Controversia et Confessio, Bd. 2


Brief der Hamburger Prediger etc. (1549) – Einleitung

Einleitung

1. Historische Einleitung

Der Leipziger Landtagsentwurf vom Dezember 1548, das sogenannte Leip
ziger Interim, betraf zunächst einmal nur das unter
(einschließlich der neu hinzugekommenen, vor dem Schmal
kaldischen Krieg noch ). Dennoch war die Rolle der
Theologen bei dessen Zustandekommen auch jenseits der Gren
zen des Territoriums von Interesse. Denn das Augsburger Interim, dem man
mittels der Landtagsvorlage zumindest formell Genüge tun wollte, ohne die
eigene konfessionelle Identität aufzugeben, galt allen protestantischen
Ständen im Reich, und auch andernorts wurden angesichts der Rekatholisie
rungsforderungen des Kaisers Versuche unternommen, mit Sonderbekennt
nissen und neugeschaffenen Kirchenordnungen einen gangbaren Mittelweg
zur Bewahrung der evangelischen Kirchentümer zu finden. Zu Ostfriesland vgl. , Anm. 372 zum deutschen Text; zu vgl. . Die Frage, wel
che Zugeständnisse möglich seien, wenn überhaupt, und wo Widerstand un
umgänglich notwendig sei, stellte sich in allen protestantischen Gebieten,
und dies um so dringlicher, je näher das kaiserliche Heer lagerte. Nord
deutschland war zunächst nicht in gleichem Maße bedroht wie die südlicher
gelegenen Gebiete, aber auch dort kursierten im Januar 1549, also nicht lange
nach Vorlage des Leipziger Landtagsentwurfs, Gerüchte, die
Theologen hätten sich gegenüber den kaiserlichen Forderungen, die im
Augsburger Interim erhoben worden waren, zu fragwürdigen Kompromissen
bereitfinden lassen. Vgl. . Melanchthons Gutachten für Frankfurt am Main vom
19. Januar 1549, Leipzig, 19. Jan. 1549: . worin er Zugeständnisse hinsichtlich der heilsirrelevanten
Mitteldinge empfahl, wenn man damit nur die Verkündigung des Evan
geliums sicherstellen könne, wurde in der Folgezeit abschriftlich in weitere
Territorien gesandt.So nach , , und , vgl. . In einem Brief vom 23. Januar 1549 bekräftigte Melan
chthon auch dem Superintendenten gegenüber
seine Überzeugung, man müsse in Mitteldingen nachgeben, in Grundsatzfra
gen aber standhaft bleiben.Vgl. ; . Dazu erfuhr man anscheinend auch in
von der im Gange befindlichen Ausarbeitung einer neuen Kirchenordung, der
sogenannten Georgsagende, So genannt nach ihrem Hauptbearbeiter, . die die konkrete Umsetzung der Forderungen des
Interims in die liturgische Praxis der Gemeinden regeln sollte; Anfang April
1549 wurde sie intern begutachtet, ohne dass sie schon veröffentlicht worden
wäre.Vgl. . Dass Gerüchte über eine neue Kirchenordnung anscheinend bis nach gedrungen waren, dazu siehe unten im lat. Text S. B 8r bzw. im deutschen Text S. C 4v. – Am 28. Februar schreibt Bugenhagen an den dänischen : Noch hat ein ehrloser Mensch, der seines namens nicht darf bekant sein, drei Quaternen wider uns lassen druͤcken, darinnen er vermanet bei dem Evangelio zu bleiben. (Bugenhagen, Briefwechsel, S. 439 [Nr. 226]). Am 10. April schreibt er an den dänischen Reformator (Johannes Tausanus) in Ribe: Nos hic, carissime Johannes, et in ecclesiis et in scholis adhuc agimus in sincero verbo Dei et ordinamus Evangelii presbyteros usque in ut ante. Nemo vobis aut dicto aut facto isthic aliud persuadeat. (aaO S. 442 [Nr. 228]) Und erkundigt sich mit Schreiben vom 16. April aus bei Bugenhagen, ob eine Schrift über die Adiaphora, die an ihn gelangt sei, auch die Haltung der betreffe (vgl. ). In reagierte man offenbar alarmiert: Die
Theologen, ehemalige Mitarbeiter und Freunde Luthers, die darum in der
gesamten protestantischen Welt in hohem Ansehen standen und am ehesten
berufen schienen, das Erbe des Reformators zu verwalten und zu schützen,
gaben den Widerstand gegen das kaiserliche Interim anscheinend zumindest
teilweise auf. Das musste die Position aller anderen Interimsgegner schwä
chen, weil man ihnen sowohl von seiten kompromissbereiter Vertreter inner
halb der eigenen Gruppe als auch von seiten der Gegner die theologisch
begründete konsequente Ablehnung der Forderungen des Kaisers oder der
jeweiligen Obrigkeiten mit Hinweis auf das Beispiel als Hals
starrigkeit oder Böswilligkeit auslegen konnte. Im August 1548 hatten die
Theologen der Städte , und unter dem Titel Be
kenntnis und Erklärung aufs Interim
Vgl. . eine umfängliche Widerlegung des In
terims veröffentlicht, doch wurde auch der Rat mit zunehmender
Kriegsgefahr vorsichtiger und versuchte, mit dem Kaiser zu verhandeln. Nicht
von ungefähr erschienen die späteren Drucke des Bekenntnisses nicht mehr
in , sondern in .Auch rückte allmählich von seiner schroff ablehnenden Haltung gegenüber dem Interim ab und ließ im Mai 1549 ein eigenes lateinisches Bekenntnis für den Kaiser ausarbeiten. In dieser Situation entschloss man sich
seitens der Theologen, die an ihre Verantwortung
zu erinnern und um eine klare und eindeutige öffentliche Stellungnahme zur
Sache zu bitten. Die Beziehungen der zu den Theo
logen waren recht eng: Bugenhagen, den Aepin schon aus gemeinsamen Ta
gen im Kloster Belbuck bei kannte, hatte
Kirchenordnung verfasst, die meisten der Theologen hatten in
studiert, Aepin war gar mit Bugenhagen und Cruciger gemeinsam
promoviert worden. Dementsprechend wandte man sich am 3. April 1549Vgl. unten Anm. 49. in
ehrerbietigem, zugleich aber auch mahnendem Ton, bestimmt in der Sache, an
die Praezeptoren, namentlich an Bugenhagen, Melanchthon und
Major, mit der dringenden Bitte um eine Stellungnahme. Den
dürfte diese Bitte wenig gelegen gekommen sein, doch ließen sie den
mit Datum vom 16. April 1549 eine wohl unter Federführung
MelanchthonsBugenhagen schreibt mit Datum 17. Juli 1549 an : Die Predicanten zu sandten uns ire sententia de Adiaphoris und baten das wir inen wiederumb unser Sententia oder Meinung von derselben Sachen wolten zuschreiben. Das thaten wir, nemlich der Herr Philippus und ich, mit Fleis und gutem Gewissen fur Gott, dafur sie uns billich danken solten, wen inen schon unser Meinung nicht gefallen hette, den wir haben inen gedienet nach irer Bitte. Aber Magister Jochim [Westphal] sehet das wirs nicht halten mit seiner Opinion und wird feind, richtet eine Hadersache an, machet sich widerpartisch wider uns, auch zum Richter mit der Epistola cujusdam alterius, das ist mit dem spiritu Illyrico. Die beiden Richter sprechen ein Urteil, das sie recht haben und wir unrecht. Solche unerfaren Richter nehmen wir nicht an. Unser und ire sententia sind am Tage, die sollen ander Leute richten, nemlich die arme betruͤbte Kirche Christi die sich in dieser Zeit auf solche Sachen wol versteht. Wir haben in unser sententia de adiaphoris nicht gesetzt solche gotlose Stucken, wie uns Mag Jochim zumisset. Er mag meinethalben seine Opinion wol behalten, ich will darum nicht mit im hadern, so wird das stille (Bugenhagen, Briefwechsel, S. 459 [aus Nr. 232]). entstandene Antwort zugehen, die um Verständnis für die
schwierige Situation der wirbt und die Einheit in der Lehre
betont. Da der Brief nicht die erhofften deutlichen Worte zur Frage der Adia
phora brachte, eignete er sich nicht zur separaten Veröffentlichung; immerhin
konnte er aber als Bestätigung der Position in Anspruch ge
nommen werden, und in dieser Funktion erscheint er in unserem Druck A.
Die Beobachtung oder zumindest die Befürchtung, die Argumente der für eine gemäßigtere Haltung im Hinblick auf die Adiaphora
möchten doch eine gewisse Wirkung unter der Leserschaft nicht verfehlen,
dürfte dazu geführt haben, dass Druck B nicht nur einige verbesserte Les
arten bietet, sondern auch sarkastische Marginalien des Flacius zum Brief der
und seine Stellungnahme zur Frage, was es tatsächlich bedeute,
die anvertraute Gemeinde im Stich zu lassen. Die Ausführungen bezüglich des Verlassens der Gemeinde waren durch entsprechende Bemerkungen im Schreiben der veranlasst, außerdem betrafen sie zunächst einmal und vornehmlich Pfarrer und Prediger, aus diesen beiden Gründen erschienen sie wohl in der deutschen Ausgabe, die sich an eine breitere Öffentlichkeit wandte, entbehrlich. Da die Auto
ritäten im Kampf gegen die Wiedereinführung altgläubiger, fälschlich als
indifferent apostrophierter Kultpraktiken offensichtlich nicht taugten und
man ihren gemäßigten Argumenten keinen weiteren Raum geben mochte,
verzichtet die deutschsprachige Ausgabe völlig auf die Inanspruchnahme der
und bringt mit Westphals Auslegung von Ex 32 stattdessen die
Autorität der Heiligen Schrift in beeindruckender Weise in Anschlag. Insofern lässt sich an der veränderten Gestaltung der Texte in den Drucken A bis C der rapide Verfall des Ansehens der Theologen bei den Gnesiolutheranern ablesen.
Unsere Ausgabe bietet die zweite lateinische Fassung mit den Ergänzungen
des Flacius,Die Abweichungen in Druck A sind im textkritischen Apparat vermerkt. daneben die deutsche Fassung mit der Auslegung Westphals zu
Ex 32.

