Einleitung
1. Historische Einleitung
hatte in der Vorrede zu seiner
1550 in erster Auflage
veröffent
lichten Schrift Auslegung des Glaubens ...
(VD 16 M 2003) und in der 19.
Predigt dieser Auslegung gegen und dessen
Mag
deburger Mitstreiter mit der Begründung polemisiert, durch ihre
Opposition
gegen den Leipziger Landtagsentwurf und mit dem Streit um die
Adiaphora,
insbesondere um den Gebrauch des Chorrocks, zerrissen sie die Einheit
der
Kirche und gefährdeten ihren Bestand. Als sich dann 1551 in einer
dem
englischen gewidmeten Schrift
mit dem Titel Refu
(VD 16 M
2156) als
Vertei
tatio horrendae prophanationis coenae Domini
diger des wahren evangelischen Glaubens gegenüber dem
Papsttum stilisierte,
nahm das zum Anlass, die hier edierte Gegenschrift
zu verfassen; bei
dieser Gelegenheit bezog er zugleich auch gegen Stellung, der die
Magdeburger in seiner Schrift Von den
unge
(VD 16 B 9449)
angegriffen hatte. gab den
Vor
bornen Kindern
wurf, die Magdeburger Interimsgegner spalteten und zerstörten die
Kirche
der Reformation, an die Wittenberger zurück; diese hätten die Kirche in
die
Irre geführt und nahezu irreparabel geschädigt. hält vor,
dieser habe mit der Exklusivpartikel sola
zuleich die
Rechtfertigungslehre
aufgegeben.
Vorwort in seiner Refutatio
ist
datiert auf den 8. September 1551,
Gegenschrift lag am 18. November
1551 vor, also kurz
nach dem Ende der Belagerung durch die Truppen des
.
hat die Schrift wohl noch
wäh
rend der Belagerung verfasst, ungewiss, ob er später noch einmal
Gelegen
heit haben würde, seinen
theologischen Standpunkt öffentlich zu vertreten.
Anfang 1552 antwortete wiederum
mit Auff des Ehrenwirdigen
Her
(VD
ren
schrifft, so jtzundt
neulich Mense Nouembri Anno
1551 wider öffentlich im Druck ausgegangen, Antwort
16 M 1996). In dieser Schrift insistierte er darauf, dass gute Werke zur
Se
ligkeit nötig seien, und dies löste den sogenannten Majoristischen
Streit aus,
der in
thematisiert wird.
2. Der Autor
, geboren am 3. Dezember 1483 in ,
ent
stammt dem thüringischen Adel. Seit etwa
1497 besuchte er in die
Thomasschule,
seit 1500 die Universität. 1502 wechselte er an die
neuge
gründete
Universität , mit deren Organisation
sein Onkel
beauftragt war. Hier erwarb er 1504 den Grad eines Magisters
der freien Künste,
1507 wurde er baccalaureus biblicus, 1508 Sententiar,
1511 Lizentiat. Die Wahl zum
Stiftsherrn im Jahr 1508 verschaffte
ein gesichertes Einkommen, in der Folgezeit kamen weitere Pfründen
hinzu.
Bis 1524 blieb Amsdorf im akademischen Lehramt, wobei er in den
Jahren
1510 und 1511 Dekan der philosophischen Fakultät war und 1513 und 1522
Rektor der Universität. Seit 1516 kam in näheren Kontakt zu und stand ihm in entscheidenden Situationen seines
Lebens zur
Seite, so bei der Leipziger Disputation 1519 und auf dem Reichstag zu
Worms 1521. Im Jahre 1524 folgte Amsdorf einem Ruf als Superintendent
und Pfarrer an St. Ulrich in . Dort war
er achtzehn Jahre lang
tätig, um die Stadt vollends der Reformation zuzuführen.
Zwischenzeitlich
wurde er immer wieder beurlaubt, damit er in anderen Städten für
die Sache
der Reformation eintreten konnte, so in , , und .
