Erstellt im Editionsprojekt Controversia et Confessio. Basiert auf einer Vorlage des Classical Text Editors.
Erstellt in Kooperation zwischen dem IEG Mainz und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Einleitung1. Historische Einleitung
Die Verkündung des Interims, auf dem Augsburger Reichstag 1548
Vgl. DRTA.JR XVIII, 2, 1799–1802. zwang
alle protestantischen Reichsstände zu einer Auseinandersetzung mit
dem
kai
serlichen Willen. Den süddeutschen Reichsstädten blieb durch
kaiserliche
Truppenpräsenz und die damit verbundene militärische Überlegenheit
kaum
eine andere Möglichkeit als die Bestimmungen des Interims einzuführen.Vgl. unsere Ausgabe Bd. 1: Reaktionen auf das Augsburger Interim, Nr. 4, S. 117–119; Nr. 8, S. 241–247.
Diejenigen protestantischen Territorien, die nicht unter diesem direkten
mili
tärischen Druck standen, vermieden eine unverzügliche Umsetzung des
Augs
burger Interims. In allen protestantischen Territorien
wurden jedoch
Theolo
gen befragt und zusammengerufen, um über das weitere
Vorgehen zu
bera
ten. Das Ergebnis solcher Beratungen waren Ordnungen, die
nicht unbedingt
publiziert, sondern den bestehenden Kirchenordnungen beigegeben
wurden.
Vgl. die Vorgänge in Brandenburg und in
Brandenburg-Ansbach. Im Kurfürsten Brandenburg ließ Joachim II. das Interim mit einer
erklärenden Deklaration Agricolas drucken, und in Brandenburg-Ansbach wurde das sogenannte Auctuarium von den Theologen des
Territoriums auf einer Synode Ende Oktober, Anfang November 1548 beraten und der
bestehenden Kirchenordnung beigegeben. Vgl. Nischan, Interimskrise, 262; EKO 11,1, 290–292, 325–331.
Kurfürst Moritz von Sachsen hatte auf dem
Reichstag 1548 darauf
bestan
den, seine
Landstände an der Einführung des Interims zu beteiligen, sehr
zum Unwillen der
kaiserlichen Seite.
Vgl. die Verhandlungen des Kurfürsten mit Kaiser Karl V. im
März 1548 in: DRTA.JR XVIII,2, Nr. 181, S. 1743–1751. Im Laufe des Sommers und Herbstes
konnten schließlich auf einem Landtag in
Leipzig Ende des Jahres
1548 den
Ständen, nach langen, mühsamen Verhandlungen der kursächsischen
Räte und
Theologen,
Selbst auf dem Landtag zu Leipzig
1548 waren die Positionen der kurfürstlichen Räte und der
Theologen noch nicht einheitlich. Vgl. Herrmann, 106–110. Vorschläge unterbreitet werden, wie die kirchlichen Zeremonien
zu
verändern seien, um dem Interim Rechnung zu tragen, ohne damit
gleichzeitig die
eigenen theologischen Grundpositionen aufzugeben.
Vgl. die Leipziger Landtagsvorlage in: PKMS 4, Nr. 212, S. 254–260.
So
wohl die Städte als auch die Ritterschaft Kursachsens äußerten auf dem
Landtag Bedenken, ob die vorgelegten Artikel
im Volk nicht zu großes
Ärgernis bereiten würden und verlangten Änderungen. Die
Städte erklärten
sogar unumwunden, dass sie eigentlich gerne alles beim
alten belassen und
nur der Not wegen zustimmen würden.
Vgl. Antwort der Städte auf die Kirchenordnung der Theologen. 24. Dezember 1548, in: PKMS 4, Nr. 222, S. 265; Antwort der
Landstände auf die von den Theologen vorgetragene Kirchenordnung.
25. Dezember 1548, in: ebd., Nr. 223, S. 265f. Die Theologen versuchten zu
be
schwichtigen, indem sie erklärten,
dass die Artikel nicht das Werk einiger
weniger Theologen seien, vielmehr seien
Pfarrer und Superintendenten des
Kurfürstentums bei der Erarbeitung herangezogen
worden. Unchristliche
Missbräuche sollten trotz eigenen Nachgebens an
manchen Stellen
keines
falls wieder eingeführt werden. Sie
sähen daher keine Veranlassung, diese
Artikel zu verändern, da sie davon
überzeugten seien, dass dieselben ohne
Verletzung guter Gewißsen wohl können
angenommen und gehalten
wer
den.