2. Die Autoren/Herausgeber

2.1 Die Prediger

In allen Drucken sind lediglich pauschal die Prediger als Absender
des Briefes an die Theologen genannt, das Original des Briefes
scheint nicht erhalten, auch in Abschriften sind anscheinend keine Unterschrif
ten berücksichtigt. So bleibt nur der Blick auf die Geistlichkeit zur
Zeit der Abfassung, um den Absenderkreis zu bestimmen.Vgl. . Allerdings wird
man angesichts der doch recht großen Zahl von Pfarrern und Predigern davon
ausgehen dürfen, dass nicht alle in gleicher Weise an der Formulierung des
Schreibens beteiligt waren, sondern dass ein einzelner oder einige wenige den
Entwurf erarbeitet haben, der dann – möglicherweise unter Berücksichtigung
von Verbesserungsvorschlägen – gemeinsam verabschiedet und unterschrieben
wurde. Ein gemeinsam verantwortetes Schreiben war augenscheinlich immer
hin trotz des bereits seit einigen Jahren schwelenden, allerdings noch vor sei
nem Höhepunkt stehenden Streits um die theologische Deutung der Aussagen
über die Höllenfahrt ChristiZum Höllenfahrtsstreit vgl. . Aepin hatte 1542 in lateinischen Vorlesungen am Dom über Psalm 16 im Anschluss an Luther die Auffassung vertreten, die Höllenfahrt Christi sei Teil seines stellvertretenden Leidens für uns, 1544 erschienen die Ausführungen auch im Druck (VD 16 A 375) und erregten bei einigen von Aepins Amtsbrüdern Anstoß, ab 1548 kam es zu Disputen, Kanzelstreit und Unruhen in der Gemeinde. Auch ein vom Stadtrat angefordertes Gutachten aus konnte die Streitigkeiten nicht schlichten, weitere Verhandlungen scheiterten, schließlich wurden drei Gegner Aepins – sen., und – am 26. April 1551 ihrer Ämter enthoben und aus der Stadt gewiesen, weil sie ein Schweigegebot des Rates ignoriert hatten. möglich.Auch das Interimsgutachten aus dem Vorjahr (unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 9) war trotz des Streites gemeinsam verantwortet worden.