In den Jahren 1529 bis 1537 wirkte in auch mit
großem Erfolg als Schulrektor. Am 20. Januar 1542 wurde
in als erster evangelischer Bischof in sein
Amt eingeführt. hatte dies gegen den Willen und die Wahl des
Domkapitels
durchgesetzt. Nach der Niederlage des Schmalkaldischen
Bun
des 1547
wurde Amsdorfs ohnehin schwierige Stellung unhaltbar; er musste
aus weichen und , einem der Verfasser des
In
terims, das Feld überlassen. Fortan bezeichnete Amsdorf sich alsexul.
Zunächst hielt er sich in , ab
1548 dann an seiner alten
Wirkungs
stätte
auf und widmete seine Kraft dem
publizistischen Kampf
gegen das Augsburger Interim und den Leipziger
Landtagsentwurf. Ab 1552
lebte Amsdorf als Superintendent in . Der unverfälschten
Bewah
rung von theologischem Erbe galten Amsdorfs
Bemühungen bis ins
hohe Alter. Er setzte sich für die Gründung der Universität ein und
unterstützte das Projekt der Jenaer
Lutherausgabe. Immer wieder griff er
auch publizistisch in die theologischen
Diskussionen seiner Zeit ein. Nach
eigenem Zeugnis inzwischen halbblind, taub und
stumm, starb er am 14. Mai
1565 und wurde im Chor
der Georgenkirche in bestattet.
3. Inhalt
Schrift richtet sich gegen den
Vorwurf, die in
versam
melten Gegner des Leipziger Interims seien Verursacher der
innerkirchlichen
Spannungen und Spaltungen. Ähnlich wie im Streit um das
angemessene
Abendmahlsverständnis seinerzeit von seinen Gegnern als derjenige
hingestellt
worden sei, der den Streit verursacht habe, obwohl er erst durch
die öffentlichen
Irrlehren der Gegner genötigt worden sei, um der
christli
chen Wahrheit
willen gegen sie aufzutreten, so ergehe es nun den Streitern
gegen das Interim. und
beschuldigten sie,
die
Kirche zu spalten, obwohl jene es doch gewesen seien, die mit der
Ein
führung
von Neuerungen den bis dahin bestehenden Konsens innerhalb der
Kirchen der
lutherischen Reformation zerstörten. wirft ihnen vor, die
Lehre zu Glauben, Sakramenten und Buße
verfälscht, den Gottesdienst des
Antichrists wieder aufgerichtet und neue Gebräuche
aufgebracht zu haben.
Er wendet sich zunächst zu und hält ihm
vor, im
Rechtfertigungsarti
kel die Exklusivpartikel sola
aufzugeben. Er
halte nicht an der zentralen
reformatorischen Erkenntnis fest, dass allein der
Glaube selig mache, sondern
erkläre gute Werke für notwendig, so dass Liebe und
Glaube miteinander
den Menschen fromm und gerecht machten. Darüberhinaus erkenne
den Antichrist als
Oberhaupt der Kirche an und wolle die Diener des
Evan
geliums den
Messbischöfen unterwerfen. akzeptiere
das Verbot,
frei
tags oder samstags Fleisch zu essen oder zu verkaufen, und
habe eine neue
Spektakelmesse eingeführt, die der altbekannten Opfermesse
entspreche. Er
habe sich mit geeinigt und die
Vertreibung der Prediger aus und
anderen Orten in Kauf genommen. sage
zwar, man solle wegen
sol
cher Kleinigkeiten wie dem Chorrock keine
Kirchenspaltung provozieren, er
selbst könne sich aber nicht dazu verstehen, in
dieser Kleinigkeit
nach
zugeben, sondern wolle seine Neuerungen unbedingt
durchsetzen, wobei es
in Wahrheit darum gehe, sämtliche päpstlichen Zeremonien
wieder
einzu
führen.
habe den Antichrist angebetet und das Zeichen des Tieres
angenommen. fordert die Öffentlichkeit auf,
sich ein Urteil zu
bil
den, ob es sich bei diesem Umgang mit angeblichen
Adiaphora um
gering
fügige Kleinigkeiten oder um hochwichtige Fragen handele.