Vgl. Antwort der Theologen an Ritterschaft und Städte. Nach 25. Dezember 1548, in: ebd., Nr. 224, S. 266; 2. Bedenken der
Theologen zum Interim. Vor 25. Dezember 1548, in:
ebd., Nr. 225, S. 267.
Die Leipziger Landtagsvorlage wurde von den Ständen weder verabschiedet
noch als
Grundlage für eine neue Kirchenordnung angesehen.
Vgl. Wartenberg, Melanchthon und die sächsisch-albertinische Interimspolitik, 97f. Der Kurfürst
befahl den Ständen zwar die Durchführung der Bestimmungen der
Artikel,
doch plante er weitere Verhandlungen mit den Bischöfen von Naumburg und
Meißen und die Erstellung einer umfassenden
Kirchenordnung.
Vgl. Herrmann, 110–114.
Diese neue Kirchenordnung sollte in Anlehnung an die Heinrichsagende
Vgl. EKO I, 264–281.
aus dem Jahr 1539 von Georg III. von Anhalt
Georg III. hatte bereits an der
Erstellung der Cellischen Ordnungen im Jahr 1545 Anteil
gehabt und übernahm für die neue Kirchenordnung auch Teile aus diesen älteren
Ordnungswerken. Vgl. Sehling, Kirchengesetzgebung, 96f; Wartenberg, Landesherrschaft und Reformation, 204–232; EKO I, 291–304. ausgearbeitet werden.
Vgl. Sehling, Kirchengesetzgebung, 95f; Herrmann, 137–145. Zur
Durchführung der in Leipzig beschlossenen Artikel wurde im ersten
Viertel
des Jahres 1549 nichts unternommen, lediglich
Verbote gegen das Interim zu
predigen und zu publizieren ergingen. Dies mag auch
den Arbeiten an der
neuen Kirchenordnung geschuldet gewesen zu sein, wird
aber wohl
maßgeb
lich an der Abwesenheit von Kurfürst Moritz gelegen haben. Dieser hatte
nämlich
dem Ende des Leipziger Landtags Sachsen verlassen,
um dem Sohn des
Kaisers, Philipp, nach Trient entgegenzureisen.
Vgl. Ißleib, Das Interim in Sachsen, 562; Herrmann, 137.
Während der Kurfürst unterwegs war, begab
sich Georg III. in den ersten
Wochen des Jahres 1549 an die Konzeption einer
neuen Kirchenordnung.
Johann Pfeffinger, Joachim Camerarius oder den Wittenberger Theologen
kam
lediglich eine beratende Funktion zu, als die Ordnung bereits fertig
vorlag.
Vgl. Herrmann, 138; 140.
Bereits im März konnte Georg
III. die neue Ordnung dann an Kurfürst
Moritz senden.
Vgl. Georg III. von Anhalt an
Kurfürst Moritz. 18. März 1548, in: PKMS 4, Nr. 305, S. 352. Er bat den Kurfürsten in seinem
Begleitschreiben
ausdrück
lich darum, sie zu prüfen, vor allem jedoch
schnell drucken zu lassen. Zum
einen sollten damit wohl weitere religionspolitische
Turbulenzen im
Kur
fürstentum vermieden, zum anderen Kaiser und König
zufriedengestellt
wer
den. Kurfürst
Moritz reagierte, indem er die Kirchenordnung seinen Räten,
den Leipziger
und Wittenberger Theologen sowie den Bischöfen von
Naum
burg und Meißen zur Überprüfung zusandte und Beratungen darüber für den
April in
Torgau ankündigte. Die Bischöfe antworteten
ablehnend und
ver
weigerten die Teilnahme an dem angekündigten
Verhandlungstag. Die
Theo
logen, Räte und Ständevertreter wurden aber für
den April zu Beratungen
nach Torgau einbestellt.
Vgl. Ißleib, Das Interim in Sachsen, 563; Herrmann, 138f. Dort kam es zum Eklat, da der Pfarrer von Torgau,
Gabriel Zwilling, sich weigerte die neue Kirchenordnung zu
akzeptieren, ja
sogar deutlich machte, dass eine Annahme des Interims oder der
neuen
Kir
chenordnung einer Anbetung des Teufels gleichkäme, also des
Abfalls vom
Christentum schlechthin.