2.1.1. (us) Zu s. ; , 535–544.

Er wurde 1499 als Sohn des Ratsherrn  Hoch = a„peinÒj. in geboren und trat 1517 in das Prämonstratenserkloster in  Heute Białoboki. nahe  Heute . an der Rega in Hinterpommern ein, wo zu dieser Zeit
Johannes Bugenhagen als Lehrer wirkte. Am 1. Oktober 1518 wurde Aepin an
der Universität Wittenberg immatrikuliert. Nach dem Baccalaureatsexamen
am 1. März 1523 ging Aepin zunächst als Lehrer zurück in seine Heimatstadt;
dort als Anhänger Luthers inhaftiert, wandte er sich nach seiner Befreiung
zunächst nach , dann nach , wo er in den Jahren 1524 bis
1528 der Schule auf dem Johannikirchhof als Rektor vorstand. 1525 verfasste
er im Auftrag des Rates der Stadt eine Kirchenordnung. Im April 1529 be
gleitete er Bugenhagen nach zum Kolloquium mit dem späteren
Täuferführer Melchior Hoffman, und im Oktober jenes Jahres wurde Aepin
zum Pfarrer an St. Petri in gewählt.Sein Amtsvorgänger war Johann Boldewan, sein ehemaliger Abt im Prämonstratenserkloster Belbuck. Am 18. Mai 1532 wählte ihn
der Rat zum ersten Superintendenten der Stadt, womit das Amt
eines Lector primarius am Dom verbunden war. Da dessen Inhaber stiftungs
gemäß die theologische Doktorwürde besitzen sollte, ermöglichte die Stadt
Aepins Promotion am 17. Juni 1533 in , gemeinsam mit Bugenha
gen und Caspar Cruciger. 1533/34 nahm Aepin im Auftrag des Rates an einer
Gesandtschaft an den Hof Heinrichs VIII. von England teil, im Februar 1537
unterzeichnete er als Vertreter beim Bundestag zu
Luthers Artikel und Melanchthons Tractatus de potestate et primatu papae.
1539 überarbeitete er im Auftrag des Rates die Kirchenordnung Bugenhagens
von 1529, 1544 verfasste er eine Kirchenordnung für und die
, 1552 für . starb am 13. Mai 1553.

Aepin war 1548 federführend bei der ablehnenden Stellungnahme der wendi
schen Städte , und zum Augsburger Interim.Vgl. .
Dass er auch beim hier vorliegenden Schreiben an die deutlichen
Einfluss auf die Textgestaltung nahm, davon ist auszugehen.Staphorst, Bekenntnüß, S. )(2v, schreibt ihm die Verfasserschaft an dem Brief zu, allerdings gibt er nicht an, worauf er diese Aussage gründet. Neben dem so
genannten Aepinschen Streit, dem Streit um die Deutung der Höllenfahrt Chri
sti, beteiligte sich Aepin auch am Majoristischen und am Osiandrischen Streit.

2.1.2. Joachim Francke; ; .

Er stammte aus und hatte als Dominikanermönch in
gelebt, wo er auch seit 1507 studierte. Um 1527 war Francke als Pastor in
tätig, 1531 wurde er dann zum
Hauptpastor an St. Nikolai in gewählt, und dieses Amt bekleidete
der vir pius et eruditus bis zu seinem Tode im Februar 1551. Da er
anscheinend nicht in studiert hatte, waren seine Verbindungen zu
den Theologen vermutlich nicht so eng wie bei Aepin und
anderen Kollegen.

2.1.3.  Zu s. ; ; , 712–715, , 185–189.

Der Sohn eines Tischlermeisters wurde 1510 in geboren. Nach dem
Besuch der Kirchenschule zu St. Nikolai und der Lateinschule in
studierte er mit einem Stipendium seiner Vaterstadt ab 1529 an der Universität
Wittenberg, wo er am 30. Januar 1532 den Grad eines Magister Artium er
warb; auf Empfehlung Melanchthons übernahm Westphal zunächst die Stelle
des Subrektors am Hamburger Johanneum, 1534 ging er jedoch mit einem
neuerlichen Stipendium wieder nach , das er verließ, als die Uni
versität der Pest wegen nach verlegt wurde. In den Jahren 1535–1537
besuchte er weitere Universitäten, darunter , , ,
und , anschließend hielt er in eine Zeitlang
Vorlesungen in der artistischen Fakultät. Auf Empfehlung Melanchthons und
Bugenhagens erging 1540 ein Ruf an ihn auf einen theologischen Lehrstuhl
an der Universität Rostock, beinahe zeitgleich wurde er aber auch zum
Hauptpastor an St. Katharinen in gewählt, als Nachfolger des am
23. Oktober 1540 verstorbenen Magisters Stephan Kempe. Am 3. Ostertag,
dem 19. April 1541, wurde Westphal, der seiner Heimatstadt der empfangenen
Stipendien wegen verpflichtet war, vom Superintendenten Aepin in sein neues
Amt eingeführt. Westphal beteiligte sich am Streit um die Höllenfahrt Chri
sti,Vgl. oben Anm. 15. am Adiaphoristischen, am Majoristischen und am Osiandrischen Streit
und trat als Gegner Calvins im sogenannten zweiten Abendmahlsstreit hervor.
Nachdem er bereits seit 1562 in diesem Amt vertreten hatte,
wurde Westphal 1571 vom Rat der Stadt zum Superintendenten und Lector
primarius am Dom ernannt. Am 16. Januar 1574 starb er nach kurzer
Krankheit. Da seine beiden Ehen kinderlos geblieben waren, bestimmte er
sein hinterlassenes Vermögen zu einer mildtätigen Stiftung.