Das Leipziger
Interim enthalte Neuerungen in der Lehre und im Kultus; der Anstoß
gehe
nicht von denjenigen aus, die diese Neuerungen ablehnten. wolle
Christ und Papist zugleich
sein, was unmöglich sei. Er widerspreche sich
selbst, wie ein Vergleich seiner
Veröffentlichungen aus der Zeit vor und
nach Erlass des Interims deutlich zeige.
gibt als Zweck seiner
Schrift
die Verteidigung des eigenen christlichen Namens, von Gottes Wort und
Ehre
an, außerdem wünscht er, die Gegner möchten ihren Irrtum erkennen
und
davon ablassen. Den Vorwurf der Heuchelei, den gegen die
Magde
burger erhoben habe, solle
er belegen. Dabei frage man sich, wie
im
Ernst in einem
gewidmeten Buch gegen Papst und
Messe schreiben könne; offenbar erhoffe er sich
dafür ein königliches
Ge
schenk. Dass die Magdeburger töten wollten, sei Unsinn; man
wisse
aus der Bibel, dass man Irrlehrern kein Leid zufügen
solle. Man nehme
lediglich die Aufgabe der Hirtenhunde wahr, den Wolf zu
verbellen.
Daran anschließend wendet sich
gegen . Dieser
erhebe
auf der Kanzel und in seinem Buch Von den ungeborenen Kindern
vier
Vorwürfe gegen die Magdeburger: 1. der Teufel treibe sie an; 2. sie
fügten
der Kirche großen Schaden zu; 3. sie stifteten Unfrieden; 4. sie seien für
die
Vertreibung christlicher Prediger verantwortlich. Dagegen wendet
folgendes ein: 1. Wen der
Teufel antreibe, der fördere die Herrschaft des
An
tichrists und helfe bei
der Wiederaufrichtung des Papsttums. Gelte das nicht
eher für und die Adiaphoristen
selbst? 2. Seien es nicht eher die
Gegner, die der Kirche Schaden zufügten, indem
sie die
Rechtfertigungsleh
re nicht verteidigten, Spektakelmessen aufführten
und Schafe und Diener
Christi dem Wolf überantworteten? 3. Wer stifte denn
Unfrieden? Der Hirte
oder der Wolf? 4. Die Vertreibung der Prediger erfolge
aufgrund
kaiserli
chen Befehls, nicht wegen der Aktivitäten der
Magdeburger. Die
Vertreibun
gen würden allerdings damit entschuldigt, dass
die seitherige evangelische
Lehre und Praxis erwiesenermaßen falsch gewesen sei, da
man im Leipziger
Interim ja so viel näher ans Papsttum habe rücken können. Hätte
der Kaiser
kein antireformatorisches Edikt veröffentlicht, so hätten ihn allein
schon die
Schriften der Adiaphoristen und insbesondere der Gründliche und
wahrhaf
, der die
papisti
tige Bericht der ... Handlungen von den ... Mitteldingen
schen Zeremonien so hoch lobe, veranlassen können, die lutherische
Lehre
zu verurteilen. sieht
sich und seine Magdeburger Mitstreiter im
Recht. Sie würden nicht vom Teufel
angetrieben, sondern von ihrem
Glau
ben und Gewissen. Für ihn ist
wichtig, im Augenblick der Gefahr nicht zu
verleugnen, was er fast dreißig Jahre
lang gelehrt und geglaubt habe.
4. Ausgaben
Nachgewiesen werden können zwei Ausgaben:
A: Das Doctor Po= || mer vnd mit
iren || Adiaphoristen
ergernis vnnd zur= || trennung angericht / Vnnd den
Kirchen || Christi /
vnuͤberwintlichen scha= || den gethan haben. ||
Derhalben sie vnd nicht
wir zu / vom Teuffel erwegt seint / wie || sie vns
schmehen vnd lestern. ||
Exul. || Psalm. 4.