Vgl. Gabriel Zwilling an Georg III. von Anhalt. 11. April, in: PKMS 4, Nr. 331, S. 381f; Chalybaeus, Durchführung des Leipziger Interims, 46–58. Die Verhandlungen wurden daraufhin
abgebro
chen und die Vertreter
der Landstände und der Ritterschaft baten um eine
Zu
sammenkunft der
Theologen, damit diese ein Gutachten erstellen könnten, da
in der Kirchenordnung
etliches enthalten sei, worüber man auf dem
Leip
ziger Landtag seinerseits
nicht gesprochen habe. Dies führte zu heftigen
Re
aktionen des Kurfürsten und seiner Räte, die mit diesem
Ergebnis ihre
poli
tischen Ziele gefährdet sahen.
Vgl. Ißleib, Das Interim in Sachsen, 564; Herrmann, 148–150. Tatsächlich veränderte sich daraufhin aber
die Haltung der kurfürstlichen
Regierung gegenüber der neuen
Kirchenord
nung. Sie wurde fallengelassen,
noch ehe die Zusammenkunft der Theologen
in Grimma
Während der Verhandlungen haben die kurfürstlichen Räte dann schnell deutlich
gemacht, dass der Druck der Ordnung vorerst unterbleiben würde. Vgl. Ißleib, Das Interim in Sachsen, 567;
Herrmann, 151–154. Ende April stattfand. Die kurfürstliche Politik wandte sich
stattdessen wieder der Linie des Leipziger Landtages zu, zumal dies mit der
Annahme
der Landtagsvorlage bereits ein vorzeigbares Ergebnis gezeitigt
hatte, das
Potential dazu besaß, die kaiserliche Seite zufriedenzustellen.
Vgl. Herrmann, 150.
Um weitere, öffentlichkeitswirksame Streiigkeiten über die
Kirchenordnung
und die Leipziger Landtagsvorlage zu vermeiden, versuchte der Kurfürst
er
neut alle Äußerungen darüber zu unterbinden.
Vgl. Kurfürstliches Ausschreiben. 25. April 1549,
in: PKMS 4, Nr. 351, S. 396f; Chalybaeus, Durchführung des Leipziger Interims, 65–70.
Damit erfolgte ein solches Verbot abermals kurz vor einer Reise des
Kur
fürsten. Moritz begab sich nämlich Ende Mai zu König Ferdinand. Dieser
scheint den Kurfürsten zu schnelleren religionspolitischen Maßnahmen
ge
mahnt zu haben. Wie dies zu gewährleisten sei, darüber herrschte in
Kur
sachsen jedoch keine vollständige
Klarheit. Wieder holte Moritz
Gutachten
ein. Der Kanzler des Kurfürsten, Dr. Ludwig Fachs,
und Philipp
Melan
chthon
rieten dazu, lediglich einen Auszug aus der Leipziger
Landtagsvor
lage zu
veröffentlichen. Den Vorschlägen Melanchthons scheint die
kurfürst
liche Regierung dann auch
weitgehend gefolgt zu sein.
Vgl. Herrmann, 167–169. Am 4. Juli 1549
erließ der Kurfürst zusätzlich ein Mandat in der
Religionsfrage.
Vgl. PKMS 4, Nr. 396, S. 449f. Hier
versicherte Moritz
nochmals, dass er nicht durch Veränderung der
Zere
monien Missbräuche erneut
einführen wolle. Er ermahnte zum Gehorsam
gegenüber der Obrigkeit, zur Umsetzung
der in dem Auszug
zusammenge
stellten Veränderungen und drohte allen mit
Strafe, die falsche Gerüchte über
seine angeblich
widerchristlichen Intentionen verbreiteten. Das mandat
wurde zusammen mit dem
erstellten Auszug
Vgl. PKMS 4, Nr. 397, S. 450–453. nicht unverzüglich
veröffent
licht, sondern erst im Laufe des
Herbstes 1549 versandt wurde.
