle des Teuffels, Babsts vnd falschen Bruͤder beide, verfolgung vnnd be-E 4vtrug, welcher mehr denn gewalt
zu befuͤrchten, bestehen, dem Antichrist seine knie nit wider beugen vnnd entlich selig werden moͤge! AMEN.

Phil. Mel. in der antwort auff Osiandri bekentnis:Vgl. VD 16 M 2501 (siehe oben Anm. 130), Bl. A 3v: Vnd diser glaube mus für vnd für beides annemen vnd behalten / Gratiam et Donum vmb des mitlers Christi willen / auch wenn gleich die widergeburt angefangen ist.

Der glaub mus fuͤr vnd fuͤr beides annemen vnd behalten, gratiam et donum, vmb des mitlers Christi willen, auch wenn gleich die widergeburt
angefangen ist.