Westphal war vermutlich neben Aepin wesentlich an der Abfassung des
Briefes an die Theologen beteiligt. Dafür spricht nicht nur die
Beigabe seiner Auslegung von Ex 32 zur deutschen Übersetzung des Schrei
bens,Vgl. unten Text Nr. 2d, S. 99–111. sondern auch der Umstand, dass er mehrere weitere Streitschriften in
der Sache publizierte.BREVIS | COMPREHENSIO AR= | gumentorum, quibus seruitus fe= | renda in Cæremonijs a Papi= | stis per eorum ministros | imposita impro= | batur. | Autore M. Ioachimo VVestphalo, Pa- | store in Ecclesia Hamburgensi. | Lucæ XIX. | Dico uobis, quia si hi tacuerint, | lapides clamabunt. [8 Bl. 8°, Magdeburg: Michael Lotter, 1549] (VD 16 2267). – Deutsch: Kurtzer begriff / der | Argument vnd Beweisungen / durch | welche die Dienstbarkeit in Cæremonien / von den Pa= | pisten vnd jhren dienern zu leiden auffgelegt /| verworffen vnd verlegt wird. | Durch M. Joachimum Westphalum | Pfarherrn zu Hamburg. | Verdeudscht. | [8 Bl. 4°, Magdeburg: Christian Rödinger, 1549] (VD 16 W 2268). – DVO SCRI= | PTA M. IOACHIMI | VVESTPHALI HAMBURG. | In altero firmis rationibus adseritur, | quod obsistentes præsenti mutationi | in doctrina & ritibus Ecclesiasticis | non moueant certamina de re- | bus paruis & non ne- | cessariis. | In altero euidenter ostenditur, quod | authores & suasores legum, de doctrina | & pseudadia: hoc tempore nouandis, | Antichristo, in fraudem Ecclesiæ | Dei, gratificentur. | 1549. [23 Bl. 8°, Magdeburg: Michael Lotter] (VD 16 W 2306). – Deutsch: Zwo Schrifften M. | Joachimi Westphali / Pfarherrn | zu Hamburg. | | Verdeudscht. | 1550. [20 Bl. 4°, im Kolophon: Gedruckt zu Magdeburg durch Christian Roͤdinger. am. 10. Octobris. Anno 1550.] (VD 16 W 2307). Nicht von ungefähr erwähnt Bugenhagen ausdrück
lich Westphal als Gegner.Vgl. oben Anm. 11. Westphal war mit Flacius befreun
det,Vgl. . und so könnte man vermuten, dass er diesem eine korrigierte Version
des Druckes A zukommen ließ, die dann als Vorlage für den Druck B und für
die deutsche Übersetzung diente.Dass ein annotiertes Exemplar von A tatsächlich die Vorlage für B war, geht daraus hervor, dass auf Bl. B 8r die Kustode dem Text von A entspricht, aber nicht dem tatsächlichen Bestand in B.

2.1.4. ; ; .

Johann Gartze, geboren im August 1502 wahrscheinlich in , wurde
im Jahre 1521 in immatrikuliert und blieb dort bis zu seiner Beru
fung an das Hamburger Johanneum um 1530. Auf Trinitatis 1534 wurde er
zum Nachfolger Aepins als Hauptpastor an St. Petri gewählt. Um Michaelis
1543 war er nach gewechselt, wurde aber bereits um Ostern 1546
wieder nach zurückberufen als Hauptpastor an St. Jacobi. Im Zuge
des Höllenfahrtsstreits mit Aepin wurde er am 26. April 1551 der Stadt ver
wiesen und übernahm zunächst eine Theologieprofessur in , dann
– als Nachfolger – zu Michaelis 1553 die Superintendenten
stelle in , wo er am 24. August 1558 starb.

2.1.5. ; .

Geboren in am 25. Januar 1521, wurde er 1544 Rektor in und 1547 Professor in , doch schon um die Mitte des Jahres
1548 berief man ihn als Pastor und Lector secundarius an den Dom seiner
Heimatstadt. Am 17. August 1555 wurde er zum Superintendenten und Lector
primarius am Dom gewählt. 1556 erwarb v. Eitzen den theologischen Doktor
grad. Im Juni 1562 wurde er Generalpropst von in , ließ sich am Hamburger Dom jedoch noch bis ins Jahr 1571 vertreten,
ehe er seine dortige Stelle endgültig aufgab. Am 25. Februar 1598 starb er in
, nachdem er sein dortiges Amt bereits 1593 niedergelegt hatte.

2.1.6. Johannes Högel(c)ke Jensen 45f, 54, 191; Hammer/Schade, I, 75.

Er stammte aus und wurde am 18. April 1521
in immatrikuliert, im Oktober 1522 wurde er Baccalaureus, an
schließend Magister. In den Jahren 1531–1541 versah er das evangelische
Pfarramt an der Stadtkirche zu , ehe er zu Ostern 1541 Pastor an St.
Georg und am Hiobshospital in wurde. Gegen Ende 1542 wurde er
zum Diakonus an St. Petri gewählt, am 5. Juli 1549 zum Hauptpastor an
derselben Kirche. Da er im Höllenfahrtsstreit in Opposition zu Aepin stand,
wurde er nicht durch den Superintendenten und die andern Hauptpastoren in
sein Amt eingeführt, sondern vom Bürgermeister in Verbindung mit den
Kirchspielherren und Juraten, d. h. von den weltlichen Verwaltungsbeauf
tragten für das Kirchenwesen. Er amtierte trotz Widerspruchs des Prediger
ministeriums bis zum 27. August 1555 und starb am 1. November 1558.