Vgl. Herrmann, 169–171; Ißleib, Das Interim in Sachsen, 567f. Wie der
Text des Auszugs Flacius bekannt wurde, bleibt unklar. Da Flacius
jedoch
erst um Ostern 1549
21. April 1549. Vgl. Grotefend, Zeitrechnung, 204.
Wittenberg in Richtung Magdeburg verließ,
Vgl. Preger, Flacius I, 74f. läßt sich
mit Sicherheit annehmen, dass er selbst über die Vorgänge in Kursachsen
noch gut informiert war und weiterhin über gute
Kontakte nach Wittenberg
verfügte. So hat
er schließlich den Text auch in seine Hände bekommen,
wo
rauf er
unverzüglich die hier edierte Schrift Widder den Auszug
publi
zierte. Durch seine Bezeichnung des Auszugs als kleines Interims,
ver
suchte er die Bemühungen des Kurfürsten und seiner Räte und Theologen
zu
diskreditieren. Der Begriff Interim war für ihn zum Synonym für die
Verleugnung der Wahrheit und für alle schädlichen Veränderungen in der
reformatorischen Kirche geworden.
Vgl. dazu Dingel, Flacius als Schüler Luthers und Melanchthons, 79–89.
2. Der Autor
Da die Wittenberger Universität durch den Schmalkaldischen Krieg für
ei
nige
Monate geschlossen werden musste und in ihrem Bestand gefährdet war,
floh Flacius
Zur Biographie des Flacius vgl. Preger, Flacius I und II;
Oliver K. Olson; Art. Flacius Illyricus, Matthias, in: TRE 11 (1983), 206–214;
Dingel, Flacius als Schüler Luthers und Melanchthons, 79–83. nach Braunschweig, wo er bei Nikolaus Medler
Medler sollte sich ebenfalls mit
einer Schrift gegen das Interim hervortun. Vgl. unsere Ausgabe
Bd. 1: Reaktionen auf das Augsburger Interim, Nr. 12. Aufahme
fand und am dortigen Pädagogium lehrte. Nach dem Ende des Krieges
und
der Wiedereröffnung der Universität in Wittenberg, setzte sich Flacius gegen
das Interim ein und versuchte die
Wittenberger Theologen für seine Sicht der
Dinge zu gewinnen. Er wandte sich an Melanchthon. Er unterstellte, dass
die
kurfürstliche Regierung es nicht ehrlich mit Melanchthon meine, sondern
diesen nur für die
Durchsetzung ihrer Vorstellungen missbrauchen wolle. Er
stellte diesem zudem
die Gefahren von Zugeständnissen vor Augen.
Letzt
lich würden aus einer zu
großen Nachgiebigkeit nur Ärgernisse entstehen.
Matthias Flacius Illyricus an Philipp Melanchthon. Ca. 21. Oktober 1548, in: MBW 5340; Matthias Flacius Illyricus an Philipp Melanchthon. Vor dem 16. Dezember 1548, in: MBW 5382; APOLO= || GIA MATTHIAE FLA= || cij
Illyrici ad Scholam Viteber= || gensem in Adiaphoro= || rum causa. || Eiusdem
Epistola de eadem mate= || ria ad Philip. Melantho. || Item quaedam alia eiusdem
|| generis. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther 1549] ( 16 F 1264); im selben
Jahr erschien noch ein deutsche Übersetzung (VD 16 F 1266).
Die Wittenberger Theologen hingegen unterstellten Flacius wegen seiner
An
griffe Undankbarkeit
gegenüber den eigenen Lehrern, besonders nachdem er
um Ostern
1549
21. April 1549. Vgl. Grotefend, Zeitrechnung, 204.
Wittenberg endgültig verlassen hatte.
Vgl. Johannes Bugenhagen an
König Christian III. von Dänemark.
17. Juli 1549, in: Bugenhagen,
Briefwechsel, 454f. Gegen diese
Vorwürfe verteidigte er sich vehement.