|| Lieben
Herrn / wie lange sol meine ehre ge= || schendet werden / (vernim
durch
Menschen || treume vnd tradition) Wie lange habt jr das ei= ||
tel
(vernim das Interim) so lieb / vnnd die luͤgen || (vernim die newe
Leiptzigische ordenung) so || gern. || Psalm. 5. || Du bringst die luͤgner
vmb / der Herr hat || ein grewel an den blutgirigen vnd falschen. || Anno
1551. [12] Bl. 4° [letzte Seite leer] [, ] (VD
16 A 2340)
Vorhanden:
, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 4
in: Cu 388 R; Cu 405 R
, Országos Széchényi Könyvtár
(Nationalbibliothek): Ant. 2483;
Ant. 2636(8)
, Sächsische Landes- und
Universitätsbibliothek: Hist.Eccl. E 233,30
, Niedersächsische Staats- und
Universitätsbibliothek: 8
MULERT 507 (9); 8 TH IREN 60/16 (13)
, Universitäts- und Landesbibliothek
Sachsen-Anhalt: AB 154 584
(5); If 3604 (2)
, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4
Hist.Eccl.IV,2(19); 4
Theol.XLIII,6(8)
, Universitätsbibliothek: Kirchg.11126/8
, Bibliothek des
Lutherhauses: Ag 4 281 b
, Evangelisches
Predigerseminar: LC504/15
, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Liturg
34
, Württembergische Landesbibliothek:
Theol.qt.218
, Herzogin Anna Amalia Bibliothek:
40,3:16(n.4)
, Österreichische Nationalbibliothek:
20.Dd.217
, Herzog August Bibliothek:
248.13 Theol.(2); Alv Ef
104(5); Alv U 146(4); G 676.4 Helmst.(5) [benutztes
Exemplar]; H
121.4 Helmst.(6)
, Ratsschulbibliothek: 12.8.11.(3)
B: Das vnd mit jren || Adiaphoristen
ergernis vnnd zur= || trennung
angericht / Vnnd den Kirchen || Christi /
vnuͤberwintlichen scha= ||
den gethan haben. || Derhalben sie vnd nicht
wir zu vom Teuffel erwegt sein / wie || sie vns
schmehen
vnd lestern. || Exul. || Psalm. 4. || Lieben Herrn /
wie lange sol meine ehre ge=
|| schendet werden / (vernim durch
Menschen || treume vnd tradition) Wie lange habt
jr das ei= || tel
(vernim das Interim) so lieb / vnnd die luͤgen ||
(vernim die newe
Leiptzigische ordenung) so || gern. || Psalm. 5. || Du bringst die
luͤgner
vmb / der Herr hat || ein grewel an den blutgirigen vnd falschen. ||
Anno
1551. [12] Bl. 4° [letzte Seite leer] [, ] (VD
16 ZV 543)
Vorhanden:
, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz:
Cu 405/4 R
, DNB, Deutsches Schrift- und Buchmuseum:
III: 58,3 p
, Bayerische Staatsbibliothek: Res/4 Dogm.
413#Beibd.3 [
benutz
tes Exemplar]
, Herzog August Bibliothek: 193
Theol(6); 329.6 Theol(21);
511.32 Theol(13); YH Kapsel 1.4 Helmst.(8)
Vgl. , 137, Anm. 41.
Vgl. , 465–471 (Nr. 243–245). Am 9. November 1551 wurde die Alte Stadt von eingenommen.
Dass in den Tagen unmittelbar nach der Kapitulation der Stadt Gelegenheit zum Druck von Schrift war, erscheint eher fraglich; sie wird also wohl noch während der Belagerung gedruckt und danach aus der Stadt gebracht worden sein. Am 11. November 1551 schreibt einen Trostbrief an den gefangenen Herzog und ehemaligen , nachdem ihm dies bisher der kaiserlichen Acht über und der Gefahr wegen nicht möglich gewesen sei; vgl. , 471f (Nr. 246).
Vgl. ; , 138–140; , 150f.
Zum folgenden vgl. Joachim Rogge, Art. Amsdorff, in: , 487–497; , 56–70, 85f, 142–162.
Vgl. dazu