2.1.7.  Jensen 27; Staphorst, Jährliche Gestalt, S. 17(a). – Bei Hammer/Schade, I, 67 findet sich zu nur die Angabe, er sei 1559 Diakon in (St. Petri) gewesen und am 24. März 1561 verstorben. Das entspricht den Angaben bei Jensen, 56. Da bei Hammer/Schade I, 67, auch ein Paul Hartzwich (Hartwig) genannt wird, geboren in , 1562 Magister in , schließlich verstorben als Pastor in 1593, so könnte man vermuten, dass der Diakon an St. Petri zwei Söhne, Henrich und Paul, gehabt und die Namensgleichheit zwischen Vater und Sohn für Verwirrung gesorgt habe. Andernfalls müßte man annehmen, dass einer einzigen Person des Namens unterschiedliche Daten zugeordnet wurden.

1540 war er bereits Prediger an St. Petri in , wo er um 1556 starb.

2.1.8. ; .

Er wurde um die Mitte der 1520er Jahre zum ersten evangelischen Prediger
an St. Jacobi gewählt, nachdem er zuvor bereits als altgläubiger Geistlicher
tätig gewesen war, und starb am 25. November 1564.

2.1.9. .

Er war 1526 zum Prediger an St. Nicolai gewählt worden und starb am 29.
Mai 1549.

2.1.10. ; .

Der Prediger an St. Jacobi wurde 1526 oder 1529 gewählt und starb am 11.
Februar 1566.

2.1.11. ; .

Er wurde zum Pastor an der Heiligengeistkirche erwählt im Jaher 1533. Um
Pfingsten 1562 legte er aus Altersgründen sein Amt nieder und starb am 2.
Januar 1565.

2.1.12. ; .

Seit 1540 war er Prediger an St. Katharinen. Er starb am Abend des Palmsonn
tages (26.03.1564) und wurde am Karfreitag, dem 31. März 1564, bestattet.

2.1.13. ; .

1495 im geboren, wurde er 1540 Pastor zu , dann um Michaelis 1542 zum Pastor an St. Georg und an St. Hiob
gewählt. Das Pastorat an St. Hiob legte er 1550 (1556?) nieder, während er
an St. Georg weiter seinen Dienst versah, bis er ihn um Michaelis 1569 aus
Altersgründen aufgab. Am 21. April 1571 starb er.

2.1.14. ; .

Geboren in , wurde er 1540 der erste evangelische Predi
ger in , 1543 hielt er sich zum Studium in auf und wurde zum Magister promoviert. Am 24. Juni 1544 wurde er
zum Diakonus an St. Petri in gewählt. Im Streit um die Bewertung
der Höllenfahrt Christi stand er gegen Aepin und musste, da er die Unter
schrift unter der vom Rat aufgestellten Erklärung für Aepin ablehnte, am 26.
April 1551 die Stadt verlassen. Nach Aufenthalten in und als
Pastor zu kehrte er 1553 nach zurück, wo
er in großer Armut starb.

2.1.15. ; .

Er wurde um Ostern 1545 zum Prediger an St. Jakobi gewählt, wegen seiner
massiven Gegnerschaft gegen Aepin im Höllenfahrtsstreit enthob ihn der Rat
am 26. April 1551 seines Amtes und wies ihn am 11. Oktober des gleichen
Jahres aus der Stadt.

2.1.16. ; .

Aus stammend, studierte er um 1536/37 in . Um Johannis
1547 wurde er zum Prediger an St. Marien Magdalenen gewählt, im Septem
ber 1548 (oder um Ostern?) zum Diakonus an St. Katharinen. Dieses Amt
versah er bis zu seinem Pesttod am 4. August 1565. Er galt als eifriger Ge
folgsmann Westphals.

2.1.17. ; ; .

Am 29. November 1547 wurde er erster evangelischer Pastor an der ehema
ligen Dominikanerkirche St. Johannis. Am 8. März 1551 wählte man den An
hänger Melanchthons zum Hauptpastor an St. Nicolai. Dieses Amt versah er bis
zu seinem Tod am 25. November 1561. Vor seinem Dienstantritt in
soll er zweiter Pfarrer an St. Nicolai in Stade gewesen sein. Er stand nahe und wurde von den Anhängern Westphals befehdet.

2.1.18. ; ; .

Er stammte aus und wurde am 1. Juli 1525 in immatrikuliert. Im Jahre 1538 wurde er Rektor der Katharinenschule zu
. Um Ostern 1548 wählte man ihn zum Prediger an St. Kathari
nen in . Dieses Amt legte er wegen einer Pesterkrankung im Jahre
1555 für einige Zeit nieder, nahm aber nach überstandener Krankheit seinen
Dienst wieder auf. Gerlach starb am 13. Juni 1596. JensenJensen 107. sagt von ihm, er
sei einer der anhänglichsten Schüler Westphals aus dessen
Zeit
gewesen.

2.1.19. (sis); .

Er soll aus dem Lande (an der unteren Elbe) stammen. Von 1548 an
amtierte er als Diakon an St. Nicolai bis zu seiner Abdankung um Weihnach
ten 1565. Er starb unverheiratet um 1568/69.

2.2 Die Theologen

Während in Druck A noch Melanchthon als Autor des Antwortschreibens
angegeben ist, werden in B und C die Theologen insgemein
genannt.Ein ähnliches Phänomen war auch bei der Veröffentlichung des Interimsgutachtens vom 16. Juni 1548 zu beobachten, vgl. . Vgl. allg. . Sie waren als Gruppe angeschrieben worden, unter namentlicher
Hervorhebung ,Vgl. . BugenhagensVgl. . und Majors,Vgl. . und auch die
Antwort erging im Namen der Gruppe. Dabei dürfte feder
führend gewesen sein. bemerkt gegenüber , an dem Antwortschreiben mitgewirkt zu haben, während
über einen Beitrag Majors nichts verlautet.Vgl. oben Anm. 11.

2.3

Im Frühjahr 1549 verließ , weil er – so teilt
in einem Brief an mit – die Veränderung der Kirchenge
bräuche nicht mit ansehen
 Vgl. , 356 (Nr. 4507 = MBW 5487): Illyricus hinc abiit, aperte causam hanc dicens, se nolle spectatorem esse mutationis rituum. Etsi autem nondum scerto scimus, de reditu quid decreverit: arbitror tamen, quaerere eum sedem, unde liberius nos criminari possit wollte. Vergeblich hatte er versucht, die einsti
gen Freunde Luthers zu offenem Widerstand gegen das Interim und die Leip
ziger Landtagsvorlage zu bewegen. Er besuchte mehrere norddeutsche Städte,
ehe er sich schließlich in niederließ, wo er weitgehend ungehin
dert publizieren konnte und Mitstreiter für sein Anliegen fand. Just in diese
Phase fiel das Schreiben der Prediger, die ganz im Sinne des die zu einer klaren öffentlichen Stellungnahme aufforder
ten. Man kann mangels einschlägiger Quellen allenfalls spekulieren, ob selbst womöglich die Anfrage angeregt habe. Die ausweichende Antwort aus dürfte Flacius in seinem
Entschluss bestärkt haben, nicht dorthin zurückzukehren. Zum Lebensweg des Flacius allgemein vgl. . Was er von der
Antwort der hielt, ist jedenfalls seinen Randbemerkungen in
der zweiten lateinischen Ausgabe zu entnehmen. Siehe unten S. 58–106.

3. Inhalt

[a] Brief der Geistlichen vom 3. April 1549= Mittwoch nach Laetare 1549. Datierung in MBW nach einer Abschrift; vgl. .

Angetrieben von der Sorge um die Erhaltung der reinen Lehre und der evan
gelischen Gemeinden im Reich angesichts drohender großer Gefahr, wenden
sich die protestantischen Geistlichen an die Theolo
gen, ihre einstigen Lehrer, mit der Bitte um eine unmissverständliche, klare
und eindeutige öffentliche Stellungnahme zur Frage des Umgangs mit den
sogenannten Adiaphora. Offenbar werde der Versuch unternommen, unter
dem Vorwand, es gehe lediglich um nicht heilsrelevante Mitteldinge, das
gesamte Papsttum mit all seinen überwunden geglaubten abergläubischen
Anschauungen und Praktiken wiederherzustellen. Und dabei berufe man sich
auf Äußerungen der , wonach Pfarrer und Prediger sich in der
Frage der Mitteldinge dem äußeren Zwang fügen sollten, wenn auf diese
Weise die Kirche in ihrem wesentlichen Kern gesichert und erhalten werden
könne, statt dass sie um solcher unbedeutender Dinge willen ihre Gemeinden
verließen. Von den Adiaphoristen drohe der Kirche jedoch größerer Schaden
als je zuvor von falschen Propheten. Dagegen aufzutreten seien die verpflichtet aufgrund ihres überaus hohen Ansehens innerhalb der
protestantischen Christenheit. Es gebe genügend mutige und gelehrte Männer
in der Kirche, die für die Wahrheit einzutreten bereit seien, wenn man sie nur
recht unterrichte. Dass die lieber Leiden auf sich nehmen
würden als die reine Lehre zu verfälschen, daran bestehe bei den kein Zweifel, aber die Bereitschaft, in Mitteldingen Kompromisse zu
schließen, sei missverstehbar und gebe zu Missdeutungen Anlass, arbeite so
den Gegenspielern in die Hände, die jeden verunglimpften, der sich weigere,
die Änderungen anzunehmen. So behaupte , die hätten das Interim vorbehaltlos angenommen. Die Geistli
chen bekräftigen ihren Willen, unter allen Umständen an der reinen Lehre
festzuhalten und lieber Marter und Tod zu erleiden, als gegen ihr Gewissen
zu handeln. Man billige der weltlichen Obrigkeit durchaus bestimmte Kom
petenzen zu, es gelte jedoch klar zu unterscheiden zwischen demjenigen, was Gottes sei, und demjenigen, was
des Kaisers sei. Um es den zu
erleichtern, ihren Ratschlag zu geben, wollen die ihre eigene
Auffassung darlegen:

Gott allein könne rechten Gottesdienst stiften. Zu dessen konkreter Gestal
tung seien christliche Gebräuche und eine gute Kirchenordnung sinnvoll und
notwendig. In den Bereich der Zier, Ordnung, Ehrbarkeit, Ruhe und Zucht
gehörten die Mitteldinge, die Gott weder geboten noch verboten habe: or
dentliches Verfahren zur Berufung der Pfarrer, schickliche Kleidung im Got
tesdienst, Gottesdienstzeiten, Glockengeläut, Feiertage, Perikopenwahl, Ver
wendung von Orgeln, kirchliche Kunst, moderate Kirchenzuchtmaßnahmen,
Gebetszeiten, Kirchenlieder, christliches Brauchtum bei Trauungen und Be
stattungen, Katechismusunterricht, Beichte, Lebensordnung für die Geistli
chen, moderate Fastengebräuche und Manches mehr. Alles solle zweckmäßig
gestaltet sein und zur Erbauung der Kirche dienen. Beständige Eintracht,
Ruhe und Gleichförmigkeit unter den Kirchen, die in der reinen Lehre
übereinstimmen, sei erstrebenswert, und wenn die kaiserlichen und sonstigen
obrigkeitlichen Maßnahmen tatsächlich darauf zielten, grundsätzlich dispo
nible Mitteldinge mit dem Ziel größerer Übereinstimmung zu ordnen und zu
koordinieren, könne man ihnen guten Gewissens Folge leisten.

Wirkliche Mitteldinge seien allerdings daran erkennbar, dass sie der Erbauung
der Kirche dienten, dass sie die Freiheit zur reinen Lehre nicht beeinträchtig
ten und dass sie bei Bedarf auch frei verändert werden könnten.

Was die reine Lehre verdunkele, gehöre hingegen nicht zu den Mitteldingen,
so etwa allerlei magisches Treiben wie die Weihe von Öl, Taufwasser, Salz,
Weihwassser, Palmwedeln, Feuer etc., Prozessionen, gar mit Monstranz, Heili
genbildern und Reliquien, allerlei symbolische Spektakel in der Karwoche, an
Himmelfahrt und Pfingsten sowie an Mariae Lichtmeß, Wallfahrten und ähn
liches. All dies nicht in Gottes Wort gegründete Treiben trage dazu bei, den
Glauben verächtlich zu machen und zum Gespött werden zu lassen.

Es genügt nach Auffassung der Geistlichen nicht, sich damit zu
bescheiden, das vermeintlich kleinere Übel gewählt zu haben; mittels Kom
promissen in der kirchlichen Praxis das geordnete Gemeindeleben und die
reine Lehre retten zu wollen, sei illusorisch. Man dürfe in der Frage der Mit
teldinge keinerlei Missbrauch, Anstößigkeit oder Gewissenszwang dulden;
dergleichen anzuordnen stehe den Fürstenhöfen nicht zu, ganz im Gegenteil:
Die Fuͤrstenhoͤfe sollen von der Kirchen durch Gottes Wort regirt werden,
die kirch aber soll man durch weisheit der Fuͤrstenhoͤffe in keinen weg regie
ren, sonder mit Gottes Worte. Es sollen auch die Fuͤrstenhoͤffe Christo vvnd
seiner Kirchen kein Gottesdienst vorschreiben one Gottes wort; die es aber
thun, die thun mehr, denn jhn befolhen ist, vnd nemen des Antichrists person
vnd werck an sich. Christus sol die kirch regieren vnd nicht die Fuͤrstenh
hoͤffe.
Siehe unten Bl. C 1r– C 1v. Die weltliche Obrigkeit habe lediglich den Auftrag, die wohlgeord
neten Kirchen und Gemeinden zu schützen und zu unterstützen.

Missbräuche und von Menschen erfundene, nur vermeintlich gottwohlgefäl
lige Dinge, die seit alters von Vätern, Propheten, Christus und den Aposteln
für unnütz, nichtig und vergeblich erklärt worden seien, würden fälschlich
den Adiaphora zugerechnet: Klosterwesen und -gelübde, Winkelmesse und
Kanon, Zölibat, Heiligenverehrung, von Menschen eingesetzte Sakramente,
Beichte mit vollständiger Aufzählung aller Sünden, Fasttage als verdienst
liches Werk, Messen zugunsten Verstorbener, Wallfahrten und Ablaß – dies
alles richte sich gegen Evangelium, Glauben und christliche Freiheit. Wenn
die papistischen Missbräuche unter dem Etikett Adiaphora wieder ein
geführt würden und die Bischöfe ihre Jurisdiktionsgewalt wiedererhielten, sei
das Papsttum vollständig wiederhergestellt, ganz entsprechend der Absicht
der Gegner, die die reine Lehre des Evangeliums ausrotten wollten.

Gegen Ende ihres Briefes betonen die Geistlichen, sie seien sich
der schwierigen Lage durchaus bewusst, in der kirchliche und weltliche
Amtsträger angesichts der kaiserlichen Forderungen stünden; sie seien auch
zu Kompromissen bereit, soweit es ohne Verleugnung der erkannten Wahr
heit möglich sei. Um aber den Missbräuchen Einhalt zu gebieten und dro
henden Schaden von der Kirche abzuwenden, müssten die eine
eindeutige Erklärung in der Sache abgeben. Jedermann sei in einer solchen
Gefahrensituation zur Hilfeleistung verpflichtet; wegen ihres außerordentlich
hohen Ansehens stünden die jedoch in einer besonders großen
Verantwortung. Sei ihnen eine ausführliche Antwort zur Zeit nicht möglich,
so möchten sie doch wenigstens kurz ihre Meinung zu den Darlegungen der
eröffnen.

Der Entkräftung der Argumente des Briefes dient in der zweiten lateinischen Ausgabe offenbar auch die Beifügung der Erörterung, was es mit dem Verlassen der Kirche auf sich habe:

    4. Ausgaben

    Nachgewiesen werden können drei verschiedene Ausgaben:

    lateinisch:

    A:

    DE REBVS || ADIAPHORIS EPI= || STOLA CONCIONATO- || rum Hamburgensium ad D. Phi- || lippum Melanthonem, & || responsio eius- || dem. || Psal. XXVI. || Non consideo hominibus uanis, || nec cum dolosis conuersor. [Magdeburg: Michael Lotter, 1549]Zur Offizin von Michael Lotter in Magdeburg vgl. . [18] Bl. 8° (VD 16: E 1673)