Matthias Flacius Illyricus an Philipp Melanchthon. 8. Juni 1549, in: MBW 5556; Entschůldigung Mat || thiae Flacij
Jllyrici / geschrieb) an die || Vniuersitet zu Wittemberg / der Mittelding ||
halben. || Jtem sein brieff an Philip. Melan= || thonem / sampt etlichen andern
schrifften || dieselbige sach belangend. || Verdeudscht.|| [Magdeburg: Christian
Rödinger d. Ä. 1549] (VD 16 F 1266) Offensichtlich sah Flacius zu
dieser
Zeit – in Torgau und Grimma fanden gerade die Beratungen über die neue
Kirchenordnung statt – kaum noch eine Möglichkeit, in Wittenberg zu
bleiben. Widerspruch gegen die Veränderungen wurde von
kurfürstlicher Seite
schließlich nicht geduldet, sondern explizit untersagt. Auf
Reisen nach
Lüneburg und Hamburg wurde er von den dortigen Predigern in seiner
kom
promisslosen Haltung bestärkt.
Vgl. Preger, Flacius I, 74f. In Magdeburg ließ er sich
schließlich
nieder und kämpfte gemeinsam mit Nikolaus von Amsdorf und Nikolaus
Gallus gegen das Interim und die
sich daran anschließenden Änderungen in
protestantischen Territorien.
Mit der Publikation des Auszugs zwischen Juli und September 1549 sah
sich Flacius
wohl in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Schließlich
war damit die
religionspolitische Grundlage im Kurfürstentum gelegt, um
konkrete
Veränderungen in den kirchlichen Riten herbeizuführen. Flacius hat
wahrscheinlich umgehend mit seiner
Schrift Widder den Auszug
geant
wortet.
Kaufmann vermutet daher, dass die Schrift bald nach Juli 1549 veröffentlicht
worden sei. Vgl. Kaufmann, Ende der Reformation, 324. Damit, und mit den beiden offenen Briefen, die Flacius und
Melan
chthon im Oktober 1549 noch
wechselten,
Vgl. Melanchthons offener Brief
an Flacius. 1. Oktober 1549, in: CR 7, Nr 4604, Sp. 477–482; MBW 5643; Flacius’
offener Brief an Melanchthon.
20. Oktober 1549, in: MBW 5655; EPISTOLA ||
PHILIPPI MELAN- || thonis, qua respondetur || Flaccio Illyrico. || [Wittenberg:
Josef Klug 1549] (VD 16 M 3192), es erschien im selben Jahr noch eine weitere
Auflage (VD 16 ZV 16954); RESPON=||SIO MATTHIAE FLA= || cij Illyrici ad epistolam
Phi= || lippi Melanthonis. || ... || [Wittenberg: Michael Lotther 1549] (VD 16 F
1490). war der Bruch zwischen den
Wittenbergern und Flacius besiegelt.
Von nun an mischte sich Flacius von Magdeburg aus bis 1557 in
die
zahlrei
chen theologischen Streitigkeiten der Zeit ein. Von 1557 bis 1561 wirkte er
an der
Universität Jena. Danach führte Flacius mit seiner Familie ein unstetes
Wanderleben, das ihn zunächst nach Regensburg
(1562–1566), dann nach
Antwerpen (1566–1567), von dort weiter nach Straßburg (1567–1573) und
schließlich
nach Frankfurt am Main (1574–1575) führte,
wo er am 11. März
1575 starb.
3. Inhalt
Flacius antwortete mit der Schrift
Widder den Auszug auf die im
Aus
zug vorgeschriebenen liturgischen
Veränderungen. Er setzt die
religionspo
litischen Bemühungen des Kurfürsten
mit denen des Kaisers im Augsburger
Interim gleich und bezeichnet daher den
Auszug als das kleine Interim.
Der Antichrist, so Flacius, sei ein
Meister der Verstellung, der nichts
unver
sucht lasse, um die wahre Lehre zu
vernichten. Nachdem er mit dem
Augs
burger Interim nicht überall erfolgreich
gewesen sei, versuche er es nun mit
dem Leipziger, dem Märkischen und dem
Fränkischen Interim.
Vgl. unten in der Edition der Schrift Anm. 15 Die
pro
testantischen Obrigkeiten maßten sich in Flacius’ Augen demnach
Voll
machten an, die sie in geistlichen Fragen nicht besaßen.
Listig spreche der Satan von unbedeutenden Mitteldingen und habe nun
ei
nen
kleinen Koran aufgestellt, der einen Extrakt aus dem Leipziger Interim
darstelle.
