Wider den Evangelisten des Chorrocks D. Geiz Major (1552) – Einleitung
1. Historische Einleitung
schreibt in der Widmungsvorrede seines Sermons von S. Pauli Bekehrung, in den Hundstagen 1552 seien drei Gegenschriften gegen ihn mit fingiertem Druckort von seinen Magdeburger Gegnern veröffentlicht worden;Vgl. in der Nachschrift benennt er sie deutlich: , und .Vgl. Man darf annehmen, dass nach dem Ende der Belagerung zunächst die polemische Druckproduktion eingestellt wurde, entsprechend den kaiserlichen und kurfürstlichen Zensuredikten. Erst Mitte des Jahres wagte man es dann, zunächst mit fingierter Druckortangabe, wieder zu publizieren. Deshalb könnte es zunächst zu einem gewissen Publikationsstau gekommen sein, der dann eine Veröffentlichung in rascher Folge bewirkte. Wie der unter Nr. 2 edierte von , so richtet sich auch der hier vorliegende Text gegen die Ausführungen in seiner , insbesondere gegen die Spitzenaussage, gute Werke seien zur Seligkeit nötig.
2. Der Autor
AlsZu den folgenden Ausführungen vgl. allgemein ; . Matija Vlačić, alias Franković, am 3. März 1520 im venezianischen Albona an der illyrischen Adriaküste geboren, bezog er auf den Rat seines Verwandten Baldo Lupetino, der den Ideen der Reformation aufgeschlossen gegenüberstand, die Universitäten in Basel, Tübingen und – ab 1541 – Wittenberg. Dank Luthers Seelsorge wurde Flacius von schweren Anfechtungen befreit, die ihn jahrelang gequält hatten, und die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnaden wurde und blieb zeitlebens der Zentralartikel seiner Theologie.
1544 erhielt Flacius eine Professur für Hebräisch an der Universität Wittenberg, und im Herbst 1545 heiratete er die Pfarrerstochter Elisabeth Faust. 1546 wurde Flacius Magister. Während des Schmalkaldischen Krieges fand Flacius für einige Zeit Aufnahme in Braunschweig und lehrte am dortigen Pädagogium. Als er es nicht vermochte, die Wittenberger Fakultät zu einer gemeinsamen Abwehrhaltung gegen das Augsburger Interim zu bewegen,1 wandte sich Flacius 1548 als einer der ersten öffentlich gegen das Interim, dann auch gegen die Leipziger Landtagsvorlage (Leipziger Interim).
In den Jahren 1549 bis 1557 engagierte sich Flacius intensiv in Magdeburg und veröffentlichte zahlreiche Schriften in den theologischen Auseinandersetzungen um die Bewahrung des authentischen Erbes Martin Luthers und zum Erweis der Katholizität der Reformation. Bis 1561 wirkte Flacius an der neugegründeten Universität Jena, die so zu einem Hort unverfälschten Luthertums und Gegenpol zur Universität Wittenberg wurde, bis er und sein Kollege Wigand am 10. Dezember 1561 ihrer Ämter enthoben wurden. In den Folgejahren lebten Flacius und seine Familie in Regensburg (1562– 1566), Antwerpen (1566–1567), Straßburg (1567–1573) und Frankfurt am Main, wo er – von Ausweisung bedroht – am 11. März 1575 starb.
3. Inhalt
Flacius will auf Vorwürfe antworten, die die Adiaphoristen erst veröffentlichten, als sie sicher sein konnten, dass ihren Magdeburger Gegnern wegen der Belagerung der Stadt die Möglichkeit zur Gegendarstellung genommen war.
Auf Majors Vorhaltung, Flacius sei ohne Auftrag und Berufung aktiv geworden, entgegnet dieser, die Not der Christenheit habe ihn veranlasst, gegen das Leipziger Interim zu schreiben. Er sei durchaus hinlänglich berufen, nämlich 1. durch die Taufe, 2. durch die Zehn Gebote, 3. als Wittenberger Universitätslehrer, und schließlich sei 4. bei allgemeiner Gefahr jeder zur Hilfe berufen, der dazu in der Lage sei. Major freilich und dessen Gesinnungsfreunde seien von großen Herren beauftragt und bezahlt.
Es sei abwegig, ihn, Flacius, für die Spaltung innerhalb der Kirche verantwortlich zu machen, denn nicht derjenige verursache eine Spaltung, der bei der Wahrheit verharre, sondern derjenige, der von ihr mutwillig abweiche und sich mit dem Antichrist vereine (dazu habe Amsdorf bereits ausführlicher geschrieben). Die Sorge um den Bestand der wahren Religion habe ihn angetrieben, zahlreiche Schriften gegen das Interim zu veröffentlichen.
Major bestreite zwar, an der Abfassung des Leipziger Interims beteiligt gewesen zu sein oder es gelobt zu haben. Aber an den entscheidenden Beratungen zu Altzella habe er sehr wohl teilgenommen, und es gebe verschiedene Zeugnisse für seinen Sinneswandel zugunsten der Adiaphora. Amsdorfs Kritik an Major sei also durchaus berechtigt.
Kennzeichnend für die mangelnde Bereitschaft der Wittenberger, ihre – in den Augen des Flacius irrigen – Ansichten aufzugeben, sei auch ihre unklare Haltung hinsichtlich eines möglichen päpstlichen Konzils, dem Flacius längst öffentlich die Legitimität abgesprochen hat.
Ähnlich kritisch sieht Flacius ein angebliches Bekenntnis, das schon etwa ein Jahr zuvor von Seiten der Adiaphoristen verfasst worden sei, das sie auch zur Unterschrift hätten kursieren lassen; man habe es aber nicht gewagt, den Text gegen den Willen der Bischöfe zu veröffentlichen.
Abgesehen davon, dass Major von acht Punkten, die er selbst aufgezählt habe, nur auf sechs überhaupt etwas entgegne, sei seine Argumentation auch insofern sonderbar, als er einerseits behaupte, für die Adiaphora nicht verantwortlich zu sein und sie nicht zu billigen, sie andererseits aber aufs heftigste verteidige, ebenso wie die Aussage, gute Werke seien nötig zur Seligkeit. Wie stehe es da um den armen Sünder, der sich erst auf dem Sterbebett bekehre? Er werde von Major der Verzweiflung überlassen.
Es sei allerdings grundsätzlich schwierig, mit den Adiaphoristen zu disputieren, weil sie ihre Position ständig wechselten. Belegt sei aber nicht nur ihre Mitwirkung am Leipziger, sondern auch die Einflussnahme auf das Augsburger Interim. Major distanziere sich zwar schriftlich von den Adiaphora, betreibe aber zugleich ihre Einführung in seiner Superintendentur Eisleben. Ziel sei die allmähliche Wiedereinführung des Papsttums.
4. Ausgaben
Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe:
A:
Wider den Euange= || listen des heiligen Chorrocks / || D. Geitz Maior. || Matth. Flac. Jlly. || Ezechi. xiij. || O Jsrael / Deine Propheten sind wie die Fuͤch= || se inn den wuͤsten / Sie tretten nit fuͤr die luͤcken / vnnd || machen sich nit zur huͤrten vmb das haus Jsrael / vnd || stehen nit im streit am tage des Herrn / Jr gesichte ist || nichts / vnd jr weissagung ist eitel luͤgen / Sie sprechen / || Der Herr hats gesagt / So sie doch der Herr nit gesant || hat / vnd muͤhen sich das sie jr dinck erhalten / etc. || Basel. [Magdeburg: Michael Lotter] || Anno 1552. [11] Bl. 4° (VD 16 F 1558).