    Vorhanden:
    Berlin
    , Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 3 an: Dm 600; Dm 580 R
    Braunschweig
    Stadtbibliothek: M 726(13).8; M 766(3).8
    Dresden
    Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 28.8.3733,angeb.2; Theol.ev.dogm. 906 m, misc.5
    Frankfurt/M.
    , Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg: Flugschriftensammlung Gustav Freytag, XVII,714 (Hohenemser Nr. 3572) [benutztes Exemplar] Microfiche-Ausgabe: Hohenemser Nr. 3572.
    Gotha
    Forschungsbibliothek: Druck 746(6)R; Druck 779(2); Theol.527/2(9)R
    Halle
    Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 101 963(11); Vg 4609(1)
    Jena
    Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 8 Bud.Theol.177(2)
    Leipzig
    Universitätsbibliothek: Kirchg.2239 I/10
    Lutherstadt Wittenberg
    Bibliothek des Lutherhauses: SS 225
    Lutherstadt Wittenberg
    Evangelisches Predigerseminar: LC 565/3
    Weimar
    Herzogin Anna Amalia Bibliothek: R,5:130(n.1.)
    Wien
    Österreichische Nationalbibliothek: 80.K.68
    Wolfenbüttel
    , Herzog August Bibliothek: 1158 Theol.(2); 925.17 Theol.(6); Yv 361.8 Helmst.(9)
    Zwickau
    Ratsschulbibliothek: 8.10.34.(3)
    B:

    EPISTOLA || CONCIONATORVM || Hamburgensis Ecclesiæ, ad The= || ologos VVitenbergenses, in || qua de Adiaphoris disse= || ritur, hoc tempore le= || ctu per utilis. [sic] || ITEM RESPONSIO || VVitenbergensium. || Hæc æditio priori melior est. || Gal: I. || Si quis aliud Euangelium prædicaue- || rit, anathema sit. || I. [sic] Cor: 6. || Quæ communio luci cum tenebris? || & quæ coniunctio Christo || cum Belial? [Kolophon: Impressum Magdeburgi per || Michaelem Lottherum || 1 5 49.] [24] Bl. 8° [letzte Seite leer] (VD 16: E 1672)

    Vorhanden:
    Berlin
    , Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 1 in: ; 4 an: Dm 600; Dm 581 R
    Gotha
    Forschungsbibliothek: Druck 658(6)R
    Halle
    Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 155 110(8); Vg 1192,QK
    Jena
    Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 8 Bud.Theol.163(7); 8 Bud.Var.788(2); 8 Bud.Var.852; 8 Theol.III,1(4)
    Lutherstadt Wittenberg
    Evangelisches Predigerseminar: LC565/4
    Wien
    Österreichische Nationalbibliothek: 18.M.94
    Wolfenbüttel
    , Herzog August Bibliothek: 1021.27 Theol.(13); 1040.6 Theol.(4); 1165.4 Theol.(9); 1173.1 Theol.(3); 925.14 Theol.(3); G 303.8 Helmst.(9); S 251.8 Helmst.(2) [benutztes Exemplar]Köhler, Flugschriften II-889 (Nr. 1591).; Yv 538.8 Helmst.(3)
    Zwickau
    Ratsschulbibliothek: 8.10.33.(11)

    deutsch:

    C:

    Ein Brieff der Pre= || diger zu Hamburg / an die Theolo= || gen zu Wittembergk / in welchem gehandelt wirt || von Mitteldingen / zu dieser zeit sehr nuͤtz= || lich zu lesen. || Jtem / die Historia vom guͤldenen || Kalbe Aaronis / aus dem XXXII. Capitel || des andern Buchs Moses / auff die jtzi= || ge zeit gedeutet / durch M. Joachi= || mum Westphalum von || Hamburg. || Verdeudscht. || Galat. I. || So jemand euch Euangelion prediget / anders denn || das jr empfangen habt / der sey verfluchet. || II. Corinth. VI. || Was hat das Liecht fuͤr gemeinschafft mit dem fin= || sternis? Wie stimpt Christus mit Belial? || M. D. XLIX. [Kolophon: Gedruckt zu Magde= || burg bey Christian Roͤdinger. || Anno M. D. XLIX.]Zu Christian Rödingers d. Ä. Tätigkeit in Magdeburg vgl. . [20] Bl. 4° (VD 16: E 1674)

    Vorhanden:
    Aschaffenburg
    Stiftsbibliothek: P-442/9
    Berlin
    , Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 583
    Budapest
    Országas Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 3438
    Jena
    Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Bud.Hist.eccl.271(19)
    Leipzig
    Universitätsbibliothek: Kirchg. 1112/24
    Lutherstadt Wittenberg
    Bibliothek des Lutherhauses: SS 240
    München
    Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref.92#Beidbd.3; 4 Polem. 448; Res/4 Polem. 3344,8
    New York
    Union Theological Seminary: D 1206
    Weimar
    Herzogin Anna Amalia Bibliothek: B 2140(6)
    Wien
    Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.863
    Wolfenbüttel
    , Herzog August Bibliothek: 140.10 Theol.(5); 331.2 Theol. (16) [benutztes Exemplar]Köhler, Flugschriften II-885 (Nr. 1587).; 455.3 Theol.(1); J 180.4 Helmst.(12); T 782b.4 Helmst.(15)

    Der Druck A liegt dem Abdruck der beiden Briefe in zugrunde.

    Der Druck C ist bei wieder abgedruckt.Im Vorwort [S. )(2v] schreibt Staphorst, Westphal habe den Text des – von Aepin verfassten – Briefes übersetzt. Das ist aber vermutlich eine Fehldeutung der Titelaufschrift der deutschen Ausgabe; wahrscheinlicher hat Flacius die Übersetzung von Brief und Auslegung in Auftrag gegeben.

    Den Brief der lateinisch gibt
    , nach ; die Antwort der
    lateinisch und die Ausführungen des Flacius Quid sit ecclesiam deserere
    finden sich bei , anscheinend
    nach Druck B.

    Wir folgen beim lateinischen Text dem Druck B, der auch der Übersetzung in
    C zugrunde liegt und eine korrigierte, teilweise evtl. auch zugespitzte Version
    von A darstellt, wesentliche Abweichungen von A sind im textkritischen Ap
    parat verzeichnet. Der deutsche Text folgt der einzigen bekannten Auflage C.