Was darin aber konkret zu den Sakramenten, dem Katechismus usw.
geboten
werde, sei nichts Neues, sondern stets gelehrt worden. Die Verfasser
des Auszugs
versuchten damit jedoch, heimlich päpstliche Lehren wieder
einzuführen. Diese
Tendenz erkennt Flacius besonders in den
Artikeln zu
Taufe, Konfirmation, Abendmahl, Krankensalbung. In Bezug auf den
Artikel
zur Messe kritisiert er besonders die Wiedereinführung des Confiteor und
den Versuch aus der Feier der Kommunion ein theatralisches Schauspiel
zu
machen.
In der Frage der Kirchengewänder räumt er ein, dass diese vor Gott
tatsäch
lich ein Mittelding seien, doch wo man sie abgeschafft habe,
könnten sie
nicht ohne großes Ärgernis wieder eingeführt werden. In den
Stundengebe
ten sieht er die Anrufung der Heiligen verborgen und
mit dem Gebot,
Toten
gesänge zu halten, sollten offenbar die Seelmessen und
Vigilien wieder
ein
geführt werden. Beides erfülle den Zweck, päpstliche
Vorstellungen wieder
zur Geltung zu bringen und damit die Gewissen zu verführen.
Auch wenn
das kleine Interim nicht mit Verfolgung und Absetzung der Pfarrer
durch
gesetzt werden solle, so werde es doch zu großen
Ärgernissen führen.
Um den schleichenden Abfall von Politikern und Theologen von der wahren
Lehre
deutlich vor Augen zu führen, erwähnt er einen kürzlich erhaltenen
Brief von Pietro Paolo Vergerio. Dieser wird von Flacius als ein Vorbild für
Glaubensstärke und
Bekennermut dargestellt, da er seine privilegierte
Stel
lung als
Bischof und Kardinal aufgegeben habe, aus seinem Bistum nach
Graubünden geflüchtet sei und von dort aus nun gegen den Papst
schreibe.
Die Schrift endet mit zwei Auszügen aus Luthers Schrift Wider Hans
Worst, die Flacius gezielt zusammenstellt. Der erste Auszug mahnt
zu
stand
hafter Verweigerung von Mitteldingen und damit zur Treue zum
Evangelium.
Der zweite Auszug verfolgt das Ziel, die von der Obrigkeit
beanspruchte
Vollmacht, in Religionsfragen etwas gebieten zu wollen, als
papistisch zu
desavouieren.
4. Ausgabe
Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe:
A: Widder den ausszug || des Leipsischen Interims / || oder das kleine
Interim. ||
Durch Math. Flacium Illy= || ricum. || Ephe. 6. || Zu letzt
meine Brüder /
Seid starck in dem HErn / vnd || inn der macht seiner
stercke. Zihet an den
harnisch Gottes / || das jr bestehen kFnd gegen
dem listigen anlauff des Teuffels
|| (als da sind zu vnser zeit
die heimliche Spanische practiken / || vnd so
manicherley wol geschmFckte
Interim) Denn wir haben || nicht mit fleisch vnd blut
zu kempffen /
sondern mit Fürsten || die in der Finsternis dieser welt
herschen / mit den
b=sen Gei= || stern vnter dem Himel. Vmb des willen / so
ergreiffet den
har || nisch Gottes / Auff das jhr widderstehen kFnd an dem b=sen ||
tage
/ vnd inn alle ewrem thun bestehen mFget. [8] Blatt 4° (VD 16 F 1557)
Vorhanden in:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dg 4669, Dg 4669â
Budapest, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2356,
Ant.
2538(10)
Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.eccl.E 261,6
Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek: 8 TH
IREN
60/16 (2)
Gotha, Forschungsbibliothek: Theol.4 210-211(17)
Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: If 3603(9), Vg
1200,QK
Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 8 MS 24 000(15), 8 MS
25
860(30)
Leipzig, Universitätsbibliothek: Kirchg.1112/13, Kirchg.1117d/3
München, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 1211, Res/4 Polem. 3344,9
München, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 H.eccl. 3419(2:3)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 506.5 Theol. 4° (5) [benutztes
Exemplar], J 154.4 Helmst.(9), Ts 417(31), Yv 30.8 Helmst
Wien, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.203
Wittenberg, Lutherhalle: Kn A 241/1476
Wittenberg, Evangelisches Predigerseminar: LC599/31
Zwickau, Ratsschulbibliothek: 20.8.23